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Fördermittelaffäre um Stark-Watzinger: Union erhöht den Druck auf die Bundesregierung

Die BMBF-Chefin muss in der Affäre um Fördermittel erneut im Forschungsausschuss erscheinen. Die CDU aber will auch den Zugang zu den Akten. Es gibt einen Präzedenzfall.

DASS BUNDESFORSCHUNGSMINISTERIN Bettina Stark-Watzinger (FDP) in der sogenannten Fördermittelaffäre erneut vor dem Forschungsausschuss erscheinen muss, hat die CDU/CSU-Opposition bereits durchgesetzt. Doch jetzt erhöht die Union den Druck auf den Ausschussvorsitzenden Kai Gehring (Grüne).

 

Der hatte Stark-Watzinger zwar wie gefordert für den 10. September zu einer Sondersitzung des Gremiums eingeladen, zugleich aber mitgeteilt: "Die Entscheidung über die Teilnahme weiterer Personen obliegt der BMBF-Leitung", also dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Und: "Da ein Aktenvorlagerecht ausschließlich Untersuchungsausschüssen vorbehalten ist, muss sich die Union mit dem Anliegen nach Akteneinsicht direkt an das Ministerium wenden."

 

Auch die geschasste
Staatssekretärin soll erscheinen

 

CDU und CSU hatten schriftlich verlangt, dass neben Stark-Watzinger auch die geschasste BMBF-Staatssekretärin Sabine Döring und der für Hochschulen zuständige Abteilungsleiter Jochen Zachgo erscheinen sollen. Und rechtzeitig vor der Sitzung sollten alle relevanten Akten aus dem BMBF vollständig an die Fraktionen übermittelt werden.

 

Dass Gehring die Aktenfrage an die Union zurückspielt, schmeckt den zuständigen CDU-Forschungspolitikern Thomas Jarzombek und Stephan Albani nicht. In einem weiteren Schreiben an Gehring, das mir exklusiv vorliegt, betonen sie, dass die Geschäftsordnung des Bundestages es dem Ausschussvorsitzenden nicht untersage, "sich mit Bitten im Namen des Ausschusses an das vom Parlament zu kontrollierende Ressort zu wenden".

 

Deshalb bäten sie Gehring "nachdrücklich", bis 19. August per Umlaufverfahren von allen Fraktionen einen Beschluss "bezüglich der Frage einzuholen, ob Sie sich als Ausschussvorsitzender an das BMBF wenden und um die Zustellung der vollständigen aktuellen Aktenzulage zu den in der Kritik stehenden Vorgängen" bitten sollten.

 

Das Kalkül: Eine solche gemeinsame Forderung des Ausschusses wäre ein so starkes öffentliches Zeichen, das sich Stark-Watzinger dem kaum verschließen könnte. Zumindest nicht, ohne die öffentliche Debatte über die Vorgänge im Ministerium nach der Sommerpause aufs Neue zu befeuern.

 

Gehring bestätigte auf Anfrage, dass ihm das Schreiben der CDU-/CSU-Fraktion vorliegt. "Aktuell wird das weitere Vorgehen geprüft."

 

Das BMBF müsste alle
Akten auf den Tisch legen

 

Ob das BMBF einer Bitte Gehrings überhaupt nachkäme, ist unterdessen mehr als fraglich. Derzeit streitet das Ministerium zum Beispiel gerichtlich mit Döring über die Frage, ob diese sich überhaupt öffentlich zur Affäre äußern darf, was Stark-Watzinger ihr bislang untersagt.

 

Zugleich müsste das BMBF, wenn es tatsächlich die Akten zur Verfügung stellte, alles auf den Tisch legen, auch erst kürzlich gemachte Ergänzungen und Nachträge. Tatsächlich sollen die Akten inzwischen umfangreicher sein als die, die schon auf Antrag der Onlineplattform "FragDenStaat" herausgegeben wurden, wie es hinter vorgehaltener Hand heißt.

 

Übrigens gibt es einen interessanten Präzedenzfall zum BMBF-Umgang mit tiefgreifenden Vorwürfen. 2019 musste sich Stark-Watzingers Vorgängerin Anja Karliczek (CDU) gegen immer neue Verdächtigungen wehren, bei der Standortauswahl für eine Batterie-Forschungsfabrik sei zugunsten ihres eigenen Wahlkreises getrickst worden. Damals kam Karliczek der Aufforderung der Abgeordneten nach, ihnen "alle für eine Nachvollziehbarkeit der Standortentscheidung wichtigen Dokumente" zu übergeben.

 

Sie tat sogar mehr als das: Der Ausschuss erhielt alle Akten zum Vergabeverfahren, sieben Ordner, rund 2500 Seiten. Dazu sämtliche Bewerbungsunterlagen aller Standorte. Gleichzeitig beantworteten die BMBF-Beamten umfassend zig parlamentarische Anfragen, wurden zu einem Pressegespräch nach dem anderen eingeladen. 

 

"Wir erwarten von Ministerin Karliczek nun, dass sie alle für eine Nachvollziehbarkeit der Standortentscheidung wichtigen Dokumente innerhalb einer Woche den Ausschussmitgliedern zur Verfügung stellt", hatten zuvor unter anderem zwei grüne Oppositionsabgeordnete gefordert. Einer der beiden: Kai Gehring.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst im Tagesspiegel.



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Kommentare: 3
  • #1

    Reisender (Freitag, 09 August 2024 22:46)

    Eigentlich unfassbar, dass das parlamentarische Kontrollrecht hier so zahnlos daherkommt…

  • #2

    Jörg Blume (Samstag, 10 August 2024)

    Es ist und bleibt eine verfahrene Kiste. In einem Jahr ist. diese Regierung ohnehin am Ende der Legislatur. Aber manchmal hat man lieber eine Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.

  • #3

    Sapientia (Samstag, 17 August 2024 12:07)

    Der einzige Grund, warum Frau S-W noch im Amt ist, dürfte sein, dass die FDP in den Bundestagswahlkampf 2025 u.a. auch mit dem Argument gehen will, dass von den beiden Koalitionspartnern MinisterInnen während der Regierungszeit zurückgetreten sind, von "uns" (der FDP) dagegen nicht. Was die übergroße Kompetenz der FDP-MinisterInnen in der Koalition beweisen soll.