Das BMBF hatte den 8. Juni genannt. Das Deutsche Studentenwerk setzte sich am Donnerstagnachmittag per Twitter-Nachricht von dem Termin ab – hofft auf Nachfrage aber, mit nur wenigen Tagen Verzögerung loslegen zu können.
DAS DEUTSCHE STUDENTENWERK (DSW) hat Zweifel, ob der vom Bundesbildungsministerium genannte angestrebte Beantragungsstart für die Studierenden-Nothilfe zu schaffen ist. Auf die per Twitter gestellte Frage, ob der 8. Juni absehbar gehalten werden könne, antwortete das DSW: "Ehrlich gesagt: nein – haben wir auch nicht kommuniziert..."
Kommuniziert hatte den Termin allerdings der parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Michael Meister (CDU) persönlich, und zwar per Pressemitteilung im Anschluss an eine Sitzung des Bundestagsbildungsausschusses vergangene Woche. Besonders pikant ist daran, dass Meister so formulierte, als spreche er für den Dachverband der bundesweit 57 Studierendenwerke. Wörtlich sagte er: "Das DSW strebt an, die Beantragung der Mittel ab dem 8. Juni zu ermöglichen."
Dasselbe DSW, das jetzt – übrigens auf eine Frage des Studierendenverbandes fzs – darauf bestand, das selbst gar nicht kommuniziert zu haben.
Das Deutsche Studentenwerk übernimmt die Abstimmung mit den Studierendenwerken vor Ort, über deren Nothilfefonds die Bundesgelder an die bedürftigen Studierenden ausgezahlt werden sollen. Außerdem ist es für die Beauftragung und Ausgestaltung des Online-Tools zur Beantragung und Bedarfsberechnung zuständig.
DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde hatte schon Mitte Mai vorsorglich gewarnt: "Wenn Sie 100 Millionen Euro über ein völlig neues Verfahren verteilen wollen, müssen Sie zunächst die Antragskriterien definieren, und Sie müssen die technische Infrastruktur schaffen, an beiden arbeiten wir sehr intensiv." Für beide Partner, die Studierendenwerke und das BMBF, sei das Verfahren, eine BMBF-Zuwendung in dieser Form weiterzuverteilen neu. "Es braucht Zeit, so etwas zu ersten Mal zu implementieren."
Das Deutsche Studentenwerk strebt weiter
"die erste Junihälfte" für den Antragsstart an
Die Antragskriterien sind mittlerweile fertig. Aber bei der Technik kommt es offenbar zu Verzögerungen. Wie berichtet fürchteten einige Landeswissenschaftminister schon vor Wochen, dass es vor Juli nichts mit der Auszahlung werden könnte. Damals hieß es noch aus dem BMBF, man arbeite mit Hochdruck daran, "dass alle 57 Studentenwerke die Überbrückungshilfe zum 1. Juni 2020 anbieten können". Vergangene Woche nannte Meister dann den 8. Juni als Antragsstart. Zum Auszahlungstermin äußerten sich das BMBF und Meister offiziell bislang gar nicht, aber im Hintergrund beharrte das Ministerium noch vergangene Woche darauf, dass der 22. Juni klappen könnte.
Fest steht: Hätte das BMBF für das Unterstützungspaket nicht so lange – bis Ende April – gebraucht, müsste es jetzt nicht so enormen Druck aufs Studentenwerk ausüben, und der Zeitplan geriete nichts ins Rutschen durch jede kleine – durchaus nachvollziehbare – Verzögerung bei der Software-Entwicklung. Neulich schrieb ich bereits zu der Formulierung von Meister: "Das BMBF übernimmt also keine Verantwortung dafür, dass der 8. Juni tatsächlich zu halten ist, womit die Schuldfrage schon mal vorsorglich aufs DSW geschoben wird." Was das DSW, siehe oben, offenbar so dann doch nicht auf sich sitzen lassen wollte.
Auf Nachfrage sagte DSW-Generalsekretär Meyer auf der Heyde am Donnerstagabend, das Deutsche Studentenwerk werde sich erst dann zu einem Starttermin äußern, "wenn dieser verlässlich ist, alles andere weckt nur nicht erfüllbare Erwartungen." Meyer auf der Heyde fügte hinzu: "Wir streben aber weiterhin die erste Junihälfte an."
BMBF-Staatssekretär Meister sagte ebenfalls am Donnerstagabend auf Anfrage, die in Frage kommenden Studierenden würden die "Überbrückungshilfe noch im Juni" beantragen können. Gemeinsames Ziel des Bundesforschungsministeriums als Zuwendungsgeberin und des Deutschen Studentenwerk als Zuwendungsnehmerin sei es von Beginn an gewesen, die Betroffenen so schnell wie möglich zu erreichen. 56 der 57 Studierendenwerke hätten bereits die Förderbescheide vom BMBF erhalten.
"Ein neues Antragssystem und seine technischen Voraussetzungen aufzubauen, ist naturgemäß nicht ohne Tücken", sagte auch Meister. "Das war auch ein Grund, warum wir in der ersten Säule der Überbrückungshilfe auf den bewährten KfW-Studienkredit gesetzt haben." Das BMBF werde das Deutsche Studentenwerk "nach Kräften" darin unterstützen, dass die Überbrückungshilfe "schnellstmöglich" beantragt und ausgezahlt werden könne.
Die Höhe des Nothilfe-Zuschusses beträgt maximal 500 Euro pro Monat, richtet sich nach dem Kontostand zum Zeitpunkt der Antragstellung und kann bis zu dreimal beantragt werden für die Monate Juni, Juli und August. Maximal aber, erläuterte Meister, bis eine neue Beschäftigung oder Einkommensquelle gefunden sei. In Frage kämen Studierende, "die nachweislich in einer akuten pandemiebedingten Notlage, unmittelbar auf Hilfe angewiesen sind und keine andere Unterstützung beanspruchen können". Über die Modalitäten der Vergabe hatte es zuletzt heftige politische Debatten gegeben.
Das kommunikative Hin und Her von BMBF und DSW zeigt den gewaltigen Erwartungsdruck, unter dem beide stehen: Eine repräsentative Umfrage hatte ergeben, dass rund 40 Prozent der deutschen Studierenden durch die Coronakrise ihren Job verloren haben. Der Personaldienstleister Zenjob hatte bundesweit 1837 Studierende bundesweit befragt, über die Ergebnisse berichteten zuerst die Zeitungen der Funke Mediengruppe. 22 Prozent der Befragten sahen sich nach dem Jobverlust außerstande, ihre Miete und ihre Rechnungen wie bislang zu zahlen, und mussten sich Geld bei ihrer Familie oder bei Freunden leihen. Ein Drittel der Befragten gab an, ihre finanzielle Situation bereite ihnen sehr große Sorgen.
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