Kommt die Große Koalition, werden die Hochschulpaktmittel verstetigt. Das alle paar Jahre wiederkehrende Zittern an den Hochschulen hätte sich damit erledigt – zum Glück.
EIN ERGEBNIS DER SONDIERUNGSGESPRÄCHE ist womöglich im nachfolgenden Theater etwas untergegangen, dabei könnte es sich als eine der folgenreichsten Vereinbarungen zwischen Union und SPD überhaupt herausstellen. Folgenreich im denkbar positivsten Sinne. Immer vorausgesetzt, dass die Sondierungen überhaupt irgendwelche Folgen haben und nicht noch an querschießenden CSU-Ex-Verkehrsministern oder der SPD-internen GroKo-Opposition scheitern.
Auf Seite 11 des Ergebnispapiers steht ein nüchterner Satz: "Um vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Studiennachfrage eine qualitativ hochwertige Lehre sicherzustellen, werden wir die Bundesmittel auf Grundlage des neu geschaffenen Artikel 91b GG dauerhaft verstetigen." Im Klartext: Die Hochschulen erhalten Bundesmittel – ohne zeitliches Limit. Für immer.
Wer jetzt die Schultern zuckt, sollte nachlesen, was die Jamaika-Unterhändler Ende Oktober in ihrem entsprechenden Papier stehen hatten. Zitat: "Es soll eine Nachfolgevereinbarung zum Hochschulpakt geben, wobei unter anderem Fragen der Qualität, des Erhalts der Kapazitäten und der Digitalisierung eine Rolle spielen sollen." Eine Nachfolgevereinbarung. Die nächste Förderperiode. Und dann schauen wir weiter.
Natürlich kann keine Bundesregierung, ob schwarz-rot oder schwarz-gelb-grün, etwas auf ewig versprechen. Jedes neu gewählte Parlament kann und wird seine eigenen Haushaltsprioritäten beschließen. Insofern bitte ich meine obige Formulierung "für immer“ nicht ganz wörtlich zu nehmen. Doch das Signal, dass die potenzielle, nicht mehr wirklich große Große Koalition mit diesem mutigen und sehr bewussten Satz sendet, würde sehr wohl über die laufende Legislaturperiode hinausweisen. Es würde sozusagen die Beweispflicht umkehren. Künftig müsste sich auf die Hinterbeine stellen, wer die Bundes-Hochschulfinanzierung abschaffen will. Und nicht mehr, wer für ihre Beibehaltung kämpft.
Wer derzeit noch misstrauisch nach SPD-Verhandlungserfolgen sucht: Hier findet er einen. Da sei den Sondierern verziehen, dass sie im Wie der Förderkriterien nebulös bleiben – bis auf die Festlegung, dass sie "periodisch" ausverhandelt werden könnten.
Hier kann und sollte den Hochschulen einiges zugemutet werden. Umso mehr, weil die Hauptzumutung durch die Groko-Vereinbarung entfallen würde: das ewige Zittern vor der alle paar Jahre näher rückenden finanziellen Abrisskante.
Die Rektoren jedenfalls sollten Martin Schulz beim Parteitag am Sonntag die Daumen drücken.
Dieser Kommentar erschien heute zuerst im ZEITChancen Brief.
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Prof. Dr. Michael Kämper-van den Boogaart (Donnerstag, 18 Januar 2018 11:18)
"Da sei den Sondierern verziehen, dass sie im Wie der Förderkriterien nebulös bleiben – bis auf die Festlegung, dass sie 'periodisch' ausverhandelt werden könnten." Lieber Herr Wiarda, mir geht es nicht um ein Verzeihen, aber ich fürchte, dass dieser Modus einer natürlich zu begrüßenden Verstetigung Kollateraleffekte mit sich bringt, die einer tatsächlichen und effektiven Qualitätsverbesserung eher abträglich sind. Wir kennen dies als Universitäten nur zu gut aus den letzten Jahren: zyklische und aufwändige Generierung von Anträgen, Anpassung an ebenso zyklische Leitsemantiken und eine Menge befristeter Beschäftigungsverhältnisse, weil man ja nicht weiß, ob die je aktuellen Fördermaßnahmen in einer nächsten Förderrunde Bestand haben. Mithin bliebe es - unterhalb des Systems - bei den Betroffenen beim "Zittern" vor der "finanziellen Abrisskante". Auch wenn ich verstehe, dass man den Hochschulen von politischer Seite Impulse setzen will, wäre eine (selbst-)kritische Evaluation solcher Förderungsstrategien vonnöten.