Es sah nach einer lösbaren Aufgabe aus, schließlich hatten die Staatssekretäre in den vergangenen Wochen fleißig vorgearbeitet und die Eckpunkte der künftigen Exzellenzinitiative für ihre Chefs festgezurrt. Am Ende wurde das Kamingespräch, zu
dem Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) am Dienstagabend ihre Länderkollegen eingeladen hatte, dann aber doch noch zu einer hakeligen Angelegenheit. Was vor allen an den Befürchtungen
einiger Landesminister lag, bei den Details vom Bund über den Tisch gezogen zu werden.
Doch der Reihe nach. Als Entscheidungsgrundlage lag den Ministern das zehnseitige Entwurfspapier einer Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarung vor, bei dem alle offenen Fragen gelb gehighlighted
waren. Vor allem unter der spröden Überschrift „Allgemeine Verfahrungsgrundsätze“ ging es zur Sache. Wer soll den Vorsitz führen in dem neuen Expertengremium von 39 Wissenschaftlern, das die
Entscheidungen zu Exzellenzclustern und Exzellenzuniversitäten vorbereiten soll? Der Vorsitzende des Wissenschaftsrats (WR) und Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gemeinsam –
oder sollen die 39 Experten lieber den Vorsitz aus ihrer Runde wählen? Klingt irgendwie nicht wichtig, war aber für die Anwesenden eine Symbolfrage. DFG und Wissenschaftsrat (WR) werden von
vielen Beobachtern schon dadurch als desavouiert angesehen, dass das neue Expertengremium und die ebenfalls neue Exzellenzkommission (bestehend aus Expertengremium plus den Ministern aus Bund und
Ländern) bei der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) angesiedelt werden sollen und so die endgültigen Entscheidungen über die Exzellenzförderung nicht mehr in der Administration von DFG und
WR fallen werden. Und jetzt sollten ihre Chefs nicht einmal den Vorsitz in dem neuen Gremium erhalten? Nach einer heftigen Diskussion dann der Kompromiss: Doch, die beiden Organisationen kriegen
den Vorsitz, immerhin.
Weiter ging es. Die alles entscheidende Frage lautete: Wieviel Einfluss will die Politik wirklich der Wissenschaft bei der Entscheidung über die beiden Förderlinien zugestehen? Mehrere Varianten von extrem wissenschaftsfreundlich bis ziemlich politikgesteuert standen zur Auswahl. Die Einigung: Bei den Exzellenzclustern entscheidet die Exzellenzkommission mit einfacher Mehrheit, sprich: Die Wissenschaft kann mit ihren 39 Stimmen die Politik (16 Stimmen Bund und 16 Stimmen für die Länder) überstimmen, also Cluster gegen die Politik durchsetzen. Bei den Exzellenzuniversitäten ist zusätzlich zur einfachen Mehrheit unter den Wissenschaftlern ein Quorum von 25 Politik-Stimmen notwendig, sprich: Gegen den Bund geht nichts, aber auch nicht gegen eine Mehrheit der Länder. Insgesamt ein Ergebnis, das die Wissenschaft stärkt und es einzelnen Ländern unmöglich macht, eine Entscheidung aus parteipolitischen oder Eigeninteressen heraus zu blockieren.
Ebenfalls strittig war noch, ob unter Umständen auch ein gewonnener Exzellenzcluster reichen könnte, um als eine der acht bis elf Exzellenzuniversität in Frage zu kommen. Vor allem kleinere Unis
wie Konstanz fürchteten andernfalls um ihre Chancen. Das Ergebnis: Es bleibt wie geplant bei zwei Clustern als Voraussetzung für die Bewerbung um den Exzellenzstatus, aber es soll möglichst mehr
Zeit geben zwischen der Ausschreibung und der Einreichung der Antragsskizzen, um auch neuen Clustern eine faire Chance zu geben. Bestätigt wurde auch die Entscheidung, dass es eine
Universitätspauschale geben soll, ihre Höhe wurde auf eine Million Euro jährlich für den ersten Cluster (für den zweiten Cluster 750.000, für den dritten und jeden weiteren 500.000 Euro)
festgelegt. Aber: Wenn die Uni auch bei der zeitlich versetzten Entscheidung zur Exzellenzuniversität erfolgreich ist, sollen die Universitätspauschalen mit dem Geld aus der zweiten Förderlinie
verrechnet werden.
Blieb noch ein zentraler Streitpunkt. Stichwort 91b: Die Aufhebung des so genannten Kooperationsverbots im Grundgesetz erlaubt es dem Bund, die Hochschulen dauerhaft zu fördern. Bei den
Exzellenzuniversitäten, da waren sich alle bereits einig, soll er das machen – inklusive einer regelmäßigen Evaluation (alle sieben Jahre) und der Möglichkeit für Exzellenzunis, bei mangelnder
Performance aus der Förderung herauszufallen und durch eine neue Universität ersetzt zu werden. Doch gern hätte der Bund auch die Exzellenzcluster an den Exzellenuniversitäten auf Dauer gestellt
– was viele Minister als allzu großen Durchgriff auf ihre Landesuniversitäten werteten. Am Ende gab Ministerin Wanka an dieser Stelle nach, die 45 bis 50 Exzellenzcluster bleiben grundsätzlich
befristet und projektförmig. Maximale Förderdauer: zweimal sieben Jahre.
Was gerade die Universitäten mit aktuellen Graduiertenschulen, Clustern und Zukunftskonzepten interessiert: Wie genau soll denn nun die geplante Überbrückungsfinanzierung funktionieren, bis die neue Förderphase startet? Die Antwort: Es kommt darauf an. Grundsätzlich gilt, dass es für alle im Rahmen der Exzellenzvereinbarung II geförderten Projekte (also Graduiertenschulen, Cluster und Zukunftskonzepte) eine maximal 24 Monate lange Überbrückungsfinanzierung in etwa der bisherigen Höhe geben soll. Scheitern die Universitäten mit einem erneuten Förderantrag, soll mit der Überbrückungsfinanzierung jedoch gleichzeitig die bereits vorgesehene Auslauffinanzierung abgegolten sein.
Nicht nur die Mitglieder der international besetzten Imboden-Kommission, die die Exzellenzinitiative evaluieren sollte und Ende Januar Vorschläge für ihre Weiterentwicklung vorgelegt hatte, werden sich nun fragen: Wieviel Imboden ist Stand 6. April 2016 noch übrig? Fest steht: Die Idee einer Exzellenzprämie anstelle aufwändiger Anträge zu Zukunftskonzepten ist tot. Zwar kommt es zu einer stärken Berücksichtigung vergangener Leistungen, wie sie die Imboden-Kommission (und mit ihr vor allem die grüne baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer) gefordert hatte, aber im Kern besteht das fort, was der Soziologe Stefan Kühl am Mittwoch in der FAZ als „kollektives Backenblasen“ bezeichnet hat: vollmundige Versprechungen der Universitäten für die Zukunft und, wie Kühl es formuliert, „das Aufhübschen ihrer Schauseiten“.
Andererseits muss man aber auch sagen, dass die Idee einer Exzellenzprämie, die nur aufgrund vorher festgelegter Kennziffern und ohne Zweckbindung an die siegreichen Universitäten überwiesen werden sollte, nach Meinung vieler Beobachter nicht kompatibel ist mit der gegenwärtigen Governance der meisten deutschen Universitäten. Eine Verteilung der Mittel nach dem Gieskannenprinzip wäre wohl vielerorts die Folge gewesen. Außerdem wäre es schon bei der Festlegung der vermeintlich so objektiven Leistungskennziffern zum maximalen Hauen und Stechen der Länder untereinander und mit dem Bund gekommen – weil jeder sich hätte vorher ausrechnen können, bei welchen Kriterien seine Unis besonders gut da stehen.
Realität werden dagegen die von Imboden ins Spiel gebrachte Universitätspauschale für die erfolgreichen Cluster wie auch die deutlich längeren Förderzeiträume von sieben Jahren.
Das formal vorletzte Wort hat nun am 22. April die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, am 8. Juni dann sollen die Ministerpräsidenten bei ihrer Konferenz grünes Licht für die Vereinbarung geben.
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Helga T (Freitag, 08 April 2016 14:28)
Sehr geehrter Herr Wiarda,
herzlichen Dank für Ihre Informationen zur Fortführung der Exzellenzinitiative!
Da die Voraussetzung für einen zukünftigen Exzellenzstatus zwei gewonnene Exzellenzcluster sein werden, stellt sich mir folgende Frage:
Reicht es mitbeantragende Institution zu sein oder muss eine Institution zwei Exzellenzcluster gewonnen haben, bei denen sie jeweils Antragstellerin war, um die Voraussetzung für die Bewerbung um den Exzellenzstatus zu erfüllen?
Viele Grüße
Helga T
Jan-Martin Wiarda (Samstag, 09 April 2016 11:36)
Liebe Frau T.,
das kann ich nicht genau sagen, ist aber ein wichtiger Punkt. Im Entwurf heißt es, die Förderung als Exzellenzuniversität setze die Förderung "von mindestens zwei Exzellenzcluster an derselben Universität" voraus. Von Antragstellung ist da nicht die Rede. Warten wir also die Konkretisierung an dieser Stelle ab. Tut mir Leid, dass ich Ihnen hier keine genaueren Informationen geben kann!
Mit besten Grüßen
Ihr Jan-Martin Wiarda
Peter S. (Montag, 25 April 2016 13:50)
Lieber Herr Wiarda,
ist diesbezüglich nun Konkreteres bekannt?
Es sind ja durchaus auch verschiedene Möglichkeiten für gemeinsame Cluster mehrerer Universitäten denkbar:
1. Gemeinsame Sprecherschaft
2. Sprecherschaft und Co-Sprecherschaft
3. "Rotierende" Sprecherschaft / Co-Sprecherschaft
Aber ich vermute mal, dass das im ungünstigsten Fall erst von der DFG bei der Ausschreibung im Sommer geklärt wird.
Beste Grüße
Peter S.
Jan-Martin Wiarda (Dienstag, 26 April 2016 12:54)
Lieber Herr S.,
dazu ist mir in der Tat nichts Genaues bekannt.
Beste Grüße,
Ihr Jan-Martin Wiarda
GoaCDtTd (Montag, 26 September 2022 05:29)
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