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Wie wirkt sich BA.2. aus?

Die Corona-Zahlen sinken – aber sie sinken nur langsam. Immerhin geht es bei den Kindern und Jugendlichen weiter kräftig abwärts. Und es gibt positive Signale aus den Krankenhäusern.

ES GEHT WEITER ABWÄRTS mit den Corona-Zahlen, aber so richtig Dynamik entsteht dabei bislang nicht. Weil die Zunahme der noch ansteckenderen Omikron-Untervariante BA.2. die Abnahme von Subtyp BA.1. überlagert und zunehmend kompensiert? Diese Annahme liegt nahe, nur dass Deutschland wegen seiner mangelhaften Datenerhebung immer noch nur mit Wochen Verzögerung den Anteil bestimmter Varianten an allen Corona-Infektionen erfährt. 

 

Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), der Berliner Wasserbetriebe und des Laborunternehmens amedes hatten anhand von Abwasseruntersuchungen bereits vor drei Wochen den schnellen Anstieg von BA.2. beobachtet und für möglich gehalten, dass die neue Variante die Omikron-Welle verlängern werde. 

 

Modellierer der Technischen Universität Berlin schrieben vor einer Woche sogar, dass sie von Ende Februar an mit einem erneuten Anstieg der bundesweiten Infektionszahlen rechneten. Aber wie gesagt: auf der Grundlage der nur ungefähren Zahlen, die aktuell zur Verbreitung von BA.2. zur Verfügung stehen.

 

Und was lässt sich nun aus den vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Corona-Meldungen der vergangenen Woche tatsächlich herauslesen? Dreierlei.

 

Erstens: Die Omikronwelle wurde nicht verlängert, aber ihr Abbau geht langsamer vonstatten als bei vorigen Wellen – wobei dies nicht nur an BA.2., sondern auch an den zunehmenden Lockerungen liegen kann. Konkret: In der vergangenen Kalenderwoche 8 registrierte das RKI 1.063.759 Neuinfektionen bundesweit, 10,0 Prozent weniger als in der Woche davor. 

 

Zweitens: Eine erneute Trendumkehr ist bislang nicht zu erkennen, im Gegenteil: In den vergangenen Tagen beschleunigte sich die Abwärtsbewegung immerhin wieder leicht. Dies ergeben die meist etwas aktuelleren Corona-Zahlen des Online-Portals Risklayer. Gestern: -11,1 Prozent im Vergleich zum Montag vergangene Woche. Vorgestern: -13,0 Prozent weniger als sieben Tage zuvor.

 

Drittens: Die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern läuft stärker auseinander. Elf Bundesländer meldeten heute eine geringere 7-Tages-Inzidenz als vergangenen Dienstag, fünf berichteten einen Anstieg. Die Bandbreite reichte von -31,5 Prozent (Hamburg, Inzidenz jetzt: 548,2) bis hinauf zu +19,0 Prozent (Sachsen-Anhalt, jetzt: 1.816,0). Die weiteren Länder mit einem deutlichen Minus waren Rheinland-Pfalz (-26,2 Prozent auf 786,2), Hessen (-19,0 Prozent auf 921,5), NRW (-13,7 Prozent auf 1.026,6) und Bremen (-13,0 Prozent auf 711,9), die übrigen Länder mit einem Anstieg waren Sachsen (+0,5 Prozent auf 1.171,9), Mecklenburg-Vorpommern (+10,0 auf 1.538,8), Schleswig-Holstein (+13,8 Prozent auf 877,0) und Thüringen (+16,3 Prozent auf 1.294,9). 

 

Was ist noch bemerkenswert? Wiederum dreierlei: Die insgesamt positive Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen. Der Anstieg bei den Älteren. Und die allmähliche Beruhigung in den Krankenhäusern. 

 

Positiv ist, dass bundesweit die Zahl der registrierten Neuinfektionen von Schülerinnen und Schüler weiter besonders stark zurückgeht. In der vergangenen Kalenderwoche betrug das Minus bei den 5- bis 14-Jährigen 17,8 Prozent, bei den 15- bis 19-Jährigen 14,8 Prozent – gegenüber 10,0 Prozent gesamtgesellschaftlich. Nur bei den Kleinkindern zwischen 0 und 4 war der Rückgang mit 6,3 Prozent unterdurchschnittlich. Um die Größenordnung der Entwicklung einzuordnen: Einerseits ist die absolute Zahl der nachweislich neuinfizierten Schülerinnen und Schüler zwischen 5 und 14 mit 174.704 immer noch sehr hoch. Andererseits lag ihr Anteil an allen Neuinfektionen mit 16,4 Prozent um fast sechs Prozentpunkte niedriger als Ende Januar. 

 

Die Kehrseite der Entwicklung ist, dass die gemeldeten Neuinfektionen bei den 60- bis 79-Jährigen in der vergangenen Woche mit -0,8 Prozent stagnierten und bei den über 80-Jährigen mit 3,5 Prozent sogar anstiegen. Womit sich noch ein Trend der Vorwochen fortsetzt, der sich auch in den Krankenhäusern auswirkt. Während dort der Anteil junger Patienten mit nachgewiesener Corona-Infektion in Kalenderwoche 7 – das sind die neuesten RKI-Zahlen – gleich blieb (0 bis 4: 4,37 Prozent nach 4,36 Prozent in der Vorwoche) oder weiter sank (5 bis 14: 3,63 nach 4,08 Prozent), ging es bei den 60- bis 79-Jährigen erneut kräftig aufwärts (28,22 nach 26,37 Prozent), bei den über 80-Jährigen ebenso (31,45 nach 29,25 Prozent). 

 

 

Insgesamt nehmen die Krankenhaus-Neueinweisungen Corona-positiver Patienten erfreulicherweise kaum noch zu. Für Kalenderwoche 7 stehen zum jetzigen Zeitpunkt 6.654 Fälle in der RKI-Datenbank, vergangenen Dienstag waren es für Kalenderwoche 6 6.469. Hierbei muss man bedenken, dass die Zahlen für die einzelnen Wochen erst mit langer Verzögerung wirklich belastbar sind, deshalb geht es hier nicht um ihre absolute Höhe, sondern um ihre Relation. Auch ist unklar, wie viele der registrierten Neueinweisungen Covid-19 als Einweisungsgrund haben – oder ob Corona ein Nebenbefund war. Bei den hohen Inzidenzen stieg der Anteil der Nebenbefunde vor allem in den jungen Altersgruppen zuletzt mutmaßlich sehr stark an. Auf den deutschen Intensivstationen, deren Zahlen sehr viel aktueller und befundgenauer sind, wurden gestern 2.284 Corona-Patienten behandelt, 130 (5,7 Prozent) weniger)als eine Woche zuvor. Hier geht es sogar schon die zweite Woche in Folge abwärts. 

 

Von einer Überlastung des Gesundheitssystems kann also in keiner Weise gesprochen werden. Auch zeigen die Trend-Indikatoren bei den Krankenhaus-Einweisungen und auf den Intensivstationen in eine hoffnungsvolle Richtung (solange der Anstieg bei den Älteren nicht noch stärker wird).

 

Aber wie geht es jetzt weiter? Langsamer Abbau der Omikronwelle, sogar ein stärkeres Abwärts oder vielleicht doch nochmal ein Hochschnellen wegen BA.2.? Schwer zu sagen, weil die offiziellen Corona-Zahlen so wenig belastbar und widersprüchlich sind. Wenig belastbar: Noch immer sind die Testkapazitäten zu einem großen Teil ausgereizt, weniger erkrankte Menschen werden laut dem größten deutschen Labor-Verband ALM möglicherweise per PCR getestet. Widersprüchlich: In vielen Bundesländern geht es teilweise kräftig abwärts. Doch in einem Land – ausgerechnet dem, was mit als erstes in die Omikron-Welle startete und danach mit als erstes wieder Rückgänge meldete – steigen die Zahlen schon die zweite Woche in Folge. In Schleswig-Holstein. Vor zwei Wochen lag dort die 7-Tages-Inzidenz bei 755,6. Heute waren es 877,0. Nicht dramatisch, der Anstieg. Aber ein Anstieg. 

 



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