· 

"Mit korrekten Reiseabrechnungen gewinnen Sie noch keine Fördermittel"

Die Wissenschaftsverwaltung muss sich modernisieren, aber wie? Indem sie ihre Leitidee ändert, sagen Florian Bernstorff und René Krempkow vom Netzwerk Wissenschaftsmanagement.

Foto: Gerd Altmann / Pixabay - cco.

Herr Bernstorff und Herr Krempkow, das Netzwerk Wissenschaftsmanagement, dem Sie beide angehören, widerspricht in seiner heute veröffentlichen Stellungnahme dem Wissenschaftsrat. Der hatte empfohlen, die Angehörigen des Wissenschaftsmanagements stärker in die Hochschulverwaltungen zu integrieren. Ihre Reaktion: Nur das nicht! Was haben Sie gegen die Verwaltung?

 

Bernstorff: Gar nichts. Die klassischen Funktionen der Hochschulverwaltungen sind und bleiben unverzichtbar. Sie achten auf die Regeleinhaltung, sie sorgen dafür, dass Prozesse so laufen, wie es den Gesetzen entspricht und wie es eine große Organisation braucht, um zu funktionieren.

 

Krempkow: Wir haben lediglich die Sorge, dass eine Integration des Wissenschaftsmanagements in die Regelverwaltung bedeuten würde, dass wir künftig unter deren Deutungsmuster fallen. Das würde unseren Aufgaben nicht gerecht werden. Das Wissenschaftsmanagement hat eine andere Funktion: Wir wollen den Wissenschaftlern dabei helfen, Ideen und Projekte zu verwirklichen. Wir wollen Dinge ermöglichen, unser Ziel erschöpft sich nicht im Vollzug bestehender Normen. >>


René Krempkow arbeitet seit vielen Jahren in der Hochschul- und Wissenschaftsforschung  und auch im Management von Hochschulen und

Wissenschaftseinrichtungen, zurzeit an der Berliner Humboldt-Universität.  Als Mitglied des Netzwerkes Wissenschaftsmanagement war er an der Erarbeitung der Stellungnahme beteiligt.

Foto: privat.

Florian Bernstorff, studierter Wissenschafts-manager und Erziehungswissenschaftler, ist Fachbereichsgeschäftsführer an der Universität Koblenz-Landau. Im Netzwerk Wissenschaftsmanagement gehört er dem erweiterten Vorstand an. Foto: privat.



>> Die normalen Verwaltungsmitarbeiter sind die Langweiler, die Wissenschaftsmanager die Coolen?

 

Krempkow: Es gibt auch moderne Wissenschaftsverwaltungen, und die finden wir auch total cool. Das sind übrigens oft Verwaltungen, in denen die Wissenschaftsmanager längst gleichberechtigt ihre Rolle gefunden haben. Unser Problem ist, dass anderswo die zuständigen Dezernenten das Primat Regelkonformität immer noch so auslegen, dass für neue Lösungen wenig Raum bleibt, obwohl diese aufgrund neuer Aufgaben immer drängender werden.

 

Sie fürchten, dass Sie als Wissenschaftsmanager marginalisiert werden könnten?

 

Krempkow: Fakt ist, dass die Zahl der Wissenschaftsmanager im Vergleich zu den klassischen Verwaltungsmitarbeitern immer noch gering ist.

 

Bernstorff: Unsere Sorge ist ja auch gar nicht, dass wir als Wissenschaftsmanager enger mit den Verwaltungsmitarbeitern zusammenrücken sollen. Aber dann bitte unter der Leitidee des Wissenschaftsmanagements. Das würde der Organisation als Ganzes guttun. Wir sagen: Die Leitidee eines Managements für die Wissenschaft kann der Administration einer Hochschule insgesamt einen Schub geben.

 

Das klingt ein bisschen so, als wollte der Schwanz mit dem Hund wackeln.

 

Bernstorff: Das würde implizieren, dass die Kollegen in den klassischen Funktionen glücklich wären mit dem Status Quo. Unser Eindruck ist aber, dass da gerade etwas in Gang kommt. Aus Dekanaten, aus Rektoraten und von Kanzlern hören wir immer häufiger: Eigentlich passt die Bezeichnung „Verwaltung“ längst nicht mehr. Die politischen Rahmenbedingungen für die Wissenschaft haben sich grundsätzlich geändert, und das nicht erst seit gestern. Die Wissenschaft steht im Wettbewerb um Ressourcen, die Hochschulen müssen sich den Erwartungen von außen stellen, sie müssen neue gesellschaftliche Antworten geben und tun es ja auch längst. Aber die Strukturen, in denen sie es tun, passen nicht mehr richtig. Dadurch steigen das Unbehagen und der Druck auf die Hochschulen, sich zu verändern, immer weiter.

 

Krempkow: Wissenschaftsmanager kennen die Anforderungen der täglichen Praxis. Das ist unsere Expertise. Die wollen wir einbringen und uns nicht dadurch aufhalten lassen, dass man uns in die alte Dichotomie von Wissenschaft und Verwaltung zwängt. Wo wir dann auf der Seite der Verwaltung stehen sollen. Dieses Bild ergibt doch heute keinen Sinn mehr.

 

Das werden viele Wissenschaftler anders sehen. Sie beklagen die wachsende Ökonomisierung der Hochschulen und sehen im aufkommenden Wissenschaftsmanagement bestenfalls ein Symptom dieser Entwicklung, womöglich sogar ihren Katalysator.

 

Bernstorff: Klar, wenn man möchte, kann man unsere Rolle auch missverstehen. Wir regieren nicht in die Forschung und Lehre hinein, wir verstehen uns als Dienstleister. Wir stellen auch nicht den Profit oder irgendwelche Verwertungsinteressen über die Freiheit der Wissenschaft, so steht es auch in dem Kodex, den wir uns als Netzwerk Wissenschaftsmanagement gegeben haben. Insofern sehe ich eine große Distanz zum Begriff der "unternehmerischen Hochschule", der vor einer Weile mal en vogue war. Uns geht es darum, eine bessere Passung zu erreichen zwischen der Art, wie Wissenschaft heute organisiert ist, und den wissenschaftspolitischen Anforderungen, die an sie gestellt werden.

 

Aber wie begegnen Sie konkret dem Vorwurf, Sie würden ein neoliberales Verständnis von Wissenschaft fördern?

 

Krempkow: Das sind doch Kampfbegriffe. Wenn man unsere Arbeit unideologisch betrachtet, ist ihr Ziel genau das, was Florian Bernstorff eben formuliert hat: Es geht um Organisationswerdung der Hochschulen in einem Umfeld, das von ihnen fordert, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. Mehr Eigenverantwortung bedeutet die Notwendigkeit für das Hochschulpersonal, sich zu professionalisieren, das fängt an bei den Rektoraten, geht über die Institutsleiter bis ins Wissenschaftsmanagement.

 

"Von oben Durchregieren
funktioniert in der Wissenschaft eher selten."

 

Das kann man ja alles neoliberal finden, im Grunde bedeutet eine stärkere Entscheidungsfähigkeit aber sogar eine Form der Selbstermächtigung der Hochschule. Wenn die Selbstverwaltung professionalisiert wird, sind die einzelnen Teile der Hochschule in der Lage, für sich selbst angemessen zu handeln. "Von oben Durchregieren" funktioniert in der Wissenschaft eher selten.

 

Bernstorff: Sicher kann man sich wünschen, dass alles so wäre wie früher. Mit einer Wissenschaft, die scheinbar frei von jedem Druck von außen geschützt vor sich hinforscht und lehrt. Die von der Gesellschaft genügend Geld erhält, ohne dass sie dafür Rechenschaft ablegen müsste. Zu solch einer Wissenschaft würde die klassische Verwaltungsstruktur, die nur darauf achtet, dass alles nach Recht und Gesetz zugeht, besser passen. Aber mal ehrlich: Das entspricht doch längst nicht mehr der Realität. Die Hochschulen bewegen sich in einem wissenschaftspolitischen Umfeld, das Effizienz erwartet und "Raus aus dem Elfenbeinturm!" ruft.

 

Krempkow: Denjenigen, die unsere Existenz sorgt, würde ich antworten: Es ist auch wichtig, dass eure Reisekostenabrechnung stimmt. Aber damit allein bestehen wir nicht im Wettbewerb um Fördermittel. Der erfordert ein strategisches Handeln und die Bereitschaft, sich individuell und als Organisation weiterzuentwickeln.

 

Und diese Bereitschaft sprechen Sie der klassischen Verwaltung ab?

 

Krempkow: Natürlich nicht. Das Schlimme ist, dass Sie in der Verwaltung teilweise junge Leute finden, die privat sehr kreativ und spontan sind, die aber, sobald sie an ihrem Schreibtisch Platz nehmen, keinerlei Mut mehr zeigen. Anstatt auf Anfragen von Wissenschaftlern Lösungsideen zu entwickeln, sagen sie dann: Dazu gibt es keine Vorschrift, da kann ich nichts machen. Ich finde es bestürzend, dass sie sich nicht trauen, Ideen zu äußern, obwohl sie eigentlich die Fähigkeiten dazu haben und diese gern einbringen würden.

 

Vielleicht ist das ja gar nicht mangelnder Mut, sondern Folgen der "systematischen Überforderung", die Cornelia Raue neulich hier im Blog konstatierte?

 

Bernstorff: Frau Raue hat Recht in ihrer Situationsanalyse und auch in ihrer Forderung, dass die Modernisierung der Verwaltung nur mithilfe eigener Förderprogramme gelingen wird. Ich kann hier aber keinen Widerspruch entdecken zu dem, was wir sagen. Wir haben auf der einen Seite, das ist der Punkt von Frau Raue, eine Verwaltung, die quantitativ nicht ausgestattet ist für das, was sie zu leisten hat. Deren Mitarbeitern zum Teil auch die dafür nötigen Qualifikationen fehlen. Aber auf der anderen Seite muss Wissenschaft als Ganzes auch ihre Deutungsmuster ändern, nach denen sie sich organisiert. Und da kommt das Wissenschaftsmanagement mit unserem Leitbild ins Spiel.

 

"Die Wissenschaft muss
ihre Deutungsmuster ändern."

 

Krempkow: Übrigens sind das alles Punkte, die der Wissenschaftsrat in seinem von uns kritisierten Papier in hervorragender Weise reflektiert. Weswegen nicht der Eindruck entstehen sollte, wir seien mit seinen Empfehlungen grundsätzlich unglücklich. Das Gegenteil ist der Fall. Wir können dem Wissenschaftsrat beispielsweise nur zustimmen, wenn er endlich mehr Dauerstellen für Wissenschaftsmanager fordert und für sie einen klaren Platz in der Organisation Hochschule verlangt. Als Netzwerk Wissenschaftsmanagement sagen wir schon lange, dass mehr Arbeitsplatzsicherheit eine Grundvoraussetzung ist, damit Wissenschaftsmanager ihre Stärken voll ausspielen können. Denn wenn sie neue Ideen formulieren, werden sie nicht immer und überall auf Zustimmung stoßen. Insofern fällt es uns leichter, an den nötigen Stellen anzuecken, wenn wir uns nicht bei jedem unbequemen Wort um unsere Weiterbeschäftigung sorgen müssen.

 

Bernstorff: Der Wissenschaftsrat listet akribisch die Realitäten auf, über die wir vorhin sprachen: Realitäten, mit denen sich die Hochschulen auseinandersetzen müssen. Das beginnt mit Fragen der europäischen Einigung und der Bologna-Studienreform und setzt sich fort in Vorwürfen, die Wissenschaft habe die ihr zugeteilten Steuergelder in der Vergangenheit auf intransparente Weise verteilt. Die Politik fordert von den Hochschulen auch mehr Aufmerksamkeit für die Qualität der Lehre. Und auf all diese Anforderungen war die Etablierung des Wissenschaftsmanagements nur eine Antwort unter mehreren.

 

Lautet eine andere Antwort, dass in der Hochschulverwaltung die falschen Leute mit den falschen Qualifikationen sitzen – mit einem Berufsethos, der nicht mehr in die Zeit passt?

 

Bernstorff: Die Wissenschaftsorganisation der Zukunft hat für die unterschiedlichen Typen Platz. Natürlich brauchen wir auch in 20 Jahren noch eine professionelle Personalabteilung, die darauf achtet, dass bei Einstellungsverfahren alles nach Gesetzeslage abläuft. Hochschulen werden nicht funktionieren ohne Prüfungsämter, die den Vollzug geltender Normen sicherstellen. Ich persönlich habe großen Respekt vor Leuten, die solche hochkomplexen Aufgaben ausführen. Ganz sicher würde ihre Arbeit nicht überflüssig, sie würde nur unter der Leitidee des Wissenschaftsmanagements etwas neu definiert werden.

 

"Das alte Denken von Wissenschaft
versus Verwaltung funktioniert nicht mehr"

 

Krempkow: Um nochmal auf das Beispiel mit den Reisekostenabrechnungen zurückzukommen: Es wird weiter Leute geben, die sie effizient bearbeiten, aber vielleicht werden die Aufgaben andere sein als heute dank neuer Technologien. Im Übrigen finde ich es beachtlich, wie viele Verwaltungsmitarbeiter trotz des Mangels nötiger IT-Investitionen bereits heute versuchen, für Wissenschaftler akzeptable Bedingungen zu schaffen.

 

Am Ende bleibt Ihr Netzwerk in seinem "So nicht" als Antwort auf den Wissenschaftsrat klarer als im Aufzeigen eigener Alternativen.

 

Bernstorff: Weil wir selbst die richtige Antwort noch nicht kennen. Wir stellen nur fest, dass das alte Denken von "Wissenschaft" versus "Verwaltung" nicht mehr funktioniert. Wir wollen die Ideen des Wissenschaftsmanagements in die Organisation einbringen, ohne von der Verwaltung geschluckt zu werden. Und wir wissen, dass die sinnvolle Verzahnung von Wissenschaft, Verwaltung und Wissenschaftsmanagement die Voraussetzung einer konsistenten, zukunftsfähigen Organisation von Hochschule sein wird. Aber wie das gehen soll, das ist die Debatte, die wir jetzt führen müssen.

 

Krempkow: Und forschen dazu müssen wir auch. Einen Anfang will die Universität Speyer mit einem neuen Verbundforschungsprojekt zu Karrierewegen und Qualifizierungsanforderungen machen. Im Juni soll es losgehen. Das Netzwerk ist als Kooperationspartner mit dabei. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 7
  • #1

    Zukunftsmusiker (Freitag, 01 Februar 2019 12:45)

    Das ist alles etwas unterkomplex.

    Der Begriff "Wissenschaftsmanager" ist nicht geschützt. Jeder kann sich so nennen. Nach meiner Erfahrung kommen auf einen echten Wissenschaftsmanager, der tatsächlich Mehrwert schafft, mindestens 50 die nur vorgeben oder bestenfalls fälschlich glauben das zu tun (in Wahrheit aber Werte vernichten, weil sie entweder die Komplexität der Probleme nicht durchdringen oder von Vornherein falsch motiviert sind). Das ist das erste Problem.

    Das zweite Problem ist, dass man den ganz wenigen echten Wissenschaftsmanagern, die es in Deutschland gibt, keinen Freiraum lässt (die zitierte WR-Stellungnahme ist ein aktuelles Beispiel). Solche Leute ecken an im bestehenden System, gerade weil sie echt sind, also aus intrinsischer Motivation grundsätzlich anders an die Dinge heran gehen. Genau dieses Anecken aber wird nicht toleriert im bestehenden System. Das ist ein kukturelles Problem, d.h. ein sehr tief sitzendes. Dagegen helfen nur neue und unabhängige Strukturen. Das BIG in Berlin hätte so etwas werden können. Leider hat die Charité-Führung das torpediert, unter Mitwirkung einer Seilschaft aus Berliner Wissenschaftspolitikern. Der neuen "Agentur für Sprunginnovationen" dürfte ein ähnliches Schicksal bevorstehen, ist zu befürchten. Das Neue kommt immer von außen! Leider wird das in Deutschland nicht verstanden.

    Problem Nummero drei: "Und forschen dazu müssen wir auch." Na klar, her mit den Fördermillionen. Aber was soll da heraus kommen unter den konventionellen Prämissen sozialwissenschaftlicher Forschung? Gar nichts für die Praxis Relevantes, so lange man nicht, siehe Problem eins oben, zwischen echten und falschen "Wissenschaftsmanagern" unterscheiden darf.

  • #2

    David J. Green (Freitag, 01 Februar 2019 13:28)

    Mein Problem ist, dass ich auch nach zweieinhalb Jahren als Dekan noch immer nicht so richtig weiß, welche Personen vom Begriff "Wissenschaftsmanager" erfasst sind. Vermutlich zählen viele von den Personen, mit dem ich regelmäßig zu tun habe, zu dieser Gruppierung, aber so richtig weiß ich es nicht. Daher bleibt dieser Beitrag für mich sehr abstrakt und theoretisch.

  • #3

    Paragraphenreiterin (Freitag, 01 Februar 2019 14:00)

    1) Nachdem die Wissenschaftsmanagement-Community eine eigene Vertretung (Netzwerk Wissenschaftsmanagement), eigene Studiengänge und sogar eine eigene Kategorie im Academics-Newsletter, dürfte klar sein: Wissenschaftsmanagement ist in der Welt und gewinnt des Status einer echten Profession.
    2) Es gibt polemische Definitionen von Wissenschaftsmanagement ("Alle die, die es nicht zu ordentlichen Forscherinnen/Forschern und mit ach und krach zum Dr.-Titel geschafft haben.") und überhöhende ("Und dazu müssen wir forschen.").
    3) Als Trägerin mehrerer Titel (es greift Zuschreibung 1 aus obigem Punkt), u.a. einen in Wissenschaftsmanagement, kann ich nur wiederholen, was eine sehr gute Kollegin mal sagte: Wir sind Generalistinnen und Generalisten, Forscherinnen und Forscher sind dies eher nicht (ist auch gut so) und auch die Verwaltung zeichnet sich durch spezifische Kenntnis und Funktion im Gesamtsystem aus.
    4) Man gewinnt mit Reisekostenabrechnungen zwar keine Fördermillionen, aber ein gutes Reisekostenmanagement ist sehr viel mehr wert, als das zehnte Konzeptpapier oder die 20. Stakeholderanalyse zur Vorbereitung von was weiß ich (...nehmen wir mal Systemakkreditierung).

  • #4

    Zukunftsmusiker (Freitag, 01 Februar 2019 14:54)

    @Paragraphenreiterin

    Pardon, aber das ist sehr deutsch gedacht: Auf eine "eigene Vertretung", "eigene Studiengänge", "mehrere Titel" und (mächtig, gewaltig) sogar eine "eigene Kategorie im Academics-Newsletter" kommt es an. Wäre es so einfach!

    Die problematischsten zwei "Wissenschaftsmanager", mit denen ich je zu tun hatte, hatten eine formidable Papierform. Einer besass einen MBA. Der andere war mal bei einer bekannten Unternemensberatung. Beide trugen diese "Gütesiegel" wie Monstranzen vor sich her und leiteten daraus Kompetenzen ab, die ihnen materiell gerade nicht zukamen. Ich will gern annehmen, dass Sie persönlich klug und tüchtig genug sind, um nachhaltig Mehwert zu schaffen. Aber das ist eben längst nicht verallgemeinerbar.

    Auch die beiden Beispielfälle aus meiner Erfahrung bezeichneten sich gern als "Generalisten". Der Begriff ist per se noch nicht falsch in diesem Kontext. Aber auch davon gibt es solche und solche. Diejenigen, die den Intellekt und die Motivation haben, sich immer wieder in neue komplexe Zusammenhänge einzuarbeiten, sind hochwillkommen. Auf Sie persönlich trifft das gewiss zu. Aber in aller Regel hapert es genau daran. In den erwähnten zwei Fällen stimmte v.a. die Motivation überhaupt nicht: Diese Leute waren "corporate types" reinsten Wassers. Ihnen ging es vor allem um möglichst viel Macht, Geld und Mitarbeiter für sich selbst. Die Projekte, um die es eigentlich gehen sollte, wurden instrumentalisiert. Folglich war der per Saldo von beiden geschaffene "Mehrwert" negativ.

    Es sind aber genau solche Leute, die in Deutschland regelmäßig führende Wissenschaftsmanager-Positionen erklimmen und dort dann schweren Schaden anrichten. Denn politisch und machttaktisch versiert sind solche Leute. Blenden können sie auch ganz vorzüglich.

  • #5

    Wissenschaftsmanager/in (Freitag, 01 Februar 2019 16:28)

    Vielen Dank für die weiterführenden Denk- und Diskussionsanregungen!
    Ich möchte hier auf weiterführende Informationen zu drei aufgeworfenen Fragen hinweisen:
    1.) Was ist eigentlich Wissenschaftsmanagement, und wie kann man dessen Potenziale bestmöglich zur Entfaltung bringen? Dazu sagt der "Kodex Wissenschftsmanagement" etwas: www.netzwerk-wissenschaftsmanagement.de/index.php?article_id=23
    2.) Ist die Situationsbeschreibung unterkomplex? Dazu ist möglicherweise ein Blick in die Stellungnahme selbst hilfreich: www.linkedin.com/pulse/stellungnahme-des-netzwerks-wissenschaftsmanagement-schreiter-ph-d-

  • #6

    @RUB_Kanzlerin (Samstag, 02 Februar 2019 10:04)

    Aus meiner Sicht ist es bedauerlich, dass immer wieder ein Bild von einer Univerwaltung gezeichnet wird, das weder dem Anspruch noch der Realität einer modernen Universitätsverwaltung entspricht. Anspruch ist es, Wissenschaft zu unterstützen, Projekte zu verwirklichen und Dinge zu ermöglichen - in der Realität gerät dies natürlich in ein Spannungsfeld mit der Notwendigkeit, regelkonform zu handeln. Dies erfordert hohe Lösungskompetenz, gegenseitiges Vertrauen, die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme und Fehlertoleranz.
    Ich finde es schade, dass sich das Wissenschaftsmanagement oder zumindest Teile davon, außerhalb der Administration stellt. Für mich ist Integration statt Abgrenzung der richtige Weg - und eine sich so verstehende Verwaltung ist im Übrigen auch ein Erfolgsfaktor für die Hochschule insgesamt, um Fördermittel zu gewinnen.

  • #7

    Michael Hoelscher (Mittwoch, 06 Februar 2019 14:56)

    Integration statt Abgrenzung ist genau das, was wir brauchen. Wenn man das Wissenschaftsmanagement mit Whitchurch als "third space" zwischen Wissenschaft und Administration sieht, oder wenn man die "Schnittstellenfunktion" betont, wird klar, dass eine Abgrenzung wenig sinnvoll ist. Im schlimmsten Fall führt es dann dazu, dass das Wissenschaftsmanagement in Form der strategischen Antragsberatung Projektkonstellationen empfiehlt, die sich letztlich rechtlich nicht realisieren lassen (laut Verwaltung). Ein solcher Fall wurde es uns aus einer Institution berichtet. Es ist also sinnvoll, dass wir gemeinsam die Stärken der beiden Bereiche (bzw. der drei, wenn wir die Wissenschaftsseite auch mitberücksichtigen) kombinieren, um den gestiegenen gesellschaftlichen Ansprüchen an Wissenschaftseinrichtungen begegnen zu können. Übrigens finde ich hierzu immer noch einen Beitrag von G. Krücken zur Frage "Lässt sich Wissenschaft managen" sehr gelungen, der auf seiner Antrittsvorlesung in Speyer basiert. Und last but not least: Gute und Schlechte gibt es im Wissenschaftsmanagement genauso wie in der klassischen Verwaltung und in der Wissenschaft!