Der Präsident schreibt den Hochschulrektoren – und gibt dabei ein paar weitere Details zu den internen Reformüberlegungen preis.
IN EINEM INTERVIEW mit der ZEIT hat Peter Strohschneider sich im April 2018 selbst mal als "anstrengender Chef" bezeichnet: "weil ich die administrativen Texte der DFG einfach nicht so lassen kann, wie sie entworfen sind." Er untermale, er unterringele – um der Differenzierung willen. Strohschneiders Gesprächspartner war der heutige HRK-Präsident Peter-André Alt, ebenfalls Germanist. Die beiden schaukelten sich in ihrer Begeisterung für sprachliche Präzision gegenseitig so weit hoch, dass Strohschneider schließlich sogar das Wort "Transparenz" als "Plastikmüll" bezeichnete, das auf seiner schwarzen Liste stehe.
Dem Brief des DFG-Präsidenten allerdings, der Ende vergangener Woche bei den Mitgliedern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (also vor allem bei den Universitätsleitungen) einging, hätten sowohl mehr Transparenz als auch mehr sprachliche Präzision gutgetan. Überschrieben ist das Schreiben mit "Persönlich/Vertraulich", und schon der erste Satz ist erstaunlich simpel für Strohschneider, der sich sonst gern gegen Vereinfachungen wehrt: "Mitte November hatte ich Sie darüber informiert, dass Frau Professorin Dzwonnek ihr Ausscheiden aus den Diensten als Generalsekretärin der DFG erklärt hat." Klingt fast so, als habe Dzwonnek selbst es nicht mehr ausgehalten bei der Forschungsgemeinschaft, aber geschenkt.
Von einer geradezu virtuosen Ungenauigkeit ist Strohschneiders nächster Satz: Im Anschluss an "diesen Vorgang" (welchen jetzt genau?) habe sich das Präsidium nun mit der Frage befasst, ob aus den "zurückliegenden Entwicklungen" (welche und seit wann?) neben "dieser personellen auch konstitutionelle Folgerungen für die Leitungsstruktur der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu ziehen sind und welche das gegebenenfalls sein würden".
Im zweiten Teil des Satzes ist Strohschneiders Formulierung weitgehend identisch mit dem mir zuvor übermittelten Pressestatement. Den weiteren Verlauf seines Schreibens formuliert der Präsident, dessen Amtszeit noch bis Ende 2019 läuft, dann immerhin etwas klarer. Das Präsidium beabsichtige, der DFG-Mitgliederversammlung im Juli 2019 – "in Abhängigkeit von den Arbeitsergebnissen" der eigens eingerichteten Kommission – Vorschläge für eine Satzungsnovelle zu unterbreiten. Auswirkungen auch auf den Zuschnitt des Amtes der Generalsekretärin bzw. des Generalsekretärs seien dabei "nicht ausgeschlossen".
Was eine Untertreibung sein dürfte angesichts der Tatsache, dass die Satzungsänderung vor allem dem Ziel dienen könnte, die Hackordnung an der DFG-Spitze neu zu definieren. Wie berichtet wird von Mitarbeitern der DFG-Geschäftsstelle kolportiert, eine Präsidialstruktur werde vorbereitet, die neben dem Präsidenten möglicherweise einen hauptamtlichen Vizepräsidenten vorsehe und zusätzlich einen Verwaltungsleiter für die DFG-Geschäftsstelle. Offizielle Quellen für diese Behauptungen gibt es allerdings nicht. Immerhin kann man dem Brief Strohschneiders nun entnehmen, dass das Amt des oder der Generalsekretärin an sich wohl erhalten bleiben soll – es sei denn, der Präsident hätte die Passage entgegen seiner Gewohnheit ungenau formuliert.
Aufschlussreich ist der Zeitplan für die Neubesetzung, die Strohschneider den DFG-Mitgliedern mitteilt. Da auf der Mitgliederversammlung auch der DFG-Präsident bzw. die Präsidentin neu gewählt werden soll, werde der "Findungsprozess" für Dzwonneks Nachfolge erst im Anschluss daran beginnen können.
Strohschneider selbst könnte sich für eine
dritte Amtszeit bewerben – wird er aber wohl nicht
Strohschneider selbst könnte sich übrigens als Folge der letzten Satzungsänderung von 2014 für eine dritte Amtszeit bewerben, wobei er dann allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Mitgliederversammlung bräuchte. Doch soll Strohschneider diese Möglichkeit im DFG-Hauptausschuss bereits ausgeschlossen haben. Die Pressestelle der Deutschen Forschungsgemeinschaft wollte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern. Allerdings drängen offenbar auch die meisten Minister in Bund und Ländern auf einen personellen Neuanfang.
Die Übergangszeit, bis die Satzungs- und Personalfragen geklärt sind, wird Strohschneider die Funktion des DFG-Vorstands wie berichtet allein wahrnehmen, die Geschäftsstelle soll von den vier Abteilungsleitern weitgehend "gemeinsam und gleichberechtigt" geleitet werden.
Der letzte Satz des Präsidentenbriefs hat es dann wieder in sich. Zuversichtlich gehe er davon aus, schreibt Strohschneider, "dass mit der genannten internen Kommission ein guter Weg zu einer zeitgemäßen Leitungsstruktur" der DFG gebahnt sei. Zur Erinnerung: Die letzte – große – Satzungsänderung erfolgte erst vor vier Jahren und wurde damals als entschiedene Modernisierung gefeiert. Und jetzt ist Strohschneider also der Auffassung, die DFG habe keine zeitgemäße Leitungsstruktur?
Vielleicht sollte man die Formulierung aber auch nicht so ernst nehmen. Vielleicht ist "zeitgemäß" ja auch ein Plastikmüll-Wort ohne Aussagekraft. Wir werden es bald erfahren.