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Ihr nicht!

Der Haushaltsausschuss des Bundestages will heute 185 gesperrte Hochschulpakt-Millionen freigeben. Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gehen leer aus.

Foto: Lucia Grzeskiewicz / Pixabay. 

DER HAUSHALTSAUSSCHUSS DES BUNDESTAGES zeigt zum Ende der Legislaturperiode noch einmal seine Zähne. 14 Bundesländern will er heute die Ende 2020 gesperrten Hochschulpakt-Millionen freigeben – zwei Länder indes sollen ihr Geld weiter nicht erhalten: Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Der Grund: Die Haushaltspolitiker sind mit den Antworten unzufrieden, die sie aus Kiel und Schwerin erhalten haben. 

 

Ein kurzer Blick zurück: Rund 193 Millionen Euro allein für 2021 hatte der Ausschuss in seiner jährlichen Bereinigungssitzung im vergangenen November mit einem Sperrvermerk versehen – 15 Prozent  der Hochschulpakt-Auslauffinanzierung, die dieses Jahr zur Überweisung anstanden. Für 2022 und 2023 gilt dieselbe Sperre, allerdings gehen die Beträge der Auslauffinanzierung mit dem Aufwachsen des Zukunftsvertrages stark zurück, so dass auch die Sperre in den nächsten Jahren deutlich weniger Geld umfasst.

 

Die Haushaltspolitiker reagierten mit ihrer Entscheidung auf die wiederholt scharfe Kritik des Bundesrechnungshofes (BRH) an der Umsetzung des Hochschulpaktes durch die Bundesländer und Hochschulen. Letztere hätten bis Ende 2018 mindestens 3,7 Milliarden an Ausgabenresten gebunkert, außerdem hätten sie das Geld teilweise gar nicht für die Verbesserung der Hochschullehre eingesetzt, kritisierten die BRH-Prüfer.

 

Der Ausschuss legte im November fest: Die gesperrten Mittel könnten entsperrt werden, sobald die Länder nachweisen, dass ihre Ausgabenreste ohnehin niedrig sind oder dass sie diese 2020 um mindestens 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr reduziert haben. 

 

Was die Sperren für
die Hochschulen bedeuten

 

In seinem Bericht an den Haushaltsausschuss kommt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nun zu dem Ergebnis, dass alle Länder bis auf Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern mindestens eine der beiden Auflagen des Sperrvermerks erfüllt hätten. Worauf der Haushaltsausschuss nun entsprechend reagiert und voraussichtlich rund 185 Millionen Euro zur Auszahlung freigeben wird.

 

Die Beträge, auf die die Hochschulen in den beiden Nord-Ländern derweil weiter verzichten müssen, hören sich so dramatisch nicht an. Für Schleswig-Holstein handelt es sich um ziemlich genau fünf Millionen Euro, für Mecklenburg-Vorpommern um glatte zwei Millionen. Ob und wie die Hochschulpakt-Mindereinnahmen überhaupt bei ihnen ankommen und ob die Landesregierungen sie kompensieren, ist zudem unklar.

 

Klar ist aber, dass die Angelegenheit für die zuständigen Ministerinnen Karin Prien (CDU, Schleswig-Holstein) und Bettina Martin (SPD, Mecklenburg-Vorpommern) peinlich ist. 

 

Aus Mecklenburg-Vorpommern gab es zunächst keine Reaktion. Die Kieler Wissenschaftsministerin Prien dagegen sagte auf Anfrage, sie bedaure die Entscheidung des Haushaltsausschusses, einen Teil der "vertragsmäßig fälligen Hochschulpaktmittel" zu sperren. "Wir erfüllen unsere vereinbarten Verpflichtungen mit der Schaffung von zusätzlichen Studienplatzkapazitäten und der Bereitstellung der vereinbarten Gegenfinanzierung." Die Rücklagenbildung widerspreche der Vereinbarung keineswegs, "sondern sie sind fast zwangsläufige Folgen der besonderen Bedingungen des Hochschulpakts." Dass der Haushaltsausschuss einseitig Kriterien der Vereinbarung verändere, sei "zumindest zweifelhaft. Wir werden prüfen, inwiefern die Sperre rechtlich Bestand haben kann."

 

Die Bundestagsabgeordneten sind
unzufrieden mit der Qualität der Berichte

 

So oder so ist es möglich, dass die Millionen nach Zustimmung des Haushaltsausschusses noch zu einem späteren Zeitpunkt freigegeben werden – endgültig verloren sind sie für die beiden Bundesländer noch nicht.

 

Interessanterweise zeigt der Bericht des BMBF, dass vier Bundesländer im Nachhinein ihre im Vorjahr gemachten Angaben über die Rücklagen im Jahr 2019 (und damit den Vergleichswert für 2020) rückwirkend korrigiert haben. Jede der Änderungen wird erläutert. Dennoch heißt es aus dem Haushaltsausschuss, die Berichte aller 16 Länder seien so minimalistisch gehalten, dass sie meist nur an der Oberfläche nachvollziehbar seien und man an vielen Stellen eigentlich noch in die Tiefe gehen müsse. Was das BMBF nicht getan habe.

 

Womöglich waren Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern also nur weniger geschickt darin, die Zahlen passend zu machen? Oder waren sie gar ehrlicher? Reine Spekulation – doch drückt sich die Unzufriedenheit der Bundestagsabgeordneten in der Formulierung des Beschlussvorschlages für die heutige Sitzung aus, die zugleich die letzte in dieser Legislaturperiode ist.

 

Dort heißt es zunächst, der Haushaltsausschuss begrüße, "dass die Ausgabenreste beim Hochschulpakt 2020 im Interesse der Studierenden verstärkt eingesetzt werden". Doch mache der Ausschuss zugleich deutlich, "dass der Hochschulpakt eine gemeinsame Vereinbarung von Bund und Ländern ist. Er erwarte deshalb, dass die Länder auch die Ausgabenreste aus ihrer vereinbarten Kofinanzierung dementsprechend nennen – auch, wenn sie in die Globalhaushalte der Hochschulen einfließen. Außerdem fordert das Gremium vom BMBF "eine eigene Prüfung und Einschätzung der jeweils von den Ländern gemeldeten Ausgabenreste und Abbaupfade". Schließlich soll nach dem Willen der Haushaltspolitiker auch der Bundesrechnungshof weiter genau hinschauen.

 

Es gilt als sicher, dass der Beschluss heute Nachmittag wie beschrieben gefasst wird, weil sich im Vorfeld die Koalitionsvertreter auf den Wortlaut verständigt haben. 

 

Die härtere Gangart gegenüber BMBF und Landeswissenschaftsministerien kam im November 2020 auch durch einen Grundsatzbeschluss der Haushaltspolitiker zum Ausdruck. Der Ausschuss erwarte, hieß es darin wörtlich, "dass ihm die Bundesregierung bei künftigen Bund-Länder-Verhandlungen vor Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Ohne eine angemessene Information und Beteiligung des Haushaltsausschusses wird er keine Mittel für Bund-Länder-Vereinbarungen mehr freigeben."

 

Bleibt abzuwarten, ob der neu zusammengesetzte Haushaltsausschuss nach der Bundestagswahl im September diese Linie fortsetzt. 

 

Dieser Beitrag erschien heute zuerst in meinem Newsletter.


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Nachtrag am 24. Juni:


Der Haushaltsausschuss hat in seiner letzten Sitzung wie erwartet die Freigabe der gesperrten Hochschulpakt-Gelder beschlossen – mit Ausnahme der Millionen für Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

 

Und auch die Schweriner Bildungsministerium von Bettina Martin (SPD) hat inzwischen reagiert. Die Sperrung sei "mehr als ärgerlich und entspricht nicht der Bund-Länder-Vereinbarung zum Hochschulpakt", sagte ihr Pressesprecher. "Wie auch Schleswig-Holstein werden wir prüfen, ob diese Sperre rechtlichen Bestand hat. Wir haben die Vereinbarung mit dem Bund eingehalten." Diese Vereinbarung untersage mit keinem Wort die Bildung von Rücklagen. "Zusammen mit den Hochschulen haben wir solche Reste sogar planmäßig aufgebaut, um die Auslaufphase des Hochschulpaktes von 2021 bis 2023 stabil finanzieren zu können. Die Kriterien im Nachgang einseitig durch den Bund  zu verändern und Maßgaben aufzustellen, die in dieser kurzen Frist durch aufrichtige Haushaltsführung nicht zu erfüllen waren, ist sehr zweifelhaft." Ziel sei es, doch noch die Aufhebung der Sperre zu erreichen.

 

Ebenfalls in seiner gestrigen Sitzung beschloss der Haushaltsausschuss, die bereits genehmigte Umwandlung des Bonner Forschungszentrum "caesar" mit einer weiteren Auflage zu versehen. Das Gremium forderte die Bundesregierung auf, vertraglich abzusichern, dass das "Vermögen der Stiftung "Caesar" an die ursprünglichen Stifter

zurückfällt, sollte die Max-Planck-Gesellschaft den Wissenschaftsstandort in Bonn verlegen oder schließen".

 

Im März hatte der Haushaltsausschuss grundsätzlich grünes Licht für die Integration gegeben. Vorausgegangen waren unter anderem Vorwürfe des Bundesrechnungshofes,  das BMBF wolle aus dem Bundeshaushalt stammende Gelder der "caesar"-Trägerstiftung in dreistelliger Millionenhöhe am Parlament vorbei an die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) übertragen. Ministerium und MPG hatten die Vorwürfe des Rechnungshofs zurückgewiesen und für die Umsetzung der Pläne geworben.

 

Der Haushaltsausschuss hatte die Integration dann tatsächlich für sinnvoll befunden. Doch hatten die Abgeordneten das BMBF um weitere Berichterstattung gebeten und zugleich ihr Erwartung betont, "dass die dauerhafte Finanzierung des Forschungszentrums aus dem Budget der Max-Planck-Gesellschaft e.V. finanzneutral sichergestellt wird."

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