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Beim Masterplan Medizin hakt es

Bund und Länder haben große Pläne mit der Ärzteausbildung. Jetzt müssen sie aber auch noch das Kleinklein bei der Finanzierung überwinden.

Foto: Pxhere - cco 1.0.

DER MASTERPLAN "MEDIZINSTUDIUM 2020" sollte der große Wurf werden. Nach einigem Hin und Her hatten sich Bund, Länder Ende März 2017 auf eine überraschend ambitionierte Reform geeinigt, 37 Einzelmaßnahmen, die die Ärzteausbildung der Zukunft "am Patienten und seinen Bedürfnissen" ausrichten sollen. Mit einer durchgehenden Verknüpfung theoretischer und klinischer Lerninhalte zum Beispiel, mit weniger Prüfungen und einer besonderen Betonung auf jenen praktischen, wissenschaftlichen und persönlichen Kompetenzen, die die Mediziner später wirklich brauchen werden.

 

Die Überzeugung, die Gesundheits- und Wissenschaftspolitiker in den Ministerien und Parlamenten einte: So, wie die das Medizinstudium vielerorts noch ist, kann es nicht bleiben. Es passt nicht mehr zu einer Gesellschaft, die älter wird und vielfältiger. Es passt auch nicht mehr zu einer Generation junger Menschen, die sich die Jobs aussuchen können und die es sich leisten, nicht jede Plackerei mitzumachen, und eine Plackerei wird das Medizinstudium auch künftig bleiben. Nur sinnfrei darf sie eben nicht sein.

 

Doch schon vor der Verabschiedung des Masterplans gab es Streit: Die Wissenschaftsminister der Länder hatten Sorge, dass die Rechnung an ihnen hängen bleibt. Weshalb sie über die Kultusministerkonferenz ihre Zustimmung an einen Finanzvorbehalt knüpften. Ihre Botschaft: Erst wenn der Bund und die Krankenversicherungen kräftig mitfinanzieren, machen wir auch mit.

 

Wenn ein Reformbeschluss auf so wackligen Füßen steht, setzt die Politik gemeinhin erstmal eine Expertenkommission ein. So auch vor zwei Jahren: Die Wissenschaftler sollten Empfehlungen zur Masterplan-Umsetzung erarbeiten und auch die Kosten benennen. Doch jedes Zeitspiel endet mal: Die 167-seitige Abschlussarbeit der Kommission unter der Leitung des Ex-Wissenschaftsratsvorsitzenden Manfred Prenzel liegt seit Ende Oktober vor und prognostiziert "Transformationskosten" und einen dauerhaften "signifikanten Mehraufwand", der auf einen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr hinauslaufen würde. Nicht für neue Studienplätze, nein, allein um die die Reform umzusetzen und parallel die dafür nötigen besseren Betreuungsrelationen zu bezahlen.

 

Jetzt müsste es also zum Schwur kommen. Doch die Reaktion der Politik: Beschleunigtes Handeln zu beschwören und real erstmal das Tempo herauszunehmen. Derzeit reicht der Konsens zwischen Gesundheits- und Wissenschaftsministern offenbar nur so weit, dass sie einen Konsens erzielen wollen. Um dann mit dem Bund nach einem Konsens zu suchen. Der sicher auch nicht freiwillig die Rolle des Zahlmeisters spielen wird. Ach ja, und einig ist man sich auch, dass "eine Absenkung der Studienplatzkapazitäten – wie sie früher einmal denkbar erschien – nicht mehr in die heutige Situation und in die aktuelle Debatte passt". Eine skurrile Aussage, wenn doch die meisten Experten sich einig sind, dass neben einer besseren Verteilung der Mediziner zwischen Stadt und Land auch deutlich mehr Studienplätze nötig wären.

 

Derweil tickt die Uhr, das Jahr, nach dem der Masterplan benannt wurde, rückt näher, und der Ärztemangel nimmt weiter zu. Es ist in Ordnung, wenn man große Pläne schmiedet, dass die dann auch ihre Zeit brauchen. Was nicht geht, ist, wenn die Ambitionen dann sichtbar im finanziellen Hickhack zu versinken drohen. Der Bund ist jetzt gefragt. Und die Gesundheitsminister. Denn zum Masterplan gehört auch eine meisterhafte Umsetzung. 

 

Dieser Kommentar erschien zuerst in meiner Kolumne "Wiarda will’s wissen" im Tagesspiegel.

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