...aber einfach wird es nicht: Die Kompromiss-Suche in Sachen Bildungsföderalismus beginnt heute.
NACH DEM EKLAT um die Grundgesetz-Änderung wollen die Länder heute den Vermittlungsausschuss anrufen. Dass die Suche nach einem Kompromiss komplex wird, zeigte bereits die Pressekonferenz der Kultusminister vergangene Woche.
Dabei hatten die Ressortchefs zum Jahresende nochmal ihre Entschlossenheit demonstrieren wollen. Dass sie den Digitalpakt wollen. Trotz allem. Und dass sie ihren Teil dafür getan haben. Doch als Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) Donnerstagmittag neben Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) Platz nahm, als sich überraschend auch noch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (ebenfalls CDU) dazusetzte, war die Botschaft, die rüberkam, eine andere: Die Verantwortlichen hatten keine Kraft mehr, ihre Differenzen zu kaschieren.
Es würde den Rahmen jedes Blogeintrages sprengen, nochmal alle Irrungen und Wirrungen nachzuerzählen oder auch nur alle Verantwortlichen zu benennen, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass entgegen aller Planungen und Versprechungen von Januar 2019 nun doch kein Digitalpakt-Geld fließen wird. Doch was bedeutet es konkret, wenn die Länder das Startsignal für den Vermittlungsausschuss geben, den die Verfassung als Kompromissgremium von Bundestag und Bundesrat vorsieht? Wieviel Zeit wird das kosten? Und wie oft werden die Schulen noch vertröstet?
Die Antworten der Bildungspolitiker bei der Pressekonferenz verrieten die Kluft, die sich zwischen ihnen aufgetan hat. "Zügig ist das Zauberwort", sagte Karliczek. Ihre CDU-Parteikollegin Eisenmann aus Baden-Württemberg sagte süffisant: Für den Fall, dass der Pakt im Sommer 2019 komme, seien drei Jahre vergangen, seit Karliczeks Vorgängerin Johanna Wanka erstmals den Digitalpakt angekündigt hatte – woraus sich die Frage ergebe, "ob das wirklich zügig in der Definition von zügig ist".
Bildungssenator Rabe wiederum hofft, dass schon bis zur Bundesratssitzung am 25. Februar ein Kompromissvorschlag vorliegt, so dass der Pakt zum zweiten Quartal starten könne.
In der ZEIT von dieser Woche beschreibe ich noch einmal ausführlicher die Positionen der unterschiedlichen Akteure – und ihre Ratlosigkeit, wo genau die Lösung liegen wird. Denn dass eine kommt, davon bin nicht nur ich überzeugt. Wie sich überhaupt der Misere auch positive Aspekte abgewinnen lassen. Welche das sind? Lesen Sie es gern im ZEIT-Artikel nach. Und den finden Sie hier.
NACHTRAG AM 14. DEZEMBER, 15.30 UHR:
Die Ministerpräsidenten haben wie erwartet den Vermittlungsausschuss angerufen, und zwar einstimmig, um eine "grundlegende Überarbeitung" der geplanten Grundgesetz-Änderung zu erreichen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte laut Nachrichtenagentur dpa: "Wir wollen keine Verzwergung der Länder", die vom Bundestag beschlossene und nun gestoppte Neuformulierung des Artikels 104 bedeute einen "Frontalangriff auf unsere föderale Ordnung."
Aber auch Ministerpräsidenten, die die ursprünglich im GroKo-Koalitionsvertrag vereinbarte Änderung des Grundgesetz-Artikels 104 unterstützt hatten, wiesen die vorliegende Version als übergriffig zurück. So kritisierte die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) aus Rheinland-Pfalz, "wie durch die Hintertür das Selbstbestimmungsrecht der Länder beschnitten werden soll". Ihr Thüringer Kollege Bodo Ramelow (Linke) sprach von einem "vergiftetem Geschenk der schlimmsten Art."
Nach der Entscheidung der Länderkammer äußerte sich Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) vor der Presse und forderte Kompromissbereitschaft und eine schnelle Einigung im Vermittlungsausschuss. Sie freue sich, dass die Ministerpräsidenten sich hinter den Digitalpakt gestellt hätten. Doch brauche der eine verfassungsrechtliche Grundlage. "Deshalb gilt auch: Erst die GG-Änderung und dann den Digitalpakt Schule."
Karliczek erinnerte daran, dass SPD und Union sich in den GroKo-Koalitionsverhandlungen ausdrücklich für eine Grundgesetz-Änderung als Voraussetzung für den Digitalpakt verständigt hätten, "und an diesen Verhandlungen waren damals auch schon einige Ministerpräsidenten beteiligt." Gemeinsam mit den Kultusministern habe sie beim Aushandeln des Digitalpakts "sehr genau darauf geachtet, dass die Kultushoheit" der Länder unberührt bleibe.
Der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Oliver Kaczmarek, bezeichnete die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch die Länder als "legitim". Das Ziel seiner Fraktion sei weiter klar: "Das Kooperationsverbot muss fallen." Der Digitalpakt dürfe nicht zur dauerhaften Hängepartie werden. "Er braucht eine verfassungsrechtliche Grundlage, weil für den Bund die unverbindliche Weitergabe von Steuermitteln nicht akzeptabel ist."
Die bildungspolitische Sprecherin der grünen Fraktion, Margit Stumpp, forderte konstruktive und zielgerichtete Verhandlungen: "Außerhalb des politischen Raumschiffs ist es kaum noch zu vermitteln, warum die bereit gestellten Mittel nicht an die Schulen fließen können."
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PB (Freitag, 14 Dezember 2018 11:53)
Das m.E. wahre Problem, nämlich die 50/50-Finanzierung des Bundes und der Länder für alle zukünftigen Co-Finanzierungen _nach_ dem Digitalpakt, geht leider medial fast komplett unter (auch hier, in Ihrem Zeit-Artikel steht es allerdings).