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Und jetzt: den nächsten Digitalpakt

Bund und Länder müssen sich zusammentun, um auch die Hochschullehre ins Zeitalter der Digitalisierung zu katapultieren.

DASS MAN DEN TAG nicht vor dem Abend loben soll und den Bundestag nicht vor dem Bundesrat, wird in Sachen Grundgesetz-Änderung gerade deutlich. Nachdem sich die Fraktionsspitzen von Regierung und Opposition am vergangenen Freitag auf einen Grundgesetz-Kompromiss geeinigt hatten, glaubte Bildungsdeutschland wieder ein bisschen an sich. Wir können es also doch: Kompromisse schließen. Den Föderalismus zum Laufen bringen. Und uns der Digitalisierung in der Bildung stellen.

 

Doch plötzlich ist der Streit wieder da. Die Zustimmung der Länder scheint nicht mehr sicher und der davon abhängende Start des Digitalpakts Schule zum 1. Januar 2019 auch nicht. Übertreibe ich den Optimismus, wenn ich in dieser Situation gleich noch einen zweiten Digitalpakt forderte? Mag sein, aber die aus meiner Sicht wichtigere Frage lautet: Wann, wenn nicht jetzt?

 

Also: Was für die Schulen nach zwei Jahren Zitterpartie hoffentlich bald und trotz allem gelingt, brauchen wir gleich nochmal. Wir brauchen einen Digitalpakt Hochschule. Bund und Länder müssen sich zusammentun, um auch die Hochschullehre ins Zeitalter der Digitalisierung zu katapultieren. Das eigentlich Erstaunliche ist ja, wie geduldig Lehrende und Lernende die analoge Realität bislang hingenommen haben.

 

Um es ganz deutlich zu sagen: Vorlesungen mit Powerpoint oder online verfügbare Kursliteratur sind keine Digitalisierung der Hochschullehre. Die ergibt sich erst, wenn die bestehenden Formate in der Breite hinterfragt, angereichert und neu gestaltet werden: durch interaktive Elemente, durch Feedback-Systeme, durch eine Mischung aus Online- und Präsenzinhalten. 

 

Ja, klar: Es gibt Förderprogramme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), die Forschung, Forschung und nochmal Forschung zu den unterschiedlichsten Digi-Lehrveranstaltungen finanzieren. Es gibt das honorige Hochschulforum Digitalisierung, in dem sich viele Hochschulleitungen und wenige Vollzeit-Hochschullehrer austauschen und Konzeptentwicklung betreiben. Und als vergangenes Jahr erste Überlegungen zur Zukunft des Hochschulpakts angestellt wurden, kam dabei hin und wieder auch das Stichwort "Digitalisierung" vor. 

 

Aber das war’s dann auch. Kein großer Wurf, wie ihn ein Digitalpakt verheißt. Kein milliarden- oder zumindest millionenschweres Commitment des Bundes, das wie in der Schule Signalwirkung haben könnte nach dem Motto: Wir packen es wirklich an. 

 

Dabei wäre ein Digitalpakt Hochschule sogar deutlich günstiger zu haben, weil die notwendige Technik, die Breitbandanschlüsse und die W-Lan-Qualität in den Hörsälen und Seminarräumen der Republik längst Standard sind. Überhaupt nicht Standard sind großzügige Förderprogramme für Lehrende, die die neuen Lehrformate in den Hochschulalltag einbauen, sie sinnvoll mit den bestehenden Curricula verzahnen wollen. Wir brauchen einen Digitalpakt Hochschule, der die Digitalisierung der Hochschullehre in der Breite ermöglicht und die Spitze fördert.

 

Konkret liefe das auf zwei Förderlinien hinaus. Die erste: die Projektförderung für technisch anspruchsvolle Lehrveranstaltungen mit dem Potenzial, eine breite Ausstrahlung in der Hochschule zu haben. Die zweite: ein Strategiewettbewerb für ganze Hochschulen mit 10, 15 Gewinnern, die ein in sich stimmiges Digitalisierungskonzept präsentiert haben. Und stimmig heißt: Nicht allein die Hochschulleitungen dürfen dahinterstehen, den Kern müssen die Lehrenden selbst beigesteuert haben. Ja, das klingt nach einem aufwändigen Prozess. Zu Recht.

 

Nutzen wir die hoffentlich bald zurückkehrende DigiPakt-Euphorie von Bund und Ländern. Die Botschaft an die Bildungspolitik lautet: Macht’s nochmal. Und zwar sofort.

 

Dieser Kommentar erschien heute zuerst im ZEITChancen Brief.


Fotonachweis: Digital Cat/ "Zurück in die Zukunft (12)"/ CC BY 2.0.

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Kommentare: 1
  • #1

    Hannes Klöpper (Samstag, 01 Dezember 2018 14:02)

    Interessanter Vorschlag. Leider befürchte ich, dass die Hochschulen mit dieser Aufgabe völlig überfordert wären. Wenn dann Lösungen herauskommen wie die mit den UMTS-Milliarden finanzierten LMS Anfang des Jahrhunderts. Den aller, allermeisten Hochschulen fehlt die Technologie, Strategie und Prozesskompetenz, um wirklich etwas zeitgemäßes zu entwickeln. Selbst die reichsten und versiertesten Hochschulen in den USA gründen hierfür eigene als Unternehmen organisierte Organisationen aus oder lassen sich von kommerziellen Anbietern unterstützen. Entweder wir entwickeln diese Kompetenz auch in Deutschland, kaufen diese zu oder finden uns weiterhin (wie schon die letzten zwei Jahrzehnte) damit ab, dass deutsche Hochschulen keine digitalen Lehrangebote machen.
    Für ersteres bräuchte man in D Player wie die SNHU oder 2U, um den Hochschulen bei der Digitalisierung unter die Arme zu greifen. Da es hier jedoch keine vergleichbaren Geschäftsmodelle gibt, müsste man hier wohl staatliches Geld in die Hand nehmen. Statt das Geld direkt den Hochschulen zu geben, sollte man vielleicht sagen, dass es x tausend Euro pro Student / Graduierten (analog zum Hochschulpakt), für die Organisationen gibt, die es schaffen ihn oder sie gemäß eines Kriterienkatalogs online auszubilden (Erreichung bestimmter Kompetenzniveaus o.ä.). Dann würden die Startups die den Hochschulen helfen würden sich diese Mittel zu sichern von ganz allein aus dem Boden sprießen. Denn dann wäre endlich einmal klar, wo, wann und unter welchen Voraussetzungen für ein funktionierendes Bildungsprodukt gezahlt wird. Denn das Problem, dass Produkte im Bildungsbereich auch wenn sie gut sind, meist an der mangelnden Zahlungsbereitschaft der Endkunden bzw. der mangelnden Wirtschaftlichkeit des Vertriebs an staatliche Institutionen scheitert, ist der Grund warum Unternehmer und Investoren einen großen Bogen um diesen Bereich machen. Das muss jedoch nicht so bleiben.