Haben die Hochschulen zu Unrecht Milliarden an Bundesgeldern gebunkert? Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer geht zum Gegenangriff über und wirft den Prüfern eine "sehr einseitige Darstellung" und schlecht belegte Behauptungen vor.
Theresia Bauer (Grüne) ist seit 2011 Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg. Foto: MWK Baden-Württemberg.
Frau Bauer, im September hat der Bundesrechnungshof den Hochschulen vorgeworfen, Gelder aus dem Hochschulpakt zu bunkern: Mindestens 3,7 Milliarden an Ausgabenresten hätten sich bis Ende 2018 angehäuft – schreiben die Prüfer in ihrem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages und fordern Konsequenzen. Sie haben jetzt auch an den Haushaltsausschuss geschrieben. Was steht denn in Ihrem Brief?
Zunächst einmal wird die Sache dadurch nicht leichter, dass der Bundesrechnungshof fast durchweg uns Ländern Vorwürfe macht, sein Bericht aber, wie das üblich ist, offiziell nur an den Bund gegangen ist. Ich habe mich dennoch entschieden, ungefragt die Einschätzung Baden-Württembergs beizusteuern, bevor der Haushaltsausschuss irgendwelche Schlussfolgerungen zieht.
Sie wollen da etwas richtigstellen?
Ich will verhindern, dass sich die sehr einseitige Darstellung des Bundesrechnungshofs negativ auf die aus meiner Sicht sehr gute Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Hochschulpolitik auswirkt.
An welchen Aussagen der Prüfer stören Sie sich besonders?
Vor allem stört mich, dass die Prüfer offenbar nicht verstanden haben, dass die Ausgabenreste eine direkte Folge der Konstruktionsschwäche des Hochschulpakts waren und dass diese Konstruktionsschwäche durch sein Nachfolgeprogramm, den "Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken", beseitigt wird. Weshalb die Forderung des Rechnungshofes, die Auszahlung künftiger Bundesmittel zu sperren, komplett sinnlos und extrem schädlich wäre.
"Es ist doch logisch, dass die Hochschulen sich mit einer Schwankungsreserve abgesichert haben."
Können Sie das konkreter machen?
In Baden-Württemberg beliefen sich die Ausgabenreste Ende 2018 auf 35 Prozent der bis Ende 2023 noch ausstehenden Hochschulpaktmittel…
…der drittniedrigste Wert aller Bundesländer. Nordrhein-Westfalen kommt auf 278 Prozent, das Saarland auf 348 Prozent.
Bei uns lagen die 35 Prozent zum kleineren Teil noch im Landeshaushalt, zum größeren Teil bei den Hochschulen selbst, und im Jahr 2019 sind sie bereits weiter abgebaut worden. Jetzt aber zur Konstruktionsschwäche des Hochschulpakts, weswegen die Hochschulen praktisch gar nicht anders konnten, als einen Teil des Geldes zurückzulegen: Weil der Pakt zusätzliche Studienplätze finanzieren sollte, wurde immer erstmal ein bestimmter Betrag überwiesen und dann im Nachhinein spitz abgerechnet. Wie aber sollten sie damit Personal finanzieren, aus Hochschulpaktmitteln? Die Folge: Zu viel Vorsicht beim Einstellen von Personal und zu viel befristete Beschäftigungsverhältnisse. Denn man kann ja nicht einfach Personal wieder entlassen. Es ist doch logisch, dass die Hochschulen sich abgesichert haben mit einer Schwankungsreserve, um angesichts der Kurzfristigkeit der Berechnung überhaupt über einen längeren Zeitraum Mitarbeiterstellen finanzieren zu können.
Auch so haben sich die Betreuungsrelationen verschlechtert, und der Anteil der Kurzzeitverträge an den Hochschulen ist kräftig gestiegen.
Weil das der Logik des Hochschulpakts entsprach und der mangelnden Planungssicherheit. Die Hochschulen mussten vorsichtig agieren, weil sie nie wussten, ob im nächsten oder übernächsten Jahr noch dieselbe Menge Geld kommt oder ob der Pakt überhaupt verlängert wird. Und manche Länder halten jetzt gegen Ende des Hochschulpakts ihrerseits wohl Geld zurück als Vorsichtsmaßnahme, weil sie wissen, dass sie bei der Endabrechnung Geld zurückzahlen müssen.
Wieso wurde der Hochschulpakt dann überhaupt in der Form konstruiert?
Weil er in einer Zeit entstanden ist, in der sich kaum einer vorstellen konnte, dass er in gut anderthalb Jahrzehnten über 20 Milliarden Euro Bundesmittel in die Hochschulen transferieren würde. Mitte der 2000er Jahre ging man von einem vorübergehenden Studierendenhoch aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge aus. Man dachte, innerhalb von vier Jahren mit 500, 600 Millionen Euro Zuweisungen plus Landesanteile pro Jahr ließe sich das bewältigen. Entsprechend kurzfristig ausgerichtet war das Finanzierungsinstrument, das man etablierte. Doch haben wir heute eben dauerhaft 40 Prozent mehr Studierende an den Hochschulen als damals, und der Pakt ist sukzessive auf fast zwei Milliarden Euro pro Jahr allein auf Bundesseite gewachsen.
"Die Länder sind ihren Gegenfinanzierungspflichten bislang vollständig und in der Summe ohne Beanstandung nachgekommen."
Ein enormes Engagement des Bundes.
Der Länder aber auch! Das wird manchmal unterschlagen, dass die Länder die Bundesmittel immer durch gleich viel eigenes, zusätzliches Geld kofinanziert haben zusätzlich zu der Grundfinanzierung durch die Länder.
Genau diese gleich große Kofinanzierung zieht der Rechnungshof in Frage und befand schon vergangenes Jahr, es lasse sich nicht nachvollziehen, was die Länder wirklich zusätzlich gezahlt hätten.
Die Länder sind ihren Gegenfinanzierungspflichten bislang vollständig und in der Summe ohne Beanstandung nachgekommen. Über diese Kofinanzierung hinaus waren weitere finanzielle Anstrengungen der Länder nötig, um den langfristigen Aufwuchs des Hochschulsystems möglichst auskömmlich zu finanzieren. Und da möchte ich festhalten, dass wir in Baden-Württemberg die Grundfinanzierung der Hochschulen über viele Jahre verlässlich gesteigert haben, zuerst um mindestens drei Prozent pro Jahr, die aktuelle Vereinbarung mit unseren Hochschulen sieht sogar mindestens 3,5 Prozent zusätzlich pro Jahr vor. An unserem eigenen massiven Engagement für die Hochschulen kann also überhaupt kein Zweifel bestehen. 90 Prozent der Grundfinanzierung unserer Hochschulen kommt übrigens vom Land, der Bund steuert zehn Prozent bei. Das sind die wirklichen Größenverhältnisse.
Es gibt aber auch Bundesländer, die ihren Hochschulen nicht nur keine realen Zuwächse gegönnt, sondern die Budgets sogar nominal gekürzt haben.
Es ist nicht meine Aufgabe, das Gebaren einiger Landesfinanzminister zu verteidigen, die vielleicht der Meinung waren, man könne die Auszahlung der Bundesgelder mit Sparauflagen an anderer Stelle verbinden oder parallel die Zusammenlegung von Hochschulen zu betreiben. Sehr wohl aber bin ich der Meinung, dass die allermeisten Länder ihrer Verantwortung für die Hochschulen gerecht geworden und deren Budgets entsprechend dem sich ändernden Bildungsverhalten der Schulabsolventen erhöht haben.
Sie versichern, dass der "Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken" die Missstände von selbst beseitigen würde. Was macht Sie da so optimistisch?
Zum einen weil sich die Berechnungsgrundlage ändert. Es geht nicht mehr vorrangig um die Abbildung der aktuellen Studienanfängerzahlen, sondern durch einen Mix an Kriterien ist eine größere Verlässlichkeit der Mittelflüsse gesichert. Zum anderen ist es für die Hochschulen jetzt möglich, langfristiger in Personal zu investieren – weshalb sie das Geld auch gleichmäßiger ausgeben werden.
"Ich halte die Idee, rückwirkend für einen bestehenden Bund-Länder-Vertrag die Spielregeln zu ändern, für absolut daneben und auch vertragswidrig."
Wenn das so ist, müsste Sie doch die vom Rechnungshof verlangte Sperre von Bundesgeldern gar nicht schrecken. Denn die würde ja jeweils nur solange gelten, bis die Hochschulen das noch vorhandene Geld aufgebraucht haben – und dann würde es neues geben.
Ich halte die Idee, rückwirkend für einen bestehenden Bund-Länder-Vertrag die Spielregeln zu ändern, für absolut daneben und auch vertragswidrig. Der Hochschulpakt lässt Ausgabenreste explizit zu, also die Übertragung von Mitteln ins nächste Jahr. Dies war auch nötig, weil die Bedingungen wie beschrieben zu unsteten Mittelzuweisungen geführt haben. Das wird künftig beim Zukunftsvertrag anders werden. Ließen sich die Haushaltspolitiker auf diese Forderung ein, würden sie das Vertrauen in die Verlässlichkeit von Politik beschädigen. Die Geschädigten wären direkt die Hochschulen und ihre Beschäftigten. Das würde sich unmittelbar auf die Laufzeit von Arbeitsverträgen und damit auf die Lehre auswirken. Für die Zukunft kann man Spielregeln verändern, genau das ist ja auch passiert mit dem Zukunftsvertrag, der die Bildung von Ausgabenresten im Gegensatz zum Hochschulpakt ausschließt. Und das ist vertretbar, weil die Mittel wie beschrieben für die Hochschulen berechenbarer und verlässlicher kommen werden. Aber dass der Rechnungshof fordert, an den Hochschulpakt heranzugehen, zeigt für mich, dass er ihn nicht wirklich verstanden hat.
Wir reden die ganze Zeit nur von Ausgabenresten, der Bundesrechnungshof bemängelt aber auch, dass das Pakt-Geld, was die Hochschulen ausgegeben hätten, teilweise konträr zur eigentlichen Bestimmung der Bund-Länder-Vereinbarung verwendet worden sei.
Das ist die andere Aussage, die mich ärgert. Es ist bemerkenswert, wie der Bundesrechnungshof eine solche Behauptung in den Raum stellt und sie dann kaum mit geeigneten Beispielen untermauern kann.
Naja: Mit Hochschulpakt-Geldern soll zum Beispiel ein Parkhaus gebaut worden sein und eine Tribüne in einem Studierendentheater.
Ja, und ein Konzertflügel soll auch damit repariert worden sein. Steht irgendwo in der Hochschulpakt-Vereinbarung, dass die Finanzierung von Hochschulinfrastruktur ausgeschlossen ist? Es ist das oberste Ziel des Hochschulpaktes, zusätzliche Studienkapazitäten zu schaffen. Dazu gehört selbstverständlich auch die Erweiterung von Hochschulgebäuden und -infrastruktur, wenn sie zusätzlichen Studienanfängerinnen und -anfängern zugutekommt.
Für Baden-Württemberg vermerkt der Rechnungshof, eine Hochschule habe Hochschulpakt-Mittel "für den Auf- und Ausbau von Strukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung" genutzt – ziemlich weit weg vom Ziel, neue Studienanfängerplätze zu schaffen, oder?
Es ist richtig, dass eine Maßnahme für den Auf- und Ausbau von Strukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung aus dem Ausbauprogramm Master 2016 teilfinanziert wurde. Das haben wir auch entsprechend im GWK-Umsetzungsbericht dokumentiert. Und aufgrund der Förderung von zusätzlichen berufsbegleitenden Masterstudienplätzen besteht ein direkter Zusammenhang mit den Förderzielen des HSP 2020. Die Zweckbindung ist insofern vorhanden. Auch haben wir dies gegenüber dem Bunderechnungshof kommuniziert – nur ist es nicht in den Endbericht eingeflossen. Im Übrigen will ich nochmal betonen: Wir reden hier angesichts des Hochschulpakt-Gesamtvolumens von über 40 Milliarden Euro von Minibeträgen, und der Rechnungshof tut so, als seien solche Fälle, die er noch dazu schlecht belegt, die Regel.
"Mein Appell an den Haushaltsausschuss des Bundestages: Lasst den Hochschulen die Möglichkeit, eigenständig handeln zu können."
An anderer Stelle nennen die Prüfer neben Hessen auch Baden-Württemberg sogar als Vorbild: Bei der Grundfinanzierung aus Landesmitteln habe die Landesregierung die Bildung von Rücklagen durch die Hochschulen ja auch auf einen engen Rahmen von maximal 30 Prozent des Jahresbudgets beschränkt. Nach dem Motto: Geht doch!
Die Darstellung des Rechnungshofs ist irreführend. Ich vermute, dass hier auf eine Regelung der neuen Hochschulfinanzierungsvereinbarung Bezug genommen wurde, die in unvollständiger und fehlerhafter Weise interpretiert worden ist. Die Regelung wird erst ab 2021 wirksam. Der Hochschulpakt ist davon nicht rückwirkend betroffen. Laut unserem derzeit laufenden Hochschulfinanzierungsvertrag können die Hochschulen die Mittel aus einem Jahr ins nächste übertragen, allerdings müssen sie dies offenlegen. Und wenn die Übertragungen zu hoch werden, müssen die Hochschulen erklären, wie sie die Reste in den nächsten Jahren wieder reduzieren wollen. Aber wir kürzen keiner Hochschule Geld, weil dadurch das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der mehrjährigen Vereinbarung zerstört würde. Unser Ziel ist ja, das Dezemberfieber, also das irrationale Geldausgeben zum Jahresende, zu überwinden, und die strategische Handlungsfähigkeit der Hochschulen zu verbessern.
Eine Hochschule könnte also auch 60 Prozent ihres Haushalts zurücklegen?
Solange sie einen guten Grund dafür vorweisen kann, ja. Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel: Als die Corona-Pandemie begann, waren die Hochschulen dank der Flexibilität in ihren Haushalten innerhalb kürzester Zeit in der Lage, die notwendige Hardware anzuschaffen oder zu ertüchtigen und die Software-Lizenzen einzukaufen. Würden wir als Land bei jedem Kinkerlitzchen hinterherprüfen, hätten sie diesen Kraftakt so nie bewältigen können. Und genau das ist mein Appell an den Haushaltsausschuss des Bundestages: Lasst den Hochschulen die Möglichkeit, eigenständig und verantwortungsvoll handeln zu können. Dazu gehören Globalbudgets – mit der Übertragbarkeit von Mitteln als Kernelement von gelebter Hochschulautonomie.
Vorhin haben Sie gesagt, dass der Bundesrechnungshof den Hochschulpakt nicht richtig verstanden habe.
Ich gehe noch weiter und sage, er hat die Hochschulen nicht richtig verstanden. Er möchte sie behandeln wie programmfinanzierte Forschungseinrichtungen, die im Gegensatz zu den Hochschulen ja auch in seiner Zuständigkeit liegen. Aber Hochschulen ticken anders, sie sind auf Autonomie angewiesen, auf Spielräume, auch finanzielle Spielräume, um sich selbstständig und wissenschaftsadäquat weiterentwickeln zu können. Doch dieser Kern akademischer Identität ist den Prüfern des Rechnungshofs offenbar fremd.
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Martin Lommel (Donnerstag, 15 Oktober 2020 09:02)
Herzlichen Dank! Aus hessischer Perspektive kann ich mich dem voll und ganz anschließen!
Dr. med. Wurst (Donnerstag, 15 Oktober 2020 16:18)
Da ist sie endlich wieder, Ministerin Bauer als mehrfach bewiesene Überzeugungstäterin, wenn es um die überlebenswichtige, systemnotwendige Freiheit der Hochschulen, auch von ministeriellen Vorgaben ihres eigenen Hauses, geht.
Diese Ministerin glaubt wirklich daran und handelt danach.
Leider war sie durch politischen Ärger, der genau mit dieser (von ihr gewährten und dann von Hochschulen missbrauchten) Freiheit zusammenhängt - Stichwort "Zulagenaffäre" - etwas im Handlungsspielraum eingeschränkt. Jetzt ist sie wieder da!
tmg (Samstag, 17 Oktober 2020 14:29)
Na ja ....
Wer in Forschung und Lehre an einer Universität tätig ist (was für die Kommentatoren in diesem Forum typischerweise nicht zutrifft), der weiss, dass sehr viele Hochschulleitungen seit der sog. 'Entfesselung' in grandioser Weise die Aufblähung von Teilen des Verwaltungsapparates, die für die Kernaufgaben Forschung und Lehre so überflüssig sind wie ein Kropf, betreiben. Das kostet natürlich Geld, und es gibt nur wenig Möglichkeiten, solches zu beschaffen. Der Hochschulpakt Lehre ist mit Sicherheit für solche Zwecke mitbenutzt worden, ein anderes probates Mittel ist die sogenannte Kapitalisierung von Stellen in Forschung und Lehre, bei der mit allen möglichen Tricks versucht wird, Lücken in der jStellenbesetzung herzustellen, um Gelder zu generieren, deren genaue Verwendung im Dunkeln bleibt, und die sicher auch zur Finanzierung von Verwaltungsstellen zweifelhaften Sinns verwendet werden. Die Mahnung des Rechnungshofes führt hoffentlich dazu, dass hier in den inneruniversitären Aufsichtsgremien Senat und Universitätsrat einmal genauer nachgefragt wird.
Karla K. (Sonntag, 18 Oktober 2020 10:36)
Wenn ich zuständige Ministerin wäre, und mir die Hochschulen so auf der Nase herum tanzen würden, würde ich wohl ähnlich argumentieren ... und ich würde auch gar nicht so genau wissen wollen, was an den Hochschulen so passiert ... und außerdem wissen die Hochschulleitungen vor Ort doch sowieso viel besser, was zu tun ist und das Beste für sie ist ... und wenn ich dann doch mal was mitbekommen muss, dann rede ich das halt klein und male es bunt ...
Wenn mit dem Zukunftsvertrag die Konstruktionsschwächen der bisherigen Hochschulpakte beseitigt werden, dann sollten sich die Schwächen beginnend mit 2021 direkt abstellen lassen, da startet der Zukunftsvertrag ja (und Vorlauf hat es nun genug gegeben). Liebe Frau Ministerin, dann gehen Sie jetzt bitte in Ihrem Bundesland voran, und seien Sie Vorbild! Aber vermutlich fällt Ihnen auch hier irgendwann wieder etwas ein, warum die Sonntagsreden keine Entsprechung in der Realität finden können.
Dabei wäre es so einfach: Transparente und öffentlich zugängliche Berichterstattung, und zwar nicht nur für die Mittel des Zukunftsvertrags. Warum verzichten Bund und Länder konsequent auf eine Offenlegung hinsichtlich der Verwendung der staatlichen Gelder durch die Hochschulen? Selbst innerhalb der Hochschulen kennt regelmäßig nur ein kleiner Kreis an Auserwählten Details zur Mittelverwendung. Aus einer staatlichen Finanzierung (und auch die so genannten "Drittmittel" sind weit überwiegend staaltliche Gelder) ergibt sich eine spezifische Verantwortung für die Hochschulen. Auch zukünftige Studierende haben durchaus ein Interesse daran zu erfahren, in welcher Art und Weise tatsächlich gute Studienbedingungen gewährleistet werden (und als Studienanfängerin, Studierende und Absolventin bringe ich der Hochschule ja quasi Prämien mit). In diesem Sinne wäre Transparenz auch ein (Marketing-) Instrument, das hilfreicher Bestandteil der Studienortentscheidung werden kann.
Und nein, die Freiheit von Forschung und Lehre wird durch Transparenz keinesweg eingeschränkt. Allerdings interpretieren viele Hochschulen die Wissenschaftsfreiheit dergestalt, dass sie in allen Bereichen grundsätzlich machen könnten, was sie wollten, und dass jede noch so kleine Regelung eine unzulässige Einschränkung und persönliche Beleidigung darstellen würde. Diese Fehliinterpretation könnte man durchaus als direkte Folge der Konstruktionsschwäche "entfesselter" und "autonomer" Hochschulen verstehen.