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Nach Länder-Stellungnahme: Bundestags-FDP will bei sechs Jahren Höchstbefristung für Postdocs bleiben

Was der Bundesrat zur geplanten WissZeitVG-Novelle sagt und wie die Ampelfraktionen darauf reagieren.

Fotos: pilot_micha, CC BY-NC 2.0. /PxHere, CC0.

VORAUSSICHTLICH ANFANG JUNI steht die geplante Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) zur ersten Lesung im Bundestag an, jetzt hat sich der Bundesrat zu dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf positioniert.

 

Während vor allem der SPD im Bundestag die vorgesehene Verkürzung der Postdoc-Höchstbefristungsdauer nach der Promotion auf vier Jahre (plus zwei weitere Jahre mit Anschlusszusage) nicht ausreicht, fordert die Länderkammer sogar eine Beibehaltung der geltenden Regelung wenigstens für Habilitanden. Wörtlich heißt es in der am vergangenen Freitag beschlossenen Stellungnahme: "Der Bundesrat regt an, zumindest für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich auf klassischem Wege habilitieren, eine Option zu schaffen, auch ohne Anschlusszusage die Höchstbefristungsdauer für die Post-Doc-Phase weiterhin bei sechs Jahren zu belassen." 

 

Der Streit um die Höchstbefristungsdauer hatte sich innerhalb der Ampel-Koalition über Monate hingezogen und dazu geführt, dass FDP-Bundesforschungsministerin Bettina Stark Watzinger  im vergangenen Sommer einen WissZeitVG-Entwurf vorgelegt hatte, der in diesem zentralen Punkt nicht die Zustimmung ihrer Ampel-Koalitionspartner gefunden hatte. 

 

Auch die geplante teilweise Abschaffung der Tarifsperre im WissZeitVG lehnt der Bundesrat ab, die bislang Vereinbarungen zwischen den Tarifparteien für den wissenschaftlichen Arbeitsmarkt verhindert. Durch die Tarifsperre werde "einer Zersplitterung des Wissenschaftssystems" durch unterschiedliche Regelungen in den Ländern vorgebeugt und die Übergänge und Wechselmöglichkeiten innerhalb der Wissenschaft zwischen Hochschulen und zu außerhochschulischen Forschungseinrichtungen würden gewährleistet, argumentieren die Länder.

 

Bundesrat: "Sachfremde
Einflüsse abwehren"

 

Und weiter: "Die Auslagerung des speziellen wissenschaftlichen Befristungsrechts in befristete und bundesweit uneinheitliche Tarifverträge würde die Wissenschaft als Arbeitsfeld und Berufsbild deutlich schwächen." Im Interesse "der Erhaltung eines international wettbewerbsfähigen hochkompetitiven Wissenschaftssystems" seien "sachfremde Einflüsse" daher möglichst abzuwehren. 

 

Was mit "sachfremden Einflüssen" gemeint ist, lässt die Stellungnahme offen, doch dürfte die Formulierung vor allem auf Beschäftigteninitativen wie "#IchbinHanna" gemünzt sein, die in den vergangenen Jahren einen hohen öffentlichen Reformdruck Richtung Politik aufgebaut hatten.

 

Pikant ist die Ablehnung einer WissZeitVG-Tariföffnungsklausel auch deshalb, weil das BMBF seine Version der Novelle überhaupt nur durchs Kabinett bekommen hatte, nachdem es einen Kompromiss mit dem grün geführten Wirtschaftsministerium und dem SPD-Arbeitsministerium geschlossen hatte. Im sogenannten Zuleitungsschreiben, mit dem der Entwurf ins Kabinett ging, stand daraufhin die Ankündigung, dass "im weiteren Gesetzgebungsverfahren" sogar noch eine Erweiterung der Tarifklausel im WissZeitVG geprüft werden solle, und zwar um die Aspekte Postdoc-Höchstbefristungsdauer und Zeitpunkt der Anschlusszusage. Doch der Bundesrat sagt nun: Schon die bislang vorgesehene Öffnung muss weg.

 

Anschlusszusage und
Weiterqualifikation

 

Zum Begriff der "Anschlusszusage" mahnen die Länder unterdessen eine Klarstellung an. Bislang werde im Gesetz lediglich ausgeführt, dass eine weitere Befristung für höchstens zwei weitere Jahre zulässig sei, wenn "diese mit einer Zusage zum anschließenden Abschluss eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses verbunden ist (Anschlusszusage) für den Fall, dass bei Abschluss des Vertrags vereinbarte wissenschaftliche Leistungen (Zielvereinbarungen) erreicht werden".  Ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis, führen die Länder aus, könne aber auch das einer wissenschaftlichen Hilfskraft sein. "Gemeint sein dürfte eher eine Stelle im Bereich der akademischen Lehre, Wissenschaftsverwaltung oder gar eine Professur."

 

Schließlich hinterfragt der Bundesrat, warum es bei Stellen in der Lehre und Wissenschaftsverwaltung überhaupt einer vierjährigen Weiterqualifikation nach der Promotion bedürfe, zumal bei entsprechenden Beamten wie Akademischen Räten lediglich der Doktorgrad als Laufbahnerfordernis verlangt werde. 

 

Nun gehört das Wissenschaftszeitvertragsgesetz nicht zu den zustimmungspflichtigen Gesetzen, das heißt: Der Bundestag kann seine Vorstellungen auch so, die nötigen Mehrheiten vorausgesetzt, durchsetzen, ohne mögliche Forderungen der Länder zu berücksichtigen. Allerdings sieht es nach der Bundesrats-Stellungnahme noch weniger als zuvor nach Einigkeit zwischen den Ampelfraktionen aus. 

 

FDP: Auf die vielen Warnungen 
aus der Wissenschaft hören

 

Jüngste Entwicklung: Der forschungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Seiter, lehnt jetzt jegliche Verkürzung der Befristungshöchstdauer ab, also auch die vier plus zwei Jahre, wie sie das FDP-Bundesforschungsministerium in den Gesetzentwurf geschrieben hat. "Das Beste wäre jetzt, wir ermöglichen auch weiterhin eine Qualifizierungsbefristungshöchstdauer von sechs Jahren für Post-Docs und konzentrieren uns auf die vielen guten Elemente des Gesetzes, die tatsächlich zu einer Verbesserung der Lage beitragen", sagt Seiter. "So werden wir den unterschiedlichen Fächerkulturen gerecht, bleiben als Wissenschaftsstandort international anschlussfähig und geben jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern genug Zeit und Flexibilität für ihren individuellen Karriereweg."

 

Seiter verweist auf die Stellungnahme des Bundesrates, der die Forderung "nach einer drastischen Reduzierung der Qualifizierungsbefristungshöchstdauer für Post-Docs" hinterfrage. Vor allem aber beruft sich Seiter auf "die Reaktionen der wissenschaftlichen Berufsverbände, Arbeitnehmervertretungen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf den WissZeit-VG-Regierungsentwurf", die wiederholten, "wovor die FDP-Fraktion ihre Koalitionspartner im Bundestag immer gewarnt hat: Eine übermäßige Verkürzung der Höchstbefristungsdauer in der Post-Doc-Phase erhöht den Druck auf Forschende und raubt ihnen Zeit für die wissenschaftliche Qualifizierung und Profilierung."

 

Tatsächlich hatten viele Forschungseinrichtungen, Hochschulverbünde und Fachgesellschaften schon die "vier plus zwei" als zu kurz und zu starr kritisiert. Es werde in vielen Disziplinen lediglich der Druck auf die jungen Wissenschaftler in der Qualifikationsphase erhöht, es entstünden durch das Gesetz keine neuen Stellen und Beschäftigungschancen, sondern die Abwanderung von Talenten ins Ausland stehe zu befürchten.

 

So oder ähnlich argumentierten unter anderem die Fachgesellschaften für Psychologie, Soziologie und Politikwissenschaft, der Historikerverband und – abgestuft nach Fächern –  in einer gemeinsamen Stellungnahme zahlreiche Fachgesellschaften im Bereich der Natur- und Lebenswissenschaften. Auch die Allianz der Wissenschaftsorganisationen hatte gewarnt, für den Weg zur Professur oder vergleichbaren Positionen seien zwei Jahre nach Abschluss der vierjährigen Postdoc-Phase zu kurz. 

 

"#IchbinHanna" erinnert
an seine Anfänge

 

Demgegenüber forderten Verdi und die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, es dürfe keinerlei Befristung mehr ohne Anschlusszusage geben, und "#IchbinHanna" setzte sich für zwei Jahre Postdoc-Befristung, gefolgt von weiteren vier Jahren nur nach Anschlusszusage ein.

 

Entsprechend fällt nun die Reaktion von "#IchbinHanna" aus: Der Bundesrat hinterfrage zu Recht die Ausgestaltung der Anschlusszusage wie auch die Notwendigkeit einer weiteren Qualifikationsbefristung. Die lasse sich dann allerdings auch für die Habilitation nicht rechtfertigen, denn die sei eine "berufsinterne Weiterentwicklung, keine Ausbildung für den allgemeinen Arbeitsmarkt, dort schadet sie eher, als dass sie nützt". 

 

Harsche Kritik übt die Intiative dagegen an der Forderung, die sechs Jahre Postdoc-Höchstbefristungsdauer beizubehalten. Diese sei nicht im Interesse der Beschäftigen. "#IchBinHanna" habe ja gerade mit der Kritik an dieser langen Befristungsdauer begonnen, sagt Mitinitiatorin Kristin Eichhorn. "Wir erwarten von SPD und Grünen, dass sie ihre Absichtsbekundungen bezüglich einer klaren Begrenzung der Befristung in der Wissenschaft nicht der Blockadehaltung des BMBF opfern." Unbestritten bleibe das Ziel der WissZeitVG-Reform: Befristung effektiv reduzieren. Gut dazu geeignet ist eine Befristungshöchstquote." Von der in der Bundesrats-Stellungnahme jedoch nicht die Rede ist.

 

SPD und Grüne sind
sich auch nichts eins

 

Und was sagen SPD und Grüne? Wenn der Bundesrat erkläre, es bleibe die "Frage offen, warum es bei Stellen in der Lehre und Wissenschaftsverwaltung der vierjährigen Weiterqualifikation überhaupt bedarf", dann, so sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Carolin Wagner, "bleibt umgekehrt die Frage offen, warum ein ganz erheblicher Anteil der Aufgaben in Forschung und Lehre von befristeten Beschäftigten vorgenommen wird und nicht zu einem erheblichen Anteil mit erfolgter Promotion unbefristete Arbeitsverträge geschlossen werden." 

 

Und Wagner fügt hinzu: "Sollte im Bundesrat Einigkeit herrschen in der

Einschätzung, dass WissenschaftlerInnen für eine Stelle im akademischen Mittelbau direkt nach der Promotion entfristet beschäftigt werden sollten, dann stimme ich dem in jedem Fall zu. Dann sollten die Länder aber auch dementsprechend handeln und mehr unbefristete Beschäftigung im akademischen Mittelbau schaffen!"

 

Auf die Warnung des Bundesrats, ohne eine Tarifsperre drohe eine Zersplitterung des Wissenschaftssystems, sagt Wagner, diese sei "weder zu erkennen noch erklärtes Ziel der Gewerkschaften". Es gebe länderseitig im öffentlichen Dienst genau zwei Tarifverträge: den des Landes Hessen und den der Tarifgemeinschaft der (übrigen) Länder. "Es ist nicht davon auszugehen, dass Hessen Sonderwege einschlagen wird, die die hessische Hochschulen und Einrichtungen inkompatibel mit dem Rest der Republik machen würden."

 

Die SPD werde im parlamentarischen Verfahren weiter für den Wegfall der Tarifsperre kämpfen und dafür, dass die Anschlusszusage früher als vier Jahre nach der Promotion erfolgt. Nach der Neupositionierung der FDP fällt es einem indes noch schwerer, sich einen Kompromiss vorzustellen. 

 

Die grüne Wissenschaftspolitikerin Laura Kraft sagt, Bundesrat erkenne wesentliche Verbesserungen durch die geplante Novelle an,  etwa die Einführung von Mindestvertragslaufzeiten oder wichtige Neuerungen für studentische Beschäftigte. Zugleich sei es nicht überraschend, dass die vorgeschlagene Höchstbefristung kritisiert werde. "Meines Erachtens nach würde eine 4+2-Regel die Situation von Beschäftigten verschlechtern, und das ist nicht akzeptabel. Die Länder sehen das offenbar ähnlich."

 

Auch aus Wissenschaftscommunity kämen wir zahlreiche Zuschriften, die "4+2" klar ablehnten. "Die einzelnen Aspekte der Stellungnahmen werden wir sorgfältig im parlamentarischen Verfahren einbeziehen", sagt Kraft. "Denn am Ende taugt das WissZeitVG nicht für politische Formelkompromisse, sondern muss in sich konsistent, sachgerecht und in der Praxis umsetzbar sein. Das sollten alle spätestens seit der nervenaufreibenden Diskussion rund um die Eckpunkte und den Referentenentwurf verstanden haben."

 

Klingt eher auch bei Kraft nach der Tendenz: länger als vier Jahre. Doch während FDP-Politiker Seiter jetzt eine Beibehaltung der bisher sechs Jahre fordert, hält sich die Grüne Kraft diesbezüglich bedeckt. Klar ist: Die "4+2" im Gesetzentwurf scheint inzwischen keiner der Ampel-Partner mehr zu wollen. 


Was der Bundesrat sonst noch zum WissZeitVG-Entwurf sagt

Die Länderkammer unterstützt zugleich zahlreiche der im Regierungsentwurf vorgesehenen Änderungen, etwa die vorgesehen Einführung von Mindestvertragslaufzeiten für Doktoranden (drei Jahre) und Postdocs (zwei Jahre). Auch die geplante Verlängerung der Befristungsdauer bei der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger sei ein sinnvoller Belastungsausgleich.

 

Ebenso begrüßt der Bundesrat die Erweiterung der Höchstbefristungsdauer für studienbegleitende Hilfstätigkeiten auf acht Jahre. So können Studierende auch bei Überschreiten der Regelstudienzeiten oder im Rahmen eines weiteren Studiums ihre Nebentätigkeit fortführen, anstatt womöglich ausgerechnet in der Abschlussphase ihres Studiums eine neue Erwerbsquelle suchen zu  

müssen. "Mit Sorge" blicken die Länder in ihrer Stellungnahme dagegen "auf die Auswirkungen, die ein Vorrang der Qualifizierungsbefristung vor der Drittmittelbefristung haben könnte".  So müsse geprüft werden werden, ob der Vorrang auch bei Drittmittelvorhaben gelte, die gar kein Qualifizierungsziel verfolgen. Nicht wenige Drittmittelstellen sähen strukturell kein Qualifikationsziel vor, insbesondere bei FuE-Verträgen von Wissenschaftseinrichtungen mit Unternehmen. 

 

Schließlich kritisiert der Bundesrat, die Angaben der Bundesregierung zu den finanziellen Auswirkung auf die Landeshaushalte seien in Teilen nicht validierbar, unrealistisch oder nicht zutreffend.



In eigener Sache: Die Unterfinanzierung wächst

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Kommentare: 10
  • #1

    Jens R. (Sonntag, 19 Mai 2024 17:44)

    Ich bin sehr enttäuscht von Hanna. Das hat gar nichts gebracht für uns Postdocs und einen vernünftigen Vorschlag gibt es offenbar auch nicht. Schade. Keiner weiß nix

  • #2

    Leif Johannsen (Dienstag, 21 Mai 2024 10:49)

    Lieber Jens R., ich verstehe nicht wie man von "Hanna" enttaeuscht sein kann? In Deinem Kommentar erkenne ich leider nur sehr viel Naivitaet. Von den drei Interessenvertretungen des "wissenschaftlichen Mittelbaus", die ich auf dem Schirm habe (Hanna-Bewegung, Netzwerk Gute Arbeit in der Wissenschaft, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) ist es die am geringsten organisierte Instanz. An Hannah stelle ich daher gar keine Erwartungen. Anders sehe ich es die GEW betreffend (ich bin GEW Mitglied). Im Vergleich mit der University und College Union ist die GEW allerdings ein handzahmes Papier-Stubentigerchen (meine Hypothese weshalb fuehre ich hier nicht aus). Am meisten bin ich jedoch von meinen Post-doc Kolleginnen und Kollegen enttaeuscht, die offensichtlich auf ein Wunder hoffen, selbst aber nicht bereit sind, sich so zu organisieren, dass sie schmerzhaften Druck auf das Wissenschaftssystem in D ausueben koennen und duerfen (ich meine damit eine Gewerkschaftsmitgliedschaft und die Bereitschaft zu streiken). In Abwandlung eines beruehmten Zitats moechte ich behaupten: Wahnsinn ist, immer wieder selbst nichts zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. Man kann nicht immer wieder darauf hoffen, dass eine Gruppe von Politikern, die selbst keine Erfahrung aus erster Hand haben, so lieb sind, Dir eine komfortable berufliche Perspektive einzuraeumen. Fuer "mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler [in frühen Karrierephasen]
    und auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie" wird man selbst kaempfen muessen. Oder es nehmen wie es kommt, sollte sich dann aber nicht beklagen.

  • #3

    Hannes Klein (Dienstag, 21 Mai 2024 11:39)

    Zu behaupten, die Lockerung der Tarifsperre, würde Uneinheitlichkeit und Zersplitterung hinsichtlich Befristungsregelungen führen, ist irreführend und falsch (und das weiß der Bundesrat vermutlich auch). In 15 von 16 Bundesländern gilt der TV-L für staatliche Hochschulen; über eben diesen TV-L würden entsprechende abweichende Befristungsgrenzen geregelt werden und damit verbindlich in 15 von 16 Bundesländern gelten. Ausschließlich in Hessen gilt nicht mehr der TV-L, sondern der TV-H, der wiederum bereits (anders als der TV-L) neuerdings eine Befristungshöchstquote enthält - die befürchtete "Zersplitterung" gibt es in gewisser Weise also bereits jetzt schon, sie hält sich aber auch in überschaubaren Grenzen. Da gibt es in anderen Regelungsbereichen der 16 unterschiedlichen Landeshochschulgesetze deutlich mehr an "Zersplitterung" und "Uneinheitlichkeit" (z.B. hinsichtlich Personalstrukturen), als dies eine (partielle) Aufhebung oder gar Streichung der Tarifsperre jemals bewirken könnte.
    Ansonsten gilt, was Leif Johannsen schreibt: Regelungen/Befristungsbegrenzungen im/über den Tarifvertrag, die Sinne der Beschäftigten sind, wird es auch nur geben, wenn sich ein wesentlich Teil der Beschäftigten in Arbeitnehmer*innen-Vertretungen organisiert (im konkreten Fall in den Gewerkschaften, die den TV-L mit aushandeln und abschließen). Bislang ist der Organisationsgrad in der Wissenschaft lächerlich gering (während die Arbeitgeberseite in der Tarifgemeinschaft der Länder bestens organisiert ist). Allein deshalb aber brauchen die Ländern schon keine Angst vor der Öffnung der Tarifsperre haben - die mangelnde Beteilung von Mittelbaubeschäftigten an Tarifrunden wird wohl auch weiterhin bestehen ...

  • #4

    S.R. @fraunhofer (Mittwoch, 22 Mai 2024 22:36)

    Weg mit
    - der Anwendung des WissZeitVG in den außeruniversitären Forchungseinrichtungen, promovieren dürfen nur Universitäten und Hochschulen
    - weg mit der Tarifsperre damit endlich tariflich über Befristungen und Karrierewege in der Wissenschaft geredet werden kann
    - weg mit der Drittmittelbefristung, hierfür reicht das TzBfG völlig aus
    - weg mit der PostDoc-Befristung - mit der Promotion endet die wissenschaftliche Ausbildung, weitere Befähigungen für Professuren sollten Erfolge vor allem in der Lehre und auch in derForschung sein.
    Schluss mit der Ausbeutung in prekären Beschäftigungsverhältnissen!

  • #5

    Hannah (Donnerstag, 23 Mai 2024 00:51)

    Länder und Bundesregierung müssen sich ernsthaft fragen, ob wir uns ein Hochschulsystem leisten wollen, das seine Daueraufgaben (gute Lehre und Forschung) mit billigem, eher unerfahrenen und oft zweitklassigem Personal (weil die Besten sich aufgrund der schlechten Karriereoptionen oft gar nicht auf die Wissenschaft als Beruf einlassen wollen) aufrecht erhalten will. Wer mit 24 sein Studium abgeschlossen hat und dann max. 12 Jahre im System war, ohne eine der wenigen Professuren zu bekommen, wird mit 36 Jahren vor die Tür gesetzt. Klingt und ist beruflich unattraktiv. Das WissZVG ist für die Qualität z.B. des Lehramtsstudiums schädigend, da es hier erfahrene, gut ausgebildete, langjährig erfahrene Hochschuldidaktik er:innen braucht. - Kurz, das WissZVG ist insgesamt gescheitert. Statt (unendlich verlängerbare) befristete Stellen zu begrenzen, führt es zu Karriereabbbrüchen und macht Wissenschaft als Beruf unattraktiv.
    Sinnvolle Konsequenzen: i) WissZVG und damit die (kaum logisch argumentierbare) Sonderbefristung abschaffen oder ii) mit der Finanzierung gegenüber der Länderseite feste Quoten für Dauerstellen im Mittelbau festschreiben.
    Guckt eigentlich noch irgendjemand auf die Qualität des Studiums und die Personalentwicklung an deutschen Hochschulen?

  • #6

    Der Niggi (Donnerstag, 23 Mai 2024 08:57)

    Ich dachte mal, ich hätte die ganze Befristungsfrage verstanden. Mittlerweile weiß ich selbst nicht mehr was GEW, Hannah und co. (inkl. mir selbst) eigentlich wollen und wollen sollten.

  • #7

    Werner Wacker (Freitag, 24 Mai 2024 00:27)

    Ein wesentlicher Schritt um Beschäftigungsverhältnisse zu verbessern wäre die Auflösung der Doppelrolle von Professor:innen die gleichzeitig Arbeitgeber:in (kurzlaufende Verträge an ihre Mitarbeiter geben) und Doktorvater/-mutter sind. #MeToo in der Wissenschaft lässt Grüßen.

  • #8

    Danny Remmke (Montag, 27 Mai 2024 14:40)

    @7: Das ist keine Lösung. Wie wäre es mit der Auflösung der Professorenschaft und die direkte Übergabe der "Macht" an die bislang ausgebauten Arbeitskraft-Geber?

  • #9

    JoHannes (Dienstag, 28 Mai 2024 09:24)

    @8: Was soll der Kommentar? Außerdem meinten Sie vermutlich die "bislang ausgebeuteten" Arbeitskraft-Geber.

  • #10

    Dr. Daniel Scholz (Samstag, 01 Juni 2024 17:39)

    @8: Sie meinten gewiß "... ausgebeuteten ...". Leider ist der Beitrag nicht mal witzig.