Die Universität Göttingen befindet sich seit dem Antrag des Senats, Präsident Tolan abzuwählen, in der Schwebe. Jetzt könnte es bald vorangehen. Unterdessen startet die nächste niedersächsische Universität ein Abwahlverfahren. Was Minister Mohrs dazu sagt.
Aula am Wilhelmplatz. Julian Herzog: "Aula am Wilhelmsplatz Georg-August-Universität Göttingen 2017 01.jpg", CC BY 4.0.
SEIT DER SENAT der Universität Göttingen die Abwahl von Präsident Metin Tolan gefordert hatte, herrschte Ungewissheit an der Hochschule. Wie geht es jetzt weiter – und vor allem: wann?
Eigentlich schien das Verfahren klar: Der Stiftungsausschuss Universität muss als nächstes über den Antrag des Senats befinden. Doch plötzlich hatten die Uni-Juristen ein Problem: Tatsächlich der Stiftungsausschuss Universität? Oder doch der Stiftungsrat, der für die Belange von Universität und Universitätsmedizin zuständig ist? Ein Problem, bei dem man sich fragt, warum es nicht schon lange vor dem Abwahlantrag des Senats geklärt wurde, um den Schwebezustand für die in Aufruhr befindliche Universität möglichst kurz zu halten.
Aber gut. Nun haben beide Stiftungsrat und Stiftungsausschuss große personelle Schnittmengen, zur Sicherheit und zur Beschleunigung des Verfahrens hätte man beide einberufen und abstimmen lassen können. Denn die nächsten regulären Sitzungstermine sind erst am 20. November. Doch hatte der frühere DFG-Präsident Peter Strohschneider, der beiden Aufsichtsgremien vorsitzt, bislang keine Einladungen verschickt.
Zuständig für die Klärung der Zuständigkeitsfrage ist das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK), das die Rechtsaufsicht ausübt und dessen Chef Falko Mohrs (SPD) auf ein zügiges Verfahren drängt. Allerdings ließ sich das MWK selbst zwei Wochen Zeit für seine Entscheidung, die am gestrigen Donnerstag bekannt wurde. Wie Mohrs' Sprecherin mitteilte, sei das MWK zum dem Schluss gelangt, "dass der Stiftungsausschuss das zuständige Gremium ist". Also so, wie es auch in der Grundordnung der Universität steht – im Gegensatz zum Niedersächsischen Hochschulgesetz (NHG), wo der Stiftungsrat genannt wird. Es handle sich bei der Abwahl Tolans aber um eine Angelegenheit der Universität, daher "tritt der Stiftungsausschuss Universität an die Stelle des Stiftungsrates".
Das Ministerium erhöht den Druck
auf den Stiftungsausschuss-Vorsitzenden
Gleichzeitig erhöht das MWK den Erwartungsdruck auf Strohschneider. Als nächstes müsse der Stiftungsausschuss durch den Vorsitzenden eingeladen werden. "Dies soll durch den Vorsitzenden zeitnah erfolgen."
Hat Strohschneider schon gehandelt? Die Frage, ob es einen Sitzungstermin für den Stiftungsausschuss gibt, ließ die Pressestelle der Universität bislang unbeantwortet. Strohschneider selbst teilte dem Göttinger Tageblatt über die Pressestelle schon vergangene Woche mit, er stehe während des laufenden Verfahrens für Interviews oder Hintergrundgespräche nicht zur Verfügung."
Votiert der Stiftungsausschuss für den Abwahlantrag des Senats, ist Tolans Amtszeit unmittelbar zu Ende. Doch ist eine Zustimmung des Stiftungsausschusses alles Andere als sicher, Strohschneider etwa galt bislang als Unterstützer Tolans. Lehnt der Ausschuss den Antrag ab, muss es als nächstes einen Termin zwischen Stiftungsausschuss und Senat geben, um einen "Einigungsversuch" zu unternehmen. Was wiederum wertvolle Zeit kosten würde. Die Sprecherin von Mohrs formuliert das so: "Der Minister hatte bereits vor der Senatssitzung darauf hingewiesen, dass die Gefahr einer Handlungsunfähigkeit besteht und dies für die weitere strategische Entwicklung und anstehende Entscheidungen bedenklich ist."
Einen Vorgeschmack, was ein solcher Schwebezustand bedeutet, erleben die Göttinger schon jetzt: Bislang hat Tolan immer noch nicht zu der nächsten Senatssitzung eingeladen, die Ende Oktober stattfinden soll.
Am schnellsten ginge es natürlich, wenn der Stiftungsausschuss die Abwahl einfach bestätigte. Tut er es nicht, könnte die realistische Zeitplanung für das weitere Verfahren so aussehen: Votum des Stiftungsausschusses in der ersten Novemberhälfte, der bei Ablehnung erforderliche Einigungstermin mit dem Senat bis Ende November. Und falls der scheitert, kurz darauf eine erneute Sitzung des Senats, um dann allein und endgültig über die Abwahl bestimmen zu können.
Was zeigt, dass alle Akteure jetzt in der Verantwortung stehen, ein zügiges Verfahren zu ermöglichen. So formuliert es auch der Minister. "Aufgabe aller Beteiligten ist, alles hinter das Wohl der Hochschule zurückzustellen und die weiteren Schritte anzugehen." Um strategisch handlungsfähig zu sein, müsse die Universität Göttingen den eingeschlagenen Kurs der finanziellen Konsolidierung weiterverfolgen. Außerdem müssten die Strukturen besser organisiert werden. "Das ist wichtig für Spitzenforschung. Exzellenz ist eine Daueraufgabe – die müssen wir langfristig denken."
Nur ein Halbsatz, der aber andeutet, wie tief in Niedersachsens Politik der Frust über die Pleite Göttingens in der aktuellen Runde der Exzellenzstrategie steckt. Alle Cluster-Neuanträge schon in der Vorrunde aus, es bleibt nur die Hoffnung, den einen bestehenden Cluster zu verteidigen. Denn die Chance auf den 2012 verlorenen Titel einer Exzellenzuniversität ist im aktuellen Verfahren auch schon wieder weg.
Hat Niedersachsens Hochschulgovernance
ein grundsätzlicheres Problem?
Und was ist mit der immer wieder einmal in Debatten hervorgeholten Drohung, einen "Staatskommissar" einzusetzen? Mohrs' Antwort ist defensiv: "Als Stiftungsuniversität genießt die Universität Göttingen ein hohes Maß an Autonomie. Ein Eingreifen ist dann möglich, wenn die Handlungsunfähigkeit eines Hochschulorgans gegeben wäre", wie es Paragraph 51 des Hochschulgesetzes vorsehe.
Danach aber sieht es zurzeit nicht aus. Denn der Weg ist frei für Strohschneider, jetzt den Stiftungsausschuss einzuladen.
Bleibt eine spannende Frage: Hat Niedersachsens Hochschulgovernance ein grundsätzlicheres Problem, das über Göttingen hinausgeht? An der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTM) führt bereits seit Juli mit dem erfahrenen Hochschulmanager Hans Jürgen Prömel ein von Mohrs eingesetzter Beauftragter des Ministeriums das Präsidium, Prömel selbst formuliert seine Aufgabe so: "die HMTMH gemeinsam mit ihren Mitgliedern und Angehörigen wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen, bis die derzeit offene Frage der künftigen Präsidentschaft geklärt ist".
Und der Senat der Universität Vechta hat am Dienstag Verena Pietzner einstimmig "als Präsidentin der Hochschule abgewählt", wie es auf der Uni-Website heißt, wobei das ja so nicht stimmt. Denn auch hier muss der Hochschulrat das Votum bestätigen. Der Senat habe um ein zeitnahes Zusammentreten des Hochschulrates außerhalb der regulären Sitzungen hat der Senat "nachdrücklich gebeten", heißt es in der Mitteilung der Universität weiter.
"Notwendige Veränderungen auch dann
verfolgen, wenn damit Einschnitte verbunden sind"
Gefragt, ob sich aus den Vorgängen in Göttingen, Vechta und Hannover eine hochschulübergreifende Schlussfolgerung für Niedersachsens Hochschulpolitik ziehen lasse, antwortet Falko Mohrs: "Was ich sehe ist, dass es schwierig sein kann, notwendige Veränderungen auch dann zu verfolgen, wenn damit Einschnitte verbunden sind. Wenn daraufhin die Leitung in Frage gestellt wird verhindert dies eine strategische Entwicklung – die ist aber für den Erfolg nötig."
Schuld ist also die mangelnde Veränderungsbereitschaft an den Hochschulen, konfrontiert mit den aktuellen finanziellen Engpässen? Tatsächlich musste die Wissenschaft in Niedersachsen in den vergangenen Jahren budgetär Federn lassen, die Vorgängerregierung legte Einsparungen im Haushalt auch auf die Hochschulen um. Aktuell werden immerhin die Tarifsteigerungen übernommen.
Vechtas von Abwahl bedrohte Unipräsidentin Pietzner sagt: "Seit etwa einem dreiviertel Jahr haben Senat und Präsidium in Workshops an einer gemeinsamen Arbeitsgrundlage und an der strategischen Ausrichtung der Universität Vechta gearbeitet." Mit seiner Entscheidung, sie abzuwählen, habe der Senat seine Zustimmung und das Vertrauen für die angestoßenen Veränderungsprozesse entzogen. Das bedaure sie sehr und sei "traurig darüber, dass ich nicht mehr gemeinsam mit Ihnen allen die initiierten Veränderungsprozesse fortsetzen kann." Sie hoffe sehr, dass die Universität Vechta mit neuen Kräften und Impulsen eine gute Entwicklung nehme.
Tolans Reaktion auf den Abwahlentscheidung des Göttinger Senats klang deutlich weniger versöhnlich: Er bedaure diesen Schritt sehr "und insbesondere, dass sich der Senat nicht bereitgefunden hat, sich auf einen Prozess der Schlichtung einzulassen. Auch die persönlichen Angriffe haben mich verletzt und sollten im Nachhinein noch aufgearbeitet werden."
Der Göttinger Theologieprofessor Thomas Kaufmann, der im Juni 2024 von Tolan für viele überraschend zur wissenschaftlichen Gesamtleitung der Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) ernannt worden war, war selbst eine der lautesten Stimmen im Göttinger Machtkampf nach dem Rücktritt von Ex-Präsidentin Ulrike Beisiegel. Und auch Tolan kritisierte er intern zunächst scharf. Jetzt aber sieht er dessen Abwahl kritisch – und macht auch die Governance verantwortlich. "Ein struktureller Faktor ist etwa, dass Dekane im Senat kein Stimmrecht haben und sich in seiner Zusammensetzung die Vielfalt der Fakultäten mitnichten abbildet", kommentierte Kaufmann hier im Blog. "In Göttingen hat der Senat die geringste nach NHG zulässige Mitgliederzahl und beharrt – allen lange vernehmlichen Forderungen zum Trotz – auf seiner Größe, weil die einzelnen Mitglieder ja sonst an Macht verlören." Hinzu komme, so Kaufmann, dass im Falle des Göttinger Senats im Kreis der sieben Professor*innen allein drei Senatoren säßen, "die im strikten Sinne gar nicht zur Stiftungsuniversität gehören (sondern zur Medizin) bzw. keine regulären Professur an einer Fakultät innehaben".
Kaufmann ist für seine Zuspitzungen berüchtigt, aber hat er zumindest in Sachen Dekane-Stimmrecht einen Punkt? Umgekehrt: Die Abwahlhürde für einen Präsidenten ist im Niedersächsischen Hochschulgesetz mit 75 Prozent extrem hoch gesetzt, was Zweifel an der Repräsentativität einer solchen Entscheidung nicht wirklich plausibel erscheinen lässt. Und Göttingens Krise reicht weiter zurück als die aktuelle Fassung des Hochschulgesetzes.
Eine harsche Ansage ist, was Kaufmann sich für als nächstes für Göttingen wünscht: "Ein Staatskommissar ist Göttingens einzige Chance; zur akademischen Selbstverwaltung ist diese Universität zur Zeit nicht fähig." Stiftungsrat und, falls überhaupt noch nötig, der Senat können und müssen jetzt schnell das Gegenteil beweisen.
Nachtrag am 22.Oktober, 8 Uhr:
Stiftungsausschuss lehnt Abwahl Tolans ab
In einer Sondersitzung am Montag hat der Stiftungsausschuss Universität Göttingen den Abwahlantrag des Senats "sehr deutlich" zurückgewiesen, teilte die Hochschule auf ihrer Website mit. Hochschulinsidern zufolge fiel das Ergebnis mit fünf zu eins Stimmen aus. Damit bleibt Präsident Metin Tolan vorerst im Amt.
Die Abstimmung im Stiftungsausschuss erfolgte nach der Entscheidung des Wissenschaftsministeriums zu seiner Zuständigkeit im Verfahren überraschend schnell – und zugleich so, wie viele Beobachter es erwartet hatten. Mitglied in dem sechsköpfigen Gremium ist auch der Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, Joachim Schachtner. Minister Falko Mohrs (SPD) hatte sich vergangenen Freitag hier im Blog ausführlich zur Göttinger Krise geäußert.
Eine Abwahl des Präsidenten sei "ultima ratio", erklärte der Stiftungsausschuss in einem begleitenden Statement. Als solche setze sie "die Ausschöpfung aller anderen Mittel sowie eine präzise Begründung" voraus. Beide Erfordernisse sehe der Stiftungsausschuss Universität nach eingehender Würdigung nicht hinreichend nachvollziehbar erfüllt. "Eine sorgfältige Ableitung seiner Entscheidung aus der Verantwortung des Präsidenten ist der Begründung des Senats für seinen Vorschlag auf Entlassung des Präsidenten nicht zu entnehmen. Die Tragfähigkeit der vorgebrachten ad personam-Argumente zu Lasten des Präsidenten kann nicht geprüft werden." Der Stiftungsausschuss sehe der gemeinsamen Beratung mit dem Senat "in der Hoffnung entgegen, dass zum Besten der gesamten Universität eine Einigung möglich sei".
Womit das Aufsichtsgremium auf den als nächstes in einem Abwahlverfahren vorgesehenen Einigungstermin zwischen beiden Gremien anspielt, der nun ebenfalls rasch gefunden werden soll. Wie eine Einigung aussehen könnte angesichts der sich diametral entgegenstehenden Voten von Senat und Stiftungsausschuss, ist unklar. Bleibt sie aus, folgt im letzten Schritt eine erneute Abstimmung im Senat. Ergibt diese wieder eine Dreiviertelmehrheit für eine Abwahl, wäre diese gültig.
Kurz vor der Abstimmung im Stiftungsausschuss hatten sich die Spitzen der Göttinger Fakultäten am Montag in einem "Signal der Dekaninnen und Dekane an den Stiftungsausschuss" positioniert. "Die Universität Göttingen befindet sich nach dem erneuten Scheitern im Exzellenzwettbewerb und der aktuellen Vertrauens- und Führungskrise nach der ersten Abwahl des Präsidenten in einer äußerst kritischen Situation, die ein zeitnahes Handeln des Stiftungsausschusses erfordert", heißt es darin. "Wir Dekaninnen und Dekane stellen uns geschlossen unserer Verantwortung, gemeinsam mit Präsidium und den Senatorinnen und Senatoren auf eine zeitnahe Lösung der drängendsten Problemfelder hinzuarbeiten. Dazu gehört eventuell auch die Wahl eines Interimspräsidenten oder -präsidentin. Gleichzeitig möchten wir eine Aufarbeitung der Governance Strukturen der Universität anstoßen."
Damit beginnen die Dekane bereits über eine mögliche Abwahl Tolans hinauszuschauen auf die Zeit bis zur Wahl seines Nachfolgers oder seiner Nachfolgerin im Amt. Aber noch, siehe die Abstimmung des Stiftungsausschusses, ist es nicht soweit.
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#IchBinTina (Freitag, 18 Oktober 2024 14:14)
"Schuld ist also die mangelnde Veränderungsbereitschaft an den Hochschulen, konfrontiert mit den aktuellen finanziellen Engpässen?"
Schuld ist die Kombination aus Globalhaushalten und Entscheidungen mit Hochschullehrermehrheit in den Gremien. Es ist also mitnichten nur ein niedersächsisches Problem, aber kein Zufall, dass es ausgerechnet in Göttingen so "aufbricht".
Für die Exzellenzförderung waren vorangegangene Erfolge in der Drittmitteleinwerbung notwendig. Die Universität "schwamm" also in Geld, so dass Verteilungskämpfe unter den "Statusgruppen" kaum spürbar wurden. Aber schon unter Ulrike Beisiegel waren Symptome des tieferliegenden Problems erkennbar, z.B. darin, dass die Universität alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, die Kosten für den Betrieb auf ein absolutes Minimum zu senken und gleichzeitig neue Großprojekte angefangen hat. So wurden z.B. sogar die Reinigungskräfte befristet beschäftigt. Die Kosten wurden in diesen Bereichen weit unter das "optimale" Niveau gesenkt, was sich jetzt rächt, weil diese Spielräume nicht mehr zur Verfügung stehen, ohne die Funktionsfähigkeit der Hochschule zu gefährden.
Aus Sicht der Professor*innen war das kein Problem, weil dadurch ihr Anteil vom "Kuchen" (Globalhaushalt) nicht geschmälert wird. Mit dem Ausscheiden aus der Exzellenzförderung erreichten die notwendigen Sparmaßnahmen aber auch die "Statusgruppe" der Professor*innen - und an dieser Stelle kommt die Hochschullehrermehrheit ins Spiel, da die expansiv wirkt: Der/die einzelne Hochschullehrer/in ist immer der Auffassung, dass sein/ihr Forschungsgebiet unverzichtbar ist und gefördert werden muss. Die Professor*innen im Senat haben über Jahre hinweg so abgestimmt, dass ihr Anteil an den Universitätsmitteln maximiert wird, zu Lasten aller anderen Universitätsangehörigen. Die von Herrn Kaufmann als vermeintliches Problem angeführte Zusammensetzung des Senats hatte eher restriktive, budgetentlastende Wirkung und mehr Dekan*innen würden die unheilvolle expansive Tendenz des Abstimmungsverhaltens der Professor*innen nur verschärfen. Jede/r Präsident/in, der/die das Problem angeht, also den zu hohen Anteil der Statusgruppe der Professor*innen am Universitätsbudget, wird mit Hochschullehrermehrheit abgewählt werden. Die Kombination aus Hochschulautonomie und der Aufgabe der paritätischen Besetzung der Gremien macht die Universitäten "unsteuerbar": Paritätische Gremienbesetzung sichert den Ausgleich im Inneren, z.B. indem die Studierenden verhindern, dass zu viele Deputatsreduktionen genehmigt werden. Bei Hochschullehrermehrheit fehlt dieses ausgleichende Gegengewicht und die Hochschulen begeben sich auf einen Kurs, der durch ständige Umverteilung zugunsten der Professor*innen, steigende Finanzbedarfe und zunehmende Einseitigkeit in der Leistungserbringung gekennzeichnet ist.
Das Problem wird jetzt gerade akut, weil auch die Globalhaushalte schrumpfen. Zusätzliche Mittel, so wie sie ja gerade von den Professor*innen gefordert werden, werden das Problem nur kurzzeitig verdecken - in der nächsten Rezession ist es wieder da.
Georg A. (Samstag, 19 Oktober 2024 12:35)
Danke für die Aufbereitung der gesamten Geschichte in Ihrem ersten Beitrag, die so mancher im aktuellen Diskurs zu vergessen scheint. Denn es ist mitnichten medial ruhig geworden, seit Tolan im Amt ist. Und es ist auch nicht so, dass die Kritik nicht lange bekannt war (vor allem was die Zusammenarbeit innerhalb der Universität und das Vorgehen des Präsidiums betrifft) und bis heute von Tolan (und seinen Unterstützern) nicht ernstgenommen wird.
Es ist schon interessant, dass Herr Kaufmann unter Ihrem ersten Beitrag die Ansicht äußert, Tolan wäre „ein zutiefst rechtschaffener, mit widerwärtigen, unbegründeten Invektiven verfolgter anerkannter Wissenschaftler mit umfassender Leitungserfahrung“, wo er doch selbst vor einem halben Jahr das Präsidium noch mit harten Worten kritisierte - und dabei eins der Probleme mit diesem Führungsstil auf den Punkt brachte: Entscheidungen werden über lange Zeiten verschleppt oder werden ohne nachvollziehbare Begründung getroffen. Das Präsidium ist eine Black Box. Die Universitätsleitung ist weit davon entfernt, mit den „öffentlichen Mitteln sparsam, leistungsorientiert und transparent“ umzugehen. Gespart wird vorrangig durch die Verzögerung von Nachbesetzungen oder anderen Entscheidungen mit finanzieller Auswirkung. Bisher ist kein systematischer Plan erkennbar, wie nachhaltige Einsparungen erfolgen und finanzielle Entscheidungsfehler der Vergangenheit durch entsprechende neue Vergabemechanismen verhindert werden sollen.
Und so ist es mitnichten so, dass die Unzufriedenheit auf rigorose und notwendige Einsparmaßnahmen zurückzuführen sind. Nein, sie ist zurückzuführen auf ein intransparentes Management mit teilweise chaotischen Zügen. Sie ist zurückzuführen auf eine durch dieses Präsidium geschaffene Kultur, in der große Teile der Universität inzwischen Angst haben, das Falsche zu sagen, Fehler zu machen und entsprechende individuelle Bestrafungsmaßnahmen zu erfahren. Schuldfragen stehen im Fokus. Ist ein Schuldiger gefunden, bedarf es keiner weiteren Beschäftigung mit dem Problem. So funktioniert keine Organisationsentwicklung, die zu mehr Effizienz und Effektivität führt und einen Umgang mit knapper werdenden Mitteln ermöglicht.
Herr Kaufmann macht sich die Lösung des Problems sehr einfach: Das nicht-exzellente Mittelmaße möge doch einfach die Klappe halten und sich in sein Schicksal ergeben. Stellt sich die Frage, wie die wenigen exzellenten Forschenden und Lehrenden denn ohne Mitarbeitende (in Wissenschaft und Verwaltung) und Studierende noch ihre Arbeit machen wollen. Und wozu es den Status einer Universität braucht, wenn die Studierenden sich Standorte suchen, an denen ihre Interessen ernster genommen werden.
Die Idee eines Senats, in dem alle Statusgruppen vertreten sind, ist doch die des Interessensausgleiches. Und vielleicht entlarvt Herrn Kaufmanns Statement (das denen anderer gleicht, die Tolan stützen), dass es Kräfte gibt, die diesen Interessenausgleich gar nicht wollen - und vielleicht ist dies das eigentliche Problem, um das es hier gerade geht. Die „Königreiche“ in der Universität wollen diesmal einen Präsidenten behalten, der ihnen ihren Spielraum lässt und ihrer Bedeutung entsprechend handelt (nach dem Prinzip „Teile und Herrsche“) - so wie sie einen Präsidenten vor 5 Jahren nicht wollten, der nicht ihres Gleichen ist und ihnen vielleicht ihre Spielräume genommen hätte.
Zur Erinnerung: Beginn der medialen Auseinandersetzung war es, dass die vermeintlichen Absichten des Senats öffentlich gemacht wurden. Welche andere Absicht stand dahinter, als Druck auf den Senat und dessen Entscheidungen und Handeln auszuüben? Damit war doch entschieden, dass man nie vor hatte, sich mit der intern geäußerten Kritik auseinanderzusetzen. Im Gegenteil: Man entschied sich, den Senat als demokratisches Element der universitären Selbstverwaltung selbst anzugreifen.
Thomas Kaufmann (Samstag, 19 Oktober 2024)
Ich erbitte Zitatnachweise für die mir im Beitrag 2 in den Mund gelegten Behauptungen.
Fritz Oppermann (Samstag, 19 Oktober 2024 18:18)
Es ist schon interessant (und bezeichnend), daß der Dialog teilweise hier im Blog und nicht uni-intern geführt wird.
Thomas Kaufmann (Samstag, 19 Oktober 2024 20:23)
Ein Nachtrag zu einer Bemerkung von Herrn Wiarda ist erforderlich, und zwar zu jener, dass eine Dreiviertelmehrheit eines Senats für die Abwahl eines Präsidenten doch eine recht hoch gelegte Messlatte sei. Hier ist der Blick über den Göttinger oder niedersächsischen Gartenzaun durchaus aufschlussreich. Nur drei Beispiele: Um z.B. einen Rektor an der Universität Münster durch den Senat abzuwählen (mit zwei Drittel) ist es erforderlich, uno actu zugleich eine Nachfoger*in zu wählen. In München ist ausschließlich der Hochschulrat, nicht der Senat, zur Abwahl eines Präsidenten berechtigt. Und in Heidelberg ist die Abwahl eines Präsidenten nur durch ein Zusammenspiel von Hochschulrat, Senat und Ministerium möglich. Da Stiftungsausschuss und Ministerium hinter Tolan standen oder stehen, wäre er außerhalb Niedersachsen also niemals allein durch einen Senat abwählbar gewesen. Ist vor dem Hintergrund solcher Beobachtungen die Behauptung unzutreffend, dass es eine sehr problematische Besonderheit darstellt, dass ein Senat in Niedersachsen im Grunde allein (denn selbst bei Ablehnung der Abwahl durch den Stiftungsausschuß kann ja die finale Abwahl erfolgen) einen Präsidenten abwählen kann? Ich bleibe dabei: An niedersächsischen Universitäten sind Präsidentensessel Schleudersitze! Dies produziert Einschüchterungspotentiale, provoziert Handlungsblockaden und nötigt zu Kompromissen der besonderen Art, die strategische Entwicklungen unendlich erschweren. Insofern ist es berechtigt, ein spezifisch niedersächsisches Gouvernanceproblem im Hochschulwesen zu identifizieren, das der Staat zu verantworten und deshalb auch zu beheben hat.
David J. Green (Samstag, 19 Oktober 2024 22:19)
Nach Lektüre von Herrn Kaufmanns Beiträge stellen sich für mich drei Fragen:
1) Sollte der Akademische Senat mit 75% der Stimmberechtigten einen Präsidenten / eine Präsidentin abwählen können, egal, was ein Stiftungsrat oder ähnliches dazu meint?
2) Sollten Dekane und Dekaninnen Stimmrecht im Senat haben?
3) Wie kann es dazu kommen, dass 75% des Senats gegen dem Gesamtinteresse der Universität handeln kann? – Denn so verstehe ich manche Aussagen der Tolan-Unterstützenden.
Meine Antworten dazu:
1) Ja, spätestens 75% sollte wirklich für die Abwahl reichen, sogar für die sofortige Abwahl. Aber sie – und auch die Universitätsmitglieder, durch die sie gewählt wurden – müssen bereit sein, mit den Konsequenzen zu leben. [Ich gehe übrigens davon aus, dass 75% nicht hinzubekommen ist mit den Hochschullehrenden und nur einer weiteren Statusgruppe.]
2) Mich hat es nicht gestört, als Dekan nur ohne Stimmrecht im Senat mitzuwirken: allerdings hat bei uns jede Fakultät einen eigenen Senatssitz mit Stimmrecht. [Da es nur 3 weitere HSL-Sitze gibt, führt dies freilich dazu, dass kleine Fakultäten unverhältnismäßig viel Gewicht haben.]
3) Einige der Kommentare unter dem Artikel vom 02.10. lesen sich für mich wie der Vorwurf, zu viele HSLs in Göttingen nehmen das aktive und auch das passive Wahlrecht für den Senat nicht ernst genug. Dann müssen sie ein bisschen auch die Konsequenzen tragen. Und wenn die Koryphäen sich nicht durch akademische Selbstverwaltung von der Forschung abhalten wollen: sicherlich findet sich selbst in Göttingen auch exzellenzFREUNDLICHER Mittelmaß. [Wobei ich hoffen würde, dass nicht einmal ein Leibniz-Preisträger eine GRK-Sprecherin als Mittelmaß betrachtet.]
Ratlos (Sonntag, 20 Oktober 2024 02:27)
Als Mitarbeiter dieser Universität kann ich lediglich beschreiben, wie unangenehm es ist, sich dieses Drama öffentlich anschauen zu müssen.
Governance an Hochschulen ist ein strukturelles Problem. Im Kern ist der Gedanke in Stein gemeißelt, dass erfolgreiche Wissenschaftler gleichzeitig großartige Manager, Finanzexperten und Führungspersönlichkeiten sind. Sämtliche relevanten Leitungsfunktionen und Aufsichtsorgane werden offensichtlich nicht auf die aufgeführten Punkte hin besetzt. Hierfür scheint es keinerlei kriteriengeleitete Auswahlprozesse zu geben. Das stärkste Indiz hierfür ist die absolut unangemesse Kommunikation aller Akteure zu Gunsten der eigenen Reputation. Im gesamten Prozess um die Tolanabwahl scheinen Akteure aufgrund von Befindlichkeiten lieber Worte an die Öffentlichkeit zu richten und Interna auszusprechen statt miteinander Lösungen zu finden (ja das tut manchmal weh, aber es ist nun mal der Job). Hr. Kaufmann als neuer Leiter der SUB (sofern er es tatsächlich ist) und andere geben ein tolles Beispiel in diesem Blog ab, wie man nicht erfolgreich managed, führt und konfliktorientiert kommuniziert. Wie kommt man auf die Idee, es wäre angemessen, in einem solchen Blog Grabenkämpfe auszuführen?
Friedrich B (Sonntag, 20 Oktober 2024 08:44)
Zu Fritz Oppermann: ja, es ist schon interessant und bezeichnend, dass das hier stattfindet.
Am 5. Februar, nach dem Scheitern der Exzellenz in Göttingen, an dem Thomas Kaufmann selbst als Cluster-Sprecher seinen Anteil hatte, ließ er per Mail verbreiten:
„…In der planlosen, ja fahrlässigen SUB-Politik hat das Präsidium dem Standort seit Mitte letzten Jahres einen substantiellen Imageschaden zugefügt, der anhält. Denn die SUB ist wahnsinnig gut vernetzt - und die Alarmiertheit gegenüber dem ruinösen Verhalten Tolans in dieser Sache ist sehr weit verbreitet, weit über Ländergrenzen hinweg. Und die Chance, die es gegeben hätte, diesen Schaden etwas zu begrenzen, hat es aus Kleinlichkeit und der Unfähigkeit zu priorisieren (Pro.Admin-Kram über alles!), vergeigt. M.E. muss dieses Präsidium, jedenfalls Schüller, Tolan und der völlig überforderte, gleichwohl sehr nette Herr Brümmer gehen! Sodann bedarf es einer Umstrukturierung: Wir brauchen einen eigenen VP für Geistes- und Sozialwiss. und einen für den Rest; des Ressorts Hollers bedarf es in dieser Form nicht; Berufungen sind Chefsache…“
Diese Sicht von Prof. Kaufmann zu Herrn Tolan scheint sich seitdem geändert zu haben. Rein zufällig, nachdem dieser ihn zum Direktor der Staats- und Universitätsbibliothek gemacht hat, ohne jede Findungskommission oder Berufungsverfahren, auch wenn seine Vita als renommierter Wissenschaftler der Kirchenwissenschaften nicht direkt auf Vorerfahrung für die Führung einer 350 Personen Einrichtungen, oder einer ausgewiesenen Vernetzung und Kenntnis in der Bibliotheksszene schließen lässt.
In dem Kommentar von Hr. Kaufmann zum Artikel „Letztes Mittel“ heißt es, dass im Göttinger Senat drei Senatoren sitzen, die im strikten Sinne gar nicht zur Stiftungsuniversität gehören“. Richtig ist, dass einer der sieben Professoren der Medizin zuzurechnen ist; und selbst für die medizinische Fakultät ist der Präsident der Dienstherr. Man kann nur spekulieren, dass diese Aussagen die Legitimation der Gremien, wie dem gewählten Senat anzweifeln soll
Wie in Kommentar #1 von „Georg A" genannt, bleibt es bemerkenswert, dass in Göttingen immer wieder die gleichen Personen außerhalb der universitären Strukturen Politik machen. So waren es auch vor 5 Jahren bei der gescheiterten Wahl von Herrn Spoun als Nachfolger von Frau Beisiegel, dass eben Herr Kaufmann und Frau Bahns (aktuell Senatorin!) per Unterschriftenaktion in die Presse gingen, um die bereits erfolgte Wahl durch den damaligen Senat nicht anzuerkennen; Und letztlich erfolgreich so Spoun und den damaligen Stiftungsratsvorsitzenden Krull zu Fall gebracht haben.
Es ist nun eben wieder genau dieses Paar, das mit einer Unterschriftenaktion auf der Pro-Tolan Seite aktiv wurde, welches in die Presse lanciert und mit öffentlichen Interviews oder Kommentaren den Diskurs gegen den gewählten Senat und jenseits der universitätsinternen Strukturen geführt wurde. Und wahrscheinlich werden es auch weiter genau diese Personen sein, die keine Entscheidungen innerhalb der universitären Strukturen akzeptieren werden und den Weg nach draußen suchen, um die eigenen Pfründe zu verteidigen. Das ist sicherlich ein Teil des Göttinger Problems, das nicht durch den Senat gelöst werden kann.
In Göttingen ist die Rolle des Stiftungsrat
Jan-Martin Wiarda (Sonntag, 20 Oktober 2024 09:10)
Liebe Leserinnen und Leser,
angesichts der Tonalität der Debatte unter diesem Artikel werde ich von nun an hier und unter dem Artikel vom 2. Oktober nur noch Kommentare mit nachvollziehbaren Vollnamen freischalten. Gleichzeitig bitte ich Sie, in der Sache kritisch zu sein, aber auf persönliche Angriffe zu verzichten. Die Universität Göttingen braucht eine offene und konstruktive Debatte; ob sie an dieser Stelle in einem öffentlichen Blog richtig verortet ist, ist in der Tat eine Frage wert.
Beste Grüße
Ihr Jan-Martin Wiarda
Jan-Martin Wiarda (Sonntag, 20 Oktober 2024 10:37)
Lieber Herr Hilse,
würden Sie mich zur Bestätigung einmal per Mail kontaktieren?
Besten Dank
Ihr Jan-Martin Wiarda
Fritz Oppermann (Montag, 21 Oktober 2024 22:27)
Der Stiftungsausschuß der Uni Göttingen hat der Abwahl von Präsident Tolan heute nicht zugestimmt.
Johannes Reckel (Donnerstag, 24 Oktober 2024 09:54)
Die Abwahl Tolans geht nicht nur auf die sehr strikte Umsetzung der Sparbeschlüsse aus Hannover zurück. Der Präsident hat sich auf sehr ungeschickte Weise seines hauptamtlichen Vizepräsidenten Lossau entledigt und auch den Direktor der SUB (bis Ende 2023) Herrn Horstmann so lange drangsaliert und ihm die Budgethoheit über die SUB und Kompetenz zu anfallenden Personalentscheidungen entzogen, bis er gegangen ist. Zugleich hat er von außen eine mit den Gegebenheiten der Bibliothek und der Universität nicht vertraute Firma für strategische Unternehmensberatung, die Boston Consulting für viel Geld mit der Erarbeitung eines Konzeptes beauftragt, das an der Universität für große Unruhe und Verunsicherung geführt hat. Beide Punkte haben die Universität Göttingen in der überregionalen Presse in die Negativschlagzeilen gebracht.
Aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, der Präsident hätte sich zunächst vor allem um die Exzellenzinitiative gekümmert und erst dann und später die Boston Consulting eingesetzt und am besten die Finger von der causa Lossau gelassen.
Die starken finanziellen Einschnitte haben dazu geführt, daß viele Services an der SUB stark eingeschränkt oder ganz eingestampft wurden. Die meisten Abteilungen sind personell stark unterbesetzt, es werden kaum noch Bücher bestellt, die Tauschstelle erstellt keine Tauschlisten mehr, über die die Bibliothek mit anderen Bibliotheken insbesondere teure Bildbände und andere Literatur besorgt hat. Die Lesesäle im Historischen Gebäude sind nur noch bis 16 Uhr geöffnet, die Kartensammlung nur noch auf Antrag. Große Spezialsammlung wie jene zu Zentralasien und zu den Finnougrischen Völkern, darunter die Esten und Ungarn wurden aufgegeben, die Fachreferentin für Finougristik durch Nichtverlängerung ihres Vertrages entlassen. Parallel hierzu und auch aus Finanzierungsproblemen wurden kürzlich die Institute für Finnougristik, Indologie und Tibetologie und früher schon Japanologie, die Studiengänge Mongolistik und Altaistik etc. geschlossen. Diese Schließungen gaben den Sparfanatikern das Argument in die Hand: Wir brauchen keine finnischen, ungarischen, estnischen, mongolischen, uigurischen ... Bücher mehr. Damit entzieht man der Forschung zu weiten Bereichen der Welt auch für die Zukunft die Grundlage. Aktuell hat das Centre of Modern Indian Studies, das oft als Alternative zur Indologie gehandelt wird, jedoch keine indischen Sprachen lehrt und erforscht, über 90% seiner online Datenbanken abbestellt, da die Finanzierung dieses Centers auf so wackligen Füßen steht, daß es kaum von einem Jahr zum nächsten planen kann. Die Geisteswissenschaften werden in Göttingen seit Jahren konsequent zerstört.
Abschließend möchte ich bemerken, daß am 22.September 2024 sieben von dreizehn Dekanen und Dekaninnen ein Unterstützungsschreiben für den Präsidenten unterschrieben haben. Nicht unterschrieben hat der Dekan der Philosophischen Fakultät, also der Geisteswissenschaften.
Wenn eine Universtät einschließlich der Staats- und Universitätsbibliothek, die in weiten Bereichen die Grundlage der Forschung liefern soll, so heruntergewirtschaftet ist, so verwundert es kaum, daß die Unzufriedenheit mit der Leitung der Universität groß ist.
Dörte Bartsch (Donnerstag, 24 Oktober 2024 17:20)
@4 & 7: Man kann nur empfehlen, daß diese Art "Graben-
kämpfe" nicht öffentlich hier in diesem Blog, sondern uni-
intern ausgetragen werden. Dazu wäre schön, wenn der
gewählte Senat nach der Nichtzustimmung des Stiftungs-
Ausschusses mal sachlich und konstruktiv zur Schlichtung des Problems beiträgt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
F. Oppermann (Freitag, 25 Oktober 2024 08:45)
In der lokalen Gazette gibt es heute eine klare Äußerung
vom Chef der Max-Planck-Gesellschaft, der u.a. auch an den
Göttingen-Spirit erinnert.
Johannes Reckel (Freitag, 25 Oktober 2024 09:02)
Da wir eine öffentliche Bibliothek und Universität, finanziert aus öffentlichen Mitteln, sind, scheint mir eine öffentliche Diskussion unter Darlegung verschiedener Aspekte geboten. Alles andere hat den Geschmack von Mauschelei.
Bruno Bleckmann (Sonntag, 27 Oktober 2024 08:03)
Ich kann den Fall als Außenstehender natürlich nicht beurteilen. Aber aus meiner Erfahrung gibt es zumindest eine Äußerung, in der Herr Tolan nicht nur hochschul- und verwaltungsrechtliche Kompetenz vermissen ließ, sondern auch wenig Respekt gegenüber wissenschaftlichen Institutionen zeigte. Ich beziehe mich auf seine Äußerungen in der Causa Schavan, in der ich damals als Dekan die Untersuchungen zu leiten hatte und leider auch (wie Herr Tolan jetzt für sich bedauert) zum Objekt persönlicher Angriffe wurde. Herr Tolan hat in weiter gut zugänglichen Äußerungen die Legitimität der Entscheidung der Philosophischen Fakultät Düsseldorf in Zweifel gezogen und damit zur Verbreitung der Vorstellung beigetragen, das Düsseldorfer Verfahren sei wissenschaftlich hochumstritten (im Unterschied zur Entscheidung Gießens im Falle Steinmeier):
https://www.youtube.com/watch?v=gQrAylhTDnU&list=PLD96D60C5384898CB
In dieser Äußerung konstatiert Tolan: (Frau Schavan) „hat schlicht und ergreifend wahrscheinlich, wie es in der damaligen Zeit bei solchen Fächern üblich war, einfach ihre Arbeit ein bisschen aufgepumpt dadurch, dass sie halt ein paar Texte übernommen hat.“ Die Fakultät Düsseldorf habe falsch entschieden, weil sie nicht nach dem Restwert gefragt habe: „wenn man Frau Schavan so geprüft hätte: Wenn ich da diese Texte rausnehme, bleibt genügend wissenschaftlicher Kern übrig?, hätte Frau Schavan auch ihren Titel behalten. Ich bin kein Experte auf ihrem Gebiet, aber ich glaube, so ist es nicht geprüft worden.“ Angesichts dieser Beurteilung meiner Fakultät (in völliger Unkenntnis der Akten- und Rechtslage) bin ich geneigt, ein gewisses Verständnis für die Entscheidung des Göttinger Senats aufzubringen.