Wieviel Geld bekommt das BMBF im nächsten Jahr, und was bedeutet das für den Digitalpakt 2.0? Fragen, auf die es immer noch keine Antwort gibt. Unterdessen bereiten sich die Kultusminister auf die nächste Verhandlungsrunde vor, und die CDU verabschiedet ihr neues Grundsatzprogramm – inklusive einem Pflichtjahr für Schulabgänger und einem Budget-Versprechen, das aufhorchen lässt.
VOR SECHS TAGEN endete die Frist, bis zu der die Bundesministerien ihre Sparvorschläge und Ausgabenwünsche für 2025 anmelden sollten. Seitdem kursieren einzelne Meldungen und Gerüchte, welche Ministerien sich nicht an den von Finanzminister Christian Lindner (FDP) gesetzten Rahmen gehalten hätten: Drei nannte der Spiegel, sechs TableMedia. Das BMBF war jeweils nicht darunter. Auch eine Zahl macht die Runde: 26,4 Milliarden Euro wollten allein die SPD-geführten Bundesministerien zusammengerechnet mehr ausgeben als vorgesehen, schreibt TableMedia.
Vor allem aber zeigen solche Info-Schnipsel eins: Das, was bislang nicht bekannt ist. Die FDP-Ministerien halten dicht, sollen aber allesamt den Vorgaben gefolgt sein. Man kann die überwiegende Nicht-Nachrichtenlage in Bezug auf das BMBF so deuten, dass Hausherrin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sich erneut der Rahmensetzung Lindners beugt – aus Parteiräson oder in der Erwartung, dass sie so wie schon beim 2024er Haushalt glimpflich davonkommt. Oder weil sie glaubt, im Stillen noch etwas mehr herausholen zu können.
Die Kultusminister sortieren sich
für den nächsten Verhandlungsaufschlag
Dabei wüssten gerade die Kultusminister gern, was ihre Bundeskollegin für die Digitalpakt-Fortsetzung angemeldet hat – und sortieren sich für den nächsten Verhandlungsaufschlag. Dass es, wie von den Ländern angepeilt, bis spätestens zur nächsten KMK-Sitzung im Juni eine Einigung gibt, glaubt kaum noch jemand, zumal es nicht einmal mehr einen Verhandlungs-Fahrplan gibt, den beide Seiten als verbindlich anerkennen.
Immerhin versicherte neulich die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Gyde Jensen, die Ampel werde den Digitalpakt "keinesfalls platzen" lassen, wolle aber im Gegenzug für die Bundesmittel "notwendige Veränderungen sehen". Jensen richtete sich besonders gegen die wiederholte Kritik von Schleswig-Holsteins CDU-Kultusministerin Karin Prien. Dieser "sollte bewusst sein, dass der Bund nicht der stillschweigende Geldgeber der Länder ist, der sich dann wieder für schlechte PISA-Ergebnisse rechtfertigen muss." Es sei kein Problem, dass sich die Bundesbildungsministerin und die Kultusminister bei der Frage der Finanzierung nicht in allen Punkten einig seien – "eine Lösung werden wir jedoch nicht finden, wenn Frau Prien plakativ und provokativ jeden noch nicht ausgeräumten Dissens in die Öffentlichkeit trägt."
Apropos Öffentlichkeit: Der jüngste, aus Sicht der Länder provokante BMBF-Forderungskatalog war allerdings am 29. April schneller zur Welt am Sonntag durchgesickert, als die Kultusminister ihren Posteingang hatten checken können. Doch offiziell schweigt man zu den Verhandlungen im BMBF.
CDU will Pflichtjahr für Schulabgänger
und verspricht mehr Geld für Bildung
In anderer Hinsicht waren führende Ministeriumsvertreter dafür zuletzt deutlich mitteilsamer. "Freiheit, Freiheit, Freiheit – und dann als erstes ein staatliches Zwangsjahr verordnen", schrieb der parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Jens Brandenburg, nachdem der CDU-Bundesparteitag für das neue Grundsatzprogramm nicht nur die Einführung eines "verpflichtenden Gesellschaftjahres" für alle Schulabgänger beschlossen hatte, sondern überraschend auch die schrittweise Rücknahme der Wehrpflicht-Aussetzung. Es sei "absurd, junge Menschen noch länger von Ausbildung und Arbeitsmarkt abzuhalten". Womit Brandenburg einen Punkt hat angesichts der breiten Rückkehr zum 13-jährigen Abitur in vielen Bundesländern. Noch unverständlicher erscheint die CDU-Entscheidung allerdings vor dem Hintergrund, dass nach den drastischen Corona-Einschränkungen für Kinder und Jugendliche die Gesellschaft immer noch in deren Schuld steht und nicht umgekehrt.
Positiv ist, dass die CDU gleich vier Seiten ihres neuen Programms der Bildung widmet, was wiederum viel mit ihrer Vize-Bundesvorsitzenden Prien zu tun hat, und dabei wichtige Pflöcke einschlägt. Die Vorschulpflicht für Kinder mit Sprach-Förderbedarf etwa, verbindliche bundesweite Qualitätsmaßstäbe für Kitas oder eine Stärkung der oft vernachlässigten berufsbildenden Schulen. Ein Versprechen lässt aufhorchen: "Unser Ziel ist es, die Bildungsinvestitionen mindestens auf das Niveau des OECD-Durchschnitts anzuheben", und zwar "unabhängig von der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes". Sollte die CDU, was durchaus wahrscheinlich ist, in der nächsten Bundesregierung sitzen, muss sie ihrerseits zeigen, dass sie Bundesgelder für Bildung nicht nur fordern kann und dass Parteiprogramme mehr sind als PDFs zum Download.
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Startchancen-Unterschriften
und Digitalpakt-Aufregung
Noch immer haben mehrere Bundesländer die rechtlichen Vereinbarungen zum Startchancen-Programm nicht unterschrieben. Besonders einige Länder mit CDU/-CSU-Regierung scheinen sich schwerzutun.
So heißt es auf Anfrage aus dem sächsischen Kultusministerium, die Umsetzung der notwendigen Kabinettsbefassung erfordere weiterhin "noch einige Klärungen". Bayern plant die Unterzeichnung dagegen "im Mai", und in Hessen soll die Befassung der Landesregierung immerhin "demnächst" erfolgen.
Allerdings betont der Pressesprecher von Kultusminister Armin Schwarz (CDU): "Hessen hat schon immer wie andere Länder auch darauf hingewiesen, dass neben dem Startchancenprogramm vor allem der für die Schulen weitaus wichtigere Digitalpakt unbedingt mit dem Bund auf einer für alle praktikablen Basis fortgeführt werden muss."
Den jüngsten BMBF-Verhandlungsaufschlag bezeichnete Minister Schwarz als "eine große Enttäuschung, was da vom Bundesbildungsministerium auf den Tisch gelegt wurde." Er bleibe "überall dort absolut vage, wo der Bund unterstützen müsste, während die Forderungen an die Länder mehr als übergriffig sind." Es gebe keine Angabe mit einer konkreten zum finanziellen Engagement des Bundes. "Das Ganze wirkt so absurd, man könnte fast annehmen, dass Frau Stark-Watzinger gar keine Einigung beim Digitalpakt anstrebt."
Noch drastischer äußert sich Sachsens CDU-Kultusminister Christian Piwarz: Seit
Dezember 2022 verhandelten die Länder mit dem Bund. "Nachdem die Länder dem Startchancenprogramm zugestimmt haben ist jedoch etwas passiert, was ich in meiner Politikerlaufbahn bislang noch nicht erlebt habe. Bisherige Verhandlungsstände wurden vom Tisch gefegt, zusätzliche Forderungen wurden aufgemacht, komplett neue Verhandlungspapiere den Ländern vorgelegt. Man hat das Gefühl, dass die Bundesministerin nur darauf abgezielt hat, das Startchancenprogramm in trockene Tücher zu bekommen und kein Interesse an einer Fortsetzung des Digitalpaktes hat."
Ob man die weiter ausstehende Startchancen-Unterschrift Sachsens damit im Zusammenhang sehen sollte? Das sagt Piwarz nicht. Was er sagt: Die jetzigen Forderungen des Bundes zum Digitalpakt 2.0. seien für die Länder "kaum annehmbar, verfassungsrechtlich hoch bedenklich". Der Bund beanspruche Mitspracherechte, die ihm nach dem Grundgesetz gar nicht zustünden.
Bayerns Kultusministern Anna Stolz (Freie Wähler) will sich dagegen laut einer Sprecherin zum aktuellen Stand der Digitalpakt-Verhandlungen, "die zum großen Teil auch auf Arbeitsebene stattfinden und für die auf Länderseite eine Verhandlungsgruppe gebildet wurde", nicht "im Detail" äußern. Der Freistaat strebe nach wie vor an, die Verhandlungen "möglichst rasch abzuschließen", sagt sie.
Im Hintergrund ist zu hören, dass es zum Fortgang der Verhandlungen einen Papier-Entwurf aus Bayern gegeben habe.
In eigener Sache: Die Unterfinanzierung wächst
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