Berlins Hochschulen beschließen digitales Wintersemester. Andere Bundesländer planen vorerst weiter für den Mischbetrieb.
BERLINS HOCHSCHULEN HABEN Pläne für ein hybrides Wintersemester heute offiziell begraben. In einer gemeinsamen Pressemitteilung teilten die Landesrektorenkonferenz und die für Wissenschaft zuständige Senatskanzlei am Nachmittag mit, dass die Lehrveranstaltungen "in digitalen Formaten" durchgeführt werden sollen.
Ausnahmen gibt es lediglich für "zwingend erforderliche Praxisformate" wie Labor- oder Werkstattpraktika, außerdem für Einführungsveranstaltungen für Erstsemester und internationale Studierende. Doch auch in diesen Fällen soll die Teilnehmerzahl auf 25 Personen bzw. in großen Hörsälen mit ausreichend leistungsstarken Belüftungssystemen auf 40 Personen beschränkt werden.
Bereits begonnene Präsenzkurse müssen bis spätestens 2. November, dem Vorlesungsstart für den Großteil der Studierenden, digital weiterlaufen.
Der allgemeine Publikumsverkehr an den Hochschulen wird eingestellt, Zutritt sollen nur noch Hochschulangehörige erhalten, außerdem für den Hochschulbetrieb zwingend erforderliche Gäste und Bibliotheksnutzer.
Der Verwaltungs- und Forschungsbetrieb soll "unter Beachtung der geltenden Hygiene- und Abstandsgebote und hochschulspezifischen Regeln" weiterlaufen. Zwischen Mitte Dezember und 8. Januar sollen die Hochschulen dann komplett geschlossen sein. Lediglich Prüfungen und Lehrveranstaltungen, die keinesfalls digital stattfinden können, sind noch vom 14. bis zum 23. Dezember erlaubt.
Das Maskentragen wird ab sofort in allen Hochschulgebäuden verpflichtend vorgeschrieben, sowohl in den Präsenzlehrveranstaltungen als auch für die Nutzung von Arbeitsplätzen in den wissenschaftlichen Bibliotheken. In Hochschulbüros gilt die Maskenpflicht, sobald mehrere Personen sich im selben Raum befinden.
Erstes Bundesland mit einem Corona-
Stufenplan für den Hochschulbetrieb
Berlin hat als erstes Bundesland einen zwischen Politik und Hochschulen vereinbarten Corona-Stufenplan für den Hochschulbetrieb. Die jetzt beschlossenen Maßnahmen werden der Stufe 2 zu geordnet. Bei Stufe 3 würden beispielsweise zusätzlich noch die Bibliotheken geschlossen, auch der Präsenz-Forschungsbetrieb würde dann bis auf Covid-19-relevante Betätigungen eingestellt werden.
Bei der Einführung des Stufenplans Ende September hatten Hochschulleitungen und Senatskanzlei noch die Devise, "So viel Präsenzlehre wie möglich, so viel digitale Lehre wie nötig", ausgegeben. Umfragen und Erfahrungen aus dem digitalen Sommersemester 2020 hätten gezeigt: "Der Lernort Hochschule ist für den persönlichen Austausch und die soziale Interaktion im akademischen Alltag enorm wichtig." Entsprechend groß dürfte jetzt die Enttäuschung sein.
Als Grund für den heutigen Beschluss nannten Politik und Hochschulen heute das zunehmende Pandemiegeschehen. Die Hochschulen wollten proaktiv einen Beitrag zu dessen Eindämmung leisten und das Infektionsrisiko für Studierende, Lehrende und Beschäftigte "so gering wie möglich" halten.
Berlins Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) sagte, jetzt zeige sich, "wie richtig es war, einen Corona-Stufenplan für die Hochschulen aufzustellen, mit dem wir gemeinsam schnell und vorausschauend auf die Pandemieentwicklung reagieren können." Das Hybridsemester werde nun deutlich digitaler, aber dieser Schritt sei notwendig. "Wir wollen damit das Studium für zigtausende Studierende in Berlin im Wintersemester rechtzeitig absichern und alles dafür tun, eine fast komplette Schließung der Hochschulen wie im Sommersemester zu vermeiden." Auf Empfehlung der Epidemiologen hätten Senatskanzlei und Rektoren zudem "gemeinsam festgehalten, die Hochschulen in den voraussichtlich besonders kritischen Tagen vor Weihnachten und nach Silvester in eine Präsenzpause zu schicken."
Thüringen will
weiter Hybridsemester
Andere Bundesländer setzen demgegenüber weiter auf "Hybrid". So bekräftigte Thüringens Wissenschaftsstaatssekretär Carsten Feller (SPD) heute, die Hochschulen im Freistaat seien "für das Wintersemester 2020/2021 gerüstet". Trotz wieder steigender Infektionszahlen sei er optimistisch, dass der Vorlesungsbetrieb in einer Mischung aus Präsenz- und digitalen Lehrformaten ohne größere Probleme stattfinden könne, sagte Feller nach einer Telefonschaltkonferenz mit den Leitungen der Thüringer Hochschulen, der Studierendenvertretung sowie dem Studierendenwerk. "Offensichtlich wird auch dieses Wintersemester kein ‚normales‘ Semester, aber zumindest ein Semester in neuer ‚Corona-Normalität‘ werden." Die Hochschulen seien diesmal besser vorbereitet als im letzten Sommersemester, als sie binnen kürzester Frist auf die Corona-Pandemie reagieren mussten.
Nach Auskunft der Thüringer Hochschulen werde der Anteil der Präsenzlehre teilweise bis zu 60 Prozent des gesamten Studienangebots erreichen. Die Angebote richten sich dabei vorzugsweise an Studienanfänger oder Studierende kurz vor dem Abschluss und konzentrierten sich auf die Durchführung von (Labor-)Praktika und Übungen. Vorlesungen fänden dagegen vorzugsweise digital, Seminare auch als "Hybridveranstaltung" mit phasenweiser Präsenz und geteilten Gruppen statt.
Um Infektionsschutzbestimmungen einhalten zu können, würden teilweise zusätzliche Räume angemietet und Lehrveranstaltungen auch an Samstagen angeboten.
Allerdings betonte auch Staatssekretär Feller: "Bei Bedarf muss der Präsenzanteil zurück- und der digitale Anteil hochgefahren werden, um flexibel auf das Infektionsgeschehen reagieren zu können. Das muss alles schon vorab geplant sein. Da vollbringen die Hochschulen jeden Tag eine organisatorische Meisterleistung."
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