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"StarS" für die Grundschule

Die Kultusminister wollen künftig einheitlich testen, was Schulanfänger können. Das ist gut. Noch besser wäre es, Bildungsstandards und deren Monitoring endlich auf die Kitas auszuweiten.

ES IST EINE BINSENWEISHEIT. Ob Menschen erfolgreiche Bildungskarrieren durchlaufen, ob sie ein erfülltes Berufsleben führen und die Gesellschaft gleichberechtigt mitgestalten können, entscheidet sich nicht in der Hochschule oder im Ausbildungsbetrieb, nicht in der Ober- oder Mittelstufe, nicht einmal in der Grundschule. Die Entscheidung fällt in den ersten Lebensjahren, sie hängt ab vom Elternhaus und der Unterstützung, die Kinder dort bekommen. Und weil das so ist, müssten sich enorme bildungspolitische Anstrengungen auf den einzigen Bildungsbereich fokussieren, wo ein Ausgleich quantitativ – beim Zugang – und qualitativ – bei den vermittelten Kompetenzen – noch möglich ist: in den Kitas.

 

Länder wie Australien haben das vor vielen Jahren erkannt und, obgleich föderal wie Deutschland organisiert, sich bundesweit verbindliche Standards für die Qualitätsentwicklung in Kitas gegeben. Und wir reden dabei nicht nur von notwendigen Bedingungen wie Betreuungsschlüssel und Ausbildungsqualität, sondern (zusätzlich zu den bestehenden Kita-Bildungsplänen der einzelnen Länder) von einer länderübergreifend gültigen Beschreibung dessen, was Bildung und deren Vermittlung in der Kita eigentlich genau bedeuten. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es zur schulischen Bildung gibt. Und was Kinder am Ende der Kita-Zeit können sollten.

 

In Deutschland könnte, wenn auch nur in Ansätzen, das von der Ampelkoalition versprochene Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards  Ähnliches leisten. Doch ob es überhaupt noch kommt – oder wie so viele Kita-Initiativen (Stichwort "Sprach-Kitas") dem Rotstift zum Opfer fällt – bezweifeln selbst viele Ampel-Politiker.

 

Umso wichtiger, dass jetzt zumindest die Kultusminister ein anderes Versprechen wahrmachen, das sie im Rahmen ihres neuen Bildungsabkommens 2020 gegeben haben. Sie wollen nach gemeinsamen Standards messen, mit welchen Fähigkeiten und welchem Entwicklungsstand Kitakinder in die Grundschule starten.

 

Bundesweites Monitoring: ja. Gleichermaßen verbindlich für alle: nein.

 

"StarS" – "Stark in die Grundschule starten" – heißt das Konzept, welches im Auftrag der KMK das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) entwickelt hat, das auch sonst für die Entwicklung von Bildungsstandards und die Überprüfung deren Erreichens ("IQB-Bildungstrends") verantwortlich ist.

 

"StarS" soll, vorrangig digital, die sprachlichen und mathematischen Kompetenzen von Schulanfängern messen, darüber hinaus "Aspekte der Selbstregulation und motivational-emotionale Orientierungen". Bestehen soll "StarS" zum einen aus einer sogenannten "Lernausgangslagenuntersuchung" direkt nach Einschulung, Ziel: die Feststellung des individuellen Förderbedarfs. Zum anderen ist, voraussichtlich in der zweiten Klasse, eine "Lernentwicklungsdiagnostik" vorgesehen, damit Lehrkräfte den Erfolg ihrer Förderung überprüfen und ihren Unterricht anpassen können.

 

Die KMK erhofft sich einen "Mehrwert in Bezug auf Kohärenz, Qualitätssicherung und Effizienz, die eng miteinander verbunden sind", weil die Länder damit endlich eine gemeinsame Methode haben. Eine zu große Qualitäts-Euphorie ist allerdings dann doch wieder nicht angebracht – denn wie die einzelnen Länder "StarS" in ihre bestehenden Systeme und Strategien einbinden wollen, hängt laut KMK jeweils "von den bereits vorhandenen Maßnahmen ab". Ein bundesweites Monitoring: ja. Gleichermaßen verbindlich für alle: nein.

 

Nachdem die Kultusminister dem "StarS"-Start nun zugestimmt haben, soll es sofort losgehen mit einer Pilotphase im nächsten Jahr. Im Herbst 2027 soll dann die Lernausgangslagenuntersuchung zum Einsatz bereit sein und ein Jahr später die Lernentwicklungsdiagnostik.

Warum "StarS" auch
in die Kitas muss

 

Wäre es nicht noch sinnvoller, ähnliche bundesweit einheitliche Testungen bereits in den Kitas zu etablieren? Klar, heißt es dazu aus der Kultusministerkonferenz, aber dafür sind wir nicht zuständig. Hier käme es also auf die Jugend- und Familienministerkonferenz an. Immerhin trafen sich Kultus- und Jugendminister vergangenes Jahr erstmals zu einer gemeinsamen Sitzung und wollen das künftig regelmäßig tun.

 

Das Mindeste sollte sein, dass auch die Kitas die Ergebnisse der "StarS"-Testung ihrer ehemaligen Kitakinder bekommen, um ihrerseits Rückschlüsse für ihre Arbeit ziehen zu können. Dann könnte "StarS" immerhin eine indirekte Wirkung auch auf die Bildungsqualität und ein flächendeckenderes Bildungsverständnis in den Kitas entfalten.

 

Freilich wäre das nur eine Krücke auf dem überfälligen Weg zu eigenen bundesweiten Qualitätsstandards und deren datengestütztes Monitoring schon in den Kitas. Eine Diskussion, die bislang aber von den verantwortlichen Jugend- und Familienministern wenn nicht gescheut, so jedenfalls nicht mit dem dringend nötigen Nachdruck geführt wird. Auf den Nachdruck durch ein womöglich nicht kommendes Bundes-Kitaqualitätsentwicklungsgesetz zu warten, können sich die Kinder und ihre Familien jedenfalls nicht leisten.




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