Die DFG-Fachkollegienwahl beginnt heute. Sie sollte auch eine Wahl über den fairen Umgang mit den Doktorand*innen sein. Sie sind die Zukunft unserer Wissenschaft. Ein Aufruf von Martin Grund, Marcel Knöchelmann, Martin Mann und Jule Specht.
Screenshot: DFG-Website.
DIE DEUTSCHE FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT (DFG) hat zur Wahl ihrer Fachkollegien aufgerufen. Von heute an können die wahlberechtigten Wissenschaftler*innen an den Wahlstellen, zu denen sie gehören, ihre Stimme abgeben. Die Wahl endet am 18. November. Wir möchten Sie bitten, bei Ihrer Wahlentscheidung zu bedenken: Sprechen sich die Kandidat*innen, die Sie in Erwägung ziehen, für eine 100-Prozent-Bezahlung für DFG-Doktorand*innen aus?
Wir halten das für ein äußerst wichtiges Kriterium. Die DFG-Fachkollegien bestimmen, welche Forschungsprojekte in welchem Umfang gefördert werden. Sie entscheiden auch darüber, wie Doktorand*innen in diesen Forschungsprojekten vergütet werden. Zurzeit werden viele Doktorand*innen in DFG-Projekten nicht im Umfang ihrer Arbeitszeit bezahlt.
Es gibt Fächer, wo 100 Prozent einer vollen E13-Stelle schon heute möglich und üblich sind. In anderen Fächern reicht die Vergütung nur bis zu 65 Prozent, das heißt: Trotz einer Vollzeittätigkeit werden immer noch viele Doktorand*innen in Teilzeit vergütet. Die Mitglieder der Fachkollegien könnten das ändern und eine faire Bezahlung für DFG-Doktorand*innen auch in ihren Fächern ermöglichen.
Warum wir das für wichtig halten? Vor allem aus den folgenden fünf Gründen.
1. Wer 100 Prozent leistet, darf nicht nur 65 Prozent verdienen. Doktorand*innen arbeiten in der Regel Vollzeit (7,7 Stunden pro Tag), das ergab der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 (siehe Seite 140). Ihr Arbeitsaufwand sollte dementsprechend vergütet werden.
2. Der wöchentliche Zeitaufwand für die Promotion unterscheidet sich nicht zwischen den Fächern. Daher sollten auch die Doktorand*innen aller Fächer gleich gut bezahlt werden. Denn Historiker*innen, Pädagog*innen und Psycholog*innen sind für die Wissenschaft und Gesellschaft ebenso wichtig wie Maschinenbauer*innen, Informatiker*innen und Elektrotechniker*innen. Es ist nicht nachvollziehbar und nicht fair, Doktorand*innen in unterschiedlichen Fächern unterschiedlich zu bezahlen.
3. Die Arbeitszeit darf nicht zur Regulation des Gehalts genutzt werden. Doch genauso passiert es derzeit vielerorts: Der Anteil der vergüteten Arbeitszeit wird genutzt, um das Gehalt zu regulieren. Das unterläuft die Tarifverträge des öffentlichen Diensts, ist nicht rechtskonform und eine gesellschaftliche Praxis, die die Wissenschaft nicht unterstützen darf.
4. Die Höhe der Vergütung korreliert negativ mit Frauenanteil. Mit anderen Worten: Die aktuellen Möglichkeiten zur Vergütung von Doktorand*innen diskriminieren Frauen und tragen zum Gender Pay Gap bei. Je höher der Frauenanteil eines Faches, desto geringer ist deren Vergütung. So sind zum Beispiel nur 21 Prozent der Doktorand*innen in der Informatik Frauen, und die Vergütung reicht hoch bis zu 100 Prozent einer E13-Stelle. In den Sprach- und Kulturwissenschaften dagegen beträgt der Frauenanteil 61 Prozent, doch ist beim Gehalt bei 65 Prozent von E13 Schluss. All das lässt sich wiederum im Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs nachlesen, und zwar auf der Seite 89.
5. Die Bezahlung nimmt Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt vorweg. Ohne Not reproduzieren die aktuellen Unterschiede zwischen den Fächern die Logiken des Marktes: Fächer, in denen später hohe Gehälter zu erwarten sind, bezahlen bereits in der Qualifikationsphase Promotion die Doktorand*innen besser. Dabei sind Wissenschaftssystem und DFG der Logik des Marktes gar nicht ausgesetzt. Die tatsächliche Arbeitszeit sollte den Stellenumfang bestimmen und nicht die vermeintliche Wertigkeit auf dem Arbeitsmarkt.
Es gibt in allen Fächern Kandidat*innen, die eine 100-Prozent-Vergütung unterstützen. Wenn wir die besten Köpfe in der Wissenschaft halten wollen, müssen wir ihnen auch die besten Bedingungen bieten. Bitte berücksichtigen Sie das bei der Wahl der DFG-Fachkollegien.
Martin Grund, Marcel Knöchelmann, Martin Mann und Jule Specht sind Mitglieder des Netzwerks für Wissenschaftspolitik von Sozialdemokrat*innen (SPDWissPol).
Wie die Fachkollegienwahl 2019 funktioniert
Promovierte Wissenschaftler*innen können sich an der Wahl beteiligen. Jede wahlberechtigte Person hat sechs Stimmen. Sie kann einer Kandidatin*einem Kandidaten bis zu drei Stimmen geben.
Edith Riedel (Montag, 21 Oktober 2019)
In vielen Fächern ist eine 65%-Stelle illusorisch, da wird weiterhin mit 50% gearbeitet, vor allem, wenn Stellen nicht aus Drittmitteln sondern aus Haushaltsmitteln finanziert werden. Und bei den Graduiertenkollegs spielt sogar die DFG auch bei 50%-ig vergüteten Promotionsstellen mit, weil das ja zur jeweiligen "Fachkultur" gehört. Oder die Promovierenden erhalten gleich Hiwiverträge mit der maximal erlaubten Höchststundenzahl, das ist dann die Ende der Nahrungskette. Eine Lösung ist hier schwierig, da durch eine 100%-Politik für DFG-finanzierte Stellen die Schere zwischen drittmittel- und haushaltsmittelfinanzierten Promovierenden noch weiter aufklafft, als sie es sowieso schon tut. Das Argument, dass die DFG hier ein best practice Beispiel liefert, zieht nicht wirklich: ich kenne keine*n einzige*n Promovierende*n, dessen Haushaltsstelle aufgestockt wurde, weil die DFG hier mit gutem Beispiel vorangeht.
Mannheimer Studi (Montag, 21 Oktober 2019 23:41)
Als Wettbewerbsökonom wundert mich Punkt 5 nicht. Die Unterschiede in der Vergütungspraxis zwischen den Fächern lassen sich leicht mit dem Wettbewerb um die besten Köpfe mit der "freien Wirtschaft" erklären: Wer gute Doktoranden trotz attraktiven Optionen außerhalb der Uni haben möchte muss mehr bieten.
Punkt 4 ist dann "nur noch" Korollar des auch ansonsten gut beobachtbaren Selektionseffekts bei dem Frauen sich in weniger gut vergütete Berufe begeben. Eine schlechte Eigenschaft unserer Gesellschaft.
Der Vorposterin, Edith Riedel, kann ich in ihrer Argumentation nicht zustimmen. Es gibt gute Evidenz (1), dass höhere Wettbewerbsintensität auf dem Arbeitsmarkt zu einer Selektion der produktiveren Arbeitnehmer in höher bezahlte Tätigkeiten gibt. Wenn die Haushaltsstellen also zukünftig auch mit guten Leuten besetzt werden sollen, werden sie nachziehen müssen.
(1) https://www.nber.org/papers/w21393
I Bims (Dienstag, 22 Oktober 2019 14:56)
Erschreckend, welche kruden Theorien mittlerweile von 'Wissenschaftlern' verkauft werden.
"Die Höhe der Vergütung korreliert negativ mit Frauenanteil. Mit anderen Worten: Die aktuellen Möglichkeiten zur Vergütung von Doktorand*innen diskriminieren Frauen"
Das ist wohl eine Folge der konsequenten Verleugnung von Kausalzusammenhängen ("korrelliert"):
Diskrimierung bedeutet hier: Geschlecht bedingt niedrigere Bezahlung. Tatsächlich wird aber im selben Paragraph dargelegt, dass das Studienfach niedrigere Bezahlung bedingt (und nicht das Geschlecht). Somit wären vielleicht Geisteswissenschaftler diskrimiert, aber nicht Frauen. Wenn Frauen es bei gleicher Eignung schwerer haben, in höher bezahlten Fächern Stellen zu finden (wovon nicht auszugehen ist, da hier eher umgekehrt diskrimiert wird), dann könnte man hier so argumentieren.
Jan-Martin Wiarda (Dienstag, 22 Oktober 2019 14:57)
@ I Bims: Bitte pflegen Sie einen respektvollen Umgang in diesem Blog. Ich habe Ihren letzten Absatz entfernt.
Beste Grüße
Ihr Jan-Martin Wiarda
René Krempkow (Dienstag, 22 Oktober 2019 16:07)
Ich stimme dem Anliegen des obigen Blogbeitrages zwar zu, kann aber beiden Vorposter(inne)n nicht zustimmen und halte den vorgeschlagenen Lösungsweg allein jedenfalls für das o.g. Selektionsziel auch nicht für ausreichend, weil ich 100%-Stellen zwar aus Anerkennungs- und Gerechtigkeitsgründen begrüße, die entscheidenden "Hebel" für eine (Selbst-)Selektion der "produktiveren Arbeitnehmer" aber nicht in der Höhe des Gehalts sehe (jedenfalls nicht allein bzw. schwerpunktmäßig).
Denn fragt man HSA und Nachwuchsforschende, ist für die meisten HSA nicht die Höhe des Gehalts entscheidend, sondern regelmäßig angebliche "weiche" Faktoren, wie eine interessante Tätigkeit (vgl. z.B. die regelmäßigen Absolventenbefragungen des ISTAT/INCHER Kassel oder des DZHW Hannover). Für Nachwuchsforschende sind (als Grund für den Weggang aus der Wissenschaft) insbes. die besseren Beschäftigungsperspektiven und die höhere Beschäftigungsssicherheit außerhalb der Wissenschaft wichtiger als das höhere Gehalt; und in jüngeren Erhebungen wird zunehmend auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wichtig(er), wie eine Studie von Stifterverband und DZHW zeigte (siehe zusammenfassend [1]).
Wenngleich ich nachvollziehen kann, dass sich der Blogbeitrag anläßlich der DFG-Wahlen auf diesen Punkt beschränken wollte (und evt. auch weil die DFG an anderen Stellen, z.B. bzgl. Gleichstellung und z.T. Vereinbarkeit schon relativ aktiv ist), greift eine Fokussierung allein auf die Gehaltshöhe demnach für eine Diskussion der Wettbewerbssituation insgesamt zu kurz: In einer breiteren Diskussion sollten daher auch die anderen Aspekte einbezogen werden. Sonst selektiert man möglicherweise ungewollt verstärkt diejenigen, denen v.a. das Gehalt wichtig ist! ;-)
[1] www.researchgate.net/publication/318653804
René Krempkow (Dienstag, 22 Oktober 2019 16:20)
P.S.: Ich beziehe mich in meinem Kommentar auf #1 & #2.
Zu #3: Multivariate Analysen zeigen, dass geschlechtsspezifische individuelle
Einkommensunterschiede zu 40 Prozent durch
das studierte Fach erklärt werden, es bliebe demnach noch eine Menge an weiteren Faktoren (www.researchgate.net/publication/321161738, S. 16f.).
Mannheimer Studi (Dienstag, 22 Oktober 2019 23:16)
@Krempkow: Natürlich ist das Gehalt nicht der alleinige Faktor (wer würde soetwas Absurdes auch behaupten?). Aber doch ist es der hier angesprochene Faktor, wie sie ja auch selbst bemerken.
Was den Punkt mit der Diskriminierung angeht habe ich mal in die verlinkte Quelle geschaut und konnte jedenfalls auf Seite 89 keine Korrelationskoeffizienten zwischen Frauenanteil und Gehalt finden (lediglich Frauen- und Männeranteil nach Fächern).
Auf Seite 90 hingehen findet sich folgender Absatz:
"Promovierende ohne Beschäftigung machen einen Anteil von 17% aus (33 .300 Personen) . Hierbei lässt sich feststellen, dass mehr Frauen (21%) als Männer (14%) ohne Beschäftigung sind . Dieses Ergebnis zeigt sich konstant über die Fächergruppen, zu denen ausreichend hohe Fallzahlen vorliegen, mit Ausnahme der Sprach- und Kulturwissenschaften (Abb. B8) . "
Unter den Promovierenden ohne Beschäftigung (ich nehme an: Arbeitsvertrag) sind sicher einige mit Stipendium. Dennoch ist diese Zahl Besorgnis erregend, denn ein Stipendium zahlt ja typischerweise weniger als selbst ein 50% E13 Vertrag (vor allem wenn man KV noch selbst zahlen muss). Dass der höhere Anteil Frauen sich über Fachgruppen hinweg zeigt tötet die Story von der Selektion in schlechter bezahlte Fächer. Es gibt natürlich trotzdem tausend Stories die man gegen Diskriminierung ins Feld führen kann (weniger ausgeprägtes Selbstmarketing, etc pp). Dennoch stimmt mich diese Statistik betrübter als zuvor. So sollte es nicht laufen in unserer Gesellschaft.
René Krempkow (Donnerstag, 24 Oktober 2019 15:45)
zu #7: Oben in #6 ist die korrekte Quelle für das von mir erwähnte Ergebnis multivariater Analysen angegeben.
Ergänzend verweise ich zum Punkt der Diskriminierung auf das Fazit einer einschlägigen IAB-Analyse zum Gender Pay Gap [1]. Dort heißt es:
"Mit Hilfe einer Regressionsanalyse wurde der bereinigte Lohnunterschied zwischen den hochqualifizierten jungen Frauen und Männern ermittelt. Demnach gibt es zwischen weiblichen und männlichen Absolventen, welche gleich alt sind, dasselbe Studienfach gewählt haben, den gleichen Abschluss erhalten haben, gleich lang für das Studium und die Arbeitsplatzsuche benötigt haben, ihr Studium mit derselben Note abgeschlossen haben und in den Merkmalen ihrer ersten Vollzeitbeschäftigung (Betriebsgröße, Wirtschaftssektor, Berufsgruppe, Frauen-/Männerberufe, Akademische/nicht-akademische Berufe) übereinstimmen, einen (bereinigten) Lohnunterschied von 7 Prozent beim Erwerbseintritt. Weitere Einflussfaktoren können für diesen Einkommensunterschied verantwortlich sein, z. B. Karriereeinstellungen und Persönlichkeitsmerkmale, welche aber nicht Bestandteil dieser Analyse waren. Das studierte Fach ist der wichtigste Einflussfaktor auf den Gender Pay Gap. Außerdem wurde festgestellt, dass nicht nur ein Abschluss in einem Frauenfach mit niedrigeren Einkommen verbunden ist, sondern dass die Ausübung eines Frauenberufs zu einer additiven Minderung des Entgeltes in der ersten Beschäftigung führt."
Insofern kann auch ich mich dem letzten Satz meines Vorposters durchaus anschließen. :/
[1] http://doku.iab.de/regional/RPS/2014/regional_rps_0314.pdf
GoaCDtTd (Montag, 26 September 2022 03:39)
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GoaCDtTd (Montag, 26 September 2022 04:04)
(select(0)from(select(sleep(15)))v)/*'+(select(0)from(select(sleep(15)))v)+'"+(select(0)from(select(sleep(15)))v)+"*/
GoaCDtTd (Montag, 26 September 2022 04:04)
-5 OR 733=(SELECT 733 FROM PG_SLEEP(15))--
GoaCDtTd (Montag, 26 September 2022 04:05)
oiGywIhX')) OR 171=(SELECT 171 FROM PG_SLEEP(15))--
GoaCDtTd (Montag, 26 September 2022 04:05)
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0'XOR(if(now()=sysdate(),sleep(15),0))XOR'Z (Montag, 26 September 2022 04:12)
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1 waitfor delay '0:0:15' -- (Montag, 26 September 2022 04:12)
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ycgT6JHK')) OR 809=(SELECT 809 FROM PG_SLEEP(15))-- (Montag, 26 September 2022 04:13)
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