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"Im Zustand der systematischen Überforderung"

Die Wissenschaftsadministration braucht dringend ein eigenes Förderprogramm, fordert die Verwaltungsexpertin Cornelia Raue – sonst misslingt der Sprung ins digitale Zeitalter. Ein Interview.

So alt ist die Technik in der Wissenschaftsverwaltung zum Glück nicht. Fühlt sich aber manchmal so an. Foto: Free-Photos / Pixabay - cco. 

Frau Raue, Sie fordern ein Förderprogramm für die Wissenschaftsverwaltung. Meinen Sie das ernst? 

 

Natürlich. Seit vielen Jahren investiert die Politik verstärkt in Bildung, Wissenschaft und Forschung. Nur ein zentraler Bereich blieb bei allen groß angelegten Pakten und Initiativen ausgenommen: die Administration. An ihr wurde vorbeigefördert, als sei sie ein blinder Fleck – mit der unausgesprochenen Erwartung, dass sich die Wissenschaftsverwaltung von selbst irgendwie zurecht ruckelt – trotz des enormen Wachstums der Wissenschaftslandschaft und technologischer Sprünge, die gewaltig waren und weiter sein werden.

 

Moment mal. Klagen nicht alle Wissenschaftler darüber, dass die Bürokratie beständig zunimmt, dass die Vorgaben der Verwaltungen immer stärker ihr Handeln einschränkt?

 

Ja. Die Wahrnehmung ist, dass sich die Verwaltungsabteilungen aufblähen. Fakt ist aber, dass dem nicht so ist: Das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat gerade gezeigt, dass das Wachstum der Verwaltungen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen nicht im Entferntesten Schritt halten konnte mit den starken Steigerungen beim wissenschaftlichen Personal.

 

"Das Wachstum der Verwaltungen
konnte nicht Schritt halten"

 

Dabei hätte es eigentlich anders herum sein müssen, denn mit der Bologna-Reform und dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz, durch die extreme Zunahme der Drittmittelquote und die Umsetzung der Wissenschaftspakte wurden die Anforderungen besonders auch an die Beschäftigten der Verwaltungen immer weiter hochgeschraubt. Beispiel Max-Planck-Gesellschaft: 2005 arbeiteten 5104 sonstige Beschäftigte, 2015 waren es 3319. Dagegen ist die Zahl der wissenschaftlich Beschäftigten stark gestiegen. Und auch bei den Hochschulen ist die Zahl der wissenschaftlichen Beschäftigten stärker gewachsen, als die Zahl des wissenschaftsunterstützenden Personals. Dies haben Banscherus und seine KollegInnen in der Studie von 2017 zum Wandel der Arbeit an Hochschulen gezeigt. Kamen 1995 1,2 Wissenschaftler auf einen Beschäftigten aus dem wissenschaftsunterstützenden Bereich, waren es 2014 1,4.



Cornelia Raue arbeitete viele Jahre im Campus- und Qualitätsmanagement der TU Berlin und leitet jetzt den Strategie- und Stabsbereich beim Forschungsverbund Berlin. Foto: K. Haarmann. 


 Mit welchen Folgen?

 

Eine der Konsequenzen haben Sie eben selbst in Ihrer Frage angerissen. Zwar ist die Verwaltung als Organisation nicht explodiert, aber die Verwaltungsvorschriften und Berichtspflichten sind es sehr wohl. Das heißt, das Verwaltungspersonal selbst muss sich viele dieser neuen Vorschriften erstmal aneignen, um es dann in die Organisation hinein übersetzen zu können. Dafür müssen sich die Leute regelmäßig schulen. Dann fehlt ihnen wiederum die Zeit für die Bearbeitung von Projektanträgen oder Personaleinstellungen.


Wodurch die Klagen über die Unfähigkeit der Verwaltung immer lauter werden?

 

Die Wissenschaftsadministration befindet sich in einem Zustand systematischer Überforderung, und viele Wissenschaftler erkennen oft nicht den alltäglichen Zielkonflikt, den die Mitarbeiter in der Verwaltung zu bewältigen haben. Sie müssen die öffentlich-rechtlichen Vorgaben sicherstellen, das Sparsamkeitsgebot durchsetzen, und gleichzeitig sollen sie Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen immer mehr Serviceleistungen bieten. Und das Ganze mit einer technischen Ausstattung, die in Teilen 20 Jahre und älter ist.

 

Wie kann das funktionieren?

 

Vielerorts versuchen die Beschäftigten der Verwaltung, mit selbstgebastelten PDFs und kopierten Excel-Tabellen international renommierte Forscherinnen und Forscher zu unterstützen, oft mit hohem persönlichen Einsatz. Auf diese aufwändige Art und Weise erfüllen sie auch die beständig steigenden Berichtsanforderungen der Mittelgeber. Zu weiterreichenden Hochrechnungen, Prozessanalysen oder Benchmarks ist die Wissenschaftsadministration dann kaum noch in der Lage.

 

Kommen wir zurück zu dem Förderprogramm, das Sie fordern. Was genau stellen Sie sich vor?

 

Bevor ich zum Geld komme, möchte ich über Verständnis reden. Viel wäre erreicht, wenn auch der Wissenschaftsverwaltung zugestanden würde, dass sie für Modernisierung und Fortschritt die nötige Unterstützung braucht. Aber dieses Verständnis fehlt in der Politik bislang fast völlig. Warum? Vielleicht ja, weil ich mit den Investitionen in eine Verwaltungsreform keine roten Bänder durchschneiden kann. Eine digitale Transformation der Wissenschaftsadministration – um die es letztlich gehen muss – kostet erst mal viel Geld, ist unglaublich mühsam, und die Erfolge sieht man erst langfristig.

 

Geht es nur um die Auffrischung der Technik?

 

Eigentlich geht es immer um die zwei selben Sachen: Wir müssen den technologischen Rückstand aufholen und gleichzeitig die dafür nötige Kompetenz in der Verwaltung aufbauen. Viele Verwaltungsprozesse, Beschaffungsvorgänge und das Berichtswesen sind ja im Gleichschritt mit der Technik ja auf dem Stand der 90er stehengeblieben. Es geht also um IT und Personalentwicklung.

 

Gibt es denn keinen Ruck in den Verwaltungen?

 

Doch, es gibt Ansätze. Sowohl für IT als auch für Personalentwicklung gibt es beispielsweise Arbeitskreise bei der Vereinigung der Kanzler und Kanzlerinnen. Ich sehe aber nicht, dass diese beiden Themen zusammengedacht und auf die politische Agenda gesetzt werden. Als Konsequenz bleiben begonnene IT-Reformen oft auf halber Strecke stecken. Man fängt beherzt an, scheut dann aber den nächsten Schritt, weil schon der Reformschritt davor die Administration an ihre Grenzen gebracht hat. Im Alltag sieht das dann für die Beschäftigten so aus, dass er oder sie das Formular am PC ausfüllt, das Papier am Ende doch ausgedruckt und in die Umlaufmappe steckt, weil die digitale Unterschrift noch nicht eingeführt ist.

 

Die Verwaltungsmitarbeiter verfügen also nicht über die nötigen fachlichen Kompetenzen?

 

Das habe ich so nicht gesagt. Viele Mitarbeiter haben die Bereitschaft, sich persönlich weiterzuentwickeln, doch sie kommen nicht dazu.

Sie müssten, wenn der digitale Aufbruch gelingen soll, regelmäßig technisch geschult werden.

 

"Die Wissenschaftsadministration ist dazu
verurteilt, Quell der Enttäuschung zu sein"

 

Zunächst bedarf es vor allem der Einführung der entsprechenden IT-Systeme. Für umfassende Digitalisierungsprojekte fehlt es vor allem aber an Zeit und Personal. Im laufenden Alltagsgeschäft lässt sich ein umfassender Modernisierungsprozess kaum organisieren, weil die aktuellen Probleme immer Vorrang haben vor langfristig angestrebten Veränderungen.

 

Sie tun so, als fehle den Mitarbeitern nur genügend Zeit, aber sonst könnten sie mit allen Herausforderungen spielend umgehen. Mal ehrlich: Sind die meisten Verwaltungsabteilungen für richtig hochqualifizierte Leute nicht viel zu unattraktiv, gerade im IT-Bereich?

 

Klar hat es die Industrie einfacher. Die gesuchte IT-Expertise besteht ja vor allem darin zu wissen, welche Systeme und Applikationen für welche Bedarfe geeignet sind, wo also die Anschaffung und dann die nötige Anpassung an die Institution lohnt. Die Industrie kauft sich die dafür nötigen Experten aus den einschlägigen Firmen vor Projektstart einfach ein. Wir im öffentlichen Dienst können da nicht mithalten.

 

Wozu führt das?

 

Die Komplexität der Digitalisierungsprojekte stellt sich erst im "Doing" heraus. Oft wird erst während der Umsetzung klar: Die Standardsoftware ist nur mit hohem Aufwand auf den Wissenschaftskontext übertragbar. Eine bei 75 Prozent Umsetzung steckengebliebene Digitalisierung ist aber kein Dreiviertel-, sondern im Endeffekt gar kein Fortschritt, das gilt sogar noch bei 95 Prozent, wenn am Ende, siehe mein Beispiel digitale Unterschrift, doch noch eine Umlaufmappe kursieren muss. So vermissen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen den Mehrwert, der mit diesen Digitalisierungsprojekten in Aussicht gestellt wurde. Und die Wissenschaftsadministration samt ihren Modernisierungsprojekten bleibt dazu verurteilt, Quell der Enttäuschung zu sein.

 

Aber die Tarifstruktur des öffentlichen Dienstes werden Sie nicht ändern können, um an die Spitzenkräfte zu kommen.

 

Na ja, bei den richtig wichtigen Stellen können wir zumindest in den großen Wissenschaftseinrichtungen sehr wohl auch mal außertarifliche Gehälter zahlen. Und ansonsten geht viel über eine Struktur von Projektmitarbeitern, über die zeitliche befristete Einstellung von Expertinnen und Experten aus Industrie und Consulting, die gezielt angeworben und angemessen bezahlt werden, um Inhouse-Kompetenz aufzubauen. Das müssen wir dringend, sonst können die Verwaltungsleute in zehn Jahren gar nicht mehr mit der Wissenschaft kommunizieren. Das lebensweltliche Auseinanderdriften zwischen Verwaltung und Wissenschaft ist schon jetzt spürbar und das wird bei der jungen Generation noch extremer. Meine eigenen Kinder wollen schon heute lieber in Startups arbeiten als in der Wissenschaft, weil sie die Arbeitsumgebung dort inspirierender finden. Wenn die Wissenschaftsadministration sich nicht grundsätzlich wandelt, technologisch und von der Personalentwicklung her, wird es extrem schwierig. Die guten jungen Leute kehren nicht ohne Not in die Welt der 90er Jahre zurück.

 

Woher nehmen Sie den Optimismus, dass der Aufbruch gelingt?

 

Weil der Qualitätspakt Lehre es gerade vorgemacht hat. Trotz mancher Holprigkeiten und Widrigkeiten hat er dazu geführt, dass die Hochschulen unterstützendes Personal eingestellt haben, um die Qualität der Hochschullehre zu erhöhen und eine neue Aufmerksamkeit für gute Lehre zu schaffen. Die Lehre war wie die Verwaltung ein Stiefkind der Wissenschaft, doch das ändert sich gerade – dank der Projektförderung von Best Practices-die, und da sind wir beim Geld, teuer ist. Teuer wird auch das von mir geforderte Förderprogramm für die Wissenschaftsverwaltung sein. Und dennoch unverzichtbar.

 

Die durch den Qualitätspakt eingestellten Mitarbeiter klagen aber auch über genau jene Projektförderung, weil ihre Stellen befristet sind und viele der neuen Initiativen ebenfalls. Vielleicht ist das ja nur ein Strohfeuer?

 

Natürlich kann eine Projektförderung nur der erste Schritt sein. Aber irgendwie muss man die langfristige Modernisierung ja anschieben. Von einem bin ich außerdem überzeugt: Wenn junge Leute die Wahl haben zwischen einer eintönigen, aber unbefristeten Stelle auf der einen Seite und einer herausfordernden, abwechslungsreichen, fair bezahlten, wenn auch befristeten Stelle auf der anderen, werden viele die letztere wählen. Einmal im Thema eingearbeitet, werden diese Leute in kurzer Zeit "Goldstaub" auf dem Arbeitsmarkt sein.


Nachtrag am 24. Januar 2019

Vielen Dank für die lebhafte Debatte. Gerade erreichte mich folgende Replik von Myrle Dziak-Mahler, der Geschäftsführerin des Zentrums für LehrerInnenbildung an der Universität zu Köln. Diese möchte ich an dieser Stelle noch gern veröffentlichen.

 

 

Wir brauchen ein neues Verständnis von
Wissenschaft und Verwaltung

 

Es muss sich etwas verändern, damit die Hochschulen hierzulande zukunftsfähig und damit international wettbewerbsfähig bleiben. Darüber streitet niemand mehr. Auch darüber dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dafür von administrativen Aufgaben entlastet werden müssen, anstatt immer weiter belastet, herrscht breiter Konsens. Einzelne Förderlinien oder punktuelle finanzielle Zuschüsse für die Hochschulverwaltungen helfen da aber wenig.

 

Denn das derzeit diskutierte "Versagen" der Administration ist nicht nur ein systematisches, sondern ein Systemproblem. Um das aufzulösen, müssen wir zu einem grundsätzlich neuen Verständnis von Wissenschaft und Verwaltung kommen. Der alte Genius-Gedanke, demnach der Wissenschaftler allein die Ideen in das System einbringt, hat in einer volatilen, ungewissen, komplexen und mehrdeutigen Welt, die auf Fluidität und Flexibilität, Agilität und Innovation angewiesen ist, ausgedient. 

 

Statt des dualen Systems, das aus der Wissenschaft auf der einen und der Verwaltung auf der anderen Seite besteht, brauchen wir aktives Wissenschaftsmanagement, das deutlich mehr ist als eine zuarbeitende und bestenfalls beratende Verwaltung. Wissenschaftler und Experten für Administration, Organisation und Kommunikation müssen sich in ganz neuen, komplett veränderten Formaten begegnen und gleichberechtigt und kollaborativ zusammenwirken. Wenn diese (neue) Administration den Status gleichberechtigter Fachexperten erhält, kann sie viel mehr bewirken. 

 

 

Was wir also brauchen, sind komplett neue Denkweisen und Strukturen, die auf eine ganz andere Form von Vernetzung zielen bis hin zu der Frage, ob wir eine Verwaltung in ihrer bisherigen Form nicht ganz auflösen sollten. Kurzum: Förderlinien für die Administrative sind gut. Aber sie bewirken nur dann etwas, wenn sie Strukturen aufbrechen und nicht, wenn damit einzelne Maßnahmen gefördert werden – so wichtig diese auch sein mögen.

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Kommentare: 8
  • #1

    Zukunftsmusiker (Montag, 21 Januar 2019 13:49)

    Es braucht Strukturreformen, anstatt mehr Geld für die alten verkorksten Strukturen. Vor allem müssen die Rekrutierungs- und Auswahlmechanismen umgestellt werden. Heute sind Verwaltungsmitarbeiter das Resultat einer dreifachen Negativauslese: Sie sind weder kreativ (sonst würden sie forschen), noch können sie managen oder gar unternehmerisch etwas Neues aufbauen (sonst gingen sie in die Wirtschaft). Vor allem dienen die Spitzenpositionen auch noch zur Versorgung von Parteifreunden, d.h. sie werden mit Politikern (Habitus) besetzt die schon gar nicht den Respekt kreativer Forscher erlangen können. Das letztgenannte Problem sollte man zuerst angehen, den der Fisch stinkt vom Kopf. Überhaupt wäre über das ganze Thema viel grundsätzlicher nachzudenken: Es ist doch primitiv, einfach zu fordern, Verwaltungsstellen müssten proportional mit Forschungsstellen wachsen. Denn 1) das sind nur Inputgrößen ohne Berücksichtigung der Produktivität und 2) man vergleiche doch mal, wie viele Sekretärinnen pro Forscher man findet an deutschen Unis und an privaten amerikanischen Sptzenunis (die viel mehr Geld haben, aber viel weniger "Statusstellen" kennen als das deutsche System).

  • #2

    Bleistifterin (Montag, 21 Januar 2019 16:48)

    1. Sie fordert kein proportionales Wachstum.
    2. Ist Ihre Negativauslese eine Unterstellung, die ignoriert wie Viele hoch qualifizierte, gute junge Leute gerne Wissenschaft machen möchten, OBWOHL sie in der Wirtschaft mehr verdienen könnten, und dort von den Strukturen (veraltete Technik, schwerfällige Prozesse, befristete Stellen und damit verbundenem Ablauf von implizitem Wissen) ausgebremst werden...

  • #3

    Edith Riedel (Montag, 21 Januar 2019 18:09)

    Ich würde hier gerne die Unterscheidung machen wollen zwischen klassischen Verwaltungsmitarbeiter_innen und Wissenschaftsmanager_innen: die letzteren sind, gerade an Universitäten, häufig die Vermittler_innen zwischen den Wissenschaftler_innen und der klassischen Verwaltung und sitzen somit zwischen so ziemlich allen Stühlen. Beide Bereiche bräuchten nicht nur ein Förderprogramm, sondern vor allem auch Wertschätzung und prominente Fürsprecher_innen, dann würde es vielleicht auch mit der Rekrutierung leistungsfähiger Kandidat_innen und der Motivation bereits eingestellter klappen.

  • #4

    Zukunftsmusikerin (Dienstag, 22 Januar 2019 15:47)

    @Bleistifterin

    Ad 1. Gestatten Sie, dass ich Sie zitiere:

    "Das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat gerade gezeigt, dass das Wachstum der Verwaltungen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen nicht im Entferntesten Schritt halten konnte mit den starken Steigerungen beim wissenschaftlichen Personal. Dabei hätte es eigentlich anders herum sein müssen ..."

    Mit anderen Worten: Die Verwaltung soll Ihrer Meinung nach noch stärker wachsen als Forschung & Lehre. Das ist sogar eine steilere These als die, die ich oben kritisiere.

    Ad 2. Ich stimme zu; das was ich oben schreibe, widerspricht dem nicht.

    @Edith Riedel

    Eine hilfreiche Unterscheidung. Freilich bezweifle ich, dass Wissenschaftsmanager besser sind. Nach meiner Erfahrung ist es umgekehrt: Die traditionelle Verwaltung masst sich gar nicht an, Wissenschaft managen zu wollen. "Wissenschaftsmanager" hingegen versuchen dies, scheitern aber regelmässig und halten dabei Wissenschaftler auch noch von der Arbeit ab.

  • #5

    Count von Count (Dienstag, 22 Januar 2019 20:58)

    @ Zukunftsmusiker

    Ich zitiere:
    "Sie sind weder kreativ (sonst würden sie forschen), noch können sie managen oder gar unternehmerisch etwas Neues aufbauen (sonst gingen sie in die Wirtschaft). Vor allem dienen die Spitzenpositionen auch noch zur Versorgung von Parteifreunden, d.h. sie werden mit Politikern (Habitus) besetzt die schon gar nicht den Respekt kreativer Forscher erlangen können."
    ---
    Ziemlich polemischer Nonsense, den Sie da verbreiten:
    - Forscher sind also per se kreativ? Ich muss Sie enttäuschen, denn hierbei handelt es sich nicht um einen Automatismus. Auch in der Wissenschaft finden man viel Treibholz. Es ist zudem fraglich, ob Kreativität in der Verwaltung ein bedeutsamer Faktor ist. Ich würde eher für die Eigenschaft der Innovationsfreudigkeit plädieren.
    - Ich kenne viele Wissenschaftsmanager, die neue Ideen in die Verwaltung bringen und auch in der Wirtschaft einen exzellenten Job machen würden. Ich vermute, dass diese Personen sich eher durch einen vergleichsweise ausgeprägteren Idealismus auszeichnen. Ihnen ist möglicherweise auch entgangen, dass Verwaltungsmitarbeiter mittlerweile von Personalberatungen umworben werden und in Unternehmen abwandern.
    - In der Verwaltung einer Universität ist mir noch kein einziger Funktionsträger einer Partei untergekommen. Sie reiten zudem ganz schön auf den Nimbus der Kreativität rum. Stimmt ja, Kreativität gibt es nur unter den Forschern. Ich frage mich, was Ihnen über die Leber gelaufen ist. Mit diesem Weltbild wird es sehr schnell einsam um Sie werden.

  • #6

    Edith Riedel (Dienstag, 22 Januar 2019 21:58)

    @Zukunftsmusikerin: Ja schön, dass die Vorurteile firmly in place sind. So funktioniert die Zusammenarbeit doch gleich viel besser. Not.

  • #7

    Paragraphenreiterin (Donnerstag, 24 Januar 2019 08:00)

    Ich bin mir sehr unsicher, ob die Forderung nach befristeten Projektstellen in der Verwaltung das richtige Signal ist. Ist nicht die beste Qualitätssicherung unserer Wissenschafts- und Lehrstrukturen die Gewährleistung von nachhaltigen (ja, blödes Wort, finde gerade kein anderes) und verlässlichen Prozessen und Prozessverantwortlichen?
    @Count von Count
    Der Aspekt der Innovationsfreudigkeit als Merkmal für Wissenschaftsmanagerinnen/ Wissenschaftsmanager ist überzeugend und mit Blick auf die digitale Transformation der Wissenschaftsverwaltung hochgradig relevant!

  • #8

    Forschungsreferent (Donnerstag, 24 Januar 2019 10:03)

    @Zukunftsmusikerin: Ja, dieses bekannte Vorurteil gegen die Verwaltung kenne ich auch unserer Hochschule. Verwaltung verhindert Forschung und ist per se ineffizient.

    Wahr ist: Das Fördergeschäft bürokratisiert sich zunehmend. Das ist aber nicht das Problem der Hochschulverwaltungen, sondern Ausfluss einer um sich greifenden Audit-Kultur der Drittmittelgeber. Wenn man erlebt, welche Anforderungen Sachbearbeiter*innen bei Projektträgern des Bundes oder des Landes an ganz normale Projekte hinsichtlich Nachweis und Dokumentation stellen, dann fühlt man sich schon bei Kafka. Da wird oft mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Keine Frage es geht um Steuergelder, deren Verwendung wirtschaftlich sein muss. Dennoch denke ich, dass ein Teil der Lösung ein Reset bei den Mittelgebern und deren Projektträgern ist. Lump sums und Pauschalisierungen würden viel Bürokratie aus dem System nehmen. Zum Vorteil der der Hochschulverwaltungen und der Forschenden.

    Wahr ist aber auch: Während die Drittmitteleinwerbungen kontinuierlich steigen und de facto die Grundfinanzierung ersetzen, haben viele Hochschulverwaltungen einen Personalschlüssel von vor 20-30 Jahren, damit wird man den wachsenden Anforderungen nicht gerecht - auch zum Leidwesen der Forschenden, die an überlasteten Flaschenhälsen in der Verwaltung leiden.

    Und wahr ist auch: Das Schimpfen auf DIE Verwaltung ist oft eine Schutzbehauptung, nicht zu forschen bzw. keine Drittmittelprojekte zu beantragen. So nach dem Motto: Ich würde ja, aber ich kann ja nicht, weil meine Verwaltung so schrecklich ist. Dann ziehe ich mich lieber in die Lehre zurück und habe ein schönes Leben als Professor/-in mit sechs (!) Monaten vorlesungsfreier Zeit im Jahr und selbst an einer FH/HAW mit einem geringeren einem Deputat als an einer Schule. Professor*innen vergessen für meinen Geschmack zu oft, welche priveligierte Gruppe sie eigentlich sind!