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Wegen weiterer Verzögerungen: SPD fordert zweite Runde der DATI-Pilotförderlinien

Der Kabinettsbeschluss zur neuen Agentur kommt wohl nicht mehr vor der Sommerpause. Dienen die DATI-Millionen stattdessen zum Stopfen von Haushaltslöchern? Das wollen die Sozialdemokraten unbedingt verhindern.

WANN KOMMT DIE DATI? Mitglieder der Gründungskommission nervt diese Frage mittlerweile, denn sie können schon lange selbst nur noch mit den Schultern zucken, wenn jemand aus der Community sie auf die geplante Deutsche Agentur für Transfer und Innovation anspricht.

 

Ein aktueller Zeitplan existiert nicht mehr, und seit das DATI-Gründungskonzept vom BMBF – bereits nach jahrelanger Verzögerung – Anfang Mai in die Ressortabstimmung gegeben wurde, ruht der See augenscheinlich noch stiller als zuvor. Unter der Oberfläche allerdings haben sich die beteiligten Ministerien offenbar so stark verhakt, dass ein Kabinettsbeschluss zum Konzept, die zentrale Voraussetzung für die Gründung und für die Ausschreibung des wissenschaftlichen Chefpostens nicht mehr vor der parlamentarischen Sommerpause erwartet wird.

 

Zumindest nicht von der SPD-Bundestagsfraktion. Die scheint nun mit dem Ministerium von Bettina Stark-Watzinger (FDP) die Geduld zu verlieren und forderte am Montag per Pressemitteilung: "Es darf kein weiteres Verzögern bei der Förderung von Transfer und Innovation geben." Die unterdimensionierte Forschungsförderung an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) müsse gestärkt werden. "Solange sich die Gründung weiter verzögert, halten wir es zunächst für geboten, dass die bislang gesperrten Mittel für eine zweite Vergaberunde der DATI-Pilotlinien genutzt werden." 

 

Oliver Kaczmarek, der für Bildung und Forschung zuständige Sprecher der SPD Fraktion sagt: "Mit unserem Vorschlag sorgen wir dafür, dass die DATI-Idee ein Lebenszeichen sendet und zeigen, dass wir weiter an die Idee glauben."

 

2023 verfielen die
gesperrten DATI-Millionen

 

Schon im Vorjahr hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages 35,4 DATI-Millionen im Haushalt 2023 gesperrt, "bis zur Vorlage eines schlüssigen Konzepts", am Ende verfielen diese Mittel. Die gleiche Summe steht – gesperrt – auch 2024 wieder zur Disposition, und die Sozialdemokraten wollen mit ihrer Forderung unbedingt verhindern, dass das Geld statt für die DATI zur Deckung der enorm hohen Globalen Minderausgabe eingesetzt wird, die das BMBF dieses Jahr leisten muss. Ist das womöglich sogar der Plan im Ministerium?, fragen sich besonders in den HAWs inzwischen viele.

 

Das Konzept zumindest liege aus dem BMBF ja nun vor, heißt es aus der SPD-Fraktion. Und von einem formalen Kabinettsbeschluss als Voraussetzung der Entsperrung sei in der Vorgabe des Haushaltsausschusses nicht die Rede gewesen. Ob die Haushälter der übrigen Ampelfraktionen das ähnlich sehen?

 

Der für die DATI zuständige Grünen-Haushälter Bruno Hönel sagte auf Anfrage, er sei "grundsätzlich offen für alternative Möglichkeiten, die zur Verfügung stehenden Mittel im Sinne des Transfers und der Innovationen zu nutzen. Dafür haben wir sie ja vorgesehen." Die Grünen setzten sich dafür ein, die DATI schnell zum Laufen zu bringen. "Wenn wir das vorübergehend über weitere Projekte machen können, bis die DATI betriebsbereit ist, sollten wir das prüfen." Allerdings, betonte Hönel, habe er weiter die Erwartung an das BMBF und das Bundesfinanzministerium, "dass die DATI schnell funktioniert und alternative Möglichkeiten nicht nötig sein werden."

 

Womit auch klar ist, an welchem Ministerium aus Sicht der Grünen die Abstimmung noch hängt: an dem von Stark-Watzingers Parteichef Christian Lindner. Mit dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) dagegen hatte sich das BMBF dem Vernehmen nach geeinigt, bevor das DATI-Konzept Anfang Mai ins Kabinett ging. Klar sei aber auch, sagt Hönel: "Ein Verfallen der Mittel wäre der schlechtestmögliche Outcome."

 

Den Erfolg der
Pilotlinien wiederholen?

 

Das BMBF reagierte am Montagabend zunächst nicht auf eine Anfrage zu dem Vorstoß der Sozialdemokraten. Am Dienstag sagte eine Sprecherin, die Konzeption und Gründung der DATI stelle ein anspruchsvolles Vorhaben dar, das eine gründliche Befassung im Ressortkreis erfordere. "Das BMBF strebt die Entsperrung der Haushaltsmittel im Anschluss an die Kabinettsbefassung zum DATI-Konzept an."

 

"Wir werden mit der Forderung in die Haushaltverhandlungen gehen, die im Bundeshaushalt veranschlagten Mittel nicht ungenutzt zu lassen", sagte bereits am Montag die SPD-Haushälterin Wiebke Esdar. Es sei richtig gewesen, die Mittel für die Gründung der DATI bis zur Vorlage eines schlüssigen Konzeptes zu sperren, "weil uns eine qualitativ hochwertige DATI-Förderung wichtig ist. Wir haben aber auch gesehen, dass es großes Potential für die DATI-Projektförderung gibt."

 

Tatsächlich hatte sich die Nachfrage nach den beiden Förderlinien als riesig herausgestellt, sowohl bei den "Innovationssprints" als auch bei den "Innovationscommunities". Über das Ergebnis der Auswahlentscheidungen hatte sich die Begeisterung bei den HAWs allerdings dann in Grenzen gehalten, weil ihr Anteil an den erfolgreichen Anträgen niedriger als von ihnen erwartet ausfiel.

 

Entsprechend klingt nun auch die Stellungnahme der HAW-Mitgliedergruppe in der Hochschulrektorenkonferenz: Die Hochschulleitungen unterstützen die Forderung der SPD-Fraktion, "weisen aber auch auf ihre Kritik am bisherigen Programm hin und fordern sicherzustellen, dass die Mittel der 'unterdimensionierten Forschungsförderung an HAW' zu Gute kommen müssen." Dies könne entweder im Rahmen der DATI-Pilotlinien oder des Programms Forschung an HAWs erfolgen.

 

Fest steht: Bis Ende Juli steht die DATI nicht in der aktuellen Kabinettsplanung. Selbst wenn sich das noch ändern sollte, gilt die Gründung der Agentur vor dem Herbst mittlerweile als nahezu ausgeschlossen. Dabei wäre schon die Gründung im Frühsommer nach Meinung vieler Experten die letzte Gelegenheit gewesen, um die ersten Schritte der Agentur und die Besetzung ihrer Top-Position aus dem beginnenden Vorwahlkampf herauszuhalten.

 

Zum Vergleich: Fünf Monate vergingen zwischen Juli 2019, als der Gründungschef der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND), Rafael Laguna de la Vera, nominiert wurde, und seinem Amtsantritt Ende desselben Jahres. Und der DATI-Chefposten, siehe oben, wird im Juli nicht einmal mehr ausgeschrieben werden. 

 

Am Donnerstag legt die Gründungskommission
ihre Empfehlungen vor

 

Immerhin steht diese Woche ein anderer Termin auf dem Plan. Die Gründungskommission will am Donnerstagvormittag ihr Empfehlungspapier an Ministerin Stark-Watzinger übergeben. Damit wäre die Arbeit der Kommission praktisch abgeschlossen. Ihre drei zentralen Aufgaben waren Vorschläge für den Standort der Agentur (erledigt: es wird Erfurt), die Erarbeitung eines Empfehlungspapiers – und die Formulierung der Stellenausschreibung, die schon seit Anfang des Jahres auf Eis liegt.

 

Nun fürchten einige, dass im aktuellen Ringen um die DATI-Haushaltsmittel der Inhalt der Empfehlungen untergehen könnte. Dabei könnten die von entscheidender Bedeutung sein, um dem oder der ersten DATI-Chefin den nötigen Spielraum gegenüber der Politik zu verschaffen.

 

Einen Vorteil allerdings, so ist aus der Gründungskommission zu hören, habe es, wenn sie ihre Arbeit demnächst einstelle, auch wenn die Gründung der Agentur immer noch in den Sternen steht: Dann könne man sich endlich lauter in der Öffentlichkeit zu Wort melden. Das sei dringend geboten.

 

Hinweis: Ich habe diesen Artikel am 02. Juli um ein Statement des BMBF ergänzt.



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Kommentare: 2
  • #1

    Kompass (Montag, 01 Juli 2024 22:00)

    Bettina Stark-Watzinger hat das BMBF einfach nicht unter ihrer Kontrolle. Da helfen auch keine neuen Mitarbeiter aus Hessen, die fachlich nicht qualifiziert sind, aber eben das richtige Parteibuch haben.
    Wann verlieren Grüne und SPD endlich die Geduld mit Bettina Stark-Watzinger, schon alleine wegen der Foerdergeldaffaere?
    Irgendwann ist auch mal gut.

  • #2

    Bernd Mutschmann (Dienstag, 02 Juli 2024 08:39)

    #1: Dem Kommentar kann man nur zustimmen.