Warum die Aktion "#95vsWissZeitVG" so wichtig war – und das bestehende Gesetz den Zielkonflikt zwischen Flexibilität und besseren Arbeitsbedingungen nicht wird lösen können. Ein Gastbeitrag von Wiebke Esdar und Jule Specht.
Wiebke Esdar ist SPD-Bundestagsabgeordnete und Hochschulexpertin. Jule Specht ist Professorin für Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und Gründungsmitglied des Netzwerks Wissenschaftspolitik von Sozialdemokrat*innen (SPDWisspol). Fotos: privat.
ERST KÜRZLICH HABEN WISSENSCHAFTLERINNEN und Wissenschaftler 95 Thesen formuliert, um zu verdeutlichen: Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) bietet kaum Perspektiven für gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. Diese Kritik ist berechtigt. Ursprünglich dazu gedacht, endlose Kettenbefristungen in der Wissenschaft zu begrenzen, zeigt sich mittlerweile: Nach der Höchstbefristungsdauer folgt nicht etwa die Entfristung, sondern oftmals das Ende der wissenschaftlichen Karriere.
Das Gesetz mit dem sperrigen Namen steht daher synonym für geringe Chancen auf eine langfristige Karriere-, Lebens- und Familienplanung, eine Benachteiligung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen (denn nicht jede:r kann sich diese lange Phase der unsicheren Beschäftigung leisten), ständig wechselndes Lehrpersonal, einen riesigen Verwaltungsaufwand und die Sorge, nach etwa 12 Jahren aus dem Wissenschaftsbetrieb herausgedrängt zu werden. Daneben zeigt sich, dass Argumente für das WissZeitVG weit und breit nicht in Sicht sind. Daraus muss die Politik Konsequenzen ziehen.
Heute mag kaum jemand bezweifeln, dass es im großen Umfang prekär beschäftige Wissenschaftler:innen sind, die den Wissenschaftsbetrieb am Laufen halten. Oft immer noch etwas abschätzig als "wissenschaftlicher Nachwuchs" bezeichnet, tragen sie maßgeblich zur Forschungs- und Lehrleistung im deutschen Wissenschaftssystem bei. Doch bleibt für die meisten die Dauerstelle unerreichbar. Stattdessen hangelt sich wissenschaftliches Personal von einem Arbeitsvertrag zum nächsten. Dabei wuchs seit Einführung des WissZeitVG im Jahr 2007 der Anteil des – überwiegend befristet angestellten – wissenschaftlichen Personals ohne Professuren an Hochschulen: nämlich um vier Prozentpunkte auf ca. 82 Prozent. Wohlgemerkt obwohl die Anzahl des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals im Vergleich zu 2007 insgesamt um die Hälfte gewachsen ist (256.000 im Vergleich zu 173.000).
Das Gesetz war ja
gut gemeint, aber...
Dabei war das WissZeitVG ursprünglich gut gemeint. Es sollte die ausufernde Befristungspraxis in der Wissenschaft eindämmen. So sollte die Zwölfjahresregel (in der Medizin Fünfzehnjahresregel) die Endlosschleife an Befristungen für wissenschaftliches Personal beenden. Maximal sechs Jahre für die Promotion, maximal sechs (in der Medizin neun) Jahre für die Phase nach der Promotion, anschließend Entfristung: das sollte die Regel sein. In der Realität kam es anders.
Der Gesetzgeber hat sich bemüht, schlechte Auswirkungen des WissZeitVG zu beheben. Dazu verabschiedete der Bundestag 2016 eine Novelle. Seitdem muss die Befristungsdauer so gestaltet sein, "dass sie der angestrebten Qualifizierung angemessen ist". Auch muss die Vertragsdauer von Drittmittelbefristungen dem Projektzeitraum entsprechen. Und zusätzlich hat man, neben anderen Anpassungen, beschlossen, dass das WissZeitVG nur für wissenschaftliches Personal gilt. Doch es bleiben erhebliche Probleme bestehen. So müssen noch immer Arbeitsgerichte klären, was genau Qualifizierungsziele sind und was eine angemessene Befristungsdauer ist. Gerade diese Unklarheit ist es aber, die Kettenbefristungen in der Wissenschaft Tür und Tor offen hält.
Nachbesserungen am WissZeitVG werden hier keine Abhilfe schaffen. Denn die eigentliche Krux liegt in einem Zielkonflikt, den keine Novellierung des WissZeitVG lösen wird: Will man die Situation nämlich verbessern und Benachteiligungen ausgleichen, gelingt das bisher nur über Ausnahmen und Verlängerungen für betroffene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Dieser Logik folgend, hat sich der Gesetzgeber in der Vergangenheit ja zurecht bemüht und zum Beispiel mit einer Familienkomponente die Höchstbefristungsdauer pro Kind um zwei Jahre verlängert. Auch wenn bemerkenswert dabei ist, dass Männer, die sich weniger um Kindererziehung kümmern, mehr von der Regelung profitieren, als Frauen, die bis heute traditionell stärker in Care-Arbeit eingebunden sind.
Doch positiv ist: Wer Kinder bekommt oder Angehörige pflegt, bekommt extra Zeit für die Qualifizierung. Aktuelles Beispiel, das derselben Logik folgt: Wer wegen Corona nur eingeschränkt forschen kann, für den ist ebenfalls eine Verlängerung möglich. Doch so fair solche Nachteilsausgleiche daherkommen, so ehrlich muss benannt werden: Nicht die Befristung zu verlängern, ist hier die eigentliche Lösung, sondern im Gegenteil früher zu entfristen! Denn wer zwölf Jahre gelehrt und geforscht hat, ist bestens für die Wissenschaft qualifiziert, weniger jedoch für eine adäquate Beschäftigung außerhalb der Wissenschaft. Das wird auch nach 14, 16 oder 18 Jahren nicht einfacher.
...es ist Zeit zu erkennen: Wir
müssen das WissZeitVG abschaffen
Aus diesem Zielkonflikt wird sich das WissZeitVG nicht befreien können. Darum ist es an der Zeit zu erkennen: Wir müssen das WissZeitVG abschaffen und durch ein neues Gesetz ersetzen: Ein Gesetz für Perspektiven in der wissenschaftlichen Laufbahn. Dieses neue Gesetz soll reguläre Befristungen nur während der Arbeit an der Promotion erlauben. Zudem soll es ab der Post-Doc-Phase mit Tenure Track und Dauerstellen klare Karriereperspektiven bieten und Anreize setzen, damit Hochschulen endlich mehr unabhängige, unbefristete Stellen schaffen.
Denn Fakt ist, dass es bisher nicht gelungen ist, die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft grundsätzlich zu verbessern.
Das liegt nicht nur am Wissenschaftszeitvertragsgesetz, sondern vor allem an der Stellenstruktur der Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Auch wenn der Bund den Ländern unter die Arme greift, indem er ab 2021 knapp zwei Milliarden Euro jährlich für Hochschulen zur Verfügung stellt, nutzen bisher zu wenig Länder und Hochschulen ihre Spielräume, um mehr Dauerstellen zu schaffen. Eben weil das WissZeitVG die alten Strukturen bestehen lässt. Darum muss der Gesetzgeber Rahmenbedingungen setzen, um einen Kulturwandel in der Wissenschaft anzustoßen.
Erstens soll das neue Gesetz Befristungen klare Grenzen setzen. So sollten nur Promovierende regulär befristet beschäftigt sein. Dabei soll die Vertragslaufzeit des ersten Vertrages mindestens der üblichen Dauer der Promotion entsprechen. Verlängerungen bis zu einer Dauer von sechs Jahren wären zulässig. Zudem sollte festgeschrieben sein, dass mindestens 50 Prozent der Arbeitszeit für die Qualifizierung zur Verfügung stehen.
Zweitens soll das Gesetz eine langfristige Perspektive im Wissenschaftsbetrieb bieten. Diese sieht eine unbefristete Beschäftigung nach der Promotion vor, sei es auf einer Tenure Track-Professur oder einer unbefristeten Stelle im wissenschaftlichen Mittelbau.
Und drittens soll das Gesetz Anreize für Departmentstrukturen und Dauerstellenkonzepte für den wissenschaftlichen Mittelbau setzen, ebenso wie für eine transparente Qualitätssicherung im Tenure Track. Das Ziel soll sein, dass Hochschulen ihre Grundfinanzierung vor allem für Stellen mit Perspektive investieren: Dauerstellen im Mittelbau, Tenure Track-Stellen und Professuren. Damit würden die Haushaltsmittel in Dauerstellen für Daueraufgaben investiert und zu einer sinnvollen Ergänzung zur großen Zahl der befristet eingesetzten Drittmittel.
Fest steht: Nur mit einem Gesetz für Perspektiven in der wissenschaftlichen Laufbahn können wir dauerhaft faire und chancengerechte Arbeitsbedingungen an den Hochschulen schaffen. Gerade auch, um wissenschaftliche Karrieren planbarer und familienfreundlicher gestalten.
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Mascha Hansen (Dienstag, 15 Dezember 2020 11:02)
Ist es wirklich ein Zielkonflikt, der nicht aufzulösen ist, ohne eine Seite zu benachteiligen? Ist es nicht auch im Interesse der Universitäten, nicht für jedes kurze Projekt wieder neu befristetes Personal suchen zu müssen? Ist es nicht auch im Interesse der Universitäten, ihren Doktorand*innen mehr bieten zu können als nur die Aussicht auf einen Titel? Ist es nicht sogar zuallererst im Interesse der Universitäten, hochqualifiziertes Personal auch dauerhaft halten zu können? Eigentlich müssten wir hier nur noch darüber reden, wie es denn auch bei mehr Dauerstellen möglich ist, Flexibilität zu fordern und zu fördern, wie es dennoch genug Chancen für die nächste Generation geben kann - und ja, auch darüber, wie man Arbeitskonflikte löst (derzeit muss man ja nur abwarten, bis der Vertrag endlich ausläuft...).
Literaturwissenschaftlerin (Dienstag, 15 Dezember 2020 11:08)
Vielen Dank für den Beitrag, möge der Vorschlag Wirklichkeit werden. Trotzdem eine kritische Anmerkung: Wie hat die SPD sich jemals selbst weismachen können, dass dieses Gesetz für Entfristungen sorgen werde? Die Zufriedenheit, mit der sämtliche Wissenschaftsorgaisationen es wenige Jahre nach seiner Einführung als notwendiges Selektionsinstrument gefeiert haben, als sei es nie anders gedacht gewesen (https://www.mpg.de/4697136/wissenschaftszeitvertragsgesetz) und mit der das BMBF jetzt noch für genau Letzteres wirbt (#ACertainDegreeOfFlexibility), macht es schwer, an die behaupteten Ursprungsintentionen zu glauben.
Ruth Himmelreich (Dienstag, 15 Dezember 2020 11:49)
Zitat: "maximal sechs (in der Medizin neun) Jahre für die Phase nach der Promotion, anschließend Entfristung: das sollte die Regel sein."
Nein, das war nicht als Regel gedacht. Es war beabsichtigt, denen, die nicht für eine Professor geeignet sind, frühzeitig zu signalisieren, dass sie sich nach alternativen Stellen außerhalb der Wissenschaft umsehen müssen, weil es nach zwölf Jahren nicht mehr weitergeht.
Als es mit dem Gesetz in den 90er Jahren begann - vor dem großen Drittmittelrausch, der auch immer mehr Postdocstellen gebracht hat - war das Problem insofern feststellbar, dass es regelmäßig die "Sozialfälle" gab, die man damals noch nicht Postdocs nannte. Es waren zumeist ehemalige Assistenten, bei denen es für eine Professur nicht reichte (nicht nur wegen der Umstände, auch von der Qualität der Leistungen her), die dann "gnadenhalber" auf irgendwelchen Projektstellen hin- und hergeschoben wurden und der Lehrstuhlinhaber dann barmte "aber der Mann hat Familie - ich kann ihn doch nicht in die Arbeitslosigkeit schicken". Waren ja alles Männer damals. Kurz vor Emeritierung oder Pensionierung hat der besagte Lehrstuhlinhaber dann alles getan, um den ehemaligen Assistenten, der dann auch schon in Ehren ergraut war, noch irgendwie auf eine Dauerstelle zu schieben.
War das erfolgreich, konnte man ziemlich sicher darauf wetten, dass der Neuberufene auf die Professur entweder noch in den Berufungsverhandlungen oder bald nach Dienstantritt beim Rektorat aufschlug, eine weitere Stelle forderte und über den verstetigten Mitarbeiter sagte "mit dem kann ich in meiner Forschung nichts anfangen, der passt überhaupt nicht zu dem, was ich mache." Der Steuerzahlen hat den aber tapfer bezahlt, bis zur Verrentung, wenn es mit der Verbeamtung altersmäßig nicht mehr hingehauen hat. Der Mitarbeiter hat dann noch seine Lehre gemacht, aber sonst kam da bis zum Ruhestand wegen der geänderten Forschungsschwerpunkte im Institut nicht mehr viel raus.
Die einzige Lösung, die ich heutzutage sehe, wäre es, bei den Postdocstellen wesentlich restriktiver vorzugehen, und zwar vor allem in den Fächern, in denen die Verdienstmöglichkeiten in der Wirtschaft nicht so hoch sind und die Stelleninhaber deswegen mit aller Kraft im System bleiben wollen, statt rechtzeitig zu sagen "ich mache etwas anderes."
Edith Riedel (Dienstag, 15 Dezember 2020 14:09)
Vielen Dank an Ruth Himmelreich für diese klaren Worte! Es ist essentiell, dass SEHR früh SEHR klar an junge Menschen kommuniziert wird, ob sie für eine Karriere in der Wissenschaft geeignet sind. Das ewige Durchschleppen und Verlängern bringt vielleicht dem Betreuer oder der Betreuerin was, weil da natürlich immer noch Publikationen abfallen und mühselige Lehrstuhlarbeit erledigt wird. Den (immer weniger jungen) Menschen bringt das rein gar nichts.
Jule Specht (Dienstag, 15 Dezember 2020 15:55)
@ Literaturwissenschaftlerin:
Danke für das positive Feedback!
Und zu Ihrer kritischen Anmerkung: Verstehe den Frust, gerade nach dem #ACertainDegreeOfFlexibility-Tweet kürzlich, aber auch nach der #BayreutherBankrottErklärung vor einiger Zeit. Sowas ist einfach zynisch und nützt weder Wissenschaftler:innen noch Wissenschaft etwas. Wird echt Zeit, dass sich was ändert und dieser Gastkommentar ist hoffentlich ein Beitrag für eine solche Veränderung.
Jule Specht (Dienstag, 15 Dezember 2020 16:01)
@ Mascha Hansen:
Ja, stimme zu! Ich halte eine Verbesserung der Karrierewege in der Wissenschaft auch für eine win-win-Situation. Zusätzlich zu den von Ihnen genannten Argumenten, die ich teile: Wir verlieren ja auch einfach regelmäßig super Leute (vor allem - aber nicht nur - Frauen), die ins Ausland gehen oder die Wissenschaft verlassen, weil die Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft hier einfach zu schlecht sind, da geht uns unnötig viel Potenzial verloren. (Und ungerecht ist es so natürlich auch, was an sich schon Grund genug wäre, etwas zu ändern.)
Karl Schwitters (Dienstag, 15 Dezember 2020 20:38)
@Ruth Himmelreich: Die von Ihnen genannten Probleme würden sich lösen, wenn endlich die antiquierte Lehrstuhlprofessur abgeschafft wird. Stattdessen: Reguläre Entfristung zwei Jahre nach der Promotion (wie in zivilisierten Ländern seit langem gängige Praxis). Positiver Nebeneffekt: Wenn auch die Besoldungsstufe W3 (und besonders die völlig überhöhten Zulagen) abgeschafft wird, werden Mittel frei, um mehr Postdocs einzustellen (nicht weniger, wie Himmelreich meint. Die Studierendenzahlen sind nämlich auch gestiegen, ohne dass das durch reguläre Stellen kompensiert wurde). Was die Behauptung angeht, entfristete Mitarbeitende ohne Professur seien einst schlecht qualifiziert gewesen, so empfinde ich sie als arrogant und realitätsfern: Ich habe bei vielen von ihnen noch studiert, oft mit höherem Niveau als bei so manchem Prof. Es glaubt doch niemand ernsthaft, dass auf Professuren die Besten kämen? Je mehr selektiert wird und umso prekärer die Lage ist, umso mehr wohl eher diejenigen, die durch ihre Herkunft mit den nötigen Ressourcen ausgestattet sind; das zeigen jedenfalls wissenschaftliche Studien (bspw. von Christina Möller, Dortmund).
Michael Liebendörfer (Mittwoch, 16 Dezember 2020 07:09)
Eine frühere Entscheidung über einen dauerhaften Weg in der Wissenschaft oder ein Ausscheiden würde ich begrüßen. Man muss sich aber die Details überlegen.
Soll es dann weiterhin Drittmittelprojekte geben? Die Gesellschaft mag das Instrument um Themen stärker zu beleuchten. Können darin auch Dauerbeschäftigte mitwirken? Und wer übernimmt dann deren Aufgaben? Muss ein Drittmittelgeber bei Besetzung mit Promovierenden dann auch die 50% Promotionszeit zusätzlich bezahlen? (Warum nicht?)
Hieße die Vergabe einer Dauerstelle eigentlich, dass man in den ersten Jahren trotzdem ausgiebig Arbeitszeit für Forschung nutzen darf? Oder werden das dann alles LfbA-Stellen mit 16 SWS Lehre?
Können wir die von Frau Himmelreich beschriebene Situation verhindern, dass da jemand noch jahrelang auf seiner/ihrer Dauerstelle wenig mehr beiträgt, als zu lehren?
Und wenn wir jetzt binnen weniger Jahre alles auf Dauerstellen umstellen, sind die dann nicht ersteinmal alle auf Jahre besetzt, sodass eine Nachwuchsgeneration ohne echte Perspektive käme?
Vor allem aber bezweifle ich, dass damit in Fächern mit schwierigem Arbeitsmarkt außerhalb der Uni alles gut wird. Wer nur bis Ende der Promotion beschäftigt sein darf, wird dieses Ende eben, so lange es geht, hinauszögern. Dann folgen ein Hochschulwechsel mit sachgrundloser Befristung (oder wäre die dann verboten?), ein PostDoc-Stipendium irgendeiner Stiftung, eine Elternzeitvertretung (oder muss die auch unbefristet eingestellt werden?), etwas weitere Forschung auf ALG 1, eine Vertretungsprofessur (fast geschafft!) und natürlich gelegentliche Lehraufträge. Das kennen wir doch alles heute schon.
Immerhin, wahrscheinlich würden einige Leute früher aus der Wissenschaft ausscheiden, zu einem Zeitpunkt, zu dem sie noch bessere Chancen woanders haben. Vondaher bin ich auf konkrete Vorschläge gespannt!
Karla K. (Mittwoch, 16 Dezember 2020 08:16)
Puh. Wo waren denn die SPD-Hochschulexpert*innen, als man sie brauchte? Wer hat das WissZeitVG denn maßgeblich zu verantworten? Wer hat es bei der Überarbeitung unterlassen, das prognostizierte Desaster hinsichtlich des unbestimmten Begriffs "Qualifizierung" zu verhindern? (Wo und in welcher Form haben denn bisher Arbeitsgerichte eine Klärung vorgenommen?) Wer trägt maßgeblich mit, dass die anstehende Evaluierung verzögert und kleingehalten wird? Wer war nicht gewillt, Coronaverlängerungen substanziell für die Betroffenen zu gewährleisten und klar zu regeln, statt sie zwar prinzipiell zu ermöglichen, es aber der Willkür der Hochschulen zu überlassen, ob und wie?
Die Auswirkungen des derzeitigen WissZeitVG sind unbenommen für viele Betroffene (und das System Hochschule) eine Katastrophe. Es ist aber nicht lediglich das WissZeitVG. Das Ausweichen ins TzBfG eröffnet den Hochschulen quasi unbegrenzte Möglichkeiten (sei es die bspw. sachgrundlose Befristung, sei es bspw. die vorübergehende Mehrarbeit.) Hinsichtlich des WissZeitVG: Das regelt nicht nur "Qualifizierung", sondern auch Projektbefristungen. Und ermöglicht diese prinzipiell unbegrenzt. Da fehlt dem obigen Vorschlag ein Ansatz. Hochschule bildet auch nach dem Studium aus (ohne den Kanzler*innen mit ihrem Bayreuter Gemurkse das Wort zu reden), es geht also nicht nur im wissenschaftliche Laufbahnen, die geregelt werden müssen. Wo ist in dem Vorschlag die Forderung nach vollen Stellen? Wo geht es um die Arbeitsbedingungen (die für viele Beschäftigte ein mindestens ebenso großes Übel sind, wie die Befristung, teils sogar das größere)?
Auf die Gefahr hin, den beiden Autorinnen zu nahe zu treten, aber mir erschließt sich die Zielsetzung dieses Beitrags (in dieser Form an dieser Stelle) nicht, und ich formuliere es mit einer Zwischenüberschriften: Der Vorschlag war ja gut gemeint, aber ...
Helmut Sand (Mittwoch, 16 Dezember 2020 09:20)
Was an dieser Diskussion vor allem ärgerlich ist, der akademische Mittelbau beweist mal wieder, wie sehr die Hochschulen in Deutschland abgekoppelt sind von der Realität der Rest der Republik. Das ist eine sehr große Filterblase, in der nur miteinander gesprochen wird. Die Wahrnehmung, wie die Arbeitsbedingungen sich sonst gestalten, ist nicht gegeben. Viele der Probleme, die im Artikel angesprochen werden aber auch in den Kommentaren, sind solche, die sich überall stellen. Jede_r Beschäftigte hat das Problem, dass entgegen dem Leistungsprinzip Stellen vergeben werden. Das gilt für den öff. Dienst wie für die freie Wirtschaft. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass wir immer noch in einer Männerrepublik leben. Dieser wichtige Punkt wird nur nebenbei angesprochen. Ist aber der Hauptgrund für ganz viele der Probleme, die vor allem an den Hochschulen bestehen. Haben Sie sich schon mal eine medizinische Fakultät angeschaut, wer konkret diese Läden führt? Obwohl Frauen seit Jahrzehnten die besseren Noten u. Abschlüsse haben, führen immer noch ausschließlich Männer zu 95% die deutschen med. Fakultäten und Uniklinika. Welche Gewerkschaft, welcher Interessensverband spricht das an? Wer fordert hier konkrete Änderungen? Keine! Denn, wenn man sich mal anschaut, wer in diesen Vereinen das Wort führt, findet man auch nur ganz viele Männer.
Lars Bechtle (Mittwoch, 16 Dezember 2020 09:31)
Dieser Debatte ist nicht nur vor dem Hintergrund der Tatsache, dass gerade sehr viele Mitbürger_innen ihren Job in der freien Wirtschaft verlieren schwer zu folgen. Hier werden viele Dinge in einen Topf geworfen und Schlüsse gezogen, die nicht richtig sind.
Schwierig ist vor allem der Ansatz und das ist auch einer der Gründe warum Interessensverbände und Gewerkschaften seit Jahren Mitglieder und Gefolgschaft verlieren, dass es für alle überall eine Dauerstelle geben muss. Als ob es nur davon abhängt, was ich persönlich machen möchte. Und dann wird mir eine Stelle vorgeschlagen, auf der ich den Rest meines Lebens verbringe. Das ist genauso abstrus wie die Forderung, die mittlerweile verfassungsrechtlich auch eindeutig abschlägig beschieden wurde, dass jede Personen einen Anspruch darauf hat, dass zu studieren, was er_sie möchte. Auch im öffentlichen Dienst gibt es nicht für alle Dauerstellen bzw. eine Durchbeförderung bis zum Ruhestand, nur weil man mal eingestellt wurde.
Literaturwissenschaftlerin (Mittwoch, 16 Dezember 2020 10:11)
@Lars Bechtle: Bevor Sie den hier Diskutierenden Realitätsferne unterstellen, sei Ihnen die Lektüre einschlägiger Statistiken zu den Beschäfigungsverhältnissen im deutschen Hochschulbetrieb empfohlen. Während in der freien Wirtschaft ca. jede/r Zehnte befristet ist, hat hier ca. jede/r Zehnte eine feste Stelle. Und warum es der Wissenschaft dienen soll, dass aufgrund des WissZeitVG der größte Teil des jeweils am höchsten qualifizierten Personals gehen muss, wird auch der überzeugteste Vertreter der Anwendung von Wirtschaftslogiken auf den Wissenschaftsbetrieb kaum erklären können. Von all denen, die meinen, das Problem sei mit dem Zurückweisen angeblich vermessener Ansprüche auf menschenwürdige (und EU-rechtskonforme) Arbeitsverhältisse gelöst, ist nie etwas zu dem - nicht nur wissenschaftlich Arbeitenden sehr gut bekannten - Problem zu hören, dass das neoliberal beförderte Heißlaufen des Betriebs immer mehr heiße Luft produziert. Feste Stellen ermöglichen seriöses und gründliches Arbeiten bei einer Vielzahl von Perspektiven (anstelle drittmittelgenerierter und abhängigkeitsbedingter Wissenschafts-Moden), und deshalb tun sie not.
LBechtle (Mittwoch, 16 Dezember 2020 15:52)
Also in Bayern liegt der Anteil der unbefristet Beschäftigten Mitarbeiter bei fast 50 Prozent. In MV zum Beispiel bei 40%
Da scheint es wohl sehr viele Statistiken zu geben, die vermutlich eher Äpfel und Birnen vergleichen.
Der Rest der Leute will ja nicht im Hochschulbetrieb bleiben, sondern die besondere Qualifikation mitnehmen. Die Befristung ist also systemimmanent. Und sachlich begründet.
Was das Heißlaufen betrifft, sehe ich keine besonderen Unterschiede zwischen dem Wissenschaftsbetrieb und dem Rest.
Allerdings hält sich der Wissenschaftler ja doch immer gerne für was besonderes ohne jemals erkannt zu haben, dass die übrige Arbeitswelt genau die gleichen Probleme hat. Überstunden, Überlastung, kein Urlaub. Fragen Sie mal jemanden, der in einem Pflegeheim arbeitet, wie er die Anerkennung seiner Tätigkeit durch die Gesellschaft empfindet. Monetär wie moralisch.
Literaturwissenschaftlerin (Mittwoch, 16 Dezember 2020 21:04)
@LBechtle: Die offensichtlich relevanteste Statistik zum Thema liefert der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (2017), der feststellt, dass 93% des wissenschaftlichen Personals unter 45 Jahren im sog. Mittelbau befristet beschäftigt sind. Bundesweit. Außerdem, dass es fünfmal so viele Habilitierte wie freiwerdende Professuren gibt. Dass in der Pflege Beschäftigte jedes Recht auf bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung haben, ist kein Gegenargument gegen die Feststellung, dass mit dem ungezügelten Verheizen von hochqualifiziertem wissenschaftlichem Personal weder dem Personal noch der Wissenschaft gedient ist. Dafür braucht man niemandem irgndwelche Arroganz anzustricken oder Elends-Vergleichs-Berechnungen anzustellen, die jede Form von konstruktiver Problemlösung unterlaufen.
René Krempkow (Mittwoch, 16 Dezember 2020 21:41)
Nicht einmal die GEW fordert Dauerstellen für alle. Aber ein realistischer und für die (Qualität der) Wissenschaft in Deutschland mit Sicherheit zuträglicher Anteil von z.B. 50% bei den Promovierten sollte es schon sein. Das wäre auch nicht weit vom Durchschnitt der Angaben der Hochschulleitungen entfernt (vgl. Stifterverband 2016 bzw. www.researchgate.net/publication/303946305).
Leider hat der Bund bzw. das CDU-geführte BMBF es nicht geschafft/gewollt(?), so etwas in den Zielvereinbarungen zum Hochschulpakt-Nachfolgeprogramm mit den Ländern zu vereinbaren. Insofern ist es interessant (@LBechtle und @Literaturwisenschaftlerin), dass es Bundesländer gibt wie BY, mit deutlich höheren Entfristetenanteilen. Eine jüngste Auswertung aller Bundesländer (Gassmann 2020) kommt zu dem Ergebnis, dass zwischen den deutschen Bundesländern die Differenzen der Befristungsanteile bis zu elf Prozentpunkte betragen, und damit mehr als die Differenz des aktuellen bundesweiten Anteils zum Anteil bei Änderung des WissZeitVG 2007.
Wer einen Überblick über solche und weitere einschlägige bis Mitte 2020 veröffentlichten Zahlen zum Thema Beschäftigungsbedingungen unterhalb der Professur in Deutschland erhalten möchte, sowie 6 daraus abgeleitete Gestaltungsmöglichkeiten, findet diesen in der Zeitschrift Forschung (www.universitaetsverlagwebler.de/forschung), oder hier: www.researchgate.net/publication/343500765).
Chemiker (Donnerstag, 17 Dezember 2020 17:34)
Danke @ Helmut Sand, ja, it's a men's world...
Das Thema Qualifizierung ist in der Tat interessant und mich wundert auch (@ Karla K.), dass die Arbeitsgerichte noch nicht geklärt haben, was das bedeutet. Die Aussage "Hochschulen bilden auch nach dem Studium aus" ist allerdings gewagt, weil für diese "Qualifizierung" nur wenige kontrollierbare Rahmenbedingungen existieren. Während in den Bachelor- und Masterstudiengängen in von Bildungsministerien akkreditierten Studiengängen ausgebildet wird (oh wie wurde darüber geklagt...) und man hier noch von einer gewissen Qualitätskontrolle ausgehen kann ist dagegen schon die Doktorand*innen-Ausbildung ist oft der völlig freien Gestaltung oder Nicht-Gestaltung der zumeist (männlichen) Professorenherrlichkeit überlassen. Merke: Wenn Dein Chef nicht publiziert, dann Du auch nicht.
Und das wird nach der Promotion doch nicht besser. Wer kontrolliert die "Qualität" der "Ausbildung" von Postdocs? In anderen Berufen werden Berufsanfänger*innen oder weniger erfahrene Arbeitnehmer*innen auch nicht allein aufgrund ihrer geringeren Erfahrung erstmal befristet eingestellt. Ich meine deshalb auch, dass wir ein WissZeitVG für Zeiten nach der Promotion nicht benötigen. Hier kann nach Teilzeitbefristungsgesetz befristet werden, und zwar einmal an einer wissenschaftlichen Einrichtung. Projektmittel sind dann ein guter Weg, um Qualifizierung zu erreichen, vor allem weil ein bewilligtes Forschungsprojekt meist besser strukturiert ist und daher auch publikationsfähig, als die diffuse Aussage: "Du bist jetzt hier Postdoc. Da war noch ein Protein im Kühlschrank, damit könntest Du doch mal arbeiten."
Jule Specht (Donnerstag, 17 Dezember 2020 22:14)
@ Michael Liebendörfer
Danke für die vielen interessanten Fragen & Gedanken!
Ich möchte und kann hier gar nicht auf alle eingehen, möchte aber zumindest zu der Frage, ob wir das System verstopfen, wenn wir jetzt zeitnah alle entfristen (überspitzt formuliert) zum einen festhalten, dass eine solche Änderung ja nicht von jetzt auf gleich stattfinden würde, sondern es einen Übergangszeitraum gäbe und zum anderen gern ein aktuelles Paper von NGAWiss empfehlen, das kürzlich herauskam und das zeigt: auch bei früher Entfristung bleibt Bewegung im System � https://mittelbau.net/diskussionspapier-personalmodelle/
Jule Specht (Donnerstag, 17 Dezember 2020 22:15)
@ René Krempkow
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man immer wieder auf solche doch sehr willkürlichen Zahlen / Forderungen kommt, dass zum Beispiel 50% der Promovierten Dauerstellen haben sollten. Warum nicht eine Dauerstelle oder zumindest eine Perspektive auf eine Dauerstelle in Form von Tenure Track für 100% der Promovierten in der Wissenschaft fordern? Zumindest auf Haushaltsstellen sehe ich überhaupt keinen Grund dafür, das Ziel zu verfolgen weiterhin 50% der Promovierten Kettenbefristungen zuzumuten.
Jule Specht (Donnerstag, 17 Dezember 2020 22:16)
Ansonsten: Volle Zustimmung zu allem was Literaturwissenschaftlerin & Chemiker sagen!
Michael Liebendörfer (Freitag, 18 Dezember 2020 13:50)
Eine Promotion in Wirtschafts-, Rechts- oder Ingenieurswissenschaften verbessert die oft ohnehin guten Arbeitsmarktchancen, eine Promotion in anderen Fächern (z. B. Philosophie, Mediävistik oder Literaturwissenschaften? Nicht mein Bereich, hört sich aber oft so an) scheint die ohnehin mäßigen Arbeitsmarktchancen zumindest nicht so stark zu verbessern, dass der Ausstieg aus der Wissenschaft als attraktiver Standardweg gesehen wird.
Das Papier der NGAWiss zeigt Lösungen, bei die Zahl der Promotionsstellen um fast die Hälfte reduziert wird. Das könnte in den zweitgenannten Fächergruppen den Flaschenhals nach vorne verschieben und somit vielen helfen. In anderen Fächern würden aber Qualifikationsmöglichkeiten für einige Interessierte wegfallen. (Klar, vielleicht würden Leute freiwillig von ihren Dauerstellen in die Wirtschaft wechseln. Aber wohl nicht alle.)
Vielleicht sollte man in der Debatte oder sogar in den Gesetzen berücksichtigen, dass der Arbeitsmarkt und der Wert der "Qualifikation" in den Fächern sehr unterschiedlich ausfällt.
Karl Schwitters (Samstag, 19 Dezember 2020 12:35)
@Michael Liebendörfer: Im Papier von NGAWiss. wird nicht die Zahl der Promotionen so stark verringert, sondern die Zahl der Promotionsstellen. Heute promovieren sehr viele auf 50%-Basis und mit umfassenden Aufgaben neben der Dissertation und der Abschluss wird mit Mitte 30 erreicht. Im NGAWiss.-Modell wird auf sozialversicherten und eine genügend lange Zeit laufenden Stellen promoviert und zwar früher - so dass sich viele der heute Promovierenden in dem Modell bereits auf festen Stellen befinden. Wenn die Zahl der Promotionsstellen höher sein soll als dort, kann mehr Geld investiert werden. Im NGAWiss.-Papier sind überdies Promotionen auf Stipendien von Stiftungen noch nicht einberechnet.
Michael Liebendörfer (Samstag, 19 Dezember 2020 18:29)
Nee, Herr Schwitters, kapiere ich nicht.
Im NGAWiss-Modellinstitut nehmen beim Status Quo jährlich 4,8 Personen eine Promotionsstelle auf. In den alternativen Modellen sind es 2,6. Das sind 46% weniger. Der Flaschenhals verschiebt sich also nach vorne.
Einig?
Karl Schwitters (Montag, 21 Dezember 2020 23:25)
Nein, nicht einig. 1.) Fast 50% der Promotionsstellen im status quo sind nur 50%-Stellen. 2.) Heute scheiden jährlich doppelt so viele aus wie in den besten Alternativmodellen. 3.) Dreimal so viele wie heute werden in den besten Alternativmodellen letztlich entfristet. Das heißt: Der Flaschenhals verschiebt sich zwar nach vorne, aber er ist deutlich weniger eng. (und 4.) Nicht alle promovieren auf Stellen. )
Ben Fehrsen (Sonntag, 03 Januar 2021 13:30)
Leider habe ich den Beitrag erst jetzt gesehen und steige vielleicht zu spät in die Debatte ein. Dafür kann ich aber alle Kommentare lesen und Bezug nehmen. Aufgreifen würde ich gerne den Bezug zur Wirtschaft bzw. der Arbeitswelt außerhalb der Hochschule. Was vorher abgeklungen ist mit dem Vergleich zur Pflege: es geht dabei darum festzustellen, ob wirklich das Gesetz für die Wissenschaft das Problem ist. Oder ob es an anderen Problemen zum Beispiel am Management der Hochschulen liegt. Auf dem Blog ist nämlich auch eine Studie des DZHW zu lesen, wonach das WissenschaftszeitvertragsG zu einer Verbesserung der Befristung geführt hat.
Und vermutlich muss man tatsächlich mal die grundsätzliche Frage stellen, in welchem Verhältnis der Wissenschaftsbetrieb zum Rest der Arbeitswelt steht.
Außerdem würde mich interessieren beim Vergleich der Stellenkegel wie man immer beim Staat sagt: gibt es denn auf vergleichbaren Ebenen ebenfalls viele Übernahmegarantien bzw Beförderungsstellen. Denn es geht ja nicht allein um eine Fortbeschäftigung ans der Hochschule, sondern, wenn ich die Vorredner richtig verstehe um eine Wandlung der Stelle im Sinne einer Anhebung (Verhältnis Postdoc /Habil zu Profs). Ist das nicht allgemein so, dass ich mit einem Abschluss nicht unmittelbar auch eine Stelle habe? Warum sollen hier Habilitatanden aller Art bevorzugt werden in ihrer Perspektive im Vergleich zu anderen Absolventen? Weil sie schon so alt sind und sich trotzdem keine Alternativen überlegt haben, obwohl sie wussten, dass die Chance 1:5 steht? Da Deutschland einen riesigen Fachkräftemangel verzeichnet und gut ausgebildete Leute braucht, wird der Staat kein Interesse daran haben, diese Leute an sich zu binden. Dass diese Leute über Jahre was anderes gemacht haben und sich auf vermeintlich andere Kompetenzen fokussiert hat, ist auch am Ende nicht hochschulspezifisxhDas geht alle Absolventen so, dass der neue Arbeitgeber erwartet, dass man andere Dinge kann als an der Uni gefragt war, oder?.
Thomas B (Freitag, 03 Dezember 2021 14:04)
Das Problem sind nicht die Befristungen als solche, sondern die fehlende Perspektive, das bedeutet klare nachvollziehbare Regeln wann entfristet wird. Es ist oft eher eine Lotterie wann welcher Antrag bewilligt wird, egal wie gut er inhaltlich ist. Davon hängt heute schlussendlich die Karriere ab. Menschen wollen a) in der Lage sein Ihr Leben ein bisschen planen zu können und b) dann nicht in absurden Situationen landen (Stichwort: Juniorprofessur ohne Tenure Track aber als Beamter). Diese Fragen, z.B. die Nachteile die sich als Beamter auf zeit ergeben, wenn man dann doch keine Professur bekommt lassen sich ganz unabhängig von Befristungen lösen. Dafür zu sorgen dass Befristungen auf Zeit nicht dreimonatsweise, sondern dreijahresweise passieren eröffnet zumindest schonmal eine gewisse Planbarkeit und ist in jedem Fall sinnvoll.