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BAföG-Reform: Liberale Studierende kritisieren liberale Ministerin

Die Liberalen Hochschulgruppen fordern eine Erhöhung der Bedarfssätze, die das BMBF ablehnt. Derweil gerät dessen Zeitplan in Gefahr, denn gleich zwei andere Bundesminister haben einen Leitungsvorbehalt gegen die Pläne von Bettina Stark-Watzinger eingelegt.

DIE TERMINPLANUNG des BMBF war ehrgeizig. Anfang Januar hatte das Ressort von Bettina Stark-Watzinger (FDP) seinen Referentenentwurf präsentiert, am 7. Februar sollte die BAföG-Novelle bereits das Bundeskabinett passieren. Doch daraus wurde nichts. Gleich zwei andere Ministerien hatten in der Ressortabstimmung einen sogenannten Leitungsvorbehalt eingelegt: die Häuser von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und von Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Und während das BMBF mit dem Wirtschaftsministerium offfenbar inzwischen eine Einigung hat erzielen können, steht diese mit dem Bauministerium noch aus.

 

Dabei kam die straffe BMBF-Planung nicht von ungefähr. Die Uhr tickt: Der Beschluss der Bundesregierung muss bis Mitte März fallen, um sicherzustellen, dass der Gesetzgebungsprozess bis zum Sommer regulär mit dem zweiten Durchgang im Bundesrat enden kann. Dann träte die Novelle wie angekündigt zum August in Kraft. Diese Woche entfällt die Kabinettssitzung karnevalsbedingt, die nächste Möglichkeit für eine Befassung wäre dort also am 21. Februar. 

 

Das Wirtschaftsministerium hatte auf eine Erhöhung auch der Bedarfssätze gedrängt. Die Einigung mit dem BMBF sieht nun vor, dass im sogenannten Zuleitungsschreiben, mit dem der Entwurf ans Kabinett versandt wird, die Prüfung einer Erhöhung im parlamentarischen Verfahren noch einmal in Aussicht gestellt wird. Ein reiner Formelkompromiss also, denn genau eine solche Debatte hatten die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen ohnehin bereits angekündigt. Unklarer ist, worin genau die Vorbehalte von Geywitz bestehen, womöglich geht es hier auch um Kopplungsgeschäfte mit anderen Ampel-Gesetzesvorhaben. Im BMBF spricht man von einer "Blockade", die man bedaure. Man hoffe auf eine schnelle Aufhebung, damit die Reform rechtzeitig kommen könne.

 

BMBF-Pläne entsprechen nicht ihren Vorstellungen
einer "umfassenden Reform", sagen LHG und RCDS

 

Unterdessen erntet die FDP-Ministerin Stark-Watzinger jetzt noch einmal Kritik aus dem eigenen Lager für die ohnehin schon vielkritisierte Reform. Der Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen (LHG) kritisiert in einer Erklärung zusammen mit dem Bundesverband des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), die geplanten Änderungen entsprächen nicht ihren Vorstellungen einer "umfassenden Reform". Weitere Änderungen seien nötig, um das Studium "freier, unbürokratischer und fairer" zu gestalten, darunter eine weitere Entbürokratisierung und Digitalisierung der Antragsstellung.

 

Soweit, so bekannt aus der Stellungnahme, die der LHG bereits im Januar abgegeben hatte, als das BMBF  seinen Referentenentwurf in die Hochschulcommunity verschickt hatte. Umso bemerkenswerter an der neuen Erklärung ist, dass nun auch die liberalen Studierenden gemeinsam mit ihren RCDS-Kollegen eine Nachbesserung bei den BAföG-Bedarfssätzen verlangen: "Wir fordern analog zum Bürgergeld einen automatischen Anpassungsmechanismus an die Inflationsrate, damit die Studenten in Zeiten der Verteuerung unterstützt werden."

 

Eine Erhöhung der Bedarfssätze im Rahmen der aktuellen Reform hatte das Bundesbildungsministerium jedoch wiederholt für nachrangig erklärt. "Im langfristigen Mittel sind die BAföG-Bedarfssätze stärker gestiegen als die Verbraucherpreise", sagte BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg (ebenfalls FDP) hier im Blog.

 

Das Ministerium verwies auf eine eigens in Auftrag gegebene Inflations-Wirkungsanalyse, die Mitte 2023 monatliche Ausgaben von 986 Euro für das Jahr 2024 prognostizierte – im Vergleich zu einem aktuellen BAföG-Höchstsatz von 934 Euro. "Insgesamt können voll geförderte Studierende mit Kindergeldanspruch also monatlich bis zu 1.184 Euro an staatlicher Unterstützung beziehen, während die Vergleichsgruppe im Schnitt lediglich 986 Euro monatlich ausgibt", sagte eine Sprecherin

 

Einig sind sich die liberalen Studierenden
mit der SPD-Bundestagsfraktion

 

Einig sind sich LHG und RCDS in ihrer Kritik dagegen, siehe oben, unter anderem mit der SPD-Bundestagsfraktion. Die fürs BMBF zuständige Haushälterin Wiebke Esdar sagte Ende Januar, sie hoffe, dass der BAFöG-Gesetzentwurf bald das Kabinett passiere, damit anschließend die parlamentarischen Beratungen beginnen könnten. "Dann werden unsere FachpolitikerInnen – eng abgestimmt mit denen im Haushaltsausschuss – in die Verhandlungen gehen. Die SPD wird für weitere Verbesserungen für die Studierenden kämpfen."

 

Der CDU-Bildungspolitiker Thomas Jarzombek hatte es zuletzt gar als "zynisch" bezeichnet, "den Studierenden zu unterstellen, sie hätten am Monatsende ein erhebliches Plus gehabt. Das deckt sich nicht mit der Lebensrealität, insbesondere angesichts der Mieten in den großen Städten." Die Regierungskoalition müsse an dem gemessen werden, was im Koalitionsvertrag versprochen wurde. "Von einem 'grundlegend reformierten BAföG' sehe ich nichts." 

 

In ihrer Erklärung bezeichnen LHG und RCDS auch die Freibetragsgrenze für die Erwerbstätigkeit für "weiterhin reformbedürftig". Außerdem müsse das BAföG elternunabhängiger werden. Zwar sei zu begrüßen, dass Geschwister zukünftig bei der Berechnung nicht mehr berücksichtigt werden; die Abhängigkeit vom Rest der Familie bestehe jedoch weiter. "Es kann nicht sein, dass Studenten im Zweifelsfall gegen ihre Eltern klagen müssen, um BAföG zu erhalten", sagte der LHG-Bundesvorsitzende Jan-Lukas Gescher.



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