Die Kultusminister wollen sich "grundsätzlich und umfassend" mit der Lehrerbildung befassen. Wenn sie ihre eigenen Ambitionen ernst nehmen, müssten sie sich auf einen Masterplan Lehramt einigen. Ein Blick an die Humboldt-Universität könnte helfen.
ES WAR eine bildungspolitische Nachricht, die zwischen Corona, der Ukrainekrise und ihren Folgen für die Schulen fast untergegangen ist. Die Kultusminister haben Anfang März in Lübeck verabredet, dass sie sich "grundsätzlich und umfassend" mit der Zukunft der Lehrerbildung befassen wollen. Besonders Karin Prien, die CDU-Bildungsministerin von Schleswig-Holstein und zurzeit Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), soll diesbezüglich Druck gemacht haben. Neben der Frage, wieviele Studienplätze künftig nötig sein werden, könnten sich die Bildungspolitiker mit Unterstützung der Bildungsforschung erstmal seit vielen Jahren auch an die Strukturen der Lehrerbildung wagen. Sie zumindest hinterfragen. Vielleicht sogar etwas ändern.
Was überfällig wäre. Ein diesbezüglicher Vorstoß, ausgehend von den damaligen SPD-Schulsenatoren aus Berlin, Hamburg und Bremen, verhallte 2017 schnell. Die damalige Idee: im Kampf gegen den Lehrkräftemangel einen "Ein-Fach-Lehrer" zu etablieren, so dass etwa Absolventen von Kunst- und Musikhochschulen kein zweites Studienfach mehr bräuchten, sondern nur die zusätzliche pädagogische Qualifikation erwerben müssten, um als Lehrer eingestellt zu werden. Was schneller neue Pädagogen in die Schule gebracht hätte. Bei, so zumindest das Ziel, gleich guten Qualifikationen.
Reflexartiger Widerspruch
Doch der reflexartige Widerspruch ließ 2017 nicht lange auf sich warten. "Die Anforderungen zu senken, um den Lehrkräftebedarf zu decken, ist nicht der richtige Weg", zitierte die Berliner Morgenpost damals den Berliner Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Tom Erdmann. Gerade erst seien die Anforderungen für die Grundschullehrer in Berlin erhöht worden, die Einführung von Ein-Fach-Lehrern hätte Auswirkungen auf die Ausbildungszeit und somit auf die Bezahlung. Widerstand also vor allem aus Angst vor Lohndrückerei.
Indes: Hätte die Idee damals deutschlandweit Schule gemacht, könnten jetzt vielleicht in Berlin und anderswo schon die ersten Ein-Fach-Lehrer den Lehrkräftemangel lindern. Stattdessen ist dieser so empfindlich geworden, dass etwa in der Bundeshauptstadt seit 2018 zwei von drei Neueinstellungen keine gelernten Pädagogen mehr sind. Dass Berlin jetzt mit der Wiedereinführung der Verbeamtung reagiert, wird im Wettstreit der Bundesländer zwar mehr Lehrer zum Bleiben oder Kommen verlocken. Die dann aber anderswo entsprechend mehr fehlen. Der Lehrermangel verschiebt sich also etwas, wird jedoch auf ganz Deutschland betrachtet kein bisschen kleiner.
Denn das gegenwärtige bundesweite System der Lehrerbildung ist zu starr und unflexibel, um angemessen auf Veränderungen der Nachfrage nach Lehrkräften reagieren zu können – erst recht, da die KMK mit ihren Prognosen immer wieder danebenlag. Hinzu kommen die teilweise extrem hohen Abbrecherzahlen: An der Uni Greifswald etwa betrug die Schwundquote laut einer Studie nach zehn Semestern bis zu 85 Prozent, an den meisten Universitäten ist die Lage schlechter untersucht. Klar ist: Es werden immer mehr Seiten- und Quereinsteiger benötigt, die wiederum mühsam nachqualifiziert werden müssen.
Dabei hätte schon der "Ein-Fach-Lehrer"-Vorstoß der Bildungssenatoren weitgehend den Vorschlägen entsprochen, die angesehene Bildungswissenschaftler seit langem machen. Der ehemalige Wissenschaftsratsvorsitzende Manfred Prenzel zum Beispiel, der hier im Blog ebenfalls 2017 einen Masterplan fürs Lehramtsstudium gefordert hatte – inklusive der Ansage, dafür müsse sich die Politik, "und vielleicht auch die Profession vom liebgewordenen, aber nur mit enormen Streuverlusten zu realisierendem Ideal des Mehr-Fach-Studiums verabschieden" – zumindest für das Lehramt auf der Sekundarstufe. Bekommt Prenzels fünf Jahre alte Forderung nach einem Masterplan mit dem jüngsten KMK-Beschluss nun doch noch eine Chance?
Welche Ziele ein Masterplan Lehramt haben müsste
Die Hauptziele eines solchen Masterplans wären jedenfalls klar. Erstens müsste die KMK zielgenauere, bundesweit abgestimmte Prognosen zum Schüler- und Lehrerbedarf abliefern, heruntergebrochen auf Fächer und Schularten. In der Hinsicht immerhin sind die Länder schon wichtige Schritte vorangekommen. Zweitens: Die Formel "Geburten=Schülerzahlen in sechs Jahren" stimmt leider nicht, weil vor allem Einwanderungswellen und veränderte Schulstrukturen (von G9 über Inklusion bis zum Ganztag) selbst die methodisch besten Berechnungen durchkreuzen können. Deshalb müsste die Lehrkräftebildung selbst schneller auf Änderungen beim Lehrerbedarf reagieren. Und das drittens, bei gleichbleibend hoher, möglichst noch steigender Qualität. Viertens müssten die Zugänge zum Lehrerberuf diverser werden: mehr Männer, vor allem im Grundschulbereich, mehr Studienanfänger aus Einwandererfamilien.
Wie könnte nun eine Reform zur Umsetzung eines solchen Masterplans aussehen? Am realistischsten wäre wohl ein neues Nebeneinander des vorhandenen Systems von Bachelor- und Master-Studiengängen mit reinen Lehramts-Masterstudiengängen, die auf vorhandenen Nicht-Lehramtsstudiengängen aufbauen. Und auch wenn der Verstoß der Schulsenatoren 2017 nicht den großen Wurf nach sich zog: Letztere Studiengänge gibt es längst.
Den sogenannten Q-Master an der Berliner Humboldt-Universität zum Beispiel, ein bundesweites Pilotprojekt, der sich als erster sogar an die besonders komplexe Drei-Fach-Struktur des Grundschullehramts herangewagt hat. Q steht für "Quereinstieg", und damit ist die Kernidee bereits umrissen: Seit 2018 können sich Studierende auch ohne vorangegangenes Lehramtsstudium vollwertig zu Grundschullehrern ausbilden lassen. Auf der Grundlage eines Hochschulabschlusses außerhalb des Lehramts.
Flexibler, diverser und genauso gut
Was bedeutet, dass sie nach dem Entschluss, Lehrer zu werden, idealerweise innerhalb von zwei statt fünf Jahren ins Referendariat gehen können (siehe oben, Ziel 2). Eine Evaluation, durchgeführt von HU, Bertelsmann-Stiftung und Universität Potsdam, zeigt nun: Die Absolventen erreichen von ihren fachlichen und didaktischen Kompetenzen ähnliche Niveaus wie traditionelle Lehramts-Studierende (Ziel 3). Und sie sind dabei eine demographisch buntere Gruppe (Ziel 4). Die Ergebnisse der Evaluation werden heute veröffentlicht.
Doch der Reihe nach. Wer sich für den Q-Master einschreiben will, muss mindestens sechs Semester studiert, also einen Bachelor gemacht haben. Fach beliebig, dazu mindestens 75 Stunden Praktikum an einer Grundschule. Wenn jedoch nicht Deutsch oder Mathematik (oder, für den Schwerpunkt Sachunterricht, Biologie, Chemie, Physik, Geografie, Geschichte oder Sozialwissenschaften) studiert wurde, müssen jeweils mindestens 20 Kreditpunkte in Deutsch, Mathematik und Sachunterricht nachgewiesen werden. Die können freilich vor Studienbeginn auch in einem sogenannten Zertifikatsstudium an der HU nachgeholt werden, in bis zu zwei Semestern. Also größtmögliche Flexibilität. Der Masterstudiengang läuft dann von seinen Inhalten genauso ab wie der normale HU-Lehramts-Master.
Und jetzt wird es spannend: Die Forscher haben 111 Q-Studierende nach ihren Einstellungen und Erfahrungen vor und während des Studiums befragt und dazu Kompetenztests machen lassen. Dazu weitere 214 traditionelle Lehramt-Masterstudierende als Vergleichsgruppe. Das Ergebnis: Nicht nur starten die Q-Studierenden von ihren fachlichen und didaktischen Kompetenzen auf demselben Niveau wie ihre Kommilitonen im regulären Lehramts-Master, sie lernen auch fast genauso viel dazu.
Was übrigens deprimierenderweise in Bezug auf die Naturwissenschaftsdidaktik bedeutet: genauso wenig. Denn dort stellte das Evaluationsteam über den Verlauf des Masterstudiums keinerlei signifikanten Kompetenzzuwachs fest. Bei keiner der beiden Gruppen (woraus die HU übrigens schon Konsequenzen gezogen und eine Änderung der Studienordnung auf den Weg gebracht hat). Vorteile hatten die regulären Studierenden am Ende des Masters nur beim naturwissenschaftlichen Fachwissen – wohl, weil unter den Q-Studienanfängern viele einen sozialwissenschaftlichen Bachelor absolviert hatten. Dafür hatten Q-Studierende neben dem Studium schon mehr pädagogische Praxiserfahrung.
Sicherer im Umgang mit Unterrichtsstörungen
Frappierend ist auch: Sowohl traditionelle als auch Q-Masterstudierende waren laut Umfrage zufrieden mit dem Studienverlauf und den Studieninhalten, hatten aber gleichermaßen den Eindruck, nur mäßig auf den Schulalltag vorbereitet zu sein. Wobei sich Q-Studierende sicherer fühlten in der Kommunikation und im Umgang mit Unterrichtsstörungen und mit Konflikten im Kollegium – Folge der zusätzlichen pädagogischen Praxiserfahrung?
Vielleicht auch der allgemeinen Lebenserfahrung: Denn Q-Studierende waren mit 34 im Mittel fünf Jahre älter als reguläre Lehramt-Masterstudierende. Ein enormer Unterschied.
Die demographische Bandbreite ist nicht nur beim Alter höher, sondern auch in anderer Hinsicht. Bei traditionellen Lehramtsstudierenden liegt der Anteil von Einwanderern mit 2,4 Prozent erschreckend niedrig. Bei den Q-Studierenden mit elf Prozent aber fast fünfmal so hoch. Und zumindest ein paar mehr Männer sind auch dabei: 13,5 statt 10,4 Prozent.
Mehr Flexibilität, ähnliche Kompetenzniveaus und (je nach Dimension etwas bis deutlich) mehr Vielfalt: So lässt sich die Bilanz des Q-Masters an der Berliner Humboldt-Universität zusammenfassen.
Nicht Ersatz, aber dauerhafte Ergänzung
Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen für die große Bestandsaufnahme, die die Kultusminister vorhaben?
Zunächst einmal diese: Ersetzen, sagt Detlef Pech von der HU, könnten Q-Master das reguläre Lehramtsstudium nicht, schon aus pragmatischen Gründen. Denn würden alle künftigen Lehrer zunächst einen beliebigen Bachelor machen, anschließend gegebenenfalls ein Zertifikatsstudium und dann erst den Lehramtsmaster, würde sich die Gesamtqualifikationszeit im Schnitt verlängern. "Das ist meines Erachtens angesichts der im europäischen Vergleich schon jetzt langen Lehrerausbildung nicht zu rechtfertigen", sagt Pech.
Hinzu komme, dass jede einzelne Bewerbung und Vorqualifikation vor dem Q-Masterstudium genau geprüft werden müsse. "So anders und spannend die Lehre zu Demokratiebildung oder zu naturwissenschaftsbezogenem Lernen in der Grundschule verläuft, wenn einem eine Diplom-Ingenieurin oder ein Masterabsolventen der Sozialwissenschaften gegenübersitzt, so hoch bleibt doch der Verwaltungsaufwand, weil einzelfallbezogen."
Doch dann kommt das große Aber. "Zu diskutieren", sagt Pech", wäre tatsächlich, inwieweit so ein universitärer Quereinstieg angesichts der erfolgreichen Qualifikation, die wir in der Studie sehen, eben nicht nur auf Zeiten des Lehrkräftemangels beschränkt werden sollte, sondern als ergänztes Regelangebot in der Lehrkräftebildung etabliert werden könnte."
Genau das wird nun Aufgabe der Kultusminister sein. Zu prüfen, ob einerseits dort, wo es Sinn ergibt, "Ein-Fach"-Lehramtsmaster auf passenden Nicht-Lehramtsstudiengängen aufsetzen könnten. Und
andererseits, ob und wie Q-Masterstudiengänge den Zugang aus dem Bachelor auch im Grundschulbereich flächendeckend erweitern können. Neben traditionellen Lehramtsstudiengängen, bestehend aus
Bachelor und Master, deren Curricula ebenfalls durchforstet gehören, etwa auf ihre oft noch wenig ausgeprägte Behandlung digitaler Medien. Was dann noch fehlt, ist eine Option für Lehramts-Studierende, die nach dem
Bachelor oder sogar erst nach dem Master feststellen, dass der Lehrerberuf doch nicht das Richtige für sie ist. Denn für diese ist der Wechsel in einen anderen Master, sagt Pech, derzeit
ebenfalls sehr schwierig.
Gut abgestimmt und kombiniert könnten die Kultusminister aus all diesen und weiteren Elementen einen echten und mutigen Masterplan Lehramtsstudium entwickeln. Mutige Projekte wie der Berliner Q-Master zeigen: Der Reformeifer kann sich lohnen.
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Walther Holler (Dienstag, 05 April 2022 17:03)
"Das Ergebnis: Nicht nur starten die Q-Studierenden von ihren fachlichen und didaktischen Kompetenzen auf demselben Niveau wie ihre Kommilitonen im regulären Lehramts-Master, sie lernen auch fast genauso viel dazu."
Das hat man durch Befragungen der Betroffenen nach ihren Einstellungen und Erfahrungen herausgefunden? Respekt.
Jan-Martin Wiarda (Dienstag, 05 April 2022 18:37)
@ Walther Holler:
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Gern noch einmal im Artikel nachlesen. Es gab Befragungen und Kompetenztests.
Viele Grüße
Ihr J-M Wiarda
Walther Holler (Dienstag, 05 April 2022 19:35)
Danke!
Dieter Meschede (Mittwoch, 06 April 2022 12:06)
In den MINT-Fächern beobachten wir seit längerem, dass die Absolventen des Lehramtstudiums ihr eigenes Fach gar nicht mehr beherrschen. Dieser Umstand kann durch noch so viel Pädagogik - die ohne Zweifel notwendig ist - nicht wettgemacht werden. Der Einfach-Lehrer, insbesondere die Kombination Fach-Bachelor mit Nebenfach Pädagogik sowie ein darauf folgender dedizierter und intensiver Lehramt-Master, könnte dieses Studium deutlich attraktiver machen. Und es wäre kompatibel mit dem direkten Einstieg in den LA-Master für bereits im Beruf stehende Personen.
Prima, dass Sie dieses wichtige Thema ansprechen. Die naturwissenschaftlichen Fachgesellschaften (DMV, DPG, GdCH, ...) haben dafür breite Sympathien.
René Krempkow (Mittwoch, 06 April 2022 15:17)
Es gibt - neben den o.g. dankenswerterweise deutlich benannten - noch weitere Gründe, warum bei traditionellen Lehramtsstudierenden eine tendenziell deutlich geringere Diversität bzgl. Alter, Einwanderungshintergrund u.ä. vorliegt: Bei solchen Studierenden ist häufiger die Studienfinanzierung prekär(er), u.a. wegen der BAFöG-Altersgrenze, aber auch wegen häufiger(er) Notwendigkeit zum Jobben, längerem Studium und damit häufigerem Herausfallen aus dem BAFöG wegen Überschreitung der Förderhöchstdauer. Dies lässt sich dann auch empirisch in einer deutlich geringeren Übergangsquote von Lehramts-Bachelorstudierenden mit höherer Studiendauer ins Lehramts-Masterstudium zeigen, wie eine andere Analyse der HU Berlin ergab (s. S. 18f. in: https://www.hu-berlin.de/de/absolventenstudie/ergebnisse-der-befragung-2014/krempkow_2017_in_schriftenreihe-zum-qm-an-hs_band9_-sonderauswertungba-ma-uebergang-_2017-07-17.pdf). Hierzu bleibt zu hoffen, dass die durch die neu gewählte Bundesregierung angekündigte größere BAFöG-Reform, die zumindest einige dieser Punkte angehen will, tatsächlich noch kommt.
Außerdem finden sich in der HU-Analyse neben der Studienzufriedenheit speziell für Lehramtsstudierende
signifikante Effekte für konkrete Aspekte der Lehrqualität: So geht eine bessere Bewertung der Vorbereitung auf den Beruf mit einer erhöhten Weiterstudienneigung in der
angestrebten Abschlussart Lehramt einher (ebd.).
Auch dies könnten also Ansatzpunkte für Maßnahmen sein, um diejenigen, die sich bereits für ein Studium mit Lehramt(-option) entschieden haben, stärker auch in diesem zu halten und letztlich mehr, besser ausgebildete (und nicht zuletzt zufriedenere) Lehramtsabsolventen zu erreichen.
Und was die eingangs geforderten durch die KMK zu erstellenden zielgenaueren bundesweit abgestimmten Prognosen betrifft, gab es dazu vor einigen Jahren bereits Versuche, die Weiterentwicklung solcher KMK-Prognosen am Beispiel von Studienanfängerzahlprognosen anzustoßen (https://www.researchgate.net/publication/303947317). Die KMK sah aber offenbar selbst keine Weiterentwicklungspotenziale, nunja... ;-)
JW (Freitag, 08 April 2022 10:05)
Lieber Herr Wiarda,
vielen Dank, dass Sie die schöne Idee des "Ein-Fach-Lehramts" noch einmal aus der Versenkung heben. Die Idee könnte auch sehr hilfreich sein, dem Lehrkräftebedarf an den beruflichen Schulen zu begegnen.
Neben den lehramtsspezifischen Masterstudiengängen (die wohl pädagogisch/fachdidaktisch ausgerichtet sein würden) müsste verstärkt in die Etablierung weiterbildender Masterstudiengänge investiert werden. Damit könnten insb. die sog. "Ein-Fach-Lehrkräfte" dann neben einer Unterrichtstätigkeit in Teilzeit (beispielsweise im Rahmen des Beamtenverhältnis auf Probe) die Fakultas für ein weiteres Fach erwerben. Die gelegentlich auftretende "Zertifikateritis" ist mit Blick auf die durch Bachelor- und Master im Gegensatz zu den einstufigen Staatsexamensstudiengängen mögliche Flexibilisierung von Studienverläufen Murks.
Höchste Priorität sollte aber die Binnenstruktur der für ein Lehramt qualifizierenden Studiengänge haben. Hier ist auch mehr politische Steuerung erforderlich. Es kann nicht angehen, dass die Hochschulen nur ein paar allgemeine (und teilweise auch noch hinderliche Vorgaben) bekommen, mit den strukturellen Details dann aber allein gelassen werden. Dies geht dann immer zulasten der Lehramtsstudiengänge im Verhältnis zu den fachlich orientierten Studiengängen aus. Ich kann hier mangels Kenntnis der Details in anderen Bundesländern nur für NRW sprechen. Hier sind bereits die Bachelorstudiengänge maßlos mit lehramtsspezifischen Elementen überladen. Die Entscheidung für das Lehramt muss damit bereits mit der Bewerbung für das erste Fachsemester fallen.
Überdies sollte überdacht werden, ob man nicht generell bei der Zahl der Fächer (in NRW beim LA GS: 3 Fächer und beim LA SoPäd zwei Fächer und zwei sonderpädagogische Fachrichtungen) eine Reduktion vornimmt. Die gegenwärtige Struktur führt dazu, dass sich einfach viel zu viele Studierende im Laufe des Studiums verzetteln und dann irgendwann aufgeben.
David J. Green (Dienstag, 12 April 2022 12:58)
Für ein neues Produkt ist es ungemein wichtig, einen wohlklingenden Namen zu finden. Meines Wissens ist aber „Ein-Fach-Lehrkraft“ negativ belegt, da mit einer niedrigeren Besoldung verbunden. Stattdessen sollten wir von „Doppelfach-Lehrkräften“ sprechen.
Ansonsten: Vielen Dank, lieber Herr Wiarda, dass Sie dieses wichtige Thema wieder aufgreifen. Wenngleich ich schon seit längerem dafür plädiere, dass die Qualifizierung für das Mathe-Lehramt in der Sekundarstufe ausschließlich auf dem oben beschriebenen Weg zu erlangen sein sollte, bin ich weniger sicher, ob das für alle Fächer gelten müsste. Jedes Fach hat die eigene Fächerkultur, und dazu gehört, dass manche Fächerkombinationen sich gegenseitig befruchten können. So wie Sie allerdings die Evaluationsergebnisse vorstellen, müsste man sämtliche naturwissenschaftliche Fächer zu Doppelfächer erheben.