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"Natürlich werde ich da fuchtig"

Wolfgang Herrmann, Präsident der TU München, über Bedenkenträger an den Unis, die Forschheit der Außeruniversitären und die Frage, was er nach 2019 macht.

Der Chemiker Wolfgang Herrmann ist seit 1995 Präsident der Technischen Universität München. Foto: TU München
Der Chemiker Wolfgang Herrmann ist seit 1995 Präsident der Technischen Universität München. Foto: TU München

Herr Herrmann, Hochschulrektorenkonferenz und Max-Planck-Gesellschaft haben über Monate um die Max-Planck-Schools gerungen. Der Universitätsverbund German U 15 warnte noch im Mai in einem Brandbrief an die Bundesforschungsministerin, der Einfluss der Universitäten auf die Promotion könnte durch sie „schleichend ausgehöhlt werden“. Als Johanna Wanka dann neulich die Gründung der ersten drei Schools verkündete, gab es aus Ihrem Haus eine aufschlussreiche Pressemitteilung. „Bedenkenträger sehen die außeruniversitäre Forschung der MPG als Konkurrenz, anstatt die ungenutzten Synergiepotentiale zu sehen“, stand dort. „Demgegenüber forciert die TU München nun ihr Engagement, die jeweiligen Stärken von universitärer und außeruniversitärer Forschung zu bündeln.“ Wem wollten Sie denn damit vors Schienbein treten?

 

Die Pressemitteilung war zugespitzt formuliert, das stimmt. Aber mein Vizepräsident Thomas Hoffmann, den Sie da zitieren, hat Recht mit seiner Analyse. Wir konnten die Langwierigkeit der Debatte nicht nachvollziehen, von wegen dass Max Planck das Promotionsrecht verwässere und so. Als Max-Planck-Präsident Martin Stratmann mich vor einem Jahr das erste Mal vorsichtig, aber entschieden fragte, was ich von solch einer Idee halten würde, habe ich gleich gesagt: Klar, wir sind dabei! 

 

Mäkeln Ihre Rektorenkollegen zu viel herum, anstatt eine gute Idee als solche zu erkennen?

 

Am Ende hängt Ihr Erfolg im Umgang mit Max Planck & Co immer davon ab, wie selbstbewusst Sie als Universität auftreten. Die Außeruniversitären reagieren auf eine Politik der Stärke. Wenn Sie sich denen nicht als Institution gewachsen fühlen, dann haben Sie natürlich ein Problem. Dann haben Sie bei allem Angst, dann wiegeln Sie ab und beharren umso lautstärker auf dem Promotionsrecht. Ich muss das aber gar nicht mit Zähnen und Klauen verteidigen, weil ich weiß, dass wir uns da nicht über den Tisch ziehen lassen. Punkt. Die Promotion als Vorrecht der Universitäten ist sakrosankt, da kommt Max Planck nicht ran, und die wollen das auch gar nicht! Die Bedenkenträger haben noch etwas Anderes nicht begriffen.

 

Und das wäre?

 

Wenn Sie jetzt nicht mitmachen bei den Schools, wenn Sie als Hochschulleitung nicht von Anfang an dahinterstehen, dann sind Sie auch nicht dabei, wenn die Regeln der Zusammenarbeit definiert werden. Die ersten Verträge zwischen den beteiligten Wissenschaftlern und Institutionen, die in den nächsten Monaten geschlossen werden, die werden zugleich die Muster für alle künftigen Verträge sein.  >>



>> "TUM und MPG forcieren ihre Kooperation zur Nachwuchsförderung", stand über besagter Pressemitteilung, als sei die Idee zu den Schools an Ihrer Universität entstanden. Übertreiben Sie es nicht mit der Betonung einer vermeintlich besonderen Partnerschaft zwischen TUM und Max Planck?

 

Sie ist besonders. Nur wir haben mit der Max-Planck-Gesellschaft ein gemeinsames Berufungsprogramm namens MaxPlanck@TUM laufen. Die Idee: Wir schreiben gemeinsam Stellen für Nachwuchsgruppenleiter bei Max Planck aus, die sich gleichzeitig auf eine Tenure-Track-Professur bei uns bewerben können. Von über 900 Wissenschaftlern, die sich bei Max Planck beworben haben, wurden 23 als Nachwuchsgruppenleiter ausgewählt, und wir haben von diesen 23 sieben als Professoren zu uns geholt. Sie können sich vorstellen, was für eine Qualität die haben. Das ist wirklich super. Unsere Standards gleichen denen von Max Planck, nur müssen unsere Leute zusätzlich noch Potenzial in der Lehre haben. 

 

Sie sprechen von Regeln der Zusammenarbeit, die Sie mit Max Planck aushandeln wollen. Was meinen Sie da konkret?

 

Der Gedanke, dass wir im Wettstreit um die besten Nachwuchstalente  als Universitäten und außeruniversitäre Forschung eine gemeinsame Adresse bilden, die Schools eben, ist richtig und bestechend. Natürlich müssen wir jetzt dafür sorgen, dass die Rolle und der Beitrag der Universitäten in dem Ganzen deutlich sichtbar werden. Deshalb wird in den Schools, an denen wir uns beteiligen, unsere Promotionsordnung gelten. Aber wir müssen auch aufpassen, dass unser Corporate Design neben dem von Max Planck und anderer Institutionen ausreichend zur Geltung kommt. Denn wir sind ja auch selbst eine internationale Marke. Gleichzeitig müssen wir  darüber reden, wie wir uns gemeinsam international vermarkten. 

 

Das klingt so, als müsste man bei den Außeruniversitären als Uni immerzu besonders aufpassen.

 

Natürlich werde ich fuchtig, wenn ich auf eine Veranstaltung von Fraunhofer gehe, wo gemeinsam berufene Professoren auftreten, die größtenteils von uns bezahlt werden, und dann taucht in den Präsentationen nirgendwo das TUM-Logo auf. Klar frage ich dann nach: Sagt mal, vom wem kriegt ihr als gutsituierte Beamte eigentlich euren monatlichen Gehaltsscheck, von Fraunhofer oder von uns? Sowas darf man sich halt nicht gefallen lassen. Auch nicht, wenn die Außeruniversitären bei den Patentrechten oder bei Fragen des geistigen Eigentums mal wieder sehr einnehmend unterwegs sind. Da müssen wir uns durchsetzen. Auch erwarte ich, dass die  Hochschulleitungen gefragt werden, wenn ihre Wissenschaftler bei Max-Planck-Schools mitmachen wollen.

 

Die Professoren sollen sich Ihr Einverständnis abholen?

 

Ja, das gehört zum guten akademischen Ton,  das werden wir mit Max Planck besprechen. Es ist umgekehrt doch genauso!

 

Am Ende läuft es doch auf die Frage hinaus, ob die betreffenden Professoren sich der TUM zugehörig fühlen oder eben Fraunhofer oder Helmholtz.

 

Es geht um Loyalität als institutioneller Wert, genau. Doch wie schaffe ich die als Universität bei meinen Leuten? Das ist für mich als Präsident immer ein zentrales Thema gewesen. Da geht es um Identitätsbildung, um die Marke TUM und wie wir sie mit Leben füllen. Viele halten selbst das Corporate Design für eine Nebensächlichkeit, dabei ist es ebenso wichtig wie bei einem Qualitätsunternehmen. Es geht aber auch darum, einen gemeinsamen Geist zu fördern, die Universität zu einem Familienerlebnis zu machen, könnte man sagen, wie bei BMW. 

 

Apropos Marke TUM. Sie haben von Anfang an gesagt, dass Sie bei der Exzellenzstrategie nicht als Verbund mit der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) antreten werden. Jetzt sieht es so aus, als würden außer den Berliner Universitäten überhaupt nur noch, wenn denn die Cluster reichen, die Ruhrgebiets-Universitäten gemeinsam ins Rennen gehen. Fühlen Sie sich in Ihrer Skepsis gegenüber den Uni-Verbünden bestätigt? 

 

Es stimmt nicht, dass ich das von Anfang an gesagt habe. Es gab einen Augenblick, da habe ich ernsthaft überlegt, ob es vielleicht doch gemeinsam mit der LMU gehen könnte. Aber dann habe ich eingesehen, und darin war ich mit meinem Kollegen Bernd Huber einig, dass unsere Universitäten von ihrer Ausrichtung, den Fächern und ihren Philosophien her so unterschiedlich sind, dass eine gemeinsame Bewerbung wahrscheinlich viele fruchtlose Abstimmungsrunden nach sich gezogen hätte. Was nicht heißt, dass wir in der Exzellenzstrategie nicht wie bisher intensiv zusammenarbeiten. Wir haben immerhin fünf gemeinsame Anträge für Exzellenzcluster gestellt, weil wir hier die fachlichen Stärken logisch und vorteilhaft kombinieren konnten.

 

Was wäre für Sie denn die Voraussetzung einer gemeinsamen Bewerbung in der Förderlinie „Exzellenzuniversitäten“ gewesen?  

 

Ich glaube, um da erfolgreich zu sein, müssen Verbünde eine gemeinsame Geschichte erzählen, die wahr ist und wahrhaftig. Da wäre es nicht opportun, wenn sie starke, aber unterschiedliche Universitätsprofile künstlich zusammenbiegen. Wir haben das in München gar nicht nötig, beide Universitäten können auch allein eine hervorragende Leistungsbilanz vorweisen. Nehmen Sie nur das Beispiel Tenure Track: Bund und Länder machen in ihrem TT1000-Programm jetzt unser Modell. Das TUM-Modell stand Pate, dasist doch klasse! 

 

Finden Sie, die Berliner haben eine solche wahrhaftige gemeinsame Geschichte zu erzählen?

 

Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich mich aus der Ferne zu dieser  Frage äußere. Berlin ist nicht München! Nur so viel: Es ist schwer vorstellbar, dass die Gutachter Berlin als Ganzes rausschmeißen, da müsste das vorgelegte Konzept schon grottenschlecht sein. Was ich nicht glaube. 

 

Einen Verbund ganz anderer Art geht die TUM in Baden-Württemberg ein, mit der Dieter-Schwarz-Stiftung, und baut jetzt ihren ersten deutschen Standort außerhalb Bayerns auf.

 

Gut, dass Sie das so betonen. Denn einen Standort außerhalb Bayerns haben wir schon, nur eben nicht in Deutschland, sondern seit 2001 in Singapur. Den zu gründen, war viel schwieriger, das war sauschwer, weil wir keinen einzigen Steuercent aus Bayern nach Asien schaffen durften. Da lernt man, mit Bildung umzugehen, auch im kaufmännischen Sinn. Nachdem uns das gelungen ist, dachten wir: Wer in Singapur erfolgreich ist, der kann das auch in Heilbronn! Wobei ich fairerweise sagen muss, die sind auf uns zugekommen. Immerhin haben wir schnell kapiert, dass das eine riesige Chance in einem Hightech-Umfeld ist, und darauf kommt es uns an. 

 

20 Professoren finanziert Ihnen die Schwarz-Stiftung, 13 davon in Heilbronn, sieben in München, allesamt in den Wirtschaftswissenschaften.

 

Wir werden so zu der mit Abstand größten BWL-Fakultät in Deutschland, wenn nicht in ganz Europa, und wir landen in der Hightech-Region Heilbronn-Neckarsulm. TUM-BWL ist eine begehrte Marke. Gerade bereiten wir die Ausschreibungen vor. Übrigens spricht es für die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, dass sie sagt: Klar wäre ihr eine landeseigene Lösung lieber gewesen, aber sie legt uns keine Steine in den Weg. Prima!

 

Gehen Sie jetzt öfter außerhalb Bayerns auf die Pirsch?

 

Ob Heilbronn ein Vorbild ist, fragen Sie? Das wird sich zeigen. Legen wir erstmal los. Weitere konkrete Pläne haben wir jedenfalls nicht. Könnten aber kommen, ich kenne mich. 

 

Apropos Pläne, Herr Herrmann: Viele rechnen damit, dass Sie bald nach dem 150-jährigen Jubiläum der TUM nächstes Jahr Ihre Zelte in München abbrechen und Gründungspräsident der geplanten Universität in Nürnberg werden. Immerhin sind Sie ja schon Gründungsbeauftragter.

 

Nix da! Bis Ende 2019 mache ich weiter hier in München, und dann will ich endlich mehr Musik machen. Das hätte ich verdient. 

 

Sie entschuldigen, wenn da bei mir Restzweifel bleiben, dass Sie nach fast einem Vierteljahrhundert als TUM-Präsident die Chance auslassen, bei der Gründung einer nagelneuen Universität dabei zu bleiben?

 

Sie meinen, ich lasse mich da noch umstimmen von der Politik? Habe ich nicht vor, aber gut, ich will’s nicht ausschließen. Vielleicht werde ich am Ende wieder schwach. Aber geplant ist ein neues Pontifikat nicht. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Josef König (Montag, 18 September 2017 12:18)

    Sehr schönes Interview, sehr aussagekräftig - und besonders gut gefallen hat mir der Schlusssatz: "Aber geplant ist ein neues Pontifikat nicht" :-)

    Viele Grüße
    Josef König

  • #2

    Nikolaus Bourdos (Montag, 18 September 2017 21:50)

    Herrmann macht deutlich, wie wichtig ein selbstbewusstes Auftreten gegenüber den Außeruniversitären ist, um miteinander erfolgreich zu kooperieren. Das kann man gar nicht oft genug betonen.