Das BMBF hat seine BAföG-Novelle durch die Ressortabstimmung gebracht, nächste Woche soll sie ins Kabinett. Die Abgeordneten von Grünen und SPD haben umfangreichen Änderungsbedarf angemeldet – tut sich wirklich noch etwas?
EIGENTLICH HATTE die neueste BAföG-Reform des BMBF am 7. Februar das Bundeskabinett passieren sollen, doch die Ressortabstimmung zog sich, weil gleich zwei Ministerien einen Leitungsvorbehalt eingelegt hatten. Jetzt haben sich die Diskussionen innerhalb der Bundesregierung gelöst, voraussichtlich am 6. März wird das Kabinett die Novelle beschließen. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zeigte sich gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio erfreut: "Das war unser Versprechen, das BAföG zu modernisieren, anzupassen und deswegen bin ich sehr froh, dass wir unser Versprechen in dieser Legislaturperiode auch wirklich umsetzen konnten."
Eine selbstbewusste Formulierung, mit der Stark-Watzinger auf die bislang nur teilweise eingelösten Reform-Ankündigungen im Ampel-Koalitionsvertrag anspielt, doch auch die Ministerin weiß: Jetzt wird es noch einmal spannend. Die Koalitionspartner SPD und Grüne haben erheblichen Nachbesserungsbedarf angekündigt. Vor allem stört sie, dass Stark-Watzingers Ministerium nicht das zusätzliche Geld ausschöpft, das der Haushaltsausschuss des Bundestages ihr in seiner sogenannten Bereinigungssitzung für dieses Jahr zur Verfügung gestellt hat.
Die Novelle solle "den stark gewachsenen Lebenshaltungskosten der Studierenden sowie ihrer veränderten Lebens- und Studienrealität gerecht" werden, hatten die Parlamentarier gefordert. Doch enthält der Gesetzentwurf des Ministeriums zwar wichtige Reformelemente wie eine Studienstarthilfe, die Einführung eines Flexibilitätssemesters und die Erhöhung der Freibeträge um weitere fünf Prozent. Dafür fehlt eine Aufstockung der Bedarfssätze und der Wohnkostenpauschale, obwohl beide laut SPD, Grünen, aber auch etwa dem Deutschem Studierendenwerk den Preis- und Mietsteigerungen bei weitem nicht gerecht werden. Das BMBF hält dagegen: "Es stimmt nicht, dass die Inflation die letzte Erhöhung der Freibeträge bereits aufgefressen hat", sagte der parlamentarische Staatssekretär Jens Brandenburg (ebenfalls FDP) im Januar. Und dass man dieses Jahr nur 62 der zusätzlichen 150 Millionen Euro für die Reform eingeplant hat, liegt laut BMBF daran, dass die Folgekosten der Novelle in den nächsten Jahren deutlich höher lägen – und nicht finanziert seien.
"Eng abgestimmt
in die Verhandlungen gehen"
Demgegenüber hatte die SPD schon vor Wochen angekündigt, nach dem Kabinettsbeschluss Veränderungen im parlamentarischen Verfahren durchzusetzen. "Dann werden unsere FachpolitikerInnen – eng abgestimmt mit denen im Haushaltsausschuss – in die Verhandlungen gehen", sagte Haushälterin Wiebke Esdar. "Die SPD wird für weitere Verbesserungen für die Studierenden kämpfen." Der Haushaltsausschuss erwarte, dass das Ministerium genau prüfe, was nötig sei, um seine Bereinigungssitzungs-Beschlüsse zum BAföG in vollem Umfang umzusetzen. "Ob und wann wir gänzlich oder auch partiell Mittel freigeben, hängt dann an der Einschätzung des Haushaltsauschusses in der Sache."
Die Grünen sind vergangene Woche in Vorleistung gegangen und haben in der Bundestagsfraktion einen "Fünf-Punkte-Plan zur Modernisierung des BAföG" beschlossen. Darin enthalten: eine Anpassung der Wohnkostenpauschale "an die ortsüblichen Mieten für studentisches Wohnen", eine Erhöhung der Bedarfssätze "mindestens auf Bürgergeldniveau" und der Wohnkostenpauschale und ein "Mechanismus" zur regelmäßigen Anpassung auch der Freibeträge, die auch der Ampel-Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt hatte.
Statt einem Flexibilitätssemester wollen die Grünen eine Förderung von zwei Semestern über die Regelstudienzeit hinaus, außerdem fordern sie unter anderem eine zusätzliche Pauschale von 100 Euro pro Monat für alle BAföG-Empfänger für studienbezogene Ausgaben. Die ebenfalls im Grünen-Papier vorgesehene Studienstarthilfe von 1000 Euro entspricht dagegen dem BMBF-Entwurf. "Wir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben für die bald anstehenden Verhandlungen im Deutschen Bundestag klare Ziele", sagte die grüne Obfrau im Bundestags-Bildungsausschuss, Laura Kraft.
Als kompliziert herausgestellt hat sich bereits in der Ressortabstimmung unter anderem die Umsetzung der Studienstarthilfe, wie Stark-Watzinger gegenüber der ARD einräumte. "So eine Umstellung ist auch ein komplexes Verfahren, dann geht es um die Frage: Wer ist der Kreis derjenigen, der die Möglichkeiten wahrnehmen soll", sagte sie. Das Deutsche Studierendenwerk befürchtet einen stark wachsenden bürokratischen Aufwand und hat Gesprächsbedarf im BMBF angemeldet. Die Zeit drängt. Im Juli muss das Gesetz beschlossen werden, damit die Reform zum Wintersemester in Kraft treten kann.
Während Stark-Watzinger den Druck auf die Länder erhöht, auf ihrer Seite die E-Akte einzuführen, damit endlich auch die Bearbeitung der Anträge durchgängig digital und damit zügig ablaufen könne, scheint eine weitere der im Ampel-Koalitionsvertrag angekündigten BAföG-Neuerungen in weite Ferne gerückt. "Der elternunabhängige Garantiebetrag im Rahmen der Kindergrundsicherung soll künftig direkt an volljährige Anspruchsberechtigte in Ausbildung und Studium ausgezahlt werden", hatten SPD, Grüne und FDP versprochen. Doch dafür müsste die Kindergrundsicherung überhaupt erst einmal unter Dach und Fach sein.
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