Bund und Länder haben sich geeinigt: Die Exzellenzstrategie wird ausgeweitet, die Dynamisierung des Zukunftsvertrags kommt. Das Ergebnis kann sich unter den Umständen durchaus sehen lassen. Trotzdem bleiben Fragen offen.
Erstmals tagte die GWK in München – und zwar hier: im Amerikahaus. Foto: Rufus46, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons.
DAS KAMINGESPRÄCH brachte den Durchbruch. Bis nach Mitternacht saßen die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern am Donnerstagabend in Münchner Amerikahaus zusammen, dann stand fest: Der Bund hält Wort. Größtenteils jedenfalls. Wodurch das mit Spannung erwartete Ergebnis der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) besser ausfällt als zwischenzeitlich befürchtet.
Vor allem beim Zukunftsvertrag sah sich Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) dem überraschend einheitlichem Druck aller Landeskollegen gegenüber, die unabhängig von ihrer parteipolitischen Herkunft auf doppelte Einhaltung pochten: a) der im Ampel-Koalitionsvertrag angekündigten sogenannten Dynamisierung des Zukunftsvertrags Studium und Lehre (ZSL), sprich: einer Erhöhung um drei Prozent pro Jahr künftig jedes Jahr – wenn nicht von 2022 an, dann zumindest ab 2023. Und b) der bereits 2019 in der GWK vereinbarten einmaligen Stufe im ZSL auf 2,05 Milliarden Bundesmittel, und zwar ohne Anrechnung auf die Dynamisierung.
Über den Zukunftsvertrag überweist der Bund zurzeit 1,88 Milliarden Euro pro Jahr für die Hochschullehre, die Länder legen laut Vereinbarung dieselbe Summe dazu. Er ist das Nachfolgeprogramm für den Hochschulpakt 2020, der seit 2007 Hunderttausende zusätzliche Studienplätze finanziert hatte.
Stark-Watzinger wandte im Kamingespräch ein, sie habe das nötige Geld nicht im Haushalt stehen, doch schließlich kam sie den Ländern doch sehr weit entgegen. Die Einigung musste dann bei der
offiziellen GWK-Sitzung am Freitagvormittag nur noch amtlich besiegelt werden: Es gibt die drei Prozent plus, allerdings wie erwartet erst im Jahr 2023 (+56,4 Millionen Euro auf 1,9364
Milliarden). 2024 folgt die bereits festgelegte Stufe (+113,6 Millionen auf 2,05 Milliarden). Im Jahr 2025 dann der zweite bedingte Abstrich: Nur +1,5 Prozent gegenüber 2024 auf
2,0875 Milliarden. Bevor es 2026 und 2027 wieder jeweils drei Prozent Aufwuchs gibt: auf 2,1432 bzw. 2,2075 Milliarden Euro.
Kleiner Schlagabtausch
bei der Pressekonferenz
"Heute ist in schwierigen Zeiten ein guter Tag für die Wissenschaft", sagte BMBF-Chefin Stark-Watzinger, die dieses Jahr zugleich Vorsitzende der GWK ist, bei der anschließenden Pressekonferenz am Mittwoch. Angesichts der angespannten Haushaltslage sei die Dynamisierung des ZSL nicht selbstverständlich. "Der Beschluss ist ein Meilenstein für die Qualität von Studium und Lehre, wie es der Koalitionsvertrag vorsieht." Sie appellierte an die Hochschulen, die zusätzlichen Mittel für mehr Dauerstellen, einen höheren Frauenanteil am wissenschaftlichen Personal und die weitere Modernisierung der Lehre zu nutzen.
Ein wenig von der Anspannung des Vorabends war bei der Pressekonferenz durchaus noch zu spüren. "Die Länder haben unabhängig von der Farbe, auch die Länder ohne die Ampelfarbe, den Bund ermutigt, den Koalitionsvertrag einzuhalten", kommentierte Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU), süffisant, woraufhin Stark-Watzinger spontan reagierte: "Die Haushälter aller Farben haben uns auch was mitgegeben."
Natürlich reichen die drei Prozent nicht, um die Inflation aufzufangen, das behaupteten auch Stark-Watzinger und Blume nicht. Es müsse darum gehen, die Inflation herunterzubekommen, sagte Blume, der zugleich stellvertretender GWK-Vorsitzender ist. Dann hätten die drei Prozent auch wieder ihren Wert.
Doch ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen schon bemerkenswert, dass der Bund internen Berechnungen zufolge beim ZSL bis 2027 338 Millionen Euro drauflegt. Zugleich ist damit das entscheidendes Signal gesetzt, das zwischenzeitlich, so fürchteten die Landeswissenschaftsminister, verloren zu gehen drohte: Es bleibt bei der 3-Prozent-Dynamisierung. Mindestens. Denn 2027 soll neu verhandelt werden – abhängig vom Stand der Geldentwertung könnte es dann noch mehr werden. Heißt es zumindest aus dem Länderlager.
Berlins Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) kommentierte am Nachmittag, es sei ein großer Erfolg, dass der Bund beim ZSL deutlich über die in Aussicht gestellten 210 Millionen Euro zusätzlich hinausgegangen sei. Dieser Dynamisierung stünden aber erhebliche Preis- und Kostensteigerungen für die Hochschulen gegenüber. "Wir werden deshalb weiter mit dem Bund dazu im Gespräch bleiben."
70 ExStra-Cluster und
breitere Antragstellung
Bei der Exzellenzstrategie hatte es schon länger keinen Streit mehr gegeben, doch herrschte auch hier bis Donnerstagabend eine Rest-Unsicherheit. Weil der Bund im Vorfeld angedeutet hatte, dass er nur alle Vereinbarungen gemeinsam besiegeln werde. Da dies, siehe oben, beim Zukunftsvertrag gelang, stand am Ende auch bei der ExStra fest: Es wird in der nächsten Runde 70 Cluster geben, und jeder dieser Forschungsverbünde wird mit 7,7 Millionen Euro dotiert. "Wir wollten bewusste einen neuen Umbruch, neue Möglichkeiten, neuen Hochschulen eine Chance geben", sagte Blume bei der Pressekonferenz. Daher sei die "Erweiterung des Wettbewerbsraums bei der ExStra entscheidend gewesen. Bund und Länder legten mit 154 Millionen Euro einen "signifikanten Betrag" zusätzlich drauf, um die Cluster "umfänglich und auskömmlich" zu finanzieren. Auch sei gesichert, dass die Zahl der Exzellenzuniversitäten auf bis zu 15 anwachsen könne.
Stark-Watzinger sagte, durch die Erhöhung der Cluster-Zahl hätten dann auch neue Antragsteller und Universitäten bessere Chancen, die bisher nicht gefördert wurden. "Angesichts dieser verbesserten Rahmenbedingungen freuen wir uns auf einen Wettbewerb mit vielen neuen Initiativen, die sich mit innovativen Ansätzen gerade auch aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen widmen." Denn das ist zweite Veränderung an der Bund-Länder-Vereinbarung zur Exzellenzstrategie, die heute beschlossen wurde: Künftig können mehr Universitäten an einem Cluster beteiligt sein, wodurch kleine und mittlere Standorte eine größere Chance auf einen Erfolg erhalten sollen. Und Interdisziplinarität wird als Qualitätsmerkmal bei der Antragstellung stärker als bislang betont.
Vor allem Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen hatten sich seit Jahren hierfür stark gemacht. Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) sagte, sie freue sich, "dass auch der Einsatz Hessens gemeinsam mit den Bundesländern Bandenburg und Mecklenburg Vorpommern gefruchtet hat. In komplexen Krisen benötigen wir mehr Interdisziplinarität und Kooperation." Und Brandenburgs SPD-Wissenschaftsministerin Manja Schüle sagte: "Mit der Ausweitung der Möglichkeiten für Universitäten, auch als Verbünde von drei oder vier Mitantragstellern in Exzellenzclusteranträgen aufzutreten, haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, künftig die Potentiale der verteilten Exzellenz noch besser auszuschöpfen." Auch kleine und mittlere Universitäten müssten damit nicht auf die Rolle als bloße Kooperationspartner reduziert bleiben und würden in ihrer Chance gestärkt, ihre Leistungsfähigkeit im Wettbewerb unter Beweis zu stellen. "Das war mir besonders wichtig – gerade auch mit Blick auf die Hochschulen in Ostdeutschland."
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wird voraussichtlich schon am 15. Dezember die nächste Cluster-Runde ausschreiben, die Ausschreibung für Neuaufnahmen in die Förderlinie Exzellenzuniversitäten soll Ende März 2024 folgen.
Außerdem beschlossen Bund und Länder in der GWK, dass die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wie geplant in die dritte Runde geht: Alle acht positiv bewerteten Konsortien werden
pünktlich aufgenommen – nachdem es im Sommer Befürchtungen gegeben hatte, hier könnte gekürzt werden. Schließlich einigten sich Bund und Länder, die
NaKO-Gesundheitsstudie fortzuführen – dafür fließen 127 Millionen Euro für weitere fünf Jahre bis 2027.
Auch das Professorinnenprogramm wird bis mindestens 2030 fortgeführt. Die nächste – vierte – Phase werde unter anderem die Fakultäten an den Hochschulen und das
Berufungsmanagement stärker in den Blick nehmen, sagte Stark-Watzinger. "Dass wir dafür gemeinsam mit den Ländern insgesamt 320 Millionen Euro in den nächsten acht Jahren zur Verfügung
stellen, ist ein wichtiges Signal für die Gleichstellung an den Hochschulen." Insbesondere für kleinere und mittlere Hochschulen seien die Beteiligungschancen verbessert worden, sagte Markus
Blume.
Debatten um Energie-Rettungspaket
und Soforthilfe für Studierende
Lange Diskussionen gab es beim GWK-Kaminabend Teilnehmern zufolge ums Energie-Rettungspaket und um die bislang ungeklärte Auszahlung der 200-Euro-Soforthilfe an die Studierenden. Während die Erleichterung in den Ländern groß war, dass Bildung und Wissenschaft bei den Preisbremsen berücksichtigt werden, übten viele Wissenschaftsminister Kritik an den getroffenen Härtefall-Regelungen, die Schulen und Hochschulen außen vor lassen.
Auch unter Bildungseinrichtungen würden Härtefälle bleiben, sagte im Anschluss Hessens Wissenschaftsministerin Dorn. Für deren Bewältigung verweise die Bundesministerin jedoch auf die Länder und nehme aktuell lediglich die besonders energieintensiven außeruniversitären Einrichtungen in den Blick. "Damit wird leider dem Willen der Ministerpräsidentenkonferenz Anfang Oktober nicht Rechnung getragen", kritisierte Dorn. "Dort wurde ausdrücklich festgehalten, dass bei weiterem Hilfebedarf nach der Wirkung der Energiepreisbremsen auch Bildungseinrichtungen berücksichtigt werden sollen." Stark-Watzinger habe am Freitag in der GWK versichert, dass sie sich bei weiteren Unterstützungs-Paketen für die Verankerung von Bildung und Wissenschaft einsetzen werde, betonte Dorn weiter: "Wir nehmen die Bundesministerin beim Wort... und arbeiten auf Landesebene daran, wie wir mit bleibenden Lücken umgehen."
In Sachen 200-Euro-Soforthilfe für die Studierenden musste Stark-Watzinger einräumen, dass es dem BMBF seit September nicht gelungen sei, eine geeignete Auszahlungsmöglichkeit zu finden. Nun solle in Zusammenarbeit mit den Ländern eine "zentrale Plattform" entwickelt werden, so dass eine Überweisung an die über drei Millionen Berechtigten hoffentlich Anfang Januar 2023 erfolgen könne. Tatsächlich steht die Hilfe auch erst 2023 im Bundeshaushalt. "Hier ist leider recht viel Zeit vergangen seit der Ankündigung dieser Maßnahme durch den Bund", sagte Armin Willingmann, Wissenschaftsminister von Sachsen-Anhalt und Koordinator der SPD-Wissenschaftspolitik in den Ländern. "Aufgrund der berechtigten Erwartungen der Studierenden muss nun rasch Klarheit über den Auszahlungsmodus geschaffen werden." Ein Thema, bei der das BMBF noch Fragen wird beantworten müssen.
Weitere Stimmen zu den GWK-Entscheidungen:
Armin Willingmann, Wissenschaftsminister von Sachsen-Anhalt und Koordinator der SPD-Wissenschaftspolitik in den Ländern: "Mit dem jetzt erzielten Verhandlungsergebnis zum ZSL gehen Länder und Bund gemeinsam einen großen Schritt, um die Hochschulen in schwierigen Zeiten weiter zu unterstützen. Die Dynamisierung der Mittel bis zum Jahr 2027 war durch die Ampel-Koalition in Aussicht gestellt, die Stufen-Steigerung im Jahr 2024 bereits 2019 verabredet worden. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Ergebnis als ein angemessener Kompromiss dar. Das ist nicht nur in Zeiten erhöhter Inflation ein wichtiger Baustein für eine verlässliche, von den Hochschulen erwartete Finanzierung von Studium und Lehre. Neben der Förderung der Wissenschaft in der Breite hat die GWK heute mit der Weiterentwicklung der Exzellenzstrategie, die nicht zuletzt eine Erweiterung des Wettbewerbsraums bedeutet, zugleich ein positives Zeichen für die Zukunft der deutschen Spitzenforschung in der ganzen Republik gesetzt. Die Erweiterung der Anzahl förderfähiger Cluster auf 70 schafft gerade auch für neue Bewerbungen eine echte Chance auf Teilhabe. Dies gilt gerade auch für Länder, deren Wissenschaftseinrichtungen bislang noch nicht an der Exzellenzinitiative partizipieren konnten."
Schleswig-Holsteins Wissenschaftsministerin und KMK-Präsidentin Karin Prien (CDU): "Es ist gleichermaßen ein Erfolg und ein Kraftakt für Bund und Ländern, dass sowohl der Einstieg in die regelhafte Dynamisierung von drei Prozent und damit eine Gleichbehandlung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen und die für 2024 bereits 2019 verabredete Erhöhung um rund Prozent erreicht werden konnte. Ich bin erleichtert, dass gerade in schwierigen Zeiten Bund und Länder am Ende doch verlässlich und zugleich ambitioniert bei der Stärkung von Hochschulen und Wissenschaft an einem Strang ziehen. Das gilt für den Zukunftsvertrag und die Exzellenzstrategie."
NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU): "Klarer Gewinner der heutigen Beschlüsse sind die Hochschulen: Mit den zusätzlichen Mitteln beim ZSL erhalten sie finanzielle Planungssicherheit und bekommen so die Chance, mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dauerhaft zu beschäftigen. Mit der Erweiterung auf künftig bis zu 70 Exzellenzcluster bei der Exzellenzstrategie sorgen wir dafür, dass auch neue Themen und Hochschulen, die bisher nicht vertreten sind, eine angemessene Erfolgschance erhalten. Und mit der Fortsetzung des bundesweiten Professorinnenprogramms bis 2030 setzen wir den Weg hin zu einer geschlechtergerechten Hochschule fort. Frauen sollen künftig auf allen Qualifikationsstufen und in allen Fachbereichen angemessen repräsentiert sein. Trotz der angespannten Lage in den öffentlichen Haushalten setzen der Bund und die Länder damit ein klares Signal: Wissenschaft und Forschung sind unverzichtbar und wir tun unser Möglichstes, damit unsere klügsten Köpfe beste Bedingungen erhalten."
Die DFG-Präsidentin Katja Becker und die Wissenschaftsratsvorsitzende Dorothea Wagner kommentierten in einem gemeinsamen Statement, DFG und Wissenschaftsrat begrüßten die GWK-Beschlüsse zur ExStra-Weiterentwicklung. "Damit stehen nunmehr die Rahmenbedingungen für die zweite Wettbewerbsphase fest, und die Ausschreibungs- und Begutachtungsverfahren für beide Förderlinien können wie geplant starten. Vor allem mit dem nun vereinbarten Mittelaufwuchs ab 2026 sowie der Möglichkeit, künftig bis zu 70 Exzellenzcluster fördern zu können, wird die Dynamik im Wettbewerbsraum der Exzellenzstrategie auch in herausfordernden Zeiten erhalten. Ebenso zu begrüßen ist, dass daran festgehalten wird, in der nächsten Runde bis zu vier weitere Exzellenzuniversitäten beziehungsweise -verbünde zu fördern. Dies sind klare Signale für die Wissenschaft und die weitere Stärkung der Spitzenforschung an Universitäten in Deutschland."
Michael Hoch, Rektor der Universität Bonn und Vorstand des Universitätsverbundes German U15: "Die Beschlüsse sind ein überaus wichtiges Bekenntnis der Politik zu einem international wettbewerbsfähigen Hochschulsystem. Unser ausdrücklicher Dank dafür gilt Bund und Ländern. Mit zusätzlichen 154 Millionen Euro pro Jahr für neue Exzellenzcluster wird die Exzellenzstrategie fit für die Zukunft gemacht. Die kräftige Dynamisierung des Zukunftsvertrages trägt wesentlich dazu bei, die hohe Qualität von Studium und Lehre zu sichern. Die Fortschreibung des Professorinnenprogramms mit 320 Mio. Euro liefert einen unverzichtbaren Beitrag für die Gleichstellungsanstrengungen unserer Universitäten... Endlich wird der Zukunftsvertrag dynamisiert und damit dem Pakt für Forschung und Innovation gleichgestellt. Das ist nach der Verstetigung des Hochschulpakts im Jahr 2019 ein zweiter, entscheidender Paradigmenwechsel in der Bund-Länder-Finanzierung von Hochschulen... Es wird wichtig sein, dass die Dynamisierung auch nach 2027 fortgeschrieben wird."
Berlins Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne): "Die heute erreichten Ergebnisse sind für die deutsche Wissenschafts- und Hochschullandschaft – und damit auch für Berlin – ein starkes Signal. Vor allem, weil Bund und Länder trotz schwieriger Zeiten gemeinsamer die Wissenschaft einstehen und alles daran setzen, wichtige Weichenstellungen für die kommenden Jahre vorzunehmen."
Nicole Gohlke, stellvertretende Vorsitzende der linken Bundestagsfraktion und Sprecherin für Bildung und Wissenschaft: "Um mehr Qualität bei der Lehre zu erreichen, ist die Finanzierung eine Seite der Medaille. Es braucht einen deutlichen Fortschritt und Neustart beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz, der die Dauerbefristungspraxis endlich beendet. Appelle an die Hochschulen, von dem Geld doch bitte mehr Dauerstellen einzurichten, werden ins Leere laufen, wenn der Gesetzgeber keinen wirkungsvollen Rahmen schafft. Dass nach monatelangen Beratungen nun der Plan verkündet wird, ein Portal zu schaffen, mit dem zunächst einmal die Datengrundlage geschaffen werden muss, um anschließend die 200 Euro auszuzahlen, ist ein Offenbarungseid. Hier hat das BMBF offensichtlich zu lange gezaudert. Der Auszahlungszeitpunkt scheint weiterhin unbestimmt. Das ist für Studierende, die bereits jetzt am finanziellen Limit sind, zu wenig."
Nina Stahr und Laura Kraft von der grünen Bundestagsfraktion: Durch die Dynamisierung des ZSL "erhalten die Hochschulen deutlich mehr Mittel und können so den steigenden Studierendenzahlen, den Anforderungen der Digitalisierung und dem Bedarf an zusätzlichen Dauerstellen beim wissenschaftlichen Personal noch besser gerecht werden. Zusammen mit den Entlastungen im Rahmen der Strom- und Gaspreisbremse sowie der Soforthilfe im Dezember, die der Bund jetzt auf den Weg bringt, unterstützen wir damit unsere Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen in Krisenzeiten und machen unsere Gesellschaft insgesamt zukunftsfester. Um die Spitzenforschung hierzulande zu stärken, wird die Exzellenzstrategie ausgebaut und ermöglicht noch mehr Hochschulen, ihre exzellente Forschung voranzutreiben.... Nur mit exzellenter Forschung werden wir die großen Menschheitsaufgaben, vor denen wir stehen, bewältigen können – von der Bewältigung der Klimakrise über die Unabhängigkeit unserer Energieversorgung bis zum Aufhalten des grassierenden Artensterbens."
Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK): "Aufgrund des nun vereinbarten kontinuierlichen Aufwuchses steht fest, dass die Hochschulen mittel- bis langfristig deutlich mehr Mittel für eine moderne Gestaltung von Studium und Lehre und zugleich die dringend benötigte Planungssicherheit erhalten. Darüber hinaus trägt die Dynamisierung des Zukunftsvertrages der Bedeutung der Hochschulen für das gesamte Wissenschaftssystem Rechnung, weil sie die bestehende strukturelle Benachteiligung der Hochschulen im Abgleich mit den stetig wachsenden Haushalten der Forschungseinrichtungen abbaut. Bund und Länder stärken hier die Zukunftsfähigkeit der Bundesrepublik." Die Erhöhung der Gesamtzahl an Exzellenzclustern sichere "etablierten wie neu zu beantragenden Clustern auch in der nächsten Antragsrunde angemessene Erfolgsaussichten. Insgesamt bietet sich die Chance, die deutsche Spitzenforschung so auf ein noch breiteres Fundament zu stellen und gezielt zu unterstützen. Die HRK betrachtet diese Entscheidung als eine Anerkennung der zentralen Rolle der hochschulischen Forschung im Hinblick auf die Gewinnung neuen Grundlagenwissens und der Bewältigung gegenwärtiger gesellschaftlicher Herausforderungen."
Hamburgs grüne Bildungssenatorin Katharina Fegebank: "Der heutige Beschluss des Zukunftsvertrags Studium und Lehre ist ein großer Erfolg und ein klares Bekenntnis für die Wissenschaft in Deutschland und in Hamburg. Hochschulen sind das Herzstück unseres Wissenschaftssystems. Indem wir die Fördermittel im Zukunftsvertrag in jedem Jahr im Schnitt um drei Prozent erhöhen, erhalten die Hochschulen mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit in der Finanzierung. Das ist vor allem in Zeiten unsicherer Konjunkturaussichten ein wichtiges Signal. Es war lange überfällig, dass Hochschulen bei der Finanzierung mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen gleichgestellt wurden. Mit den heute erzielten Einigungen können wir unser Wissenschaftssystem in den kommenden Jahren sowohl in der Spitze als auch der Breite erfolgreich gestalten. Gemeinsam mit den Minister:innen der Länder sowie dem Bund haben wir bekräftigt, dass wir gemeinsam vorangehen und die richtigen Weichen für die Zukunft des Wissenschaftsstandorts Deutschland stellen."
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LeanderK (Freitag, 04 November 2022 15:27)
Schön dass jetzt wirklich jeder exzellent werden kann, endlich kriegt jedes Bundesland mindestens eine exzellente Universität und manche Bundesländern haben dann fast nur exzellente Unis. 70 Exzellenzcluster mit 7,7 Millionen Förderung ist doch ein schlechter Witz. Man sollte sich über andere Formen des Wettbewerbes Gedanken machen als einfach die Anzahl zu erhöhen, es verliert komplett an Wert und ist unterfinanziert. Da hat man dann am ende Ende eine komplett einsturzgefährdete Uni mit offiziellen Exzellenzstempel und ohne Gefahr dass sie diesen los wird. Kann man dann auch noch weiter vor sich hin siechen lassen und unterfinanzierten, Hauptsache irgendwo steht ein modernes Gebäude mit 5 auserwählten Professoren auf die man ganz schön stolz ist und von denen man dann auch allgemeine Exzellenz ableitet.
Wenn man realistisch ist dann hat nicht jede Uni und jedes Bundesland eine Chance auf Exzellenzcluster/-universität. Das muss man sich eigentlich eingestehen. Wenn dann manche Länder sich beschweren dass sie leer ausgehen liegt es vielleicht an harten Fakten und nicht daran dass der Wettbewerb falsch gestellt wurde.
Edith Riedel (Freitag, 04 November 2022 20:35)
Zur Klarstellung: ich gehe mal davon aus, dass es 7,7 Millionen pro EXC per annum sind. Bis jetzt konnte man pro Jahr bis zu 10 Millionen pro Jahr beantragen. Das hat kaum ein Cluster getan, also keine wirklich tiefgreifenden Änderung. Ansonsten kann ich Leander nur zustimmen. Die Exzellenzstrategie, konzpiert als Spitzenförderung, verkommt zur verkappten Aufstockung der Grundfinanzierung, die die Länder partout nicht auskömmlich leisten wollen. Das System ist krank.
Thomas (Samstag, 05 November 2022 01:46)
Und wieder eine Wissenschaftskonferenz vergangen, ohne dass der fundamentale Fehler im System angegangen wird.
Wann steht endlich einmal jemand auf und gesteht sich ein, dass die reine Exzellenzförderung der Hochschulen sinnfrei ist? Es kann nicht jeder Forschung auf Nobelpreisniveau liefern und das sollte man auch nicht erwarten.
Am Ende ist es doch andersrum: wer internationale Spitzenforschung im Land haben will, muss auf ein solides Forschungssystem aufbauen können. Gute Forschungspolitik würde weniger in Exzellenzcluster und dafür mehr in die Breitenforschung investieren. Und vielleicht sollte man sich auch mal überlegen was man bisher für die Ausbildung der erhofften künftigen Spitzenforscher tut. Zu wenig Bafög und Wissenschaftszeitvertragsgesetz sind da nicht gerade förderlich.
Piet (Montag, 07 November 2022 14:26)
lieber herr wiarda,
ich habe eine frage und - im eigentlichen sinne dieser kommentarfunktion - auch einen kommentar. zunächst die frage:
sie schreiben zur exzellenzstrategie: "Es wird in der nächsten Runde 70 Cluster geben, und jeder dieser Forschungsverbünde wird mit 7,7 Millionen Euro dotiert."
aber ist es nicht vielmehr so, dass die 7,7 mio. € einen durchschnittswert darstellen und es auch weiterhin die möglichkeit geben wird, cluster in einer spanne von 3 - 10 mio. € p.a. zu beantragen?
mein kommentar bezieht sich eigentlich auf Ihren text "Ein relatives Happy End", passt thematisch aber auch hier. sie schreiben zur aufgestockten exstra-finanzierung, dass "statt 57 künftig 70 der begehrten Exzellenzcluster gefördert werden können". hier scheint mir eine ebenso wichtige botschaft zu sein, dass es sich eigentlich nicht um einen anstieg von 57 auf 70 handelt, sondern um einen anstieg von 45 auf 70. denn wir erinnern uns: der bisherigen bund-länder-vereinbarung lag eine finanzierung von ca. 45 clustern zugrunde, die dann in der auswahlsitzung mit der förderung von 57 clustern gesprengt wurde und zur Folge hatte, dass alle geförderten cluster ihre budgets pauschal um 19 prozent kürzen mussten. die entscheidung zum mittelaufwuchs lässt also hoffen, dass geförderte cluster künftig von derartigen pauschalkürzungen verschont bleiben.
gruß
piet
Jan-Martin Wiarda (Montag, 07 November 2022 18:06)
Lieber Piet,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie haben vollkommen Recht, das war in der Eile des Gefechts am Freitag verkürzt dargestellt. Es sind nicht fixe 7,7 Millionen Euro pro Cluster, sondern im SCHNITT 7,7 Millionen Euro pro Cluster, die konkreten Summen werden unterschiedlich sein.
Beste Grüße
Ihr J-M Wiarda