Nach der gescheiterten Präsidentenwahl vergangenes Jahr war
die Universität Göttingen führungslos und zerstritten. Dann übernahm
der Max-Planck-Forscher Reinhard Jahn die Leitung. Seine Mission:
die Gräben überwinden und seine Nachfolge vorbereiten.
Wie weit ist er gekommen?
Reinhard Jahn. Fotos: Universität Göttingen/Christoph Mischke.
Herr Jahn, sind Sie der einzige Präsident einer deutschen Universität, der darauf hofft, möglichst kurz im Amt zu sein?
Da ist was dran. Ich hatte nie vor, Uni-Präsident zu werden. Aber ich habe mich meiner alten Hochschule verpflichtet gefühlt, der Universität, an der ich vor langer Zeit promoviert habe. Hinzu kam, dass der niedersächsische Wissenschaftsminister mir im vergangenen Herbst sehr eindrücklich klargemacht hat, dass er kaum eine Alternative zu meiner Person sah in dieser Übergangsperiode.
"Übergangsperiode" ist recht euphemistisch formuliert. Die Universität Göttingen hat eine einzigartige Führungskrise hinter sich. Erst die Niederlage in der Exzellenzstrategie und der angekündigte vorzeitige Abschied von Präsidentin Ulrike Beisiegel, dann die Wahl Sascha Spouns zu ihrem Nachfolger. Es folgte eine Konkurrentenklage, die Wahl wurde für fehlerhaft befunden, Spoun verzichtete. Und der Konflikt zwischen den verschiedenen Lagern an der Universität trat offen zu Tage.
Ich muss sagen, ich habe das damals alles nur aus der Ferne mitbekommen. 2017 hatte ich als externer Berater der damaligen Unipräsidentin noch bei der Ausarbeitung eines der Clusteranträge für die Exzellenzstrategie mitgeholfen. Als im Herbst 2018 klar war, dass wir aus dem Rennen waren, habe ich mich allerdings zurückgezogen. Ich bin ja offiziell seit Anfang 2019 pensioniert und wollte am Max-Planck-Institut meine Emeritus-Forschungsgruppe aufbauen. Als es im vergangenen Sommer so richtig losging mit dem Ärger, waren meine Frau und ich gerade mit einem befreundeten Professorenpaar in Urlaub, beide lehren an der Universität Göttingen. Die haben dann immer von irgendwelchen Krisen-Mails berichtet, und ich dachte: Oje, das sieht nicht gut aus. Aber ich fühlte mich nicht wirklich betroffen. Bis ich aus dem Urlaub zurück war und der Anruf des Wissenschaftsministers aus Hannover kam.
"Die legale Basis meiner Bestellung habe ich
selber nicht hundertprozentig nachvollzogen."
Apropos Minister: Sind Sie überhaupt wirklich Unipräsident – oder ein von der Landesregierung eingesetzter Krisenverwalter? Die Gremien der Universität haben Sie meines Wissens gar nicht gewählt.
Sagen wir mal so: Die legale Basis meiner Bestellung war kompliziert, ich habe die ganzen juristischen Finessen selber nicht hundertprozentig nachvollzogen. Aber die Gremien der Universität haben mir ihre Unterstützung signalisiert, sonst hätte ich es sicher nicht gemacht. Und ich operiere wie ein normaler Unipräsident – bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gewählt worden ist.
Reinhard Jahn, 69, ist Neurobiologe und war über viele Jahre Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. Anfang 2019 wurde er pensioniert und war gerade dabei, sich eine Emeritus-Forschungsgruppe am Institut aufbauen, als Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) ihn bat, vorübergehend die Leitung der Universität Göttingen zu übernehmen. Seit 1. Dezember ist er Interimspräsident. Der hochdekorierte Forscher ist unter anderem Träger des Leibniz-Preises, der höchsten deutschen Auszeichnung für Forscher.
Müsste nicht vor der Wahl erstmal aufgearbeitet werden, was vergangenes Jahr an der Universität Göttingen passiert ist?
Das ist meine wichtigste Aufgabe. Das Problem war jedenfalls nicht, dass nicht alle mit der Wahl Sascha Spouns zum Präsidenten einverstanden waren. Gegen Streit und Meinungsverschiedenheiten an einer Universität ist nämlich überhaupt nichts einzuwenden, im Gegenteil: Davon lebt das intellektuelle Klima einer Hochschule. Das Problem war, dass die Proteste über die Medien weitergeführt wurden, das war nicht gut. Und als dann auch noch herauskam, dass es formale Fehler im Wahlverfahren gegeben hatte, hat das verbunden mit dem Rückzug von Herrn Spoun zu einer einseitig negativen Berichterstattung geführt. Vielleicht hatte das etwas mit dem Sommerloch zu tun. So selten sind Führungskrisen an Universitäten ja eigentlich nicht.
Es gab schon Unterschiede. Anders als etwa an den Universitäten im Saarland oder in Kiel, wo sich Präsidentenwahlen ebenfalls schwierig gestalteten, waren neben den formalen Fehlern auch die Lautstärke und der teilweise drastische Ton der Konfliktparteien.
Die Kritikerinnen und Kritiker haben sich gut organisiert, das stimmt. Im Kern drehte sich der Streit um die Frage, welche Persönlichkeit an der Spitze der Universität Göttingen stehen sollte. Im Grunde sehe ich da drei mögliche Prototypen. Erstens: Die starke Führungsfigur, Präsidenten wie Dieter Lenzen in Hamburg, Wolfgang Herrmann in München oder Ernst Schmachtenberg in Aachen…
…von denen keiner jünger als 68 ist und zwei nicht mehr im Amt sind…
Ja, das sind aber die Persönlichkeiten, die aus sich heraus einen bundesweiten Bekanntheitsgrad haben und mit ihrem ganz eigenen Stil ihre Hochschule geprägt haben. Zweiter Prototyp ist der Manager oder die Managerin: Experten in Governance-Fragen, die in der Lage sind, neue Konzepte zu entwickeln, die sich mit den Gremien einer Hochschule auskennen und innerhalb der bestehenden Unistrukturen Mehrheiten organisieren können. Und dann gibt es einen dritten Typ, dem ich mich zurechnen würde: Forscherinnen oder Forscher, die sich bereiterklären, für ihre Hochschule für eine gewisse Zeit Verantwortung zu übernehmen. Und die, weil sie selbst aktiv forschen, Respekt finden bei anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die aber dafür über wenig bis gar keine Gremien- und Governance-Erfahrung verfügen.
"Die Findungskommission hat sich zu wenig
Gedanken darüber gemacht, welche Persönlichkeit akzeptanzfähig ist in Göttingen."
Herr Spoun war Typ zwei?
Das würde ich so sehen. Natürlich ist kein Präsident je eine dieser Ausprägungen in Reinform, aber bei Herrn Spoun war der zweite, der Governance-Aspekt, stark betont. In einer Forschungsuniversität mit sehr vielen sehr selbstbewussten Persönlichkeiten findet dieser Typ nicht überall Akzeptanz. Und genau das muss man im Nachhinein konstatieren: Die damalige Findungskommission hat sich zu wenig Gedanken darüber gemacht, welche Persönlichkeit eigentlich akzeptanzfähig ist in Göttingen.
Machen Sie da nicht zu viel an der Person Spoun fest? Hätte da nicht kommen können, wer will? Die Universität befand sich in einem Zustand gekränkter Eitelkeit nach dem Scheitern in der Exzellenzstrategie.
Da ist sicher was dran. Das Scheitern hat zu Zerwürfnissen geführt – wie das so oft passiert, wenn man ein großes Ziel hat, eine gemeinsame Kraftanstrengung unternimmt, alles andere dafür hintanstellt, und dann geht das schief. Da sind Frust und Ärger vorprogrammiert. All das war noch gar nicht verarbeitet, und dann kam die Präsidentenwahl dazwischen.
Wie weit ist die Verarbeitung denn jetzt fortgeschritten, Herr Jahn?
Wir sind mittendrin. Ich kann Ihnen nicht sagen, was man anders hätte machen können, damit es gar nicht erst zu einer solchen Zuspitzung gekommen wäre. Das Wichtigste für mich ist aber, wieder eine gemeinsame Gesprächsbasis herzustellen, einen gewissen Respekt zwischen allen Akteurinnen und Akteuren. Der war zwischenzeitlich verlorengegangen. Meine Botschaft lautete von Anfang an: Wir kehren nichts unter den Teppich, wir müssen aber zugleich gemeinsam nach vorn schauen. Mein Glück ist, dass ich zwar immer viele Verbindungen in die Universität hinein hatte, aber an diesen Auseinandersetzungen überhaupt nicht beteiligt war.
"Die Universität hat sich zu stark an den Bedingungen
des Exzellenzwettbewerbs orientiert, anstatt sich zu überlegen: Was wollen wir selbst als Universität?"
Welche Fragen diskutieren Sie beim Blick nach vorn?
Mein Eindruck war, dass die Universität sich zu stark an den Rahmenbedingungen des Exzellenzwettbewerbs orientiert hatte, anstatt sich zu überlegen: Was wollen wir eigentlich selbst als Universität? Was ist unser Selbstverständnis? Was sind die gemeinsamen Werte und Zielvorstellungen, die uns alle an der Universität miteinander verbinden? Zunächst hätte dieses Selbstverständnis geklärt sein müssen, um dann auf der Grundlage in die Exzellenzstrategie zu starten. Das müssen wir jetzt nachholen. Und ich glaube, das ist gar nicht so schwierig.
Nicht so schwierig? Welche Aussage treffen Sie mit so einem Satz über die Leistung Ihrer Vorgängerin Ulrike Beisiegel, die ihr Amt nach der Niederlage in der Exzellenzstrategie vorzeitig freimachen musste?
Gar keine. Damals war die Situation eine andere. Ulrike Beisiegel stand unter einem enormen Druck, ich habe das ja mitbekommen als Berater. Alles musste ganz schnell gehen, der Zeitrahmen war durch Bund und Länder so eng gesteckt, da war gar nicht die Zeit zum Innehalten. Umso mehr sollten wir diesen Prozess jetzt nachholen – eine Gelegenheit, die Ulrike Beisiegel nicht hatte.
Was bedeutet das praktisch?
Gerade noch rechtzeitig vor der Corona-Krise haben wir einen Governance-Workshop veranstaltet, bei dem wir genau diese Frage aufgegriffen haben, wo wir hinwollen als Universität. Und je mehr wir uns jetzt wieder einem normalen Betrieb nähern, desto mehr möchte ich diese Diskussion in die Universität hineintragen. Das Faszinierende ist doch die Vielzahl hochspannender Kolleginnen und Kollegen, die wir hier in Göttingen haben.
Zu den überaus spannenden Kolleginnen und Kollegen gehört auch ein besonders wortmächtiger Theologe. Der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann hat die Proteste gegen die Wahl Spouns angeführt und auch die Drittmittel-Jagd kritisiert. Das System von Zielvereinbarungen, mit denen Professoren versprechen, eine bestimmte Menge an Forschungsfördergeldern einzuwerben, bezeichnete Kaufmann als "Prostituierungsphänomene der Wissenschaft". Hat er Recht?
Die Formulierung ist kräftig. Aber er hat in der Tat einige wesentliche Punkte benannt, bei denen ich ihm hundertprozentig zustimme. Vor allem, was die Überbetonung von Forschungsverbünden durch die Forschungsförderung angeht. Historisch betrachtet entstand die Idee von Exzellenzclustern durch den Vorschlag des damaligen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker, die gerade eingeführten und noch nicht evaluierten DFG-Forschungszentren als Blaupause zu benutzen. Hinter dem Vorschlag stand die aus meiner Sicht bis heute zu hinterfragende Annahme, dass mit großen Verbünden die wissenschaftliche Leistung zu steigern sei.
"Hinter der Exzellenzcluster-Idee stand die bis heute
zu hinterfragende Annahme, dass mit großen Verbünden
die wissenschaftliche Leistung zu steigern sei."
Stimmt das denn nicht?
Forschungsverbünde heben die durchschnittliche Forschungsqualität, aber sie fördern zugleich den Mainstream und schaffen Gelegenheiten für bestimmte Forschertypen – für solche, die bereits etabliert und, ich möchte mal böse sagen, über ihren Zenit hinaus sind. Gleichzeitig ziehen solche schweren Brocken die finanziellen Ressourcen einer Universität an sich, sie wollen immerzu gefüttert werden – auch auf Kosten anderer Fächer und Bereiche. Das führt zu Spannungen innerhalb einer Universität und zu einem Verlust an wissenschaftlicher Vielfalt. Aber ich weiß, mit solchen Einschätzungen muss man als Verlierer der Exzellenzstrategie, und das sind wir in Göttingen, zurückhaltend sein.
Weil man Ihnen sonst vorwirft, schlechte Verlierer zu sein? Vielleicht stimmt das ja auch.
Ich spreche hier aber auch mit der Erfahrung aus über 30 Jahren als Gutachter im In- und Ausland. Und ich sage das jetzt nicht, weil ich hier als Unipräsident sitze, sondern als Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft, wo, wie Sie wissen, ein ganz anderer Ansatz gefahren wird, der auf die Leistungen des einzelnen Forschers und der einzelnen Forscherin abhebt. Ich komme von einem Institut, das einige Nobelpreisträger in seinen Reihen hat, und ich möchte bezweifeln, dass sie diese Nobelpreise auch als Beteiligte an einem großen Forschungscluster erhalten hätten. Der Beweis, dass Cluster überhaupt Spitzenleistungen einzelner Forscherinnen und Forscher fördern, steht aus.
Ein interessanter Vergleich, den Sie da ziehen. Gerade die vergangenen Jahre haben aber auch gezeigt, dass Strukturen wie die in der Max-Planck-Gesellschaft zwar herausragende Einzelforscher unterstützen, aber zugleich teilweise massive Führungsprobleme verursachen. Nobelpreisverdächtige Forscher sind nicht unbedingt nobelpreisverdächtige Führungspersönlichkeiten. Und wenn viele starke Einzel-Egos aufeinandertreffen, kann eine große Organisation wie eine Universität daran zerbrechen.
Wir können das ruhig noch pointierter formulieren. Wir haben in Deutschland immer noch zuweilen ein paternalistisches Wissenschaftssystem mit teilweise vordemokratischen Elementen. Dass ich einen 40 Jahre alten Kollegen als Nachwuchswissenschaftler bezeichne, dass ich von einem Doktorvater spreche und dass jemand noch mit 50 Schüler oder Schülerin von diesem oder jenem Professor genannt wird, zeigt schon anhand der Wortwahl, wo wir herkommen. Ich bin als Wissenschaftler in den USA sozialisiert worden, wo die Hierarchien viel flacher sind. Natürlich ist auch dort die eine die Professorin und der andere der Doktorand, aber in dem Augenblick, wo beide das Institutsgebäude verlassen, sind beide gleichberechtigte Bürger einer Gesellschaft und behandeln sich auch so.
"Wir haben in Deutschland immer noch zuweilen
ein paternalistisches Wissenschaftssystem
mit teilweise vordemokratischen Elementen."
Aber an deutschen Hochschulen gibt es doch die Mitbestimmung durch die Gremien.
Das ist etwas Anderes, weil ich von einer kulturellen Verankerung spreche. Ich wünsche mir ganz sicher nicht, dass wir in Deutschland die Fehler der 70er Jahre wiederholen, als Assistenten Institute leiteten, weil es irgendeine Mehrheitsentscheidung so bestimmt hatte, aber mit der Leitung keinerlei Entscheidungskompetenzen verbunden war. Ich rede von einem wissenschaftlich egalitären Ansatz, der sich zum Beispiel in einer respektvollen Promovierendenförderung ausdrückt. Da stecken wir in Deutschland trotz aller Fortschritte, übrigens auch in der Max-Planck-Gesellschaft, noch mitten im Wandel.
Die Debatte über die Exzellenzstrategie ist nicht nur eine über Cluster, sondern über die Bedeutung von Drittmitteln generell. Ist da was aus dem Ruder gelaufen – nicht nur, aber auch in Göttingen?
Als experimentell arbeitender Naturwissenschaftler bin in der Beantwortung dieser Frage nicht neutral, weil die Forschung in meinem Fach ohne Drittmittel gar nicht in der Form finanzierbar wäre, wie ich sie betreiben möchte. Wir sind in Deutschland in der glücklichen Situation, dass wir mit der DFG eine Förderorganisation haben, die Drittmittel nach wirklich wissenschaftsgeleiteten Verfahren vergibt. Auf europäischer Ebene haben wir analog den ERC, Gott sei Dank, um den wir jetzt kämpfen müssen. Insofern sind Drittmittel durchaus ein Ausweis von Qualität, aber nicht linear quantitativ. Zumal es Fächer in den Geistes- und Sozialwissenschaften gibt, wo sie deutlich weniger relevant sind. Dort können Sie hervorragende Forschungsarbeit leisten und benötigen dafür vielleicht nur ein, zwei jüngere Kolleginnen oder Kollegen, die Ihnen bei den Recherchen helfen. Soll heißen: Wir brauchen neben Drittmitteln noch weitere Qualitätsindikatoren, sonst verengt der Blick.
So, wie Sie wesentliche Kritikpunkte der Protest-Anführer teilen, könnte es sein, dass Sie Kaufmann und seinen Kollegen sogar ganz dankbar sind für die Debatte, die sie losgetreten haben? Vergangenes Jahr war in der Hochschulleitung die Dankbarkeit gegenüber den Rebellen noch wenig ausgeprägt.
Nun ja. Ich hätte es wirklich vorgezogen, wenn man den notwendigen Streit über die unterschiedlichen Sichtweisen universitätsintern ausgetragen hätte und nicht presseöffentlich. Aber gut, das ist jetzt erledigt und eine nachgeordnete Frage, wenn es um die Zukunft der Universität geht.
Ist das nachgeordnet? Ich könnte mir vorstellen, dass der gewählte Präsident Sascha Spoun das anders sieht. Der Reputationsschaden, den er erlitten hat, war gewaltig.
Das ist richtig, zugleich ist es aber für mich schwer, über einen Prozess zu urteilen, den ich selber nur aus der Zeitung kenne. Selbstverständlich habe ich im Nachhinein mit vielen Kolleginnen und Kollegen in der Professorenschaft gesprochen, darunter auch mit zwei der vier Personen, die die Proteste geprägt haben. Und ich muss sagen, das waren sehr angenehme Gespräche in einer Atmosphäre gegenseitigen Respekts. Dieser gegenseitige Respekt ist vergangenes Jahr leider verloren gegangen, aber das ist vorbei.
War es eigentlich angemessen, dass die Protestführer den Rücktritt gewählter Senatsmitglieder gefordert haben?
Drei Senatsmitglieder sind ja zurückgetreten, ansonsten ist der Senat derselbe geblieben. Und im Frühjahr nächsten Jahres stehen ohnehin Neuwahlen an.
Was erst nach der Wahl des oder der neuen Präsidentin sein wird.
Es hat damals Rufe nach Aufarbeitungen der formalen Fehler bei der Präsidentenwahl gegeben, und das zu Recht. Viele andere Initiativen, auch solche nach personellen Veränderungen im Senat, waren dagegen nicht durch die Satzung der Universität gedeckt. Da sind Maximalforderungen gestellt worden, die die vorhandenen Zerwürfnisse noch verstärkt haben. Irgendwann herrschte ein generelles Misstrauen: Der Senat hat dem Präsidium und dem Stiftungsausschuss misstraut, das Präsidium dem Stiftungsausschuss und dem Senat, der Stiftungsausschuss dem Präsidium und dem Senat. Und alle den protestierenden Professorinnen und Professoren. Das war nicht gut.
"Die Vertrauenskrise ist nicht vorbei,
die Verletzungen können schnell wieder aufbrechen."
Und jetzt vertrauen sich alle wieder?
Das habe ich nicht gesagt. Natürlich müssen wir weiter daran arbeiten. Die Vertrauenskrise ist nicht vorbei, die Verletzungen können schnell wieder aufbrechen. Auch gibt es durchaus Sorge in den Wahlgremien, dass ihnen nach der Wahl erneut die Rückendeckung der Universität abhandenkommen könnte. Ich sehe es als meine Pflicht, hier als Vermittler tätig zu sein. Auch der neue Vorsitzende des Stiftungsausschusses Peter Strohschneider hilft tatkräftig dabei mit, dass wir nicht noch einmal in so eine Situation geraten. Wir arbeiten daran, dass es eine breite Akzeptanz gibt für alle Kandidatinnen und Kandidaten, die in die engere Wahl kommen. Und dass die Gremien keine Angst haben müssen, am Ende mit ihrer Wahl allein dazu stehen.
Aber wo ist denn nun die gemeinsame Vision, von der Sie am Anfang sprachen? Die Vision, für die sich die Uni vor der Exzellenzstrategie nicht genügend Zeit genommen hatte – und die sie jetzt offensichtlich so dringend braucht?
Bei dem Governance-Workshop vor dem Lockdown haben über 100 Leute mitgemacht, und das war, das muss ich so sagen, eine reine Aufarbeitungsveranstaltung. Auf der einen Seite sind da die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die auf ihre persönlichen Freiheitsgrade pochen, und diese Freiräume zu schaffen war ja auch ein wesentlicher Bestandteil des erfolgreichen Exzellenzantrags der allerersten Runde. Ein Konzept, das ich im Übrigen bis heute für hervorragend halte und auf dem man aufbauen kann. Auf der anderen Seite wurde in dem Workshop die Forderung nach mehr Transparenz laut, nach mehr Mitspracherechten und Partizipation.
Mehr Mitspracherechte für alle oder nur für die Professoren? Vergangenes Jahr konnte es einem so vorkommen, als ginge es den protestierenden Hochschullehrern vor allem um letzteres.
Ja, solche Kolleginnen und Kollegen gibt es. Aber nicht nur. Die entscheidende Frage lautet: Wie kann ich dieses Spannungsfeld, vor dem jede Hochschulleitung steht, produktiv gestalten: die Universität strategisch weiterentwickeln und gleichzeitig möglichst alle mitnehmen?
Und, wie geht das? Wie viel Macht braucht eine Präsidentin oder ein Präsident, und wo muss diese Macht die Freiräume der einzelnen Professoren einschränken?
Ich kann diesen Gegensatz so gar nicht sehen. Das Ziel einer engagierten Hochschulleitung muss immer sein, optimale Bedingungen zu schaffen, damit die Universität ihre Kernaufgaben erfüllen kann. Und das bedeutet: Wir müssen hervorragende Forscherpersönlichkeiten rekrutieren, und wir müssen sicherstellen, dass wir den Studierenden eine wirklich attraktive Lehre bieten. Die Konflikte entstehen in dem Moment, wenn ich als Hochschulleitung Schwerpunkte bilden möchte und diese der bestehenden Fakultätsstruktur zuwiderzulaufen scheinen. Fakultäten – und das mag einigen jetzt nicht gefallen, wenn ich es so sage – Fakultäten haben eine sehr stark strukturkonservative Komponente. Institute und Seminare sollen so bleiben, wie sie sind, Besitzstände sollen gewahrt werden. Es gibt Fakultäten, die etwas moderner aufgestellt sind, andere dafür umso weniger. Das ist das eigentliche Spannungsfeld für eine Universitätsleitung, die steuern, vielleicht zugunsten eines bestimmten Bereiches umschichten will.
Und weil das so ist, sehen Hochschulleitungen, die im Amt bleiben wollen, von solchen Steuerungsversuchen lieber gleich ganz ab?
Das wäre ein Fehler. Es hilft, bestimmte Instrumente einzusetzen, um die anderen von der Notwendigkeit einer Veränderung zu überzeugen. Das können externe Evaluationen sein, universitätsweite Workshops, da gibt es einen ganzen Instrumentenkasten, den man einsetzen kann.
Bis wann hoffen Sie eigentlich, arbeitslos zu werden, weil es einen gewählten Nachfolger oder eine Nachfolgerin gibt?
Ich hoffe: bis Jahresende. Als Stiftungsuniversität ist die Ausschreibung einer Leitungsposition eine komplexe Angelegenheit zwischen allen Gremien, die zustimmen müssen. Dann kamen noch die Verzögerungen durch Corona dazu, aber ich hoffe, dass die Ausschreibung in Kürze veröffentlicht werden kann.
"Wir stehen in allen Rankings, egal, welches Sie nehmen, immer vor mehreren Universitäten, die im Exzellenzwettbewerb erfolgreich waren."
Glauben Sie, dass sich irgendwer von außerhalb der Universität finden wird, der oder die angesichts der Verwerfungen Lust hat, sich auf diesen Job zu bewerben?
Göttingen ist nach wie vor eine der leistungsstärksten Universitäten in Deutschland. Wir stehen in allen Rankings, egal, welches Sie nehmen, immer vor mehreren Universitäten, die im Exzellenzwettbewerb erfolgreich waren. Und anders als etwa in Berlin oder München ist die Spitzenforschung am Göttingen Campus in einer Dichte konzentriert, wie Sie sie sonst nirgendwo finden. Sie müssen nur wenige Minuten zu Fuß gegen und treffen auf herausragende Kolleginnen und Kollegen aus allen Fächern. Institute der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft, ein DLR-Hochleistungszentrum, alles hier. Alles in allem sehe ich eine sehr attraktive Universität. Und Sie sehen: Ich bin nach wie vor Fan von Göttingen.
Wäre auch schlimm, wenn nicht, Herr Jahn. Es gibt böse Stimmen, die sagten: Um von den Göttingern als Präsident akzeptiert zu werden, muss man mindestens Max-Planck-Direktor, möglichst Leibniz-Preisträger und möglichst Gewinner eines Nobelpreises sein. Die Frage ist nur, ob die noch nach Göttingen wollen.
Jetzt übertreiben sie aber. Herr Spoun hatte nicht nur Gegner an der Universität. Es gab zahlreiche führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die seine Präsidentschaft unterstützt haben trotz seines so anderen Profils. Nobelpreisträger lassen sich im Übrigen generell schwierig für die Leitung einer Hochschule gewinnen. Günstig wäre ein Kandidat oder eine Kandidatin, die sich zumindest auch wissenschaftlich profiliert hat, damit sie Akzeptanz findet bei unseren Senior Scientists. "Wissenschaftlich profiliert" heißt aber nicht automatisch absolute Spitzenforschung, das hat nämlich auch Nachteile: Ich habe durch meine Präsidentschaft zum ersten Mal überhaupt mit einem Uni-Senat zu tun bekommen.
Muss der oder die Neue fürchten, hier auf so große Egos zu treffen, dass man darüber zerrieben wird?
Ich halte es für ein Privileg, sich mit vielen der klügsten Persönlichkeiten auseinanderzusetzen, die es in ihren jeweiligen Fächern gibt. Und alle haben gelernt von den Ereignissen des vergangenen Jahres und wollen, dass sie sich nicht wiederholen.
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Liberaler (Montag, 06 Juli 2020 11:32)
"Hinter der Exzellenzcluster-Idee stand die bis heute
zu hinterfragende Annahme, dass mit großen Verbünden
die wissenschaftliche Leistung zu steigern sei."
Bravo! Aber das ist ein Satz, der es in sich hat. Er wirft die älteste Frage der Welt auf: Wer bewacht die Wächter? Platons Antwort ist bekannt: Man muss diejenigen zu Wächtern machen, die das gar
nicht wollen, weil sie nämlich besseres zu tun haben. Leute wie Jahn also, der jetzt aus Pflichtgefühl in die Göttinger Höhle hinab steigt.
In der deutschen Politik geschieht das Gegenteil: Da setzen sich nur diejenigen durch, die es mit langem Atem gerade darauf anlegen, Wächter zu werden (und möglichst lange zu bleiben).
In der deutschen Wissenschaft ist seit 20 Jahren vermehrt eine ähnliche Entwicklung zu beobachten: Es ist eine oligarchische Kaste aus "Wissenschaftsmanagern" entstanden, die nur noch bewacht -- aber
von dem, was die zu Bewachenden tun oder wenigstens tun sollten (kreativ forschen), keine Ahnung hat. Dafür versteht sie sich um so besser auf Politik und mit Politikern. Das gilt nach meiner
Wahrnehmuung für Spoun, Herrmann und Lenzen in gleichem Maße. Dass einer von denen mal vor Jahrzehnten einen Leibnizpreis bekommen hat, spielt keine Rolle: Politik deformiert, wenn sie zum
Lebensinhalt wird.
Daraus leite ich zwei Folgerungen ab, die eher von Jahns Aussagen abweichen:
1. Die Evaluierer müssen evaluiert werden. Alle Institutionen in Deutschland, die in den letzten Jahrzehnten dafür eingetreten sind, im Blindflug Milliarden auf Cluster zu ver(sch)wenden, gehören
durch ein wirklich unabhängiges Gremium geprüft. Also BMBF, Landeswissenschaftsministerien, Wissenschaftsrat und gerade auch die DFG. Die Prüfer sollten kreative Forscher aus dem Ausland sein, ohne
"skin in the game" in deutschen Landen.
2. Als deutsche Universitäten wirklich noch exzellent waren, dienten Rektoren im Wesentlichen als bloße Repräsentanten, und sie waren nur kurz im Amt. Könnte da ein kausaler Zusammenhang bestehen?
Das wäre einmal vorurteilsfrei zu prüfen, durch echt unabhängige Köpfe. In Oxbridge ist es noch heute so ähnlich: Die zentralen Verwaltungen werden bewußt schwach gehalten.
McFischer (Montag, 06 Juli 2020 13:22)
Hut ab, spannendes Interview mit guten, überlegten Aussagen. Man könnte vieles davon aufgreifen; ich nehme mal diesen Passus:
"Wir haben in Deutschland immer noch zuweilen ein paternalistisches Wissenschaftssystem mit teilweise vordemokratischen Elementen. Dass ich einen 40 Jahre alten Kollegen als Nachwuchswissenschaftler bezeichne, dass ich von einem Doktorvater spreche und dass jemand noch mit 50 Schüler oder Schülerin von diesem oder jenem Professor genannt wird, zeigt schon anhand der Wortwahl, wo wir herkommen. "
Ja, so ist es. Jetzt könnte man sagen - im Sinne meines Vorkommentators ("Liberaler"): Damals waren die deutschen Unis Weltspitze - also war das doch gar nicht so schlecht. Dem könnte man entgegnen: Damals war das Umfeld auch noch ein anderes. EU-Forschungsförderung, internationale Publikationen... alles noch nicht da oder weit weniger wichtig. Und: die wirklich erfolgreichen Einzelforscher waren immer schon international vernetzt. Viele andere haben dann auch nur Mittelmaß produziert.
Science Nerd (Montag, 06 Juli 2020 16:34)
"Hinter der Exzellenzcluster-Idee stand die bis heute
zu hinterfragende Annahme, dass mit großen Verbünden
die wissenschaftliche Leistung zu steigern sei."
In der Tat ein wichtiger Satz. Der starke Fokus auf Verbünde ist auch in meinen Augen der größte Irrweg deutscher Forschungsförderung, den sich nur "Wissenschaftsmanager" ausdenken können. Eine derartige Fokussierung auf lose Großgruppen mit schwammigem Forschungsthema ist mir aus keinem anderen Land bekannt und trifft dort meiner Erfahrung nach auch nur auf Kopfschütteln. Durch solche Verbünde entsteht keine Innovation!
Jan-Martin Wiarda (Montag, 06 Juli 2020 17:23)
@Liberaler: Ich bitte Sie um eine kurze Kontaktaufnahme per Mail wegen Ihres Kommentars, damit ich ihn freischalten kann. Vielen Dank!
Zeit"millionär" (Freitag, 10 Juli 2020 14:14)
Lieber Herr Wiarda,
sehr schön, daß Sie ein gutes Jahr nach den "Unruhen" um die Göttinger Uni in diesem couragierten Interview mit ungewöhnlich klaren Fragen "nachhaken". Für die ebenso couragierten und fundierten Antworten von Herrn Jahn bedanke ich mich ebenso. Die Schilderung über das noch immer exzellente wissenschaftliche Leben in Göttingen ist auch aus meiner Sicht sehr stimmig, wie man noch aus dem "Unruhezustand" merkt.
Thomas Kaufmann (Samstag, 11 Juli 2020 13:53)
Da wir "Protestler" immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert wurden, wir seien mit unserem Protest in die Öffentlichkeit gegangen, ist hierzu eine Stellungnahme erforderlich. Herr Dr. Spoun wurde am 20.6.2019 zum Präsidenten gewählt. Unmittelbar nach der Wahl erschien eine Presseerklärung der Universität Göttingen, in der von Spouns Rolle als "Berater" der Findungskommission zu lesen war. Dies führte umgehend zu Rückfragen von unserer Seite, die wir an das Präsidium bzw. die Pressestelle richteten und die schließlich auch einige Senatoren veranlasste, gegenüber Herrn Krull nachzufragen, welches die Rolle Spouns gewesen sei. Daraufhin wandte sich Krull ans Göttinger Tageblatt und bekundete, dass alles ordnungsgemäß gelaufen sei. Die von Dorothea Bahns, mir, Reinhard Kratz und Martin Laube, den "vier Protestlern", initiierte Protestnote vom 28.6.2019, die wir unter den Kolleginnen und Kollegen mit der Bitte um Unterstützung kursieren ließen, haben wir erst sehr viel später, nach der Einreichung der Konkurrentenklage, publiziert. Ich selbst habe erstmals, als ich von Herrn Thomas Oppermann in einem Sommerinterview angegriffen wurde mit der Bemerkung, Göttingen wäre exzellent geworden, wenn sich Herr Kaufmann so sehr für das Religions-Cluster engagiert habe wie er es gegen Spoun tue, in Form eines Leserbriefes öffentlich reagiert. Denn ich hatte in dem genannten Cluster keine besondere Verantwortung inne, war ihm auch erst spät, nach dem Scheitern eines von mir organisierten, assoziiert worden. Die Behauptung, die "Protestler" haben den Weg in die Öffentlichkeit gesucht, ist also falsch und entbehrt nicht der Infamie. Die Causa Spoun hat nicht wegen unseres Protestes, sondern wegen eines zutiefst unordentlichen Verfahrens ein Ende gefunden. Die von uns angesprochenen Gremien Stiftungsrat und Senat haben sich jedem Gespräch verweigert. Sie haben Fakten geschaffen, die dann durch einen Verwaltungsgerichtsbeschluss kollabierten.
Noch ein Wort in eigener Sache: Zu dem von mir hergestellten Zusammenhang zwischen Drittmitteln und "Hurerei" - so mein ursprünglicher Begriff - nur so viel: Ich attackiere die Sekundärverwendung von Forschungsgeldern zur Substitution unzureichender Grundausstattungen und als Steuerungsmittel für die Zulagen innerhalb der W-Besoldung. Dies schafft Konfliktpotential und zersetzt das Berufsethos; immer wieder hat man heutigentags damit zu kämpfen, dass Kolleginnen und Kollegen die Übernahme 'selbstverständlicher' Pflichten in der Administration mit dem Hinweis darauf, sie müssten erst ihre Zulagen durch Drittmittelakquise sichern, verweigern. Diese Konsequenzen sind desaströs und die Folge einer politisch primitiven Instrumentalisierung der Drittmittel. Dass jeder Forschende, der 'dickere Bretter' bohren will, auf Drittmittel angewiesen ist, versteht sich von selbst. Meine eigenen Aktivitäten in diesem Bereich kann man ja mühelos recherchieren.
tutnichtszursache (Montag, 13 Juli 2020 22:58)
Ich will in dieselbe Kerbe schlagen wie #1 und #3: Es ist wirklich bemerkenswert, auf welche höchst fundierte Weise Prof. Jahn hier die Cluster-Konzeption zerpflückt. Wie oft haben wir seit Beginn der "Exini" die Auffassung gehört, die dritte Förderlinie, die Exzellenzuniversitäten, sei irgendwie verfehlt, das Wichtigste seien doch die Cluster.
Sind sie nicht. Sie sind problematische Strukturen, wie Jahn es so schön auf den Punkt bringt, dass sie stets "gefüttert" werden sollen. Sie sind auch governancetechnisch eigenartig, da sie quer zu Professuren, zu Instituten, zu Fakultäten stehen. Das muss nichts Schlechtes sein, aber der Nachweis, dass die Cluster beachtenswerte Spitzenforschung liefert, die anderweitig nicht hervorgebracht wird, steht aus...
Ostviertel-Genießer (Dienstag, 14 Juli 2020 10:15)
Mal eine ganz andere Überlegung: So eigenartig aktuelle Diskussionen und Aktionen gegen Personen der
Wissenschaftsgeschichte teilweise sind, der aktuelle Vorschlag zur Umbenennung der Georg-Augusta in Emmy-Noether Uni hat einen gewissen Charme: einerseits in der Frauenfrage und andererseits käme endlich mal die enorme Wirkung der Göttinger Mathematik (disziplinär und vor allem interdisziplinär) zum Tragen. Der eigentliche Witz könnte aber sein, daß man damit vielleicht zur Überwindung der 2019 zum Tragen gekommenen Krise an dieser Universität beiträgt.
Laubeiter (Donnerstag, 23 Juli 2020 10:48)
Nobelpreise, Clusters, Governances - MPG-DirektorInnen gewinnen Nobelpreise, sind in Clusters tätig, und hier wird einer befragt, der sich über Clusters äußert. Im einzigen Exzellenzcluster Göttingens sind 28 PIs tätig, davon 12 aus drei MPIs, 10 vom Klinikum, 5 aus der Universität und 1 vom DZNE. Man könnte sagen, dass es ein MPI-Klinik-Cluster ist, an dem die PIs der Universität mitarbeiten dürfen, oder? Wenn, wie Jahn sich wünscht, Universitäten wieder ohne Mithilfe der MPG und ohne EXC Nobelpreise hervorbringen sollen, so müsste ihnen für einzelne PIs eine Förderung zur Verfügung stehen, wie sie die MPG für ihre DirektorInnen bieten kann. Zumindest ein MPI-Direktor ist ans MPI nach Göttingen gegangen nach einem postdoc bei einem Nobelpreisträger in USA und einem kurzen Zeitraum einer Professur an einer südlichen Exzellenzuniversität - warum wohl?
Baumwipfelpfad (Donnerstag, 23 Juli 2020 14:58)
@Laubeiter: Hier wird m.E. ein sehr wunder Punkt der letzten Exzellenz-Initiative der Universität Göttingen getroffen, der nach meiner Kenntnis bislang nicht aufgearbeitet wurde. Es wäre interessant gewesen, hierzu
eine Einschätzung von Herrn Jahn zu kennen.
Joachim Grammig (Dienstag, 08 September 2020 18:06)
Äußerst kluge Aussagen. Wäre für die Uni ein Gewinn, wenn er weiter machen würde. Aber jemand wie er sucht auch andere Herausforderungen, jenseits von Unigremien, sondern in der Forschung.