Während die EFI ihr Gutachten überreicht, verkündet Bosch den Ausstieg aus der Batterieforschung.
GESTERN HAT DIE Expertenkommission Forschung und Innovation in Berlin ihr Jahresgutachten präsentiert, doch die Nachricht, die womöglich mehr aussagt über den Zustand von "Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands" (das ist der offizielle Titel des EFI-Werks), kam aus Stuttgart. Der größte deutsche Automobilzulieferer Bosch will sich aus der Batterieforschung zurückziehen. "Aus wirtschaftlichen Gründen" habe man sich gegen den Aufbau einer Zellfertigung entschieden, sagte der für das Automobilgeschäft zuständige Geschäftsführer Rolf Bulander. Keine Forschung mehr an der derzeit verbreiteten Lithium-Ionen-Technologie und auch nicht an der Festkörpertechnik, die viele Experten für besonders viel versprechend halten.
Ohne Zellproduktion keine Batterien, ohne eigene Batterien gerät Deutschland im Zukunftsmarkt Elektrofahrzeuge noch weiter ins Hintertreffen. Nun ist Bosch nicht Deutschland, doch die Begründung, die Bulander für die Entscheidung liefert, ist symbolträchtig über den Konzern hinaus. Genauso wie die Rhetorik, mit der sich Bulander dieses Eingeständnis einer katastrophalen Innovationslücke schönredet.
Die Begründung: Um richtig gut zu werden und mit der asiatischen Konkurrenz mithalten zu können, hätte Bosch mindestens 20 Milliarden Euro investieren müssen. Ein zu hohes unternehmerisches Risiko, befanden die Chefs.
Die Rhetorik: "Die Zellfertigung ist für unseren Erfolg nicht auschlaggebend." Die Batteriezellen, sagt Bulander, würden sich zum standardisierten Massenprodukt entwickeln, das Bosch zukaufen und dann weiterverarbeiten könne. Das ist exakt die Logik, nach der normalerweise Schwellenländer ihre Industriepolitik ausrichten: Die Hightech stammt von woanders, wir zahlen dafür hohe Preise, aber gut, ein paar Euro zusätzlich bekommen wir für unser Endprodukt ja auch noch. Dann müssen wir halt stärker auf Masse als auf Qualität setzen.
Was haben zu all dem gleich noch die Autoren des EFI-Gutachtens zu sagen?
"Ausgaben für Forschung und Innovation sind Investitionen in die Zukunft, gerade in Zeiten des schnellen technologischen und ökonomischen Wandels", schreiben sie. Und: "Die Expertenkommission betont, dass die Sicherung eines langfristigen Produktivitätswachstums auch die Nutzung radikaler Innovationen und insbesondere deren zügige Diffusion erfordert."
Das Gutachten überreichten die sechs EFI-Experten gestern Bundeskanzlerin Angela Merkel und der scheidenden Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (beide CDU). Auf der Website von Wankas Ministerium kann man nachlesen, dass die Bundesregierung bereits seit 2007 die Batterieforschung unterstütze, mit Initiativen wie "Batterie 2020" oder dem Kompetenzcluster "ProZell". Schaut man in die Liste der vom BMBF geförderten Einzelprojekte, stößt man auf zum Beispiel auf das Sechs-Millionen-Vorhaben "Artemys: Skalierbare, kostengünstige Fertigungstechnologien für Kompositkathoden und Elektrolytseparatoren in Festkörperbatterien." Partner im Teilprojekt 1: Die Bosch AG. Auf der BMBF-Website heißt es weiter: "Die Batterieforschung für Elektroautos ist ein Aushängeschild des Bundesforschungsministeriums. Bald sollen die besten Batterien aus Deutschland kommen."
Auch bei der Digitalisierung nicht den Anschluss verpassen
Das Hauptaugenmerk in ihrem Gutachten richtet die EFI dieses Jahr auf Deutschlands Rückstand bei der Digitalisierung. Die Rahmenbedingungen für Internet und internetbasierte Technologien müssten deutlich verbessert werden, fordern die Experten. "Insbesondere steht die Bundesregierung in der Pflicht, E-Government und die digitale Infrastruktur auszubauen sowie digitale Bildung in der Breite zu fördern." Neben der Einführung der versprochenen steuerlichen FuE- Förderung mahnt die EFI "ein auf mehrere Legislaturperioden angelegtes Nachfolgeprogramm für den Hochschulpakt" an. Der Pakt für Forschung und Innovation müsse fortgesetzt und stärker als bislang auf den Erkenntnis- und Technologietransfer ausgerichtet werden. Eine hilfreiche Zusammenfassung der EFI-Empfehlungen zur Digitalisierung liefern heute das Handelsblatt, darüber hinaus die FAZ.
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