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Forschungsförderung des BMWK: Kürzungen bringen keine Innovation

Was sind die großen forschungspolitischen Linien in Robert Habecks Ministerium? Was derzeit zu sehen ist: 116 Millionen Euro weniger für die praxisnahe Industrieforschung.

Bild: Gerd Altmann / Pixabay.

FÜHRENDE ORGANISATIONEN der Industrieforschung protestieren gegen Einschnitte bei den einschlägigen Förderprogrammen im Bundeswirtschaftsministerium. Nur noch 772 Millionen Euro stellt das Haus von Robert Habeck (Grüne) 2025 für diese ein, 116 Millionen weniger als dieses Jahr.  

 

"Nicht im Verhältnis zu den Bedarfen und der Wirtschaftssituation in Deutschland", nennt die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) die Pläne. Die Zuse-Gemeinschaft, zu der sich gemeinnützige, privatwirtschaftliche Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen haben, warnt, "Kürzungen bei Innovation und Transfer und damit zu Lasten der mittelständischen Wirtschaft" seien gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten "das vollkommen falsche Signal".

 

Nun könnte Minister Habeck mit einem gewissen Recht einwenden, dass er halt irgendwo sparen muss. 7,5 Prozent soll das BMWK laut Kabinetts-Haushaltsentwurf insgesamt abgeben. Dass das Ministerium in der Situation zumindest einen der beiden großen Industrieforschungs-Ausgabentöpfe ("Industrieforschung für Unternehmen") stabil hält, kommt bereits einer Prioritätensetzung gleich, was die AiF selbst anmerkt. 

 

Und so happig die -18 Prozent beim zweiten Haushaltstitel (Schwerpunkt: "Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand – ZIM") aussehen mögen, das Ab und dann wieder Auf bei deren Finanzierung gehört im Hause Habeck seit 2022 fast schon zum guten Ton. Gut möglich, dass da wieder einmal nachgeschossen wird. Illusorisch scheint dagegen, dass es künftig jedes Jahr mindestens fünf Prozent mehr gibt, wie sie die Zuse-Gemeinschaft forsch als Voraussetzung definiert, "um wenigstens den aktuellen Stand beim Innovationsgeschehen in Deutschland halbwegs halten zu können".

 

Es läuft schon
lange nicht rund

 

Zumal Geld in den vergangenen Jahren nicht die einzige Baustelle bei der BMWK-Forschungsförderung war. Beispiel ZIM: Nach einem Komplett-Förderstopp Anfang der Legislaturperiode kamen neue Zugangsbeschränkungen und Regeln, die in Unternehmen und Forschungsinstituten für Frust sorgten. 

 

Beispiel Industrielle Gemeinschaftsforschung: Seit seiner Einführung 1954 wurde das Programm immer von der AiF administriert, bevor das BMWK eine Ausschreibung verordnete, die das AiF verlor (für ZIM ist die AiF weiter zuständig). Und dann der schier endlose Ärger um das sogenannte Besserstellungsverbot, also im Kern um die Frage, was industrienahe Forschungseinrichtungen wie Zuse ihren Mitarbeitern zahlen dürfen, die ihre Ausgaben überwiegend aus öffentlicher Projektförderung bestreiten.

 

Nein, man muss wahrlich kein Experte sein, um zu erkennen, dass es seit langem nicht rund läuft zwischen BMWK, Bundesfinanzministerium und Industrieforschung. 

 

Tatsächlich hat das Argument der BMWK-Kritiker, gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten nicht bei der Industrieforschung zu kürzen, auch eine Kehrseite: Gerade in Krisenzeiten muss jeder Euro besonders gut angelegt sein, was für die Lobbyisten der Industrie- und Innovationsforschung heißt, dass sie noch besser als sonst ihren wirtschaftlichen Nutzen nachweisen müssen. 

 

Falls es der Ministeriumsleitung um Habeck also darum geht, alte Zöpfe abzuschneiden, sollte sie freilich deutlicher machen, wohin die neuen großen Linien bei ihrer Forschungsförderung gehen. Sonst ist eine Kürzung einfach nur eine Kürzung.

 

Dieser Kommentar erschien zuerst im Newsletter ZEITWissen3.



In eigener Sache: Weniger als 0,2 Prozent

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Kommentare: 1
  • #1

    Roman Held (Samstag, 10 August 2024 08:49)

    Alte Zöpfe sollten dringend überdacht und abgeschnitten werden. Ich kenne die AiF Forschungsprogramme und Projekte noch aus meinen Berufsanfangsjahren Mitte der 90er Jahre sehr gut. Selber war ich auch u.a. als Koordinator beteiligt. Passte damals sehr gut. Trotz niedriger Erfolgsquoten, hohen Punkthürden und tlw. intransparenten Bewertungsverfahren.
    Das System AiF Industrieförderung hat sich allerdings total überholt und andere Instrumente des BMWK sind inzwischen effektiver um u.a. außeruniversitäre Forschung gemeinsam mit KmUs zum Erfolg zu bringen.
    Auch in ZIM Projekten wird gerade an Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen Steuergeld zum Fenster hinausgeschmissen, weil Transfervorgaben nicht eingehalten werden.
    Oft denkt man dort: Hauptsache Drittmittel für 3 Jahre.
    Die Effizienz ist zu gering.
    Allein von Antragstellung bis Projektstart können durchaus bis zu 24 Monate vergehen. Viel zu ineffektiv, um Wettbewerbsvorspünge für deutsche KmUs mit diesen AiF Programmen zu erzielen.
    Die AiF muss sich unbedingt umstrukturieren und neu aufstellen.