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Söder ersetzt Bayerns Wissenschaftsminister Sibler

Eine Entscheidung, die auch bundespolitische Konsequenzen hat: eine erste Analyse.

Markus Blume (links) wird Nachfolger von Bernd Sibler. Fotos: Steffen Böttcher, CC-0 1.0/Amrei-Marie, CC BY-SA 2.0.

ES IST EINE PERSONALIE mit bundespolitischer Bedeutung. Im Rahmen einer großen Kabinettsumbildung tauscht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auch die Leitung im Wissenschaftsministerium aus. Neuer Ressortchef wird der bisherige CSU-Generalsekretär Markus Blume. Er ersetzt Bernd Sibler, der seit Ende 2018 Minister für Wissenschaft und Kunst war und erst zu Jahresbeginn den stellvertretenden Vorsitz in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern übernommen hatte. 

 

Die Gründe für die Personalentscheidung dürften vielfältig sein. So galt Sibler nie als enger Vertrauter Söders – was unter anderem dazu führte, dass wesentliche Teile des geplanten neuen Hochschulgesetzes direkt in der Staatskanzlei geschrieben und dann an Sibler durchgereicht worden sein sollen. Der dann wiederum dafür die Kritik von Teilen der Hochschulszene abfedern musste. Der gerade 51 Jahre alt gewordene gelernte Gymnasiallehrer für Deutsch und Geschichte tat dies recht erfolgreich, indem er hier und da an den Rändern Zugeständnisse machte, vor allem aber das Tempo aus dem Gesetzgebungsprozess herausnahm. Doch während Sibler so wahrscheinlicher machte, dass das Gesetz Akzeptanz finden würde, brachte er damit Söder auf die Palme, dem das Ganze wiederum viel zu lange dauerte. 

 

Zum Beispiel beschwerte sich der für seine umtriebige Art und

häufigen Meinungsumschwünge bekannte Ministerpräsident im Oktober 2021 bei einer Jubiläumsveranstaltung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften über die mangelnde Geschwindigkeit der Umsetzung – in Gegenwart Siblers, der in der ersten Reihe saß. Tenor: Söder liefere schon die ganzen Milliarden für die "High Tech Agenda Bayern", dann wäre es doch schön, wenn das Wissenschaftsministerium auch bald mal mit dem Gesetz fertig werde. Über die "High Tech Agenda" versucht Söder immer wieder, Bayern und seine Regierung als besonders zukunftsgewandt und tatkräftig zu inszenieren.

 

Während der Pandemie, schrieb heute der Bayerische Rundfunk, habe sich Sibler in der bayerischen Kunst- und Kulturszene mit besonders drastischen Maßnahmen unbeliebt gemacht, obwohl ja eigentlich Ministerpräsident Söder der "Spielführer" im "Team Vorsicht" gewesen sei und die Regeln vorgegeben habe. Gleichwohl hätten Theaterintendanten Sibler indirekt für "Wüsteneien und Ödnisse" verantwortlich gemacht. Und ein, zwei Mal machte der Wissenschaftsminister selbst Negativ-Schlagzeilen wegen seines persönlichen Verhaltens in der Corona-Pandemie, etwa als er im Frühjahrs-Lockdown 2021 Geburtstagsgratulanten in seinem Garten empfing – auch wenn er danach beteuerte, es habe keine Party, sondern jeweils nur Treffen von wenigen Minuten im Freien gegeben. 

 

Hier der ungeduldige Söder,
da der bedächtige Sibler

 

Hier der ungeduldige Söder, da der ruhige, bedächtige Sibler, der freundlich, aber immer auch ein bisschen hölzern wirkte gegenüber einem ins Populistische abgleitenden Ministerpräsidenten. Zugleich aber eben auch viel seriöser, was in der Wissenschaft ein wichtiges Pfund war. "Es ist kein schöner Tag heute für mich, als Minister auszuscheiden tut auch weh – ich hätte das Amt sehr gerne weitergeführt", sagte Sibler dem Bayerischen Rundfunk.

 

Markus Blume, ehemaliger Eistänzer, studierter Politikwissenschaftler, früherer Unternehmer und Manager, ist nun in vielerlei Hinsicht das Gegenteil von Sibler: lauter, parteipolitischer, aber eben auch näher dran an Söder und dessen Machtzentrale. Das Hochschulgesetz wird er jetzt den Wünschen des Ministerpräsidenten folgend als Erstes und möglichst schnell durchbringen. Was das für dessen Akzeptanz bedeutet, bleibt abzuwarten.

 

Die GWK wird sich schon wieder neu organisieren müssen an ihrer Spitze, und das angesichts wichtiger Entscheidungen, die schon in den kommenden Monaten anstehen. Die Exzellenzstrategie soll vor ihrer nächsten Ausschreibungsrunde ein Update bekommen, inklusive zusätzlicher Cluster. Hier laufen gerade die GWK-Verhandlungen so richtig an. Außerdem soll der Zukunftsvertrag "Studium und Lehre stärken" schon von diesem Jahr an ein jährliches Plus von drei Prozent erhalten – analog zum Pakt für Forschung und Innovation, der das für die außeruniversitären Forschungsorganisationen schon seit langem vorsieht. Auch die Ausgestaltung und Finanzierung einer Deutschen Agentur für Transfer und Innovation  (DATI) wird schon sehr bald die GWK beschäftigen. In absehbarer Zeit steht dann das von der Ampel angekündigte Bund-Länder-Programm für neue Karrierewege und Governance auf dem Programm.

 

Sibler, so hatten viele seiner Kollegen gehofft, werde hier gerade wegen seiner Art, die Söder offenbar nicht mehr passte, die Bund-Länder-Verhandlungen mit zum Erfolg führen können. Diese Aussicht hat sich jetzt erledigt.

 

Den Vorsitz in der GWK hat dieses Jahr turnusgemäß Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Da das BMBF als sogenanntes "A"-Ministerium der SPD-Seite zugeordnet wird, stellt die "B"-Seite von CDU/CSU seit dem Regierungswechsel den Co-Vorsitz. Dass Blume auch diese Position von Sibler übernimmt, gilt als unwahrscheinlich. Denn dafür müssten alle anderen "B"-Kollegen zustimmen.

 

Ministerpräsident Söder besetzte insgesamt drei Ministerämter neu. Die Neuaufstellung des Kabinetts solle der ganzen Partei und auch der Staatsregierung nach der Pandemie einen neuen Schub geben, sagte er laut dpa. Denn die Landtagswahl im Herbst 2023 sei eine "Schicksalswahl" für die CSU. Bei Umfragen liegt die Partei derzeit zwischen 35 und 36 Prozent. Über Blume sagte Söder heute: "Er ist einer unserer Intellektuellen, er ist Hochschulexperte, kulturaffin." Wobei dann doch Blumes Qualifikation als treuer Gefolgsmann Söders im Vordergrund gestanden haben dürfte. 

 

Ein bemerkenswert positives Zeugnis stellte heute die Landes-Asten-Konferenz Bayern dem scheidenden Minister aus. Sibler habe die "bayerische Hochschulfamilie während der Pandemie mit viel Augenmaß und Empathie geführt". Und: "Ein solches vorausschauendes und kooperatives Handeln wünschen wir uns auch von unserem neuen Staatsminister."



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Kommentare: 2
  • #1

    na ja (Mittwoch, 23 Februar 2022 15:08)

    Dass Herr Sibler (''der ruhige, bedächtige Sibler, der immer ein bisschen hölzern wirkte gegenüber einem ins Populistische abgleitenden Ministerpräsidenten – zugleich aber eben auch viel seriöser, was in der Wissenschaft ein wichtiges Pfund war.'') von der Wissenschaft sonderlich ernstgenommen worden wäre, zählt wohl eher zu den Legenden. Man hat ihn immer ein wenig belächelt, den Deutsch- und Geschichtslehrer aus Deggendorf.

  • #2

    MüderProf (Donnerstag, 24 Februar 2022 12:03)

    Ich stimme mit #na ja nicht überein! Bernd Sibler ist ein akribischer Arbeiter, der die einzelnen Herausforderungen der Hochschulen in der Regel bis ins Detail kannte und versuchte, die Probleme in seinem Haus zu lösen. Dass er eher ein Pragmatiker als ein Intellektueller ist, war sein Erfolgsrezept. Dass er manchmal belächelt wurde, vielleicht auch. Heute erwarte ich, dass er bald schmerzlich vermisst wird - vor allem von kleinen und mittleren Hochschulen.