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Nach Digitalpakt-Krisengespräch mit Stark-Watzinger: Kultusminister entspannen sich – ein bisschen

Von einem drohenden Aus der Verhandlungen sprach am Donnerstagabend keiner mehr. Stattdessen soll der erreichte Verhandlungsstand weiter gelten und man will immer noch bis Mitte Mai durch sein. Ganz hat sich der Rauch der vergangenen Tage trotzdem noch nicht verzogen.

Foto: Joshua Woroniecki/Pixabay.

AM ENDE HERRSCHTE ERLEICHTERUNG. Der seit längerem geplante Besuch von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) in der Kultusministerkonferenz (KMK) entwickelte sich am Donnerstagnachmittag zum Krisentreffen, nachdem die Kultusminister ihre Bundeskollegin heftige Vorwürfe gemacht hatten.

 

Stark-Watzinger fehle, so sei zu befürchten, das Geld für den geplanten Digitalpakt 2.0, hatte etwa Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) am Mittwoch hier im Blog gesagt. "Doch anstatt dies intern einzuräumen und im Austausch mit uns Kultusministern nach Lösungen zu suchen, versucht sie öffentlich, andere Gründe vorzuschieben, um aus ihrer Zusage für den Digitalpakt herauszukommen." Prien, die seit Januar die Bildungspolitik der unionsregierten Länder koordiniert, warnte vor einem "knallharten Vertrauensbruch".

 

Am Donnerstag dann saßen Stark-Watzinger, Prien, ihr SPD-Konterpart Stefanie Hubig und KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (ebenfalls SPD) mit wenigen weiteren in kleiner Runde zusammen und redeten Tacheles. Mit dem Ergebnis, dass danach von einem bevorstehenden Kippen des Digitalpakts nicht mehr die Rede war.

 

"In dem Gespräch heute konnte verständigt werden, dass der bisherige Verhandlungsstand fortgilt und weiter auf Basis eines verbindlichen Zeitplans verhandelt und die Gespräche im April fortgesetzt werden", teilte Prien im Anschluss mit.

 

Ein angepasster Zeitplan,
aber der gleiche Endpunkt

 

Die saarländische Bildungsministerin und KMK-Präsidentin Streichert-Clivot sagte nach dem Gespräch, Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger habe den Kultusministern zugesichert, "weiterhin konstruktiv die Fortsetzung des Digitalpakts zu verhandeln. Das ist ein wichtiges Signal. Der Bund muss seiner Verantwortung bei der Gleichwertigkeit von Bildungschancen in Deutschland nachkommen."

 

SPD-Koordinatorin Hubig, im Hauptamt Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz, sagte, sie sei froh, "dass wir trotz schwieriger Vorzeichen und erheblicher Verstimmungen heute gemeinsam entschieden haben, die Gespräche konstruktiv fortsetzen. Das bisher Konsentierte bleibt konsentiert, es wird aber einen angepassten Zeitplan geben."

 

Bundesministerin Stark-Watzinger äußerte sich am Donnerstag nicht. Ihr Sprecher erklärte auf Anfrage lediglich, die Verhandlungen seien vertraulich.

 

Noch am Mittwoch hatte der Bund in der Bund-Länder-Verhandlungsgruppe, so ist zu hören, einen umfangreichen und in Teilen neuen Forderungskatalog vorgelegt und damit den Konflikt aus Sicht der Länder weiter angeheizt, nachdem Stark-Watzinger zuvor die Wirkung des Digitalpakts 1.0 in Frage gestellt hatte. "Ich bin schon sehr erschrocken gewesen, als ich gesehen habe, wie wenig eigentlich Digitalisierung in den Schulen angekommen ist, dass die Lebensrealität der jungen Menschen digital ist und die Schule analog", sagte Stark-Watzinger etwa vergangenes Wochenende im Bayerischen Rundfunk. Dem hielt Streichert Clivot in ihrer Stellungnahme am Donnerstag entgegen: "Mit dem Digitalpakt 2019-2024 wurde und wird weiterhin erheblich in moderne und zukunftszugewandte Schulen investiert. Unsere Schulen haben erhebliche Modernisierungsschritte unternommen."

 

Prien teilte mit, Bund und Länder würden "jeweils ergänzende Wünsche zu einer Präambel mit gemeinsamen Zielsetzungen zur Verwaltungsvereinbarung formulieren und letzte Änderungswünsche zur Verwaltungsvereinbarung bis dahin vorlegen".

 

Wie genau der laut Hubig angepasste Zeitplan der weiteren Verhandlungen aussehen soll, war zunächst unklar, aber scheint der Abschlusstermin weiter zu stehen. "Unsere gemeinsame Erwartungshaltung ist nun, dass wir jetzt zu einem verabredeten Zeitplan und den bereits konsentierten Gegenständen des Digitalpaktes zurückkehren und im Mai ein gemeinsamer Vereinbarungsentwurf vorliegt", sagte Prien. Wobei es möglicherweise, ist zu hören, statt Mitte Mai auch Ende Mai werden könnte. 

 

Im Interview hier im Blog hatte die CDU-Ministerin am Mittwoch dem BMBF vorgeworfen, dieser habe einseitig von unseren Verabredungen Abstand genommen, sage Verhandlungstermine ab, halte den Zeitplan nicht mehr ein und stelle bereits gefundenen inhaltlichen Übereinstimmungen wieder in Frage. Ende Januar hatten BMBF und Länder verabredet, am den Digitalpakt 2.0 bis Mitte Mai unterschriftsreif zu machen. 

 

FDP warf Prien
parteipolitisches Kalkül vor

 

Nach Priens Interview hatte der digitalpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Maximilian Funke-Kaiser, Prien parteipolitisches Kalkül vorgeworfen. "Dass unionsgeführte Länder wie Schleswig-Holstein die KMK-Sitzung zum Anlass nehmen, die Glaubwürdigkeit der Bundesministerin in der Frage des Digitalpakts 2.0 öffentlich anzuzweifeln, entbehrt jeglicher Grundlage und dient nur der eigenen Profilierung." Der Digitalpakt 2.0 werde trotz angespannter Haushaltslage kommen, "solange die Länder ihren Beitrag leisten". Die Verhandlungen über das Startchancen-Programm hätten gezeigt, dass das Vorgehen – "gemeinsam und zuerst Inhalte, dann Zahlen" – erfolgreich sei und dabei keine Zeit verloren gehe. "Ich erwarte, dass bei zukünftigen Verhandlungen Parteipolitik außen vor bleibt. Schließlich geht es um nichts weniger als unsere Zukunftsfähigkeit als Nation."

 

Nicht weniger pathetisch klang das am Donnerstag freilich bei Prien, als sie darauf pochte dass Schüler, Eltern, Schulträger und Länder "eine klare und belastbare Zusage" erwarteten, "dass die Finanzierung der Digitalisierung von Schule im Rahmen des Digitalpaktes 2.0. verlässlich in gemeinsamer Verantwortung von Bund, Ländern und Gemeinden ohne Unterbrechung fortgesetzt wird." Und weiter: "Es geht dabei um nicht weniger als um die digitale Teilhabe unserer Kinder und die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes."

 

SPD-Koordinatorin Hubig, die sich in Rheinland-Pfalz selbst in einer Ampel-Koalition befindet, gab sich zumindest im Ton etwas konzilianter: "So wichtig es für uns als Länder ist, über die Verteilung der Gelder und alle anderen Punkte zu ringen: Am Ende zählt, dass wir an den DigitalPakt I anschließen können und die digitale Bildung vor Ort nicht aufgehalten wird. Gute Bildung ist für unser Land entscheidender denn je." Und Hubig betonte: "Wir brauchen den DigitalPakt2.0 – und zwar schnell." Seit Mai 2021 werde bereits darüber verhandelt und die Länder hätten früh einen Entwurf vorgelegt. "Uns ist dabei immer bewusst gewusst gewesen, dass sich auch der Bund in einer schwierigen finanziellen Situation befindet." 

 

Offen ist in den Verhandlungen vor allem noch die Finanzierungshöhe und -verteilung (der Bund will 50-50, wobei die 50 Prozent der Länder frisches Geld sein sollen), der Bund will bei der Verteilung der Gelder weg vom Königsteiner Schlüssel hin zum konkreten Bedarf und Schülerzahl, die Länder wiederum forderten bislang einen direkten Anschluss an den Digitalpakt 1.0, der am 16. Mai ausläuft – während der Bund erst am 1. Januar 2025 loslegen will. Auch an der Stelle gab es nach Donnerstag weiter keine Einigung, die Länder befürchten eine Förderlücke: Die Mittelbindung für bewilligte und abgeschlossene Projekte lagen laut KMK-Angaben im Digitalpakt 1.0 zum 31.Dezember 2023 bei 4,8 Milliarden Euro. Damit seien 96 Prozent der Mittel bereits vollständig verplant.

 

Prien sandte in ihrem Statement am Donnerstag zugleich eine Warnung Richtung Stark-Watzinger. Durch deren Agieren in den vergangenen Tagen sei das Vertrauensverhältnis mit den Ländern empfindlich beschädigt worden. "Wir mussten davon ausgehen, dass es von vornherein ihr Kalkül gewesen ist, die im Zusammenhang mit dem Startchancenpaket getroffenen Vereinbarungen nicht einzuhalten. Das ist ein schwerwiegender Vorgang. Ich hoffe und erwarte, dass sich ein solcher Vorgang nicht wiederholt."

 

Hinweis am 15. März, 8 Uhr: Der Artikel wurde um Zitate von KMK-Präsidentin Streichert-Clivot ergänzt.



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