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Karliczek muss handeln

Die Kritik an der Förderentscheidung für die Batterieforschung in Münster reißt nicht ab. Nach dem jüngsten Schreiben von drei Ministerpräsidenten an Kanzlerin Merkel muss die Bundesforschungsministerin jetzt in die Offensive gehen.

DASS DAS ÄRGER geben könnte, war Anja Karliczek schon klar, bevor die Entscheidung fiel. Immer wieder betonte die CDU-Bundesforschungsministerin im Vorfeld, dass sie sich aus den maßgeblichen Sitzungen und Diskussionen herausgehalten habe. Doch sie war es, die dann Freitagfrüh in einer Reihe mit Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer saß, um der Presse das Ergebnis des bundesweiten Standortwettbewerbs mitzuteilen. Die Forschungsfertigung geht nach – Münster. 

 

Münster liegt direkt in direkter Nachbarschaft von Karliczeks Bundestagswahlkreis, zu dem auch ihre Heimatstadt Ibbenbüren gehört. Dort, so heißt es, könnten jetzt auch mehrere hundert Arbeitsplätze entstehen. 

 

Hat die Sache also ein "Geschmäckle", wie auch CDU-Politiker in anderen Bundesländern kolpoltieren? In Baden-Württemberg vor allem, das sich mit Ulm besonders gut im Rennen sah. Doch auch in Niedersachsen (Bewerber: Salzgitter) und Bayern (Augsburg) wurde getuschelt und geschimpft, in den neuen Bundesländern ebenfalls. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidenten Manuela Schwesig (SPD) sagte laut Hamburger Abendblatt: "Nach der Aussage, wir bräuchten kein Internet an jeder Milchkanne, greift Frau Karliczek wieder kräftig daneben." Als Bundesministerin müsse sich Karliczek "um mehr kümmern als nur um ihren Wahlkreis".

 

Karliczek verwies im Gegenzug mehrfach darauf, dass Münster nicht nur das exzellenteste Forschungskonzept, sondern zusätzlich auch das überzeugendste Konzept zum Recycling vorgelegt habe, zudem würden die 500 Millionen Euro nicht allein nach Nordrhein-Westfalen gehen, sondern auch die unterlegenen Bewerber sollen einen Teil abbekommen. Anders könne man den technologischen Rückstand gar nicht mehr aufholen.

 

Ministerpräsidenten prangern
Entscheidungsfindung an 

 

Doch Erläuterungen allein werden jetzt nicht mehr reichen. Denn die Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern haben den Druck auf Karliczek maximal erhöht. Sie haben einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geschrieben und dafür gesorgt, dass dieser auch gleich breit in die Öffentlichkeit durchsickert. "Mit der Entscheidung für Münster, die wohl einen langwierigen Aufbau neuer Strukturen nach sich zieht, wird wertvolle Zeit im Wettlauf gegen Deutschlands Wettbewerber verloren", schreiben Stephan Weil (SPD), Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) laut Spiegel Online.

 

Und weiter behaupten sie: "Soweit bekannt haben in der Auswahlkommission weder die Vertreter der Industrie noch die Vertreter der Fraunhofer-Gesellschaft für Münster votiert. Vielmehr sah die Auswertung der Fraunhofer-Gesellschaft andere Standorte, wie zum Beispiel Ulm, Salzgitter und Augsburg, an der Spitze des Bewerberfeldes."

 

Karliczek widersprach unterdessen laut Stuttgarter Zeitung Darstellungen, die Kommission habe sich klar für Ulm ausgesprochen und sagte in Bezug auf den Auswahlprozess: "Die Gründungskommission war daran beteiligt, hat aber kein Votum abgegeben. Das war auch nie geplant." Aber was genau will sie damit sagen?

 

Karliczek muss jetzt dringend handeln. Sie muss, wie von den Ministerpräsidenten gefordert, die Erwägungen der Gründungskommission offenlegen und klarmachen, wie genau aus ihr die Entscheidung für Münster folgte. Und sie muss belegen, dass tatsächlich nur auf Arbeitsebene ihres Ministeriums und dem Ministerium von Wissenschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gehandelt wurde. Verhält sich die Sache so, wie sie es erläutert hat, müsste die Kritik danach verstummen. Dann wären die Vorwürfe, die Ministerin bevorzuge ihre eigene Heimat, nur noch das Gerede von schlechten Verlierern. 


NACHTRAG AM 02. JULI, 14.15 UHR:

Forschungsministerin Karliczek hat soeben eine neue Stellungnahme veröffentlicht. Sie könne nur wiederholen: "Wir brauchen eine große nationale Kraftanstrengung für eine moderne Batterietechnologie, um verlorenen Boden im internationalen Wettbewerb gutmachen. Wir müssen Weltspitze bei der Entwicklung und Nutzung dieser Technologie werden. Dazu müssten "alle Potenziale" gehoben werden. Bei der in der Auswahlentscheidung, die im Bundesforschungsministerium in Absprache mit dem Bundeswirtschaftsministerium gefällt worden sei, habe naturgemäß nur ein Bewerber den Zuschlag für den Bau der eigentlichen Forschungsfabrik erhalten können. "Dabei ging es ausschließlich um die Frage, welches Konzept für die Batterieforschung in Deutschland den höchsten Grad an Exzellenz aufweist und welche Konzept den breitesten Nutzen für die Wirtschaft bringt."

 

Damit der Aufholprozess in der Batterieforschung und -herstellung gelingen könne, werde die Bundesregierung aber auch die anderen am Wettbewerb beteiligten Kompetenzzentren fördern. "Das war von Anfang an Teil unseres Dachkonzepts. Dies ist vielleicht nicht überall angekommen." Aber nur gemeinsam werden wir erfolgreich sein. Schon in dieser Woche fänden dazu erste Gespräche mit den ersten Standorten statt. "Ich bin auch gerne bereit, die Entscheidung und die weiteren Schritte in Gesprächen persönlich zu erläutern", sagt Karliczek wohl mit Blick auf die Ministerpräsidenten.

 

Unterdessen ist zu hören, dass die Ost-Länderchefs wohl noch mit einem eigenen Schreiben nachlegen wollen. 

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Kommentare: 3
  • #1

    Edith Riedel (Dienstag, 02 Juli 2019 10:01)

    Wie auch schon bei der Entscheidung zu den Exzellenzclustern betreibt die Ministerin hier knallharte Parteipolitik. Für die Wissenschaft ist das katastrophal. Es ist gar nicht so, dass man Münster diese Strukturentwicklungshilfe nicht gönnen würde, es ist nur einfach so, dass es in diesem Wettbewerb um den besten Standort ging, nicht um Strukturentwicklungshilfe.

  • #2

    Gerhard Schreier (Dienstag, 02 Juli 2019 18:57)

    Die Inkompetenz dieser Ministerin war allen, die sich in der Szene, für die dieses Ressort zuständig ist, auskennen, von Anfang an vollkommen klar. Der Standort Münster mag für manche Stärke in der Forschung stehen, aber für Batterieforschung? Ganz gewiss nicht!

  • #3

    Werner Walter (Mittwoch, 03 Juli 2019 07:31)

    Sie scheinen jedenfalls ein echter Kenner der Szene zu sein, Herr Schreier. Ich füge mal den Link zum Batterieforschungszentrum der Universität Münster bei... https://www.uni-muenster.de/MEET/