Am Mittwoch berät der zuständige Bundestagsausschuss über die Zukunft der Hochschulfinanzierung. Die Liste der Experten ist lang. Die ihrer Forderungen auch.
HEUTE VORMITTAG TRIFFT sich der Bundestagsausschuss für Bildung und Forschung, Thema des öffentlichen Fachgesprächs: "Entwicklung und Perspektiven des Hochschul- und
Wissenschaftssystems – unter besonderer Berücksichtigung von Art. 91b Grundgesetz."
Mhm, erinnert an den Titel einer Staatssekretärs-AG von Bund und Ländern, die sich regelmäßig trifft, um selbiges – Entwicklung des Hochschul- und Wissenschaftssystems und Anwendungsmöglichkeiten
des 91b – auszuhandeln? Richtig. Über den Stand der Verhandlungen habe ich bereits berichtet.
Ich bin gespannt, welche (neuen) Erkenntnisse das Fachgespräch heute bringt. Die Liste der eingeladenen Sachverständigen ist enorm lang: vom stellvertretenden GEW-Vorsitzenden Andreas Keller und dem Fachhochschulpräsidenten und Vize der Hochschulrektorenkonferenz, Karim Khazar, über den Noch-Vorsitzenden des Wissenschaftsrats, Manfred Prenzel, bis hin zu Helmholtz-Präsident Otmar Wiestler und dem Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Peter Strohschneider. Acht Leute insgesamt. Es verspricht also eine lange Sitzung zu werden. Aber auch eine spannende?
Die Stellungnahmen der acht, die online verfügbar sind, lesen sich wie eine umfangreiche, angesichts der Einzelinteressen nicht widerspruchsfreie Wunschliste, natürlich vorrangig in Richtung des
im Vergleich zu den Bundesländern vermeintlich flüssigeren Bundes. Im Kontrast dazu ist die Antwort, die der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF), Stefan Müller, im Vorfeld auf eine kleine Anfrage des Grünen Kai Gehring verschickt hat, recht schmallippig. Tenor: Alles noch im Fluss, nichts Genaues steht fest. Tatsächlich nicht?
Gehring kritisiert: "Die Bundesregierung hüllt sich bei der Neujustierung der Wissenschaftsfinanzierung in Schweigen und lässt Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen im Unklaren, wie viel
Geld sie künftig erhalten."
Und doch ist das Mauern der Bundesregierung nachvollziehbar. Das Geld wird knapper, und die Forderungen von allen Seiten werden mehr. Da heißt es: Nicht zu früh aus der Deckung kommen,
erst recht nicht, solange die Bund-Länder-AG kein finales Papier verabschiedet hat.
Neulich hat sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel indirekt zur Zukunft der Wissenschaftsfinanzierung geäußert. Dazu morgen mehr. Fest steht: Der neue 91b ermöglicht viel, doch die Entscheidung, wieviel zusätzliches Geld
der Bund für die künftige Wissenschaftsfinanzierung hat, hängt nicht am Wortlaut des Grundgesetzes. Möglich also, dass das heute viel Gerede wird und wenig Konkretes. Am
interessantesten dürften noch die Nachfragen der Parlamentarier werden. Und doch ist das Fachgespräch ein wichtiges Signal: Die Dinge kommen ins Rollen.
NACHTRAG AM 26. JANUAR:
Es ist gekommen, wie es zu erwarten war: "Nichts Neues", berichten die Teilnehmer und Zuhörer des Fachgesprächs. Und die Bereitschaft der Politik, noch vor der Bundestagswahl im Herbst Konkretes
anzupacken, sei gering. Immerhin: Heute schreibt die FAZ über das Strategiepapier der AG Bildung und Forschung der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion und das darin ausgegebene Motto
von "mehr Qualität statt Quantität" fürs Wissenschaftssystem. Im Papier steht auch ein Bekenntnis zur vor kurzem neu ausgerufenen CDU-Zielmarke, die staatlichen und privaten
Forschungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen (SPD, Grüne und Linke fordern das schon wesentlich länger). Parallel und ein wenig quer dazu stehend hat Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) vergangene Woche vor dem Wissenschaftsrat eine Rede gehalten, die angesichts der weltpolitischen Lage andeutete: Der Fokus der Bundesregierung werde sich zwangsläufig
Richtung Außen- und Verteidigungspolitik verschieben. Und das auch budgetär. Was das alles im Zusammenblick bedeutet: Wir werden sehen.
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Ute Weber (Donnerstag, 26 Januar 2017 11:35)
Dass bei diesem Fachgespräch die Sachverständigen (egal ob von CDU. SPD, Linken oder Grünen benannt) unisono eine Bund-Länder-Lösung für Sanierung und Modernisierung der baulich-technischen Infrastruktur der Hochschulen einforderten, gehört in die Kategorie "Das ist neu". Daran wird eine neue Bundesregierung wohl kaum vorbeikönnen.
Jan-Martin Wiarda (Donnerstag, 26 Januar 2017 13:17)
Liebe Frau Weber,
vielen Dank für Ihren Kommentar! Das ist in der Tat wichtig, aber so richtig neu auch nicht angesichts der auslaufenden Entflechtungsmittel. Die Länder sind spät, zu spät aufgewacht an dieser Stelle, und der Bund hat ziemlich deutlich gemacht, dass er die Mit-Zuständigkeit fürs Bauen nicht zurückwill. Aber es zeichnet sich ab, dass ein Teil der bisherigen Hochschulpaktmittel nach 2020 in die Infrastruktur fließen könnte. Zumindest können sich das in der Tat (fast) alle Beteiligten vorstellen.
Beste Grüße,
Ihr Jan-Martin Wiarda