BMBF-Beamte haben die Abrechnungspraxis für Spesen- und Repräsentationskosten in der Fraunhofer-Gesellschaft durchleuchtet – darunter viele Ausgaben von Fraunhofer-Präsident Neugebauer und seiner Frau. Was folgt nun aus dem Prüfungsbericht?
ES SIND BRISANTE DETAILS in dem bislang unveröffentlichtem BMBF-Prüfbericht, der dem Tagesspiegel zugespielt worden ist. Die Ministerialbeamten berichten darin von den Erkenntnissen, die sie bei ihren Besuchen in der Fraunhofer-Zentrale gesammelt haben.
Hat die Forschungsgesellschaft die Reise- und Repräsentationskosten ihrer Vorstandsmitglieder korrekt verbucht, und sind dabei alle eingesetzten Steuergelder entsprechend den geltenden Gesetzen und Regeln eingesetzt worden?
Diese Fragen sind deshalb von besonderer Bedeutung, weil vor wenigen Jahren der Bundesrechnungshof schon einmal Missstände bemängelt hatte, die vor allem auch die von Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer abgerechneten Spesen betroffen hatten. Woraufhin Fraunhofer viel Geld zurückzahlen musste an die Bundesregierung – und das BMBF Fraunhofer aufforderte, mithilfe neuer Maßnahmen seine Verfahren zu ändern.
Doch zeigt der neue Prüfbericht, über dessen Inhalt ich am Freitag im Tagesspiegel berichte, dass danach immer noch – zumindest nach Auffassung der prüfenden BMBF-Beamten – in zahlreichen Fällen Spesen nicht so abgerechnet worden sind, wie es nach Meinung des Ministeriums angemessen gewesen wäre.
Im Prinzip hatte das BMBF diesen Umstand schon im Oktober auf Anfrage mitgeteilt, aber ohne Einzelheiten zu nennen. Es hieß lediglich, man habe bei den Vor-Ort-Prüfungen "Mängel in der Umsetzung" der neuen Maßnahmen von festgestellt, durch die es zu "Besserstellungen von Reisenden" gekommen sei. Jetzt wird deutlich: Erneut fanden sich Neugebauer und seine Frau mit im Fokus der Ermittlungen wieder. Die Fraunhofer-Gesellschaft betont indes, man habe die öffentlichen Zuwendungsmittel "stets korrekt und rechtskonform eingesetzt".
Der langjährige Fraunhofer-Präsident steht vor allem seit seiner vorzeitigen, auf überraschende Weise zustande gekommenen Wiederwahl im August 2021 in der Kritik. Erst im Oktober hatte ich – ebenfalls im Tagesspiegel – über neue Vorwürfe gegen ihn berichtet. Demzufolge war Neugebauer in dem Imagefilm eines Unternehmens aufgetreten, dessen Anteilseigner er zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war. Was in dem Film jedoch keine Erwähnung fand – sehr wohl aber wurde Neugebauer darin als Fraunhofer-Präsident identifiziert. Er selbst hatte den Sachverhalt auf Anfrage im Kern eingeräumt, jedoch betont, bis heute nichts von der Veröffentlichung des Videos im Februar 2021 gewusst zu haben. In einer turnusmäßigen Senatssitzung erklärte Neugebauer wenig später seinen vorzeitigen Amtsverzicht – allerdings erst zu Ende September 2023.
Ist angesichts der Einzelheiten, die die BMBF-Beamten als Ergebnis ihrer Ermittlungen auflisten, den Verbleib an der Spitze von Fraunhofer noch so lange zu rechtfertigen? Wie reagiert jetzt das höchste Fraunhofer-Aufsichtsgremium, der Senat? Und wann positioniert sich Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP)?
Was genau drin steht in dem Prüfbericht, welche Vorwürfe die Beamten gegen Fraunhofer und Neugebauer erheben, und wie deren zum Teil erstaunlichen Antworten lauteten, lesen Sie im Tagesspiegel (allerdings hinter der Bezahlschranke).
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Kritischer Ruheständler (Mittwoch, 30 November 2022 13:05)
Was muß eigentlich noch geschehen, bevor man bei Spitzenbeamten wie dem Herr Neugebauer die Reißleine zieht? Wie sagt man so (un)schön: Provisorien halten sich am längsten.