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Wo ein Wille ist, ist auch ein Digitalpakt 2.0

Die Bundespolitik steckt nach dem Ampel-Aus im Krisenmodus, doch in den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern um die Digitalpakt-Fortsetzung herrscht mit einem Mal Tauwetter.

IMMERHIN, es ist ein anderer Sound. Anlässlich der jährlichen Statuskonferenz zum Digitalpakt Schule sagte Neu-Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne) laut Nachrichtenagentur dpa, er setze auf konstruktive und ergebnisorientierte Gespräche mit den Ländern zum Digitalpakt 2.0. Er wolle die Verhandlungen zu einem gemeinsamen Erfolg führen. "Wir brauchen keine unnötigen Konfrontationen. Der Digitalpakt 2.0 muss kommen, denn Digitalisierung ist eine kontinuierliche Aufgabe, die uns alle angeht."

 

Da steckten gleich drei Botschaften drin, die so nie von seiner FDP-Vorgängerin Bettina Stark-Watzinger gekommen wären. Erstens: Digitale Bildung ist eine gemeinsame Bund-Länder-Aufgabe, und zwar dauerhaft. Zweitens: Es gab unnötige Konfrontationen mit den Ländern, die (auch) Schuld des Bundes waren. Und drittens: Am Ende zählt das Ergebnis. Und das ist der Abschluss des Digitalpakts 2.0.

 

Über das ziemlich entscheidende Kleingedruckte im zu schließenden Vertrag – bleibt es zum Beispiel bei der Forderung nach 50 Prozent Länderanteil, was ist mit der Anrechnung bereits vorhandener Länderausgaben in der digitalen Bildung, was ist mit der Rolle der Kommunen bei der Finanzierung – wird auch Özdemir mit seinen Länderkollegen noch reden. Und sicher wird er nicht überall die Länderposition einnehmen. Als seine entscheidende Aussage aber bleibt eine andere hängen: Am Ende soll auf jeden Fall eine Vereinbarung stehen. 

 

Möglicherweise macht sich jetzt bezahlt, dass bei aller Eskalation zwischen Stark-Watzinger und ihren Länderkollegen die Fachebenen der Ministerien stets ziemlich gut miteinander konnten. Dazu passte und sehr schön anzuhören war, wie sich die für Bildung zuständige BMBF-Abteilungsleiterin Johanna Börsch-Supan am Dienstag bei der Vorstellung der ICILS-Studienergebnisse extra Zeit nahm, das umfangreiche Engagement der Länder in der digitalen Bildung herauszustellen.

 

Die Länder nehmen
den Faden bereits auf

 

Was genau allerdings Özdemir meint, wenn er, wie er sagt, die Digitalpakt-Verhandlungen zu einem gemeinsamen Erfolg führen will, und wie das in den kommenden Wochen und Monaten gelingen soll, ist zunächst Interpretationssache. Denkt er, dass tatsächlich noch eine finanzwirksame Bund-Länder-Vereinbarung vor den Neuwahlen möglich und realistisch ist? Oder will er mit den Ländern die Vereinbarung zwar ausverhandeln, aber dann der neuen Bundesregierung hinlegen? Letzteres würde für die Länder das hohe Risiko in sich bergen, dass es sich die neue Regierungskoalition in Details oder in den großen Linien doch noch anders überlegt.

 

Gerade deshalb sollten Özdemir und seine Länderkollegen nun wirklich sehr schnell sehen, was geht. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien, die die CDU-Bildungspolitik in den Ländern koordiniert, hat den Faden bereits aufgenommen. "Auch die Länder, lieber Cem Özdemir", postete sie auf "X", "sind zu konstruktiven Gesprächen weiter jederzeit bereit und wollen den Digitalpakt 2.0 endlich finalisieren."

 

Priens SPD-Kollegin Stefanie Hubig, Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz und Koordinatorin der SPD-Länder, sagte auf Anfrage: "Ich bin froh, dass der neue Bundesbildungsminister die Bedeutung des Digitalpaktes 2.0 schon jetzt betont hat und sich der Verantwortung des BMBF sehr bewusst ist. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass mit der neuen Spitze im BMBF nun sehr konstruktive Gespräche möglich sind, konstruktivere als in den vergangenen Wochen und Monaten."  Sie könne in jedem Fall versichern: "Die Länder werden nichts unversucht lassen, um die Verhandlungen gemeinsam mit dem Bund zügig zu einem guten Ergebnis zu führen."

 

Vielleicht wird ein schneller Abschluss ja gerade dadurch möglich, dass im Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 kein Extra-Geld für einen Digitalpakt 2.0. eingeplant war, seinerzeit sehr zum Missfallen der Länder. Jetzt ergäbe sich genau dadurch in Zeiten der vorläufigen Haushaltsführung der Vorteil, dass ein neuer Pakt erstmal kein Extra-Geld kosten würde. Vielleicht ließen sich genau dafür zunächst die Restmittel aus dem Digitalpakt I dafür nutzen. Wo ein Wille ist, ist vielleicht auch ein Weg.

 

Dieser Kommentar erschien zuerst in meinem kostenfreien Newsletter und wurde aktualisiert.



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Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Kühnel (Mittwoch, 13 November 2024 20:24)

    Manche Leute scheinen inzwischen schon das Startchancenprogramm für die Schulen mit einem Startchancenprogramm für neu gegründete Unternehmen der EdTech-Industrie zu verwechseln:

    "Das (beschlossene) Startchancen-Programm und der (ausstehende) Digitalpakt 2.0 lassen die Hoffnungen auf gute Geschäfte sprießen."

    So schreibt die Lobbyisten ungeniert hier:
    https://www.news4teachers.de/2024/10/hohe-einstiegshuerden-fuer-newcomer-warum-bildung-der-wahrscheinlich-haerteste-markt-in-deutschland-ist-eine-analyse/

    Aber Kritik daran scheint es nicht zu geben, alle wichtigen Leute betonen devot ihre Zustimmung zur großen Digitalisierung der Schulen.