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BMBF sagt, es habe seine Hausaufgaben gemacht

War der alte Hochschulpakt geprägt von Intransparenz und Verstößen im Haushaltsverzug? Bund und Länder reagieren auf die massive Kritik des Bundesrechnungshofes.

GESTERN HAT DER Haushaltsausschuss des Bundestages den Prüfbericht diskutiert, heute äußerte sich erstmals das Ministerium von Anja Karliczek (CDU) in einem Pressestatement zur massiven Kritik des Bundesrechnungshofes an den bisherigen Pakten.

 

Allerdings nur indirekt: Weil der Haushaltausschuss die Befassung mit dem Bericht vertagt habe, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage, werde das BMBF ihn noch "intensiv" mit dem Parlamentsgremium beraten. "Aus Respekt vor dieser parlamentarischen Behandlung" könne sein Ministerium deshalb derzeit "nicht im Detail" öffentlich Stellung nehmen. 

 

Natürlich tut der Sprecher es dann doch, indem er auf den Beschluss der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern von vergangener Woche hinweist: Die dort verabschiedeten Nachfolgevereinbarungen zu den noch geltenden Pakten würden der deutschen Wissenschaft und den Hochschulen einen "sichtbaren Schub" geben.

 

Ein Schub, der die von den Prüfern auf 44 Berichtseiten akribisch aufgelisteten angeblichen Schwächen des bisherigen Hochschulpakts beseitigen wird? Der sei nämlich, so der Bundesrechnungshof, gekennzeichnet gewesen durch "Fehlentwicklungen, Verstöße im Haushaltsvollzug und ein intransparentes Berichtswesen". Die Länder hätten ihre versprochene Kofinanzierung möglicherweise nicht voll geleistet, doch lasse sich das aufgrund des unzureichenden Berichtswesen nicht vollständig nachvollziehen.


Dieses Mal läuft vieles besser, verspricht das BMBF

 

In seinem Statement weist das BMBF nun auf die " 1:1 Gegenfinanzierung zusätzlich zu ihrer Grundfinanzierung der Hochschulen" hin, die die Länder im neuen "Zukunftsvertrag" zugesagt hätten. Dieser Gegenfinanzierung werde "in einem jährlichen quantitativen Monitoring belegt"werden. Die Mittelverteilung werde über "objektive" Parameter "bedarfsgerecht" erfolgen, Grundlage sei die amtliche Statistik. 

 

Der Schwur, dass künftig vieles besser wird, ist auch bitter nötig, wenn sich Karliczeks Ministerium die Unterstützung des Haushaltsausschusses sichern will. Der CDU-Haushaltspolitiker Tankred Schipanski, ein Parteifreund Karliczeks, sagte heute:  "Der Bericht des Bundesrechnungshofes deckt Missstände bei der Verwendung von Bundesgeldern in den Bundesländern auf. Der Bericht macht zudem deutlich, dass der Bund – Ministerium und Bundestag – mehr Kontroll- und Sanktionsrechte benötigt, wenn er freiwillig die Länder bei ihrer Aufgabenerfüllung unterstützt."

 

Der Erwartungsdruck ist also sogar in den eigenen Reihen groß. Entsprechend verwies das BMBF wie schon Karliczek gestern im Interview heute erneut auf die sogenannten Verpflichtungsvereinbarungen, die die Länder "im Austausch mit dem Bund" abschließen. In diesem verpflichteten sich die Länder zusätzlich über einen Zeitraum von sieben Jahren auf jeweils passende "Schwerpunkte und Maßnahmen", sagte der BMBF-Sprecher. Über deren Umsetzung werde regelmäßig berichtet werden, alle sieben Jahre werde eine Evaluation durch den Wissenschaftsrat erfolgen, die Berichte würden veröffentlicht. 

 

Der CDU-Abgeordnete Schipanski erkennt denn auch an, dass der geplante Zukunftsvertrag "einige Kritikpunkte des Rechnungshofes" bereits aufgreife. In Bezug auf die Verpflichtungserklärungen – Schipanski spricht betont von "Individualvereinbarungen" – müsse der Bund nun "auf konkrete Zielbestimmungen drängen", um Qualitätsverbesserungen messbar und nachvollziehbar zu machen. "Für die Union misst sich Qualität beispielsweise am Betreuungsverhältnis sowie der Anzahl von Dauerstellen. Nach diesem Bericht erwarte ich von den Bundesländern starke Kooperationsbereitschaft."

 

Berlins Staatssekretär kann Kritik nicht nachvollziehen

 

Einige Ausschussmitglieder erwägen, an zwei oder drei Stellen im Zukunftsvertrag noch Änderungen zu verlangen, bevor die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin das Pakt-Paket Anfang Juni offiziell besiegeln. Andere sagen dagegen, dazu sei die Zeit zu knapp. Es gehe um die Einführung eines generellen Mechanismus, wie das Parlament künftig bei Bund-Länder-Verhandlungen beteiligt werden müsse, gerade bei derartig hohen Summen. Wann der Ausschuss sich erneut mit dem Prüfbericht beschäftigt, steht allerdings noch nicht fest. Vom BMBF haben die Abgeordneten verlangt, die Vereinbarungstexte der Pakte "umgehend vorzulegen". 

 

Derweil bekommt der Bundesrechnungshof nicht nur aus dem BMBF Contra, sondern auch aus ersten Bundesländern. Berlins Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) widersprach der Aussage im Prüfbericht, Berlin gehöre zu den Bundesländern, die die laufenden Ausgaben pro Studierende sogar trotz der Hochschulpakt-Gelder abgesenkt hätten.

 

Er könne die Kritik des Bundesrechnungshofes nicht nachvollziehen, sagte Krach. "Berlin hat die Hochschulpakt-Vereinbarungen klar eingehalten und seine Verpflichtungen sogar übererfüllt." Die Zahl der Studierenden in Berlin sei seit 2007 um insgesamt 60.000 gestiegen– deutlich mehr als im Hochschulpakt vereinbart. Zudem erhöhe das Land die Hochschul-Grundmittel inzwischen jedes Jahr um 3,5 Prozent – inklusive der Bundesmittel, die das Land mit eigenen Mitteln aufstocke. "Das alles ist eine ziemlich starke Leistung, ganz besonders für ein Land, das noch bis 2010 mit enormen Sparzwängen zu kämpfen hatte", fügt Krach hinzu. Auch passe der vom Rechnungshof angewandte Vergleichszeitraum von 2004 bis 2013 gar nicht zur Laufzeit des Hochschulpaktes, der erst 2007 begonnen habe.

 

Mieses Timing beim Rechnungshof?

 

Das Timing des Rechnungshofes kann man auch an anderer Stelle kritisieren: Dass der Bericht dem Haushaltsausschuss am 7. Mai vorgelegt wurde, vier Tage nach Abschluss der GWK-Vereinbarungen, muss man zumindest als recht eigenwillige Dramaturgie bezeichnen. Erst recht, wenn in dem Bericht Empfehlungen für die neuen Pakte abgegeben werden.

 

So hatte sich der Rechnungshof auch zum Qualitätspakt Lehre geäußert und vorgeschlagen, das Programm ersatzlos zu streichen – und sich dabei sogar explizit gegen die beschlossene Vereinbarung "Innovation in der Hochschullehre" positioniert. Auch dazu äußerte sich Karliczeks Ministerium heute erstmals öffentlich und verwies auf die geplante Einrichtung einer "weitgehend unabhängigen Organisationseinheit unter dem Dach eines Trägers".

 

Die soll nach Auffassung des Ministeriums offenbar zum Erfolgsgarant für den neuen Pakt werden. Die "Organisationseinheit" solle, sagte Karliczeks Sprecher, den bundesweiten Austausch organisieren "und allen Hochschulen in Deutschland neue Erkenntnisse und Know-how zu guter Lehre adressatengerecht zur Verfügung stellen". Das BMBF  erwähnte auch den "bundesweiten Wettbewerb", den das neue Programm vorsehe, um neue Lehrstrategien an den Hochschulen zu entwickeln, aktuelle Themen in die Lehre zu implementieren und neue Ideen zu erproben und zu übertragen.

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