Deutlich mehr Kinder und Jugendliche infizieren sich mit dem Coronavirus, doch die Dynamik bleibt geringer als in der Gesamtbevölkerung. Und: In den Ländern mit Herbstferien haben sich die Schüler sogar etwas häufiger angesteckt.
DIE ZAHL DER nachweislich mit dem Coronavirus infizierten Kinder und Jugendlichen ist in der vergangenen Woche auf einen neuen Rekordwert geklettert. Den vorläufigen Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge wurde die Infektion deutschlandweit bei 5803 Menschen zwischen 0 und 14 festgestellt, das sind gut 2300 (+66,1 Prozent) mehr als in der Woche zuvor. Trotzdem entwickelte sich der Anteil der neuinfizierten Kinder und Jugendliche weiter unterdurchschnittlich, weil die Neuinfektionen insgesamt binnen Wochenfrist um mindestens 72 Prozent zulegten. Aktuell liegt der Anteil der Kinder und Jugendlichen an allen Neuinfizierten damit bei 8,09 Prozent –nach 8,38 Prozent in der Vorwoche und einem Höchststand von 15,5 Prozent Mitte August.
Noch stärker unterdurchschnittlich entwickelten sich übrigens die Neuinfektionen bei den 15- bis 19-jährigen Schülern. Sie legten im vorläufigen Wochenvergleich "nur" um 59 Prozent auf 4680 Fälle zu, ihr Anteil an allen Neuinfektionen sank von 7,04 auf 6,52 Prozent.
Dass bei jüngeren Kindern insgesamt deutlich weniger Neuinfektionen festgestellt werden, ist seit langem bekannt. Ein Vergleich der absoluten Zahlen zeigt dies eindrucksvoll. Die 0- bis 4-Jährigen stehen in der vergangenen Kalenderwoche mit 1433 neuen Fällen in den RKI-Datenbanken, die 15- bis 19-Jährigen, von der Kohortengröße her vergleichbar, mit besagten 4680 Corona-Meldungen. Auch deshalb plädieren Forscher dafür, im Falle eines Lockdowns zwischen jüngeren und älteren Kindern zu differenzieren und Kitas und Grundschulen in jedem Fall offenzuhalten.
Interessant ist der Vergleich zwischen den neun Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein), die in den vergangenen zwei Kalenderwochen Ferien hatten, und den fünf Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen), in denen die Kinder währenddessen zur Schule gehen mussten. Dabei fällt auf, dass den vorläufigen Daten zufolge die Zahl neuinfizierter 5- bis 19-Jähriger in den Ferienländern in der zweiten Ferienwoche sogar etwas stärker gestiegen ist (+63,9 Prozent) als in den Ländern, wo keine Herbstferien waren (+61,0 Prozent). Der Unterschied ist nicht gewaltig, deutet aber darauf hin, dass Schulen trotz häufiger werdender Ausbrüche keine entscheidende Rolle im Pandemiegeschehen spielen.
Einschränkend ist festzuhalten, dass die Testzahlen für die vergangene Woche vom RKI erst morgen bekanntgegeben werden. Sollten diese in der genannten Altersgruppen deutlich niedriger ausgefallen sein als in der Vorwoche, hätte sich dies auf die Zahlen ausgewirkt. Allerdings war ein ähnlicher Schuleffekt (bremsende Wirkung auf die Neuinfektionen) bereits im Spätsommer zu beobachten.
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Gernot Weber (Dienstag, 27 Oktober 2020 10:57)
Die genauen aktuellen Beobachtungen zu den Kindern und Jugendlichen sind natürlich auch immer nur eine Momentaufnahme der leider ziemlich dynamischen Entwicklung. Ich lese diese aber trotzdem immer gern, auch weil mir dies das Lesen des sonstigen (in der Regel unkommentierten) "Zahlen-Salates" an anderer Stelle erspart. Bleiben Sie bitte dran, Herr Wiarda.