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Spart das BMBF bei der Hochschullehre?

Bund und Länder verhandeln über die Finanzierung von
Zukunftsvertrag und Exzellenzstrategie. Was aus der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz nach außen dringt. 

BUNDESFORSCHUNGSMINISTERIN Bettina Stark-Watzinger (FDP) will möglicherweise die Dynamisierung des Zukunftsvertrags um ein Jahr nach hinten schieben. 

 

Die Ampel-Parteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, dass die Hochschulen schon von 2022 an jedes Jahr mehr Geld für Studium und Lehre erhalten sollen – analog zu den außeruniversitären Forschungsorganisationen. Unter anderem der Max-Planck-Gesellschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft sichert der sogenannte Pakt für Forschung und Innovation (PFI) schon seit anderthalb Jahrzehnten ein jährliches Budget-Plus von zurzeit drei Prozent zu.

 

Die mögliche Verschiebung auf 2023 wurde gestern Abend in einer vertraulichen Runde der Wissenschaftsminister von Bund und Ländern diskutiert, die als sogenanntes "Kamingespräch" am Vorabend der heutigen offiziellen Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) stattfand. Es handelte sich um das erste Aufeinandertreffen Stark-Watzingers mit ihren Kolleg*innen aus den Ländern.

 

Dabei wurde klar, dass die Landesminister den BMBF-Vorstoß, man könne die Dynamisierung des Zukunftsvertrages doch vertagen, mehrheitlich ablehnten. Obwohl eine rückwirkende Erhöhung schon von diesem Jahr an auch die Länder rund 56 Millionen Euro zusätzlich kosten würde – genau wie den Bund. Wohl deshalb hatte Stark-Watzinger im Vorfeld der GWK-Sitzung mit weniger Widerstand gerechnet. Allerdings hatten die Wissenschaftsminister gestern auch noch nicht mit ihren Finanzministern gesprochen. Am Ende des Kamingesprächs soll Stark-Watzinger ihren Länderkolleg*innen ein Entgegenkommen bei der Frage nach dem Einstiegszeitpunkt in die Dynamisierung signalisiert haben (siehe hierzu auch den Nachtrag unten).

 

Die in Frage stehenden 56 Bundesmillionen erscheinen tatsächlich auch wenig angesichts eines geplanten BMBF-Gesamtbudgets von 20,3 Milliarden Euro in diesem Jahr, doch ist der Spardruck auch an anderer Stelle gewaltig, wie auch das Prestige-Projekt Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) bereits zu spüren bekam.

 

Und schaut man tiefer in den vom Bundeskabinett beschlossenen Haushaltsansatz für dieses Jahr, so entdeckt man: Auch die Stiftung "Innovation in der Hochschullehre" bekommt ihren Haushalt gekürzt. Statt der vorgesehenen 150 Millionen hat sie dieses Jahr nur 129 Millionen zur Verfügung – wegen eines von Christian Lindners Bundesfinanzministerium behaupteten Minderbedarfs, der dann doch wundert angesichts der Geschwindigkeit, mit der die Ausschreibungen der Stiftungen zuletzt überzeichnet waren.  

 

Käme nun noch die Verschiebung der Zukunftsvertrags-Dynamisierung, wäre es ein doppelt negatives Bundessignal für die Hochschullehre.

 

Mehr ExStra-Cluster, mehr Mitfinanzierung
durch die Länder?

 

Derweil haben sich auch die Akademien bereits im BMBF gemeldet mit der Nachfrage, warum der Ministeriumshaushalt für 2022 nicht die für sie ebenfalls vorgesehene jährliche Dynamisierung enthält. Ähnlich ergeht es dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH), deren institutionelle Förderung über das Auswärtige Amt ebenfalls von diesem Jahr an regelmäßig um drei Prozent steigen sollte. Tatsächlich sehen sie sich laut Haushaltsansatz aber dieses Jahr sogar mit Kürzungen im einstelligen Prozentbereich konfrontiert.

 

Gemischte Signale gab es am Donnerstagabend in Bezug auf die Zukunft der Exzellenzstrategie. Stark-Watzinger war zu einer Erhöhung der Cluster-Förderfälle Richtung 70 bereit – soll aber im Vorfeld des Kamins noch verlangt haben, dass die Länder ihren Anteil an der ExStra-Finanzierung um fünf Prozentpunkte auf dann 30 Prozent erhöhen würden. Am Ende erhob sie diese Forderung dann nicht mehr.

 

Derweil zeichnet sich ab, dass die von SPD und Grünen forcierte und im Ampel-Koalitionsvertrag angekündigte Stärkung kooperativer oder interdisziplinärer Clusteranträge nicht mehr auf kategorischen Widerstand auf Seiten der Unions-Wissenschaftsminister stoßen könnte. 

 

Strittig war im Vorfeld des Kaminabends auch, ob es zusätzliches Geld für die bereits in der Bund-Länder-Vereinbarung vorgesehene degressive Auslauffinanzierung "nicht fortgesetzter Förderfälle" geben soll, sowohl bei den Clustern als auch in der Förderlinie "Exzellenzuniversitäten". Denn nach derzeitigem Vereinbarungsstand müssten Bund und Länder das Geld dafür aus den bestehenden ExStra-Millionen herausnehmen – was ein Zehren von der Substanz wäre. 

 

 

Hier verliefen die Positionen weniger entlang von Parteilinien, sondern hingen vom tatsächlichen Vorhandensein bestehender Langzeit-Cluster in den jeweiligen Bundesländern ab.



Nachtrag am 1. April, 17 Uhr: 

Bei der offiziellen GWK-Sitzung am Freitag gab es einige Aufregung. Stark-Watzinger rückte offenbar zwischenzeitlich wieder von ihrer am Vorabend gemachten Zusage einer Dynamisierung des Zukunftsvertrags schon von 2022 ab, am Ende einigte man sich nach langen Gesprächen immerhin auf einen Zeitplan für die Verhandlungen und auf eine relativ weiches gemeinsames Bekenntnis zum "Ziel" des Koalitionsvertrages, den Hochschulen schon ab 2022 analog zum PFI mehr Geld zu zahlen. Was das wert sein wird, muss sich noch erweisen.

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