Während die Familienministerin die Qualitätsverbesserungen lobt, spricht die Opposition von "Etikettenschwindel" und einem "Täuschungsmanöver".
BUNDESFAMILIENMINISTERIN FRANZISKA GIFFEY (SPD) hat am Dienstag eine Halbzeit-Bilanz des sogenannten Gute-Kita-Gesetzes vorgelegt. Bislang sei von den 5,5 Milliarden Euro Bundesgeld noch nichts ausgezahlt worden, sagte Giffey. Zunächst müssten alle Bundesländer die dazu gehörenden bilateralen Verträge mit dem Bund abschließen. Doch gehe kein Geld verloren, falls die für 2019 vorgesehene Tranche deshalb nicht vollständig abgerufen werde. Bislang hätten acht Länder unterschrieben. Im Herbst würden die übrigen folgen.
Laut Familienministerium sollen knapp 75 Prozent der Bundeshilfen in die Qualitätsverbesserung der Kitas fließen, gut 25 Prozent in die Senkung der Kitagebühren. Dies ergebe die Auswertung der bisher acht abgeschlossenen Verträge. "Der Fokus vieler Bundesländer liegt auf der Verbesserung des Betreuungsschlüssels", sagte Giffey. Sieben Länder hätten sich entschieden, die Kinder in den Kitas von mehr Erziehern betreuen zu lassen. "So bekommt jedes Kind eine bessere Betreuung." Darüber hinaus fördere der Bund auch 2500 Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher. Giffey hob die Bedeutung einer vernünftigen Bezahlung für die Fachkräfte hervor.
Kritik kam von den Grünen. Giffey rechne sich ihr Gesetz schön und betreibe Etikettenschwindel, erklärten die Bundestagsabgeordneten Ekin Deligöz und Katja Dörner. In Wirklichkeit sei der Anteil der Bundesgelder, die anstatt in Qualitätsverbesserung in Gebührensenkungen flössen, viel höher. "Während der Bund eine 5,5 Milliarden schwere Unterstützung an die Länder auf den Weg bringt, leisten diese sich im gleichen Zeitraum neue Beitragsbefreiungen von insgesamt über vier Milliarden Euro." Das falle zunächst nicht auf, weil nur ein Teil direkt über die Bundesmittel abgerechnet werde. "Auch wenn sich manche Eltern freuen, aber die eigentlich gewollten Investitionen und die Anwerbung von Fachkräften bleiben weit hinter dem Erforderlichen zurück", sagten Deligöz und Dörner. "Das Gute-Kita-Gesetz werde so zu einem "Billige-Kita-Gesetz".
Giffeys Ministerium betonte, das Gesetz sei wie ein Instrumentenkasten aufgebaut. Die Länder entschieden selbst, in welche Handlungsfelder und Maßnahmen investiert werden solle. "In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll und wie das Land die jeweils eingesetzten Landesmittel ergänzt."
Die Grünen kommentierten, die Bundesregierung habe vorschnell ihr Ziel aufgegeben, qualitative Mindeststandards für Kitas bundesgesetzlich zu verankern. Außerdem halte Giffey die mit den bisher acht Ländern vereinbarten Details ohne triftigen Grund bis zum Abschluss des Gesamtvertrages unter Schluss und könne daher Bewertungen und Prognosen abgeben, die für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar seien.
Die SPD-Ministerin kündigte unterdessen an, die Bundesregierung werde ihre Kita-Förderung über das bisherige Enddatum 2022 hinaus fortsetzen. Auf längere Sicht gehe es um gleiche Chancen für alle Kinder in Stadt und Land, Nord und Süd, Ost und West sowie um gleichwertige Lebensverhältnisse bundesweit, sagte die Ministerin.
Für die Opposition ein Täuschungsmanöver: Giffey einziger Beleg für ihre sei ein "einzelner, allgemeiner und an Unverbindlichkeit nicht zu überbietender Satz“ im Kabinettsbeschluss zur Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse", sagten Deligöz und Dörner. Solange die Bundesregierung kein diesbezügliches Gesetz auf den Weg bringe oder zumindest die mittelfristige Finanzplanung ändere, bleibe Giffeys Ankündigung unglaubwürdig.
Kommentar schreiben