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Unsere Strategie ist gut, jetzt müssen wir sie aber auch umsetzen

In der vergangenen Legislaturperiode hat die Große Koalition einen Aufbruch bei der MINT-Bildung beschlossen. Doch die nächsten Schritte sind längst überfällig. Ein Gastbeitrag von Sybille Benning.

Foto: Pxhere - cco 1.0.

ALS ICH VOR FÜNF JAHREN in den Bundestag einzog, war das Kurz- und Kunstwort MINT noch nicht derart en vogue. Im Grunde war das Thema für das deutsche Parlament eine Leerstelle. Dabei war die parlamentarische Beschäftigung mit dem gesellschaftlichen Stellenwert von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik längst überfällig.

 

Zum Glück haben sich inzwischen großartige Initiativen zur MINT-Förderung entwickelt. Doch an einer Stelle hapert es gewaltig: an der Kommunikation und der Vernetzung der Akteure untereinander. So wissen die einen vielfach gar nicht, dass andere anderswo in Deutschland ganz ähnliche Ansätze entwickelt haben. Schulpraktiker kommen nicht mit den Machern in der Berufsbildung in einen Austausch und freie Träger nicht mit staatlichen Bildungseinrichtungen. 

 

Als Regierungsfraktionen wollen wir aber eine flächendeckende MINT-Bildung für alle, in einer gleichbleibenden und verlässlichen Qualität. Deshalb haben Union und SPD in der vergangenen Legislaturperiode den Antrag "MINT-Bildung als Grundlage für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für die Teilhabe an unserer von Wissenschaft und Technik geprägten Welt" gestellt. Der sollte das unübersichtliche Feld sortieren.


Die Landschaftsbau-Ingenieurin und Diplom-Geographin Sybille Benning ist CDU-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Foto: www.sybille-benning.de.


Die Zielsetzung ist dabei klar: Wir brauchen von der Kita über die Schule bis zur Weiterbildung aufeinander aufbauende MINT-Angebote, die besonders junge Menschen nachhaltig für Natur und Technik begeistern können. Doch der Weg zum Ziel ist zu klären: Welche Formate sind besonders erfolgreich?Wie lassen sich die bestehenden Angebote entlang der Bildungskette miteinander in Einklang bringen, damit sie systematisch  ineinandergreifen? Wie können die Stärken und Interessen einzelner in 


naturwissenschaftlichen und technischen Fächern konsequent gefördert werden? Die Schließung der vorhandenen Lücken stärkt den Forschungsstandort Deutschland: Qualitativ hochwertige MINT-Angebote tragen auch dazu bei, Fachkräfte auszubilden, die in Unternehmen und an Forschungseinrichtungen das Hightech-Profil Deutschlands weiterentwickeln.

 

Kein Zweifel: Unser Antrag war ein zusätzlicher Anstoß, doch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist nicht erst durch uns aufgewacht. Ich denke beispielsweise an das seit vielen Jahren bestehende "Haus der kleinen Forscher", das sich für eine bessere Bildung von Kindern im Kita- und Grundschulalter im MINT-Bereich einsetzt und dessen Finanzierung wir im Haushalt 2019 nochmals erhöhen konnten. Eine ganz wichtige Initiative!

 

Deutscher Tüftlergeist
hat immer noch Weltrang

 

Ganz grundsätzlich geht es in der Bildungspolitik darum, die Zukunftsfähigkeit Deutschlands, also die Innovationskraft in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu gestalten, um unser Land auch in der Zukunft als Hochtechnologiestandort im weltweiten Vergleich zu halten. Gerade die Naturwissenschaft und Technik waren immer Kernkompetenzen der deutschen Unternehmen, und wir können hier ruhig optimistisch in die Zukunft blicken: Kürzlich war in den Zeitungen zu lesen, dass weltweit kein Land so innovativ ist wie Deutschland. Jedenfalls kommt das Weltwirtschaftsforum in seiner jährlichen Studie zur Wettbewerbsfähigkeit zu diesem Schluss. Kurzum: Deutscher Tüftlergeist hat immer noch Weltrang.  

 

Jetzt kann die von den Regierungsfraktionen beschlossene MINT-Strategie dabei helfen, den Mangel an geeignetem Fachpersonal in der Wirtschaft zu beseitigen, viele offenen Stellen im Beruf und in der Ausbildung wollen besetzt werden. Die geplanten Maßnahmen sollen gerade auch jungen Frauen Entscheidungshilfen für den Studien- und Berufseinstieg geben, frühzeitige Kontakte mit Role Models ermöglichen und mehr Selbstvertrauen für das Ergreifen einer technischen Ausbildung bewirken.

 

Doch auch jenseits von Fragen wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit müssen wir über neue Wege nachdenken, um in einer von Wissenschaft und Technik geprägten Welt die Technikmündigkeit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu stärken. Gerade vor dem Hintergrund des sich aktuell vollziehenden digitalen Umbruchs. So müssen die Menschen die Chancen, Risiken und Veränderungen einer digitalen Gesellschaft besser wahrnehmen, erörtern und aktiv damit umgehen können.

 

Der nächste Schritt muss nun sein, die MINT-Strategie wirklich nachhaltig mit Leben zu erfüllen. Anders formuliert: Wir müssen allmählich bei ihrer Umsetzung aufs Tempo drücken. Dazu müssen kurzfristig folgende Punkte angegangen werden:

 

1. Ein sektorenübergreifender, strategischer und kontinuierlicher Dialog (Runder Tisch oder Allianz) mit Bund und Ländern, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft muss etabliert werden. Nur gemeinsam können wir Deutschland einen kräftigen MINT-Schub geben.

 

2. MINT-Akteure brauchen bessere Beratung und Serviceleistungen, um eine hohe Qualität der eigenen Angebote sicherstellen zu können. Das Thema Qualität müssen die MINT-Akteure gemeinsam – also "bottom-up" – angehen. Das Thema Qualitätsentwicklung muss konzeptionell auch in das geplante digitale MINT-Q-Portal (Q=Qualifikation) integriert werden. Im Rahmen dieses Portals sollten neben praktischen Leitfäden, Informations- und Beratungsangeboten unter anderem auch Qualitätsmerkmale für die verschiedenen Angebote entlang der Bildungskette festgelegt werden, jeder soll Zugang zu guter MINT-Bildung bekommen. Ähnlich der von der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion angedachten bundeseinheitlichen Plattform MILLA soll das MINT-Q-Portal zudem kostenlos für alle Bürgerinnen und Bürger sämtliche neue und bestehende Angebote zur Verfügung stellen.

 

3. Sogenannte MINT-Regionen sind die regionalen Netzwerke zur Stärkung der MINT-Fächer. Hier arbeiten Erzieher, Lehrer und Forscher eng und um der Sache willen zusammen. Die MINT-Regionen sind Vorbilder für Koordination und Transparenz; eine bundesweite Servicestelle könnte die bestehenden Netzwerkeffekte aber noch verstärken und Neugründungen anregen. Deshalb fordert das Nationale MINT-Forum schon seit Jahren genau diese vorhandenen Strukturen zu stärken. Die großen Herausforderungen in der MINT-Förderung werden so auch gerade für wirtschaftsschwächere Regionen handhabbarer, wo vergleichbare Netzwerke bislang fehlen. So käme es zu einer sinnvollen und praktischen Verschränkung dezentraler MINT-Regionen und eines bundesweiten digitalen Portals. Die Vernetzung sollte sich aber nicht nur auf nationale Kooperationen beschränken, sondern auch die Internationalisierung der MINT-Förderung umfassen, um Knowhow in anderen Hochtechnologieländern zu erschließen und sich mit den dortigen Akteuren über effektive Strategien auszutauschen.

 

4. Wir brauchen unbedingt ein Programm zur systematischen Begleitforschung und zu Wirkungsanalysen bestehender MINT-Initiativen. Eine Erhebung des Nationalen MINT-Forums bestätigte eindrucksvoll die mangelhafte Datenlage. Seit dem Jahr 2012 haben sich über 30 Institutionen, die sich in der MINT-Bildung engagieren, in jenem Forum zusammengeschlossen. Neben anderen Stiftungen und Institutionen ist das Nationale MINT-Forum ein für die MINT-Bildung unerlässlicher Gesprächspartner, da es bei den unterschiedlichen Interessen und Problemen gemeinsame Stellungnahmen und bildungspolitische Zukunftsvisionen verfasst. 

 

Ich bin davon überzeugt, dass wir mit einer soliden MINT-Bildung vielen Menschen nicht nur die Angst vor neuen Herausforderungen durch technischen Fortschritt und die Digitalisierung nehmen können, sondern auch eine Offenheit für solche Entwicklungen schaffen können – und diese ist fundamental für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.

 

Gleichzeitig fallen technologiemündige Bürgerinnen und Bürger nicht auf die verführerischen Prophetien des anything goes hinein. Nur wenn wir stetig und ausreichend in Grundlagenforschung, in anwendungsbezogene Forschung und neue Technologien investieren, werden wir im internationalen Wettbewerb unsere Spitzenposition behaupten können. Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde, doch wo KI draufsteht, ist MINT drin. Kümmern wir uns weiter um die Grundlagen! 

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Kommentare: 1
  • #1

    Julia Härder (Dienstag, 29 Januar 2019 12:27)

    Ja, genau! Die MINT-Bildung gehört an die Spitze der politischen Agenda. Das Nationale MINT Forum freut sich, dass seine Kernforderungen (https://tinyurl.com/y86g52fd) in der Politik gehört werden!