Wenn die CDU sagt, was Max Planck will

Still war es geworden um Martin Stratmanns Idee von den "Max Planck Schools". Aber nur scheinbar. Mit dem neuem Strategiepapier der Unionsfraktion ist das Promotionsrecht für die Außeruniversitären plötzlich nah wie selten.

Foto: Max-Planck-Generalverwaltung in München
Foto: Max-Planck-Generalverwaltung in München

WAS WAREN DIE Herren bescheiden. Sie erinnern sich vielleicht: Vor einigen Wochen hatte ich bei den Chefs der großen nichtuniversitären Forschungsorganisationen nachgefragt, ob sie jetzt ebenfalls das Promotionsrecht wollen. Hintergrund war, dass Hessen dem ersten Fachbereich einer Fachhochschule die Genehmigung gegeben hatte, eigenständig den Doktorgrad zu verleihen. Doch die Präsidenten von Max-Planck, Helmholtz und Leibniz antworteten unisono: Nein, danke. Nur Fraunhofer-Chef Reimund Neugebauer druckste ein bisschen herum, aber auch er konnte sich nicht zu einer klaren Forderung pro Promotion durchdringen. Am anderen Ende der Skala hockte Matthias Kleiner von Leibniz, der bemerkenswert klar formulierte : „Wir wollen das Promotionsrecht nicht, wir brauchen es nicht, und es könnte sogar schaden.“ 

Einer hielt sich unauffällig in der Mitte. Martin Stratmann, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (MPG). „Für die MPG ist das Promotionsrecht derzeit kein Thema“, antwortete er. Das wichtigste Wort in dem Satz war das drittletzte: derzeit. Die Hintertür, die es aufließ, war riesengroß, und das Kalkül Stratmanns wird in diesen Tagen deutlicher: Wieso soll Max Planck das Thema hochziehen, wenn andere das für Max Planck tun können?

 

Die anderen: Das sind zum Beispiel die Wissenschaftspolitiker der Unionsfraktion im Bundestag. Vergangene Woche hat ihre AG für Bildung und Forschung ein "Ideenpapier" vorgelegt, mit dem sie den Rahmen für die nächsten Jahre abstecken will. Größtenteils vage gehalten, ist es in Teilen doch aufschlussreich. Zum Beispiel in den Zeilen 1119 bis 1123. Dort heißt es: "Außerdem werden wir die probeweise Einführung und Unterstützung von besonderen, gemeinsam von der außeruniversitären Forschung und Universitäten getragenen Einrichtungen zur Gewinnung und Förderung des herausragenden wissenschaftlichen Nachwuchses (wie z.B. "Max-Planck-Schools") fördern." 



So sieht es also aus, das Ergebnis professioneller Lobbyarbeit. Gerade mal anderthalb Jahre ist es her, seit Stratmann den Hochschulen zum ersten Mal selbst die Gründung neuer gemeinsamer Graduiertenschulen vorschlug, und jetzt erledigen das schon die Wissenschaftspolitiker der Union für ihn. Max-Planck-Direktoren und herausragende Universitätsprofessoren sollten sich in überregionalen Max Planck Schools zusammentun, sagte Stratmann anlässlich der MPG-Jahresversammlung im Juni 2015, nicht zu verwechseln mit den 60 thematisch fokussierten International Max Planck Research Schools (IMPRS), die es seit Jahren gibt, die aber immer lokal organisiert sind – was heißt, dass jeweils die Uni vor Ort das Promotionsrecht beisteuert. 

 

Die größeren, nach Fächern organisierten Max Planck Schools sollten demgegenüber "besonders talentierten Bachelor- und Masterabsolventen die Gelegenheit zu geben, sich mit jüngstem Wissen von der vordersten Front der Wissenschaft auseinanderzusetzen." So erläuterte Stratmann seine Idee im August 2015 im Interview mit mir. Anders formuliert: Max Planck will jetzt schon an die besten Studenten ran, und die sollen dann auch gleich in den Schools  promovieren. Die neuen Schools würden auf den IMPRS "aufsetzen", sagte Stratmann weiter, als eine Art Dachstruktur. Auf die Frage, wer sie tragen sollte, sagte Stratmann schon 2015, darüber sei man sich noch nicht im Klaren, "aber ja, sicher wird die MPG ein wesentlicher Träger sein müssen." Ein wesentlicher Träger von Schools, die zwangsläufig das Promotionsrecht haben würden.

 

Nichts gegen die Idee der Max Planck Schools. Die Qualität ihrer promovierten Absolventen wäre mit Sicherheit hoch – so hoch, dass viele von ihnen sicher gleich bei Max Planck bleiben würden – was übrigens Grund eins für die auffallende Zurückhaltung vieler Unipräsidenten bei dem Thema sein dürfte. Auch würden die Schools das haben, was als "mehr internationale Sichtbarkeit" lautende Standardphrase Eingang in die wissenschaftspolitischen Grundsatzreden aller Parteien gefunden hat.

 

Über zwei Punkte allerdings sollten sich jene klar sein, die Max Planck Schools fordern.

 

Erstens:  Sie wären nicht der Einstieg, sie WÄREN das Promotionsrecht für Max Planck. Ganz ähnlich, wie die MPG schon einmal, im Jahr 2008, einen Anlauf unternommen hatte, zusammen mit der Universität Mainz eine "Graduate Center GmbH" zu gründen, in der Max-Planck- und Uniforscher gleichberechtigt Promotionsurkunden verleihen sollten. Die Mainzer IMPRS, so hieß es damals, sollten in dem Graduate Center aufgehen. Am Ende aber mussten die Pläne angesichts des erbitterten Widerstands der bundesweiten Hochschulszene aufgegeben werden.

 

Zweitens: So, wie MPG-Chef Stratmann sich freut, wenn Wissenschaftspolitiker für ihn das Thema öffentlich vorantreiben, so freuen sich die anderen nichtuniversitären Wissenschaftsorganisationen, wenn wiederum Max Planck vorangeht. Was Max Planck darf, so lautet ihr Kalkül, dürfen wir dann auch. 

 

Akademische Rechte haben keine Ewigkeitsgarantie, sie verändern sich mit den Zeiten und den gesellschaftlichen Erfordernissen. Das gilt auch für das universitäre Doktor-Monopol, für dessen Fortbestand es so viele gute Gründe gibt wie für sein Ende. Was die Debatte darum aber in jedem Fall braucht, ist Direktheit und Offenheit. 

Foto-Credit: Michael Förtsch/Zufallsfaktor: "Max Planck Gesellschaft", CC BY-NC 2.0.

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Kommentare: 4
  • #1

    Jakobskaffee (Montag, 30 Januar 2017 16:01)

    Wenn ich mir die teils sehr erbärmliche Qualität der Diskussionen an meiner Hochschule zum Thema Qualitätssicherung der Promotion ansehe, kann ich dem Vorschlag eines Promotionsrechts für die großen Wissenschaftsorganisationen nur zustimmen. Die Hochschulen müssen sich hier an die eigene Nase fassen... Der Zug des Exklusivrechts ist wohl nur leider abgefahren...

  • #2

    Marcel Schütz (Mittwoch, 01 Februar 2017 11:01)

    Jakobskaffe, was macht die Qualität der Diskussionen an Ihrer Hochschule denn so "erbärmlich"?

  • #3

    Christina Beck, Max-Planck-Gesellschaft (Mittwoch, 01 Februar 2017 17:21)

    Man soll ja nicht aus noch unveröffentlichten Papieren zitieren, aber in diesem Fall möchte ich das doch tun. In dem Papier der Max-Planck-Gesellschaft zu den Max Planck Schools, das derzeit auf politischer Ebene diskutiert wird (und zwar über Parteigrenzen hinweg), heißt es: "Das Konzept ist ausdrücklich als Kooperation mit den deutschen Universitäten angelegt, es wird kein Promotionsrecht für die MPG angestrebt." Also keine Aufregung nötig - die MPG will nicht zur Universität mutieren!

  • #4

    Jan-Martin Wiarda (Freitag, 03 Februar 2017 14:31)

    @Christina Beck von der MPG: Vielen Dank für den Kommentar. Wie heißt es so schön: Dann mal abwarten und Tee trinken... Ich komme beizeiten auf das Thema zurück...