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Die Bildungswende rollt weiter

Das Bündnis "Bildungswende JETZT!" spricht alle Bildungsbetroffenen an: Schüler*innen, Beschäftigte und Eltern. Mittlerweile unterstützen 200 Organisationen unsere Forderungen. Eine Replik auf einen Gastbeitrag von Stefan Hemler.

Bildungsprotest 2024: Demozug am 1. Juni in Berlin. Bild: Daniel Hellmich Bildungswende JETZT!

"UNSERE GESELLSCHAFT ERLEBT eine der schwersten Bildungskrisen seit Gründung der Bundesrepublik." So beginnt der am 1. Juni 2023 veröffentlichte Appell "Bildungswende JETZT!", um den sich unser gleichnamiges Bündnis gebildet hat. Leider trifft dieser Satz immer noch zu. Die Bildungskrise betrifft viele: Schüler*innen, Lehrkräfte, Erzieher*innen, weitere Beschäftigte an Schulen und Kitas, Eltern, Großeltern und Lehramtsstudierende. 

 

Alle Bildungsbetroffenen

zusammenbringen 

 

Das Besondere an "Bildungswende JETZT!" ist unser Ansatz, verschiedene Gruppen von Bildungsbetroffenen zusammenzubringen. Wir sprechen Organisationen an, die sich dem Bündnis anschließen können, und laden direkt betroffene Eltern, Schüler*innen, Beschäftigte und Studierende ein, sich vor Ort oder bundesweit einzubringen. Alle diese Gruppen würden von einer Bildungswende profitieren. Auch unsere Gesellschaft als Ganzes würde von einem gerechteren, inklusiveren und zukunftsfähigeren Bildungssystem profitieren. 

 

"Bildungswende JETZT!" will genau dieses Ziel erreichen. Wir sind kein reines Protestbündnis, sondern haben vier zentrale Forderungen mit Unterforderungen vorgelegt, die die dringend benötigte Bildungswende einleiten sollen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Appells am 1. Juni 2023 hatten sich knapp 100 Organisationen angeschlossen. Ein Jahr später sind es doppelt so viele. Das Bündnis wächst. 

 

Unser Ansatz, alle Bildungsbetroffenen zusammenzubringen, spiegelt sich in der Vielfalt der Gruppen wider, die sich dem Appell und dem Bündnis angeschlossen haben: Schüler*innenvertretungen, Elternvertretungen, Beschäftigtenvertretungen und Gewerkschaften, regionale und bundesweite Bildungsinitiativen, Gruppen aus dem Bereich der Klimabildung und Inklusion und insgesamt Gruppen aus dem Kita- und Schulbereich. Dass es dieses breite Bildungsbündnis gibt, ist ein beachtlicher Erfolg, hinter dem viel ehrenamtliche Arbeit steht. 

 

Überparteiliches

Bündnis 

 

Dass versucht wird, dieses Bündnis als "linksgewerkschaftlich" zu bezeichnen, können wir nicht nachvollziehen. "Bildungswende JETZT!" ist überparteilich, wir führen Gespräche mit Vertreter*innen aller im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien. Auch die Behauptung, dass wichtige Akteure wie Lehrerverbände von vornherein nicht einbezogen gewesen seien, stimmt in dieser Form nicht. Wir standen oder stehen mit Vertreter*innen von VBE, VRB und dem Philologenverband bezüglich der Bildungswende in Kontakt. Auch mit dem Bündnis "Neustart Bildung Jetzt" stehen wir im Austausch. Zu den im Gastbeitrag vom 23. Juli erwähnten nicht zutreffenden Vorwürfen mangelnder Transparenz hat sich die gewählte Koordinierungsgruppe bereits vor Monaten ausführlich geäußert. Die Stellungnahme ist auf unserer Homepage nachzulesen. 

 

Bündnisarbeit erfordert viel Einsatz und Konflikte bleiben nicht aus, aber es lohnt sich. Im vergangenen Jahr sind wir fulminant gestartet. Beim bundesweiten Bildungsprotest im September 2023 gingen 25.000 Menschen an 30 verschiedenen Orten für eine Bildungswende auf die Straße. Das war der größte bundesweite Bildungsprotest seit 14 Jahren und ein großer Erfolg für unsere junge Bewegung. Wir haben auch Menschen erreicht, die zum ersten Mal überhaupt an einer Demo teilgenommen haben. 

 

2024: Rollender Bildungsprotest

statt Großdemos 

 

Der Bildungsprotest 2024 verlief nach einem anderen Muster und sollte keine Kopie des Protests aus dem Vorjahr sein. Statt eines zunächst im Raum stehenden einzelnen Protesttages mit zehntausenden Teilnehmern am 8. Juni entschied sich das Bündnis für einen rollenden Bildungsprotest. Grund dafür waren geplante große Demokratieproteste am selben Tag, mit denen wir weder inhaltlich noch räumlich konkurrieren wollten. 

 

Unter dem Titel "Bildung braucht Demokratie" führten die Bundesländer zwischen dem 24. Mai und dem 20. Juni dezentrale Aktionen  zur Bildungswende durch, darunter Demos und kreative Aktionen. In Duisburg und Köln durchbrachen Demo-Teilnehmer symbolisch die "Bildungsmisere-Wand", in NRW beteiligten sich mehrere tausend Schüler*innen an einer Soli-Foto-Aktion und in Bayern rollte der Bildungswende-Ball durch mehrere Städte. Ziel dieser Aktionen war es, auf die Forderungen der Bildungswende aufmerksam zu machen und mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Bei den klassischen Demo-Formaten gab es erfolgreiche Aktionen wie in Berlin mit 3.000 Teilnehmer*innen und zahlenmäßig weniger erfolgreiche wie in Köln. 

 

Ein zentrales Element und ein klarer Erfolg des Bildungsprotests 2024 war die Petition für eine Ausbildungsoffensive für Lehrkräfte und Erzieher*innen sowie einen nationalen Bildungsgipfel. Mit dem Ziel von 100.000 gestartet, konnten wir am 20. Juni über 106.000 Unterschriften an die Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Boris Rhein (CDU) und Stephan Weil (SPD), übergeben. 

 

Wir haben die MPK bewusst adressiert, da eine bundesweite Bildungskrise auch bundesweite Antworten braucht. Die Ministerpräsident*innen können sich nicht mit einem Verweis auf die Kultusministerkonferenz (KMK) aus der Verantwortung ziehen. Die Bildungskrise geht uns alle an, erst recht die Regierungschef*innen der Länder. Ein Ergebnis der Unterschriftenübergabe am 20. Juni ist ein Folgetermin mit den beiden MPK-Vorsitzenden im September. Noch wichtiger: Über die Unterschriftensammlung sind wir mit vielen Menschen in Austausch gekommen, die sich künftig bei der Bildungswende einbringen wollen. 

 

Mindestmaß an gegenseitiger

Wertschätzung 

 

Das Engagement der Vielen bildet das Rückgrat unseres Bündnisses, egal ob man sich mit viel oder wenig Zeit, in seinem Bundesland, bundesweit oder in einer AG einbringen möchte. Die Zusammenarbeit in großen Gruppen ist immer eine Herausforderung. Ein gesundes und produktives Engagement setzt gegenseitige Wertschätzung und ein Mindestmaß an respektvollem, achtsamen Umgang miteinander voraus. Deshalb haben die Aktiven von "Bildungswende JETZT!" bei einem bundesweiten Plenum Verhaltensregeln, die im Gastbeitrag erwähnte "Chatiquette", beschlossen. Ebenso haben sie beschlossen, wie die grobe Struktur des Bündnisses aussehen soll und dass es unter anderem ein gewähltes Sprecher*innenteam und eine gewählte Koordinierungsgruppe geben soll.

Die Ausgestaltung und Stoßrichtung des Bündnisses sowie die abgestimmten Verhaltensregeln sind das Ergebnis eines gemeinsamen Austauschs und einer mehrheitlichen demokratischen Abstimmung. 

 

Es kam von verschiedenen Aktiven zu Beschwerden über Stefan Hemlers Verhalten unter anderem in Chatgruppen. Die wiederholten Verstöße Herrn Hemlers gegen die gemeinsamen Kommunikationsregeln haben schlussendlich zu seinem Ausschluss aus dem Bündnis durch die gewählte Gruppe der Delegierten der Bundesländer geführt. Solche Vorgänge sind für alle Beteiligten unangenehm, aber in großen Bündnisgruppen leider auch nicht ungewöhnlich. Auf Rückfrage lässt Herr Hemler mitteilen, dass er den Grund für die Entscheidung zum Ausschluss anders als die Delegiertengruppe in seinen Nachfragen zur Bündnisfinanzierung sieht.

 

Bildungsbündnis dringend

notwendig 

 

Ein Bildungsbündnis, das in Selbstbeschäftigung versinkt oder in dem demokratisch getroffene Entscheidungen immer wieder untergraben werden, braucht niemand. Ein Bildungsbündnis, das allen Bildungsbetroffenen die Möglichkeit gibt, sich zusammenzuschließen, das Kita und Schule zusammen denkt und bundesweit auf die Bildungskrise aufmerksam macht, ist dringender notwendig denn je. 

 

Über 50.000 junge Menschen verlassen jährlich die Schule ohne Abschluss, Tendenz steigend. Mangel wird verwaltet und Bildungsungerechtigkeit nimmt zu. Die (mentale) Gesundheit leidet und die Leistungen sinken. 

Wir haben in den vergangenen Monaten tausende Stunden ehrenamtlicher Arbeit in den Aufbau dieser Bildungsbewegung gesteckt und werden das auch in Zukunft tun. Wir laden alle Bildungsbetroffenen und -interessierten ein, sich anzuschließen und einzubringen. Die Bildungswende ist gerade in der Sommerpause, danach nimmt sie wieder Fahrt auf und rollt in Richtung 2025 weiter. 

 

Ein Gastbeitrag von Sven Bechen, Philipp Dehne, Melanie Krause, Charlie Löbner, Markus Sänger, Janne Schmidmann, Stefan Schoo und Fabian Simion. Sie wurden vom bundesweiten Plenum des Bündnisses ins Sprecher*innenteam bzw. in die Koordinierungsgruppe gewählt. 



In eigener Sache: Prekäre Blog-Finanzierung


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Kommentare: 6
  • #1

    Wolfgang Kühnel (Dienstag, 06 August 2024 09:23)

    Vielleicht könnten diejenigen, die immer auf dieser Zahl von 50.000 Schulabbrechern herumreiten, mal bitte zur Kenntnis nehmen, dass in Frankreich diese Zahl noch höher liegt:
    https://www.fluter.de/egal-oder-egal
    Und das, obwohl Frankreich genau jenes Schulsystem hat, das uns die progressiven Bündnis-Organisationen (z.B. die GEW) immer empfehlen: Vorschule, Einheitsschule (pardon: das längere gemeinsame Lernen), Ganztagsschule.
    Fordern kann man natürlich vieles ("gerechter, inklusiver, zukunftsfähiger"), aber niemand scheint die Rezepte zu haben, diese Forderungen umzusetzen. Man postuliert nur und versichert sich in Großveranstaltungen gegenseitig, dass man zu den "Guten" gehört und Recht hat.
    Ich höre auch nichts von Analysen, wer uns eigentlich in diese -- unbestrittene -- Bildungskrise geführt hat und die Verantwortung dafür übernehmen sollte. Hatten wir nicht seit PISA eine immer weiter ausgebaute Bildungs-wissenschaft, die aus empirischen Untersuchungen wissen sollte, worauf es ankommt? Hatten wir nicht Kultusminister, die sich von dieser Wissenschaft beraten ließen? Auch die Bildungsjournalisten scheinen solche Widersprüche nicht erklären zu können. Dabei hat Herr Wiarda über solche Verflechtungen von Wissenschaft und Bildungspolitik promoviert. Er könnte vielleicht helfen.

  • #2

    Stefan Hemler (Dienstag, 06 August 2024 12:21)

    Die Gastbeitrags-Replik stellt meines Erachtens in weiten Teilen ein Dokument der Realitätsverweigerung dar, in dem ein „Weiterrollen“ oder „Wachsen“ der Bildungswende auch nach dem 23.9.2023 suggeriert wird, das nachweislich nicht mehr stattgefunden hat. In dem Text des Koordinierungs- und Sprecher:innenteams werden außerdem die Umstände meines Ausschlusses aus der Bildungswende-Kampagne am 5.2.2024 nicht wahrheitsgemäß wiedergegeben. Der Grund meines Ausschlusses lag in meinen Nachfragen zur Verwendung von 100.000 Euro Stiftungsförderung für „Schule Muss Anders“, die führenden Personen in der Bildungswende mißliebig waren. Über diese Umstände hat der Tagesspiegel im Februar 2024 bereits korrekt berichtet: https://archive.ph/lSVi5

    Zu dem Kampagnenausschluss möchte ich nachfolgend einige zusätzliche Erläuterungen geben:
    Nachdem eine Mitstreiterin aus der Bildungswende über das heikle, aber für eine ehrenamtliches Bündnis essentielle Thema der Finanztransparenz recherchiert hatte, habe ich zusammen mit anderen zwischen November und Januar in internen Chats und Meetings mehrfach versucht, diese Problematik zu thematisieren. Insbesondere ging es dabei auch um mehrere Zehntausend Euro Förderung duch die „Bewegungsstiftung“, die noch bis 2025 an „Schule Muss Anders“, den Berliner Landesverband der „Bildungswende“, fließen: https://www.bewegungsstiftung.de/gut-zu-wissen/foerderungen/foerderprojekte.
    Ich hatte zusammen mit anderen an der Recherche beteiligten Personen die Hoffnung, dass intern eine transparente Klärung der offenen Fragen erreicht werden könne. Stattdessen stieß ich beim Führungsteam jedoch auf brüske Ablehnung, so auch bei meinem letzten Diskussionsversuch auf einem Online-Meeting der Unterstützergruppen am 25.1.2024.

    Sechs Tage später wurde ich von Stefan Schoo über einen gegen mich gestellten Ausschlussantrag informiert. Auf Rückfrage schrieb Schoo mir, der Grund für den Ausschlussantrag seien „wiederholte schwerwiegende Verstoße gegen die Chatiquette“. Mir wurde trotz Nachfragen aber nicht mitgeteilt, um welche Verstöße es eigentlich gehe und wer den Antrag gestellt habe. Auch war das Vertrauensteam in die Angelegenheit nicht eingebunden, was dem im November 2023 beschlossenem Strukturpapier widersprach. Ferner nahmen an der kurzfristig einberufenen Sonder-Delegiertensitzung am 5.2.2024 nur 18 der 32 Stimmberechtigten teil. Da es bei dem Ausschlussantrag sowohl 3 Enthaltungen als auch 2 Gegenstimmen gab, votierte weniger als die Hälfte der 32 Stimmberechtigen für den Ausschluss, nämlich nur 13.
    Auch wurde erst während dieser Sonderdelegiertensitzung aufgrund einer Rückfrage nach einigem Zögern von Markus Sänger erklärt, er habe den Ausschlussantrag gestellt. Als den Antrag begründende "Anklägerin" in der Sitzung fungierte aber nicht Sänger, sondern die bayerische Delegierte Christine Lindner, die ausführlich verschiedene persönlich eingefärbte Beschwerden vorbrachte, die aber alle laut Bildungswende-Strukturpapier keinen sachlich ausreichenden Grund für einen Ausschluss lieferten, sondern lediglich persönliche Befindlichkeiten wiedergaben; ich selbst hatte bereits im Spätherbst 2023 meine Mitarbeit in der Bayern-Gruppe eingestellt, weil mir die Misstimmungen mit Christine Lindner ebenfalls zu belastend geworden waren. In der Folgezeit hatte ich meine Mitwirkung v.a. auf Unterstützung der bundesweit in zwei Telegramchannels sich austauschenden Social Media- und Presse-Gruppen beschränkt.
    Schon rein formal betrachtet war der Kampagnenausschluss am 5. Februar so ein irregulärer Vorgang, der den rechtlichen Grundsätzen für den Ausschlusss aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts widersprach. Dass solche Rechtsgrundsätze anzuwenden seien, wurde nach Rückfrage von Markus Sänger jedoch ausdrücklich in Abrede gestellt.

    Die Tatsache, dass mehrfache Nachfragen zu Fragen der Finanztransparenz erst als angebliche „Chatiquette-Verstöße“ geframed wurden und dann sogar als Grund für einen Kampagnenausschluss herhalten mussten, wirft meines Erachtens ein schräges Licht auf das Bündnis "Bildungswende jetzt" - zumal bis heute unklar geblieben ist, wohin die Stiftungsgelder eigentlich geflossen sind bzw. noch fließen.
    Auch die Stellungnahme der Koordinierungsgruppe vom Februar 2024 gibt darüber keinerlei Auskünfte, sondern streitet lediglich ab, dass zwischen der Finanzierung des Bündnisses „Bildungswende jetzt“ und ihrer Berliner Landesgruppe „Schule Muss Anders“ ein Zusammenhang besteht. Dies ist meines Erachtens aber nicht abzustreiten und erfordert daher Transparenz in der „Bildungswende“ auch über Fördergelder für „Schule Muss Anders“ – zumindest seit dem Zeitpunkt der Gründung des bundesweiten Bündnisses 2023.

  • #3

    David J. Green (Dienstag, 06 August 2024 12:22)

    Zwei Sachen:

    1) An den Gastbeitragenden zzgl. Herrn Hemler: Das wunderschöne an Verstöße gegen die "Chatiquette" ist, dass man sie der Öffentlichkeit vorlegen kann: sofern, das ist, dass beide Seiten nichts von dem Urteil unbeteiligter Dritten zu befürchten haben.

    2) An Herrn Kühnel: Gerade als Mathematiker haben wir hohe Standards in der Argumentation aufrechtzuerhalten. Daher: Da mir keine empirischen Studien in Peer-Review-Zeitschriften zu dieser Frage bekannt sind, betrachte ich Ihre Aussage, dass wir seit PISA eine immer weiter ausgebaute Bildungswissenschaft haben, als reinste Spekulation.

  • #4

    Julia Bork-Taut (Dienstag, 06 August 2024 13:19)

    Hm...also Herr Dehne trat in der Tagesschau als Politiker von "die Linke" auf und in Duisburg waren 2024 16 Menschen bei der "Brandmauer". Beides lässt sich doch nachweisen. Auf den Fotos auch von 2023 Gewerkschaftsfähnchen im Vordergrund, ein paar Kinderschildchen waren natürlich auch im Hintergrund dabei. Aber auch GEW- Flaggen an den Bühnen zeigten, wer hier federführend aktiv ist und gestaltet. Das Bühnenprogramm in Köln war so geplant, dass Gewerkschaften den höchsten Redeanteil hatten, da half auch keine Schülyband, die hin und wieder aufspielen durfte. Wo waren die Eltern? Die Schulbegleitung? Schulpsychologie? Schulsozialarbeit?

    Ehrlich finde ich im obigen Artikel Aussagen wie "Standen in Kontakt" und nicht, wie wünschenswert gewesen wäre "Konnten wir von den Forderungen überzeugen und Teilnehmende gewinnen." Dass sich Lehrkräfte, die den täglichen Irrsinn live erleben, kaum beteiligten und auch kaum Schulen die Aktionen bewerben wollten, hatte Gründe. Wieso stehen die da nicht und wieso geht man da nicht drauf ein und versucht die WIRKLICH betroffenen Menschen mit ins Boot zu holen?

    Wenn man ein breites Bündnis haben möchte, die "Straßen mit Demoteilnehmenden fluten" möchte, muss man kritikfähig sein, zeitgleiche Termine anbieten und darf Diskussionen und Meinungen nicht pauschal verbieten.

    Leider lief das ständig (siehe Telegram, also absolut alles belegbar) und so sind hunderte Aktive nach und nach ausgestiegen. In NRW waren anfangs hunderte Menschen begeistert und auch in den Zooms, 2024 sind nur noch 10 bis 15 Menschen bei den Meetings dabei. Kein Wunder, wenn die Meeting nahezu ausschließlich von Gewerkschaftsvertretenden dominiert waren. Ich habe wirklich viel Werbung für die BW gemacht und habe mich dusselig geredet, dass man nur gemeinsam etwas erreicht, aber bei den herrschenden Strukturen sind alle abgesprungen.
    Bildung ist Ländersache. Menschen, die in der Bildung aktiv sind und arbeiten, die wissen das. Die Forderungen sind einfach niemals gut begründet worden und gelten (trotz zahlreicher Kritik -siehe Telegram) als gesetzt und indiskutabel. Wachstum und Fokus scheint so nicht gewollt.

    Es braucht einen Neustart. Vor allem für die Bildungswende.
    Dafür muss man sich aber mal vom Hemler- Hass verabschieden und wirklich "bunt" sein wollen. Offenbar trifft Hemler genau den wunden Punkt, sonst würde nicht immer wieder auf ihn eingegangen werden. Sein Artikel war neutral formuliert.
    Obiger Artikel könnte seriöser wirken, wenn man
    1. Perspektiven aufzeigen und
    2. Den Fokus auf die Bildungsmisere und nicht auf einen Herrn Hemler richten würde. Eigentlich nervt das auch nur noch, das interessiert keinen Menschen. Erst Recht nicht die, die man mobilisieren sollte.

    Solange kein Umdenken passiert, bleiben letztlich wohl die einzigen Aktiven die, die auch obigen Artikel unterzeichnet haben. Ich persönlich finde es schade.

    Für mich machte das Verhalten nach dem Erfolg von 2023 den Eindruck, dass man "Oberwasser hat" und jetzt auf Massen und Heterogenität keinen Wert mehr legte. Ja, das hat sich schon vorher angedeutet.

    Im Reflexionszoom wurde zugegeben, dass der Staffellauf Müll war. Wieso lese ich das oben nicht?

    Wie sollen die zahlreichen Bundesländer, die ausgestiegen sind, zurück geholt werden?

    Was passiert genau nach der Unterschriftenübergabe? Gibt es Gesprächstermine? Falls ja, wann? Ist die Presse dabei (wäre ja auch Werbung)?

    Wie DARF man sich zukünftig überhaupt noch einbringen?

    Schafft man es diesmal, einen einheitlichen Termin zu wählen oder wird man wieder verzweifelt einen "Staffellauf" veranstalten?

    Gibt es koordinierte Plakataktionen? Oder bleibt es weiterhin bei Social Media- Aktionen und eingekauften Podcasts (siehe Abrechnung 2024)?

    Bleibt/ist das Bündnis ehrenamtlich?

    Wann spricht man mit Schulleitungen, um sie zur Unterstützung zu bewegen?

    Fragen, die sich viele stellen, die gerne wirklich aktiv und "gross" der Politik klarmachen wollen, dass die Zukunft unserer Kinder verspielt wird.

    Noch gebe ich ja nicht auf und hoffe auf Besserung. Obiger Artikel nimmt mir ein bisschen die Hoffnung, dass man mit einem gescheiten Plan 2025 Massen zu den Demos bekommt. Bei Millionen Bildungssystembetroffenen ist ja auch die Unterschriftenaktion eher klein.

    Wann wendet sich die Bildungswende? Und vor allem: Wem ist es noch gestattet, sich zu beteiligen?

  • #5

    Wolfgang Kühnel (Dienstag, 06 August 2024 14:01)

    Zwei kleine Zitate aus dem Wikipedia-Artikel zu "Empirische Bildungsforschung":

    "Empirische Bildungsforschung hat ihre Wurzeln in den 1960er Jahren und erfuhr einen deutlichen Aufschwung nach dem PISA-Schock im Jahr 2000."

    "Besondere Beachtung finden die internationalen Vergleichsstudien der OECD mit ihren Rankings. Die Empirische Bildungsforschung geht jedoch weit darüber hinaus. Sie versucht, Modelle der Bildungsqualität zu entwickeln und zu überprüfen, die eine gezielte Verbesserung von institutionalisierter Bildung ermöglichen. Damit leistet sie Beiträge zur Beratung von Politik, aber auch zur Unterstützung der pädagogischen Professionen. International betrachtet, findet das Konzept einer Evidence-based-education zunehmende Beachtung. Damit ist gemeint, dass Maßnahmen im Bildungsbereich auf einer soliden empirischen Grundlage ausgewählt und durchgeführt werden sollten. In jüngster Zeit werden verstärkt Studien zum Wissenstransfer von der Bildungsforschung zur Bildungspraxis in Angriff genommen."

    Am Schluss gibt es die Liste von sechs deutschen Forschungsinstituten außerhalb von Universitäten, die sich damit beschäftigen, alle geleitet von Psychologen und alle mit einer ständig wachsenden Zahl von Mitarbeitern. Das sog. "Monitoring" mit den großen Tests kommt hinzu, eine wachsende Zahl von Lehrstühlen ebenfalls. Es geht nicht nur um die Förderung durch die DFG. Ich verweise auf das erklärte, viele Millionen schwere und unbefristete Rahmenprogramm "Empirische Bildungsforschung" des BMBF seit 2007:

    https://www.bildungsserver.de/onlineressource.html?onlineressourcen_id=42714

    Eine ständig wachsende Zahl von Leuten lebt inzwischen hauptberuflich allein von dieser empirischen Bildungswissenschaft. Auch wenn es eine wissenschaftliche Pädagogik seit 100 Jahren, auch mit Lehrstühlen für Schulpädagogik, gibt: Niemals vorher wurden so hohe Summen in diese Bildungsforschung investiert, niemals vorher wurde sie so wichtig genommen und hatte beratenden Zugang zur Politik (man denke auch an die SWK der KMK und andere beratende Kommissionen), niemals vorher wurde so viel Wissen in unzähligen Aufsätzen und Büchern angehäuft, niemals vorher gab es so viele Zeitungsartikel dazu (z.B. am 1.8.2024 von Prof. Köller in der F.A.Z zum Mathematikunterricht).

    Ich behaupte mal, dass das eine hinreichende Argumentations-Sorgfalt meinerseits nahelegt. Wenn das alles Spekulation sein soll, dann spekuliert eben auch Wikipedia. Aber selbst in diesem Fall dürfte ich mich darauf berufen, ohne hier gescholten zu werden. Herr Green müsste dann auch Wikipedia korrigieren. Ich hoffe, die Äußerungen aus diesem "Bündnis" sowie die von Bildungsjournalisten erfüllen auch all die Ansprüche, die Herr Green an mich stellt. Ein Blog ist keine wissenschaftliche Zeitschrift.

    Selbst wenn ich grundsätzlich irren sollte, bleibt die sehr natürliche Frage: Wer bitte trägt die Verantwortung für die gegenwärtige, so genannte "schwerste Bildungskrise seit Gründung der Bundesrepublik" ?? Vermutlich weiß es niemand, und ein Forschungsprojekt dazu würde nicht bewilligt, weil das Ergebnis für führende Persönlichkeiten peinlich werden könnte.

  • #6

    Sandra Noa (Dienstag, 06 August 2024 22:01)

    Hier werden in den Kommentaren Fragen aufgeworfen, von denen viele ihre Berechtigung bezüglich der Gründe und Lösungen für die Bildungskrise haben. Für die Suche nach Antworten bietet das Aktionsbündnis „Bildungswende JETZT“ einen entsprechenden Rahmen. Denn sie vernetzt die Menschen, die nicht nur gefrustet sein wollen, sondern sich auch für eine Lösung der Bildungskrise auf systemischer statt auf individueller Ebene engagieren. Ich bin fast seit Anfang an dabei und sehr froh, in der Bildungswende einen Ort gefunden zu haben, an dem ich mich als Einzelperson meinen zeitlichen Kapazitäten entsprechend für ein moderneres Bildungssystem ehrenamtlich einsetzen kann.

    Etwas irritiert bin ich von den Fragen von Julia Bork-Traut, da sie diese in den wenigen Onlinetreffen, in denen sie seit Herbst anwesend war, nicht gestellt hat, und hier nicht der Ort ist, um detailliert auf alles einzugehen. Auch wundere ich mich darüber, wie sie auf 16 Teilnehmende in Duisburg kommt. � Denn ich war (im Gegensatz zu ihr) zusammen mit ca. 100 anderen – vor allem Gesamtschul-Schüler*innen und -Lehrkräften – vor Ort.