In der GWK diskutieren sie heute auch über einen ersten Entwurf des FH-Programms. Bei vielen Details ist man sich bereits einig. Größte Streitfrage: Wer zahlt wie viel?
Foto: Rhein-Mosel-Campus der Hochschule Koblenz. Hochschule Koblenz, CC BY-SA 3.0
DIE TAGESORDNUNG, die die Staatssekretäre heute abzuarbeiten haben, verspricht auch abgesehen von der Zukunft des Professorinnenprogramms spannende Diskussionen. Vor allem TOP 2 hat es in sich: Personalgewinnung und -entwicklung an Fachhochschulen", kurz: das lang erwartete und viel diskutierte FH-Pendant zum Tenure-Track-Programm.
Im April hatten die Minister in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) vereinbart, dass die Staatssekretäre ihnen bis November "Eckpunkte für ein gemeinsames Bund-Länder-Programm" vorlegen sollen, und zwar auf Grundlage der "Wissenschaftsratsempfehlungen zur Personalgewinnung und -entwicklung an den Fachhochschulen und sowie bestehende(n) Best-Practice-Beispiele(n)". November ist nun nicht mehr lange hin, und so enthält TOP 2 einen ersten Entwurf der besagten Eckpunkte, wie ihn die Fachleute in den Ministerien vorschlagen.
Ziel des Programms, heißt es da in schönster Beamten-Prosa, sei es, den Fachhochschulen "bei der Gewinnung ihres professoralen Personals durch die nachhaltige Etablierung oder den Ausbau neuer struktureller Instrumente zur Rekrutierung und Qualifizierung zu unterstützen". Dass es sich eher um eine Breiten- als eine Spitzenförderung handeln wird, steht schon länger fest, wird in dem Entwurf aber noch einmal unterstrichen.
Ansonsten halten sich die vorgeschlagenen Eckpunkte, was die "zu finanzierenden Maßnahmen" angeht, eng an den bereits bekannten Instrumentenkasten, wie ihn der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen zu FH-Karrieren formuliert hatte, angefangen mit zeitlich begrenzten "Schwerpunktprofessuren mit durchschnittlich 11 Semesterwochenstunden Lehrdeputat", die abhängig vom jeweiligen Profil der Hochschule eine unterschiedliche Ausrichtung haben sollen.
Ebenfalls als mögliche Instrumente genannt werden "Kooperative Promotionen/ Promotionskollegs/ Kooperationsplattformen", darüber hinaus Tandemprogramme, die laut Entwurf "etablierte Berufspraktikerinnen und -praktiker mit fehlender Lehrerfahrung oder fehlender wissenschaftlicher Qualifikation" für eine Professur fitmachen sollen. Auch "Vernetzungsstrukturen" und nochmal "Kooperationsplattformen" werden erwähnt, die diesmal aber nicht der Promotion erfolgsversprechender Fachhochschulabsolventen dienen, sondern die "gute Vernetzung mit außerhochschulischen Partnern und anderen Hochschulen" verstärken oder überhaupt erst ermöglichen sollen, und zwar in vielen denkbaren Bereichen von der Lehre über die Weiterbildung und die Forschung bis hin zum Transfer.
Am Ende der Aufzählung förderfähiger Maßnahmen folgt eine Art Joker, der die Offenheit des Programms abseits der erwähnten Instrumente verdeutlichen soll: "Experimentierfeld für
innovative Maßnahmen", haben die Fachleute ihn genannt, oder anders formuliert: Solange eine Fachhochschule gut begründen kann, warum ein Rekrutierungskonzept gerade zu ihr und an ihrem
Standort passt, ist fast alles denkbar.
Nun noch zu den Rahmenbedingungen des Programms: Die Auswahl der förderfähigen Konzepte soll "expertengeleitet" ablaufen. Was genau das heißen könnte und wie die Experten bestimmt werden, ist noch offen. Gemessen werden die Hochschulen an der Qualität ihres strategischen Konzepts, das sich aus einer Stärken-Schwächen-Analyse ableiten soll. Das Konzept soll Fragen wie diese beantworten: Welchen qualitativen Mehrwert würde eine Förderung bringen, und wie passt es ins Profil der FH und ihres regionalen Umfelds? Wie zahlt das Konzept auf Chancengleichheit und Diversität ein, wie nachhaltig sind die beantragten Maßnahmen, wie stellt die Hochschule sicher, dass die angestrebten Ziele auch erreicht werden?
Nun zu den noch ungeklärten Streitpunkten. Der Bund will, dass alle Hochschulen in der Bundesrepublik in einem" rein qualitativen offenen Wettbewerb" miteinander konkurrieren, die Länder wollen –
wenig überraschend – einen festen Betrag pro Land, wie es ihn beim Qualitätspakt Lehre oder dem Tenure-Track-Programm gibt. Es wäre eine –positive – Überraschung, sollte sich die Bundesregierung
an dieser Stelle durchsetzen können.
Die Fachhochschulen, befindet der Eckpunkte-Entwurf, seien in ihrer Strategieentwicklung und ihrer Strategiefähigkeit "unterschiedlich aufgestellt", was eine nette Untertreibung ist angesichts ihrer enormen Heterogenität. Der Bund schlägt deshalb vor, dem eigentlichen Wettbewerb eventuell eine einjährige Vorphase voranzustellen, in der zunächst die Strategieentwicklung selbst gefördert werden könnte. Eine Idee, die die meisten Länder jedoch für verzichtbar halten.
Offen ist zudem, ob sich nur einzelne Fachhochschulen oder auch Verbünde um Mittel bewerben können. Auch wird diskutiert, ob anders als etwa beim Qualitätspakt Lehre oder der "Innovativen Hochschule" diesmal die privaten Hochschulen mitmachen dürfen. Der Bund will das, die Länder lehnen die Öffnung ab.
Und wieviel Geld soll es für das Programm geben? Die Länder fordern wie beim Tenure-Track-Programm eine Milliarde Euro Bundesmittel auf zehn Jahre. Selbst dazu geben wollen sie nichts, ihr Beitrag sei bereits durch die Grundfinanzierung erbracht. Der Bund pokert angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl auf recht durchsichtige Art und Weise: Das Volumen sei "abhängig von inhaltlicher Ausgestaltung", und ohne eine Mitfinanzierung der Länder in Höhe von 50 Prozent werde das nichts.
Nach Sicht des Bundes soll übrigens nach maximal zwei Ausschreibungen und damit zehn (oder inklusive Strategiephase bis zu 12) Jahren Schluss sein mit dem FH-Programm. Die Länder sagen: Lasst uns das von der vorgesehenen Evaluation des Programms abhängig machen. Man könnte also auch an dieser Stelle sagen: keine Überraschung.
Überraschend wäre, wenn Bund und Länder sich auf der vorliegenden Grundlage nicht bald einig werden könnten. Wobei sich beide Seiten werden bewegen müssen: Der Bund muss schnell nach der Wahl Farbe bekennen, was er zu investieren bereit ist, und die Länder müssen mehr als nur ihre Nehmerqualitäten unter Beweis stellen. Das schon aus anderen Verhandlungen altbekannte Argument, ihr Anteil sei ja durch die Grundfinanzierung längst erbracht, wäre dann vielleicht triftig, wenn diese Grundfinanzierung denn auskömmlich wäre. So aber ist es eigentlich nur peinlich.
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GoaCDtTd (Montag, 26 September 2022 07:34)
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