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Spannung in Berlin

SPD, Grüne und FDP stellen heute Nachmittag ihren Koalitionsvertrag vor. Liefert die Ampel den Aufbruch, den sie versprochen hat?

HEUTE NACHMITTAG UM 15 UHR wollen die Spitzen von SPD, Grünen und FDP den Ampel-Koalitionsvertrag präsentieren. Nach 34 Tagen Verhandlungen. Womit die künftigen Partner exakt so lange gebraucht haben werden wie im Oktober angekündigt. Und deutlich kürzer, als viele Beobachter es zwischenzeitlich befürchtet hatten.

 

Wirklich im Geschäft sind die drei Parteien allerdings erst, wenn auch die Parteitage von SPD und FDP und eine Mitgliederbefragung der Grünen die Ergebnisse goutiert haben. Das seit Wochen erklärte Ziel lautet weiter, Olaf Scholz zum "Nikolaus-Kanzler" zu wählen, wie einige Verhandlungsführer es gut gelaunt formulieren. Also in der Woche ab 6. Dezember. Scholz selbst dürfte die Bezeichnung "Ampelmann", wie ihn zum Beispiel der Freitag neulich nannte, noch nerviger finden. 

 

Inhaltlich ist die Laune je nach Politikfeld unterschiedlich gut. Bei Bildung und Wissenschaft versichern alle Beteiligten, jede Seite sei zur Geltung gekommen, und alle hätten Kompromisse schließen müssen, die aber für keinen allzu schmerzhaft gewesen seien. Ob das für den großen Wurf reicht, wird die Szene in den nächsten Tagen ausführlich diskutieren. Was auffällt: Das Kapitel zu Wissenschaft ist ziemlich kleinteilig geraten, eine Vielzahl an Plänen zusammengepresst in wenige Zeilen. Während das Kapitel zur Bildung sich auf große Linien, auf zentrale Vorhaben konzentriert. 

 

Das BMBF wird übrigens, ist zu hören, wohl in seiner bisherigen Form bestehen bleiben, eventuell ergänzt um einige Digitalkompetenzen. Zwischenzeitlich gab es Debatten auch in den Ampel-Parteien, Bildung und Jugend zusammenzuführen und dafür die Wissenschaft (samt den Hochschulen) abzutrennen. Doch jetzt wird es voraussichtlich weiter eine/n einzige/n Minister/in  für Bildung und Wissenschaft geben. Nach Mut zum Andersmachen klingt das erstmal nicht. 

 

Wird das BMBF rot
oder gelb besetzt?

 

Und wer wird es? Obwohl alle Parteien immer die herausragende Bedeutung von Bildung, Forschung und Innovation betonen, zählt das BMBF bei der Aufstellung des Personaltableaus nach wie vor zu den Ministerien der zweiten Reihe. Auch hier ist die selbsternannte "Fortschrittskoalition" ziemlich konventionell unterwegs. Soll heißen: Erst werden die Erste-Klasse-Häuser verteilt (Außen, Finanzen, Innen & Co), dann schaut man, was das für die restlichen Ministerien bedeutet. Über die dann die verschiedenen Proporze (Gender, Bundesländer, Parteiströmungen) hergestellt werden. Insofern sind auch alle kursierenden Namenslisten der vergangenen Tage mit Vorsicht zu genießen. 

 

Dass es voraussichtlich keine grüne Ministeriumsspitze geben wird, steht allerdings schon länger fest. Vorige Woche schien es noch so, als sei auch die SPD raus, aber zuletzt hielten viele es für möglich, dass doch eine Sozialdemokratin das Ressort übernimmt. Genannt wird Klara Geywitz, die 2019 Partnerin von Olaf Scholz war im Wettbewerb um den Parteivorsitz. Auch der Name von Noch-Umweltministerin Svenja Schulze, einst Wissenschaftsministerin von NRW, tauchte in den vergangenen Tagen mal auf. 

 

Wenn es die FDP wird, was vergangene Woche noch als wahrscheinlich galt, könnte es auf Bettina Stark-Watzinger zulaufen, Landesvorsitzende in Hessen und parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion. Stark-Watzinger ist eine Kennerin der Wissenschaft, sie war bis zu ihrem Einzug in den Bundestag Geschäftsführerin des heutigen Leibniz-Instituts für Finanzforschung SAFE. 

 

Bei den Themen Bildung und Wissenschaft könnte die Ampel besonders gut ihren Anspruch, neu zu denken und einen gesellschaftlichen Aufbruch organisieren zu wollen, unter Beweis stellen. Dazu bräuchte es aber, wenn schon keine Neustrukturierung des Ministeriums, zumindest die entsprechende – fachkundige wie mutige – Person in der BMBF-Chefetage.

 

Dieser Artikel erschien heute zuerst in meinem Newsletter.

 

Aktualisierung: um 11.25 Uhr: Gerade meldet der ARD-Journalist Moritz Rödle auf Twitter, dass die FDP das Ministerium besetzen werde.

 

Aktualisierung um 18.00 Uhr: Intern wurde innerhalb der Fraktionen inzwischen das Personaltableau teilweise bestätigt – unter anderem auch, dass Bettina Stark-Watzinger designierte BMBF-Chefin ist.



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Kommentare: 1
  • #1

    Huksley (Mittwoch, 24 November 2021 12:17)

    BMBF: Bettina Stark-Watzinger