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Mehr als ein Strohfeuer?

Die Zahl der studentischen BAföG-Empfänger steigt das zweite Jahr in Folge. Bildungsminister Stark-Watzinger zeigt sich erfreut. Doch was bedeutet die Statistik?

ZUM ZWEITEN MAL in Folge ist die Zahl der BAföG-Empfänger 2022 gestiegen. Ist das nun wirklich die so oft beschworene Trendwende, nachdem es zwischen 2013 bis 2020 Jahr für Jahr teilweise kräftige Rückgänge gegeben hatte?

 

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) spricht zumindest davon, dass sich der Aufwärtstrend "verstetigt" habe, worüber sie sich sehr freue. "Auch wenn die volle Wirkung erst im kommenden Jahr sichtbar wird, zeigen die Zahlen, dass die zum Wintersemester 2022/23 in Kraft getretene BAföG-Reform eine erste positive Wirkung entfaltet." Das BAföG sei eines der zentralen Instrumente zur Schaffung von Chancengerechtigkeit in Deutschland. "Deshalb haben wir es gleich zu Beginn der Legislaturperiode für mehr Menschen geöffnet und die Leistungen erhöht."

 

Konkret hatte die Ampel-Koalition die Freibeträge zum August 2022 um 20,75 Prozent hochgesetzt, der Förderhöchstbetrag stieg um 8,5 Prozent, der Wohnzuschlag um elf Prozent. Das Statische Bundesamt berichtet nun, dass die Zahl der geförderten Studierenden 2022 um knapp fünf Prozent kletterte, die Zahl der geförderten Schüler aber gleichzeitig um gut neun Prozent zurückging. Das sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass viele Fachschülerinnen und Fachschüler häufiger das Aufstiegs-BAföG genutzt hätten, betont das BMBF.

 

Im Gegensatz zur Ministerin sieht Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks (DSW), in den neuen Gefördertenzahlen jedoch lediglich einen vorerst gebremsten Sinkflug bei der Ausbildungsförderung: "Eine echte Trendwende hin zu deutlich mehr Studierenden, die BAföG beziehen können, benötigt einen langen Atem." Sie bleibe ein zentrales Versprechen der Bundesregierung, an dem sie gemessen werde. Deshalb sei es ein Fehler, wenn die Bundesregierung im Haushalt 2024 die Haushaltsmittel fürs BAföG herunterfahren wolle. "Nötig ist vielmehr, mit steigenden Freibeträgen, höheren Bedarfsätzen und der versprochenen Strukturreform neue, kräftige Impulse für ein besseres BAföG zu setzen. Dann gelingt auch der geplante Aufbruch."

 

Tatsächlich ist zunächst so positiv wie wenig überraschend, dass die Gefördertenzahlen angesichts der Erhöhung zunächst gestiegen sind. So hatte es vergangenes Jahr bereits das Fraunhofer-Instituts für angewandte Informationstechnik (FIT) prognostiziert und für 2023 weitere – allerdings nur leichte – Zuwächse vorausgesagt. FIT berechnet im Auftrag des BMBF und mit Hilfe eines Simulationsmodells regelmäßig die Gefördertenquote, die sich aus den jeweils aktuellen BAföG-Regeln ergibt. Und diese dient dem BMBF dann zur Haushaltsplanung. 

 

Das damalige Ergebnis im Detail: Ohne die Ampel-Reform ging FIT für 2022 von einer BAföG-Quote unter allen "dem Grunde nach" bezugsberechtigten Studierenden von 16,7 Prozent aus gegenüber 16,3 Prozent ohne BAföG-Reform. Für 2023 sollten es dann mit Reform sogar 17,4 Prozent werden. Gleichzeitig erwartete das Institut, Stand vergangenes Jahr, aber schon für 2024 wieder einen Rückgang auf 15,9 Prozent.

 

Es ist also kein Widerspruch, wenn das BMBF einerseits die Erhöhung feiert und das DSW sagt, da müsse schnell noch mehr kommen in Sachen Förderhöhe und einer Ausweitung der Förderberechtigten. Genau dieses Mehr steht jedoch nach dem im Juli vom Kabinett beschlossenen Haushaltsentwurf derzeit in den Sternen. 

 

Nachtrag am 07. August:

Auf die Frage, ob es nach der FIT-Prognose vom vergangenen Jahr bereits eine neue, aktualisierte Berechnung gebe, teilte das BMBF am Montag mit, die FIT-Prognosen würden "regelmäßig aktualisiert". Es handle sich um eine rein interne Planungsgrundlage für das jährliche Aufstellungsverfahren. "Derzeit gehen die Prognosen im Vergleich zu den Gefördertenzahlen des Statistischen Bundesamtes für 2022 von weiter steigenden Zahlen in 2023, dann jedoch von einem Rückgang in 2024 aus", sagte ein Ministeriumssprecher. Ganz offenbar gilt also die Prognose vom Vorjahr noch.   


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