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Batterieforschung: Opposition fordert politische Konsequenzen

Grünen-Politikerin Christmann: "Die Option, dass sich die Vorwürfe nicht erhärten, gibt es aus unserer Sicht nicht mehr." FDP-Politiker Sattelberger: "Ich fühle mich angelogen".

DIE RUFE NACH politischen Konsequenzen nach der Standortentscheidung der Forschungsfertigung Batteriezelle werden immer lauter. Politiker der Grünen und der FDP forderten, Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) müsse sich jetzt ihrer politischen Verantwortung stellen. 

 

Die grüne Innovationspolitikerin Anna Christmann sagte, es sei mittlerweile für jeden ersichtlich, dass der Auswahlprozess des Forschungsministeriums "krachend gescheitert" sei. "Die Option, dass sich die Vorwürfe nicht erhärten, gibt es daher aus unserer Sicht nicht mehr." Karliczek müsse daher mit sofortiger Wirkung ein transparentes Entscheidungsverfahren aufsetzen "und umgehend personelle sowie strukturelle Konsequenzen in ihrem Haus ziehen."

 

Der FDP-Forschungspolitiker Thomas Sattelberger verlangte die Einsetzung einer externen Untersuchungskommission durch die Ministerin. "Es ist mir inzwischen fast egal, ob es ein rundherum vergeigter Entscheidungsprozess war oder der Versuch persönlicher Einflussnahme durch wen auch immer." Sattelberger sagte, er habe eine Kleine Anfrage und mehrere schriftliche Einzelfragen zu den Vorgängen gestellt, "doch ich habe inzwischen die Einschätzung, dass das Ministerium, egal aus welchen Gründen, die Wahrheit manipuliert."

 

Gestern hatte bereits Baden-Württembergs Kultusministern und CDU-Spitzenkandidatin, Susanne Eisenmann, die Untersuchung der Vergabeentscheidung durch eine unabhängige Kommission gefordert und Karliczeks Rücktritt ins Spiel gebracht.  Entweder werde die Entscheidung für Münster als korrekt bestätigt, sagte Eisenmann. "Oder die neue Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass unzulässig ins Verfahren eingegriffen worden, ist, und dann wird Frau Karliczek die politische Verantwortung tragen müssen."

 

Sattelberger wirft BMBF

Täuschungsmanöver vor

 

Sattelberger warf dem BMBF Täuschungsmanöver vor. In einer Kleinen Anfrage hatte die FDP-Fraktion von Karliczeks Ministerium wissen wollen, ob es eine "sich aus der von der Fraunhofer-Gesellschaft erstellten Nutzwertanalyse ergebende vorläufige Priorisierungsliste der Bewerber um den Standort" gegeben habe. Das BMBF hatte geantwortet: "Eine priorisierende Reihenfolge auf der Basis der vorliegenden Einzelbewertungen folgte von der Fraunhofer-Gesellschaft nicht."

 

Sattelberger sagte heute: "Ich fühle mich angelogen. Die Akten zeigen, dass es eine solche erste Bewertung sehr wohl gegeben hat." Sattelberger forderte, im Anschluss an die Untersuchung müssten "die nötigen personellen Konsequenzen geklärt werden". Auf die Frage, welche Konsequenzen das im Einzelnen sein sollten, antwortete Sattelberger: "Das Allermindeste ist, dass die für diesen total verkorksten Entscheidungsprozess verantwortliche Person von ihrer Aufgabe entbunden wird. Doch ich rieche Größeres."

 

Der Vorwurf, es habe ein solches erstes, vom BMBF zurückgewiesenes Ranking durch die Fraunhofer-Gesellschaft gegeben, das nicht den späteren Gewinner Münster, sondern Ulm auf Platz eins gesetzte hatte, beschäftigt Karliczeks Ministerium seit mehreren Wochen. Zuerst hatte Anna Christmann ihn formuliert. Ein BMBF-Sprecher hatte daraufhin am 23. September gesagt, Fraunhofer habe zunächst die Konzepte der verschiedenen Standorte "entlang der festgelegten Kriterien" auswerten und diese Auswertung in einer Übersichtstabelle festhalten sollen. Fraunhofer habe diese Aufgabe "iterativ" erfüllt, "da sich herausstellte, dass teils gleiche Tatbestände unterschiedlich gewichtet wurden oder sich in einer tabellarischen Übersicht nicht darstellen ließen." Die erste Tabelle habe als Arbeits- und Diskussionsgrundlage gedient, "als Hilfestellung für die Gründungskommission" und sei für eine "fundierte sachgerechte Entscheidung… nur bedingt geeignet" gewesen. Insofern blieb das Ministerium im September dabei, dass Fraunhofer nie ein Ranking der Standorte vorgelegt habe. Fraunhofer-Forschungsdirektor Raoul Klingner hatte die Darstellung des Ministeriums wenig später in einem Pressegespräch bestätigt. 

 

Anna Christmann, die innovationspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, sagte dagegen, die vorliegenden Akten zeigten eindeutig, dass das Vergabeverfahren im Forschungsministerium eine Farce gewesen sei. "Es gab nachweislich keinen fairen und transparenten Wettbewerb, sondern eine freihändige Entscheidung des Ministeriums entgegen fachlicher Expertise." So seien im Auswahlprozess von unterschiedlichen Akteuren insgesamt vier schriftliche Bewertungen angefertigt worden, die sich unmissverständlich für den Standort Ulm ausgesprochen hätten. Alle diese Bewertungen seien aber vom Ministerium unter Verschluss gehalten worden, statt sie an die Gründungskommission weiterzuleiten. "Bis heute hat das Ministerium dafür keinerlei Begründung geliefert. Argumente für den Standort Münster kommen einzig und allein vom Ministerium selbst und beruhen auf plötzlich hinzu erfundenen Kriterien."

 

Christmann sagte weiter, die Mängelliste im Auswahlprozess umfasse zudem "die Ungleichbehandlung der Länder im Vorfeld des Verfahren zugunsten von NRW" und eine "einseitige Veränderung bei der Gewichtung von Bewertungskriterien zugunsten des Recyclingkonzepts des Münsteraner Co-Standorts Ibbenbühren", was, so betont Christmann, zu Karliczeks Wahlkreis gehöre. Als "finalen Tiefpunkt" bezeichnete Christmann, dass die 500-Millionen-Euro Entscheidung ... am Ende einzig und allein auf dem drei-Seiten-Vermerk eines einzelnen Beamten aus dem Forschungsministerium" gefußt habe.  In diesem sei sogar die Möglichkeit der Neuauflage des Verfahrens angedacht worden, die aber offenbar nie ernsthaft in Erwägung gezogen wurde.

 

Außerdem müsse sie sich im Forschungsausschuss umfassend erklären. "Falls Karliczek sich diesen Schritten weiterhin verweigert, stellt sich nachdrücklich die Frage, ob wir uns weiterhin eine Ministerin leisten können, die unserem Forschungsstandort mehr schadet als nützt."

 

Karliczeks Ministerium hatte sich zuletzt am Wochenende mit einer längeren Erklärung gegen die neuen Vorwürfe gewehrt. Es habe in den vergangenen Monaten "volle Transparenz über den Ablauf des Entscheidungsprozesses und die Gründe der Entscheidung für die Standortauswahl" hergestellt. "Es gilt, was wir immer wieder gesagt haben: Der Standortauswahlprozess war ordnungsgemäß und fair. Alle Bewerbungen hatten die gleichen Chancen."

 

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Forschungspolitiker Tankred Schipanski kritisierte unterdessen Eisenmanns Vorstoß auf Twitter als "lächerliche Posse". Weiter kommentierte er: "Die Vergabe der Batterieforschungsfabrik haben wir im Bundestag umfangreich aufgeklärt und keine Fehler festgestellt." Thüringen hätte auch gerne den Zuschlag erhalten, so Schipanski. "Deswegen Anja Karliczek auf diese Weise anzugreifen, ist absurd."

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