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Was für die Kinder am besten ist

Das Geld des Bundes für Bildungsmaßnahmen nehmen die Länder gern. Doch anstatt es entlang sinnvoller Qualitätsstandards an Kitas und Schulen auszugeben, bessert es oft in erster Linie die löchrigen Landeshaushalte aus.

Erste Begegnungen mit dem Alphabet im Kindergarten, KI-generiert.

ZUGEGEBEN: In den Verhandlungen um die Fortsetzung des milliardenschweren Digitalpakts Schule hat Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) keine gute Figur gemacht. Vor allem, dass sie über Monate nicht herausrücken wollte mit einem konkreten Betrag, den der Bund in den Jahren bis 2030 in die digitale Bildung zu investieren bereit ist. Das führte zu erheblichen Irritationen bei den Kultusministern. Zumal dieser Betrag dann auch noch ernüchternd schmal ausfiel. Doch das Verhalten der Länder bei zentralen Bund-Länder-Vorhaben für Kitas, Schulen und Ganztag scheint ebenfalls stärker von den Sorgen um das eigene politische Standing geprägt zu sein als von der Frage, was für die Kinder am besten ist.

 

Es klingt hohl, wenn etwa die Länder die vom Bund geforderte hälftige Digitalpakt 2.0-Finanzierung nicht zu zahlen bereit sind mit dem Hinweis, man leiste sonst schon so viel in der digitalen Bildung. Denn Bildung ist Ländersache. Wenn die Länder dann auch noch darauf pochen, das knappe Bundesgeld per Gießkanne aufzuteilen, anstatt vorrangig die Regionen und Länder zu versorgen, wo der bildungs- und sozialpolitische Bedarf am größten ist, ist der Blick auf die Kinder vollends dem der Landesfinanzpolitiker gewichen, von denen keiner zu kurz kommen will.

 

Es geht so weiter. Mit jeweils zwei Milliarden Euro will das Bundesfamilienministerium auch 2025 und 2026 die Kita-Qualität fördern. Doch wollten sich die Länder im Gegenzug keinesfalls auf einheitliche Standards für Betreuungsrelationen, Platzangebot oder Sprachbildung einlassen, obwohl der Ampel-Koalitionsvertrag das versprochen hatte – von gemeinsamen Kita-Bildungsstandards und deren Monitoring ganz zu schweigen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) ließ sie zunächst weitgehend gewähren.

 

Ein Teilerfolg für
"Jedes Kind zählt"

 

Im letzten Moment hat der Bundestag noch ein paar Änderungen eingebaut, mit denen das Gesetz am Donnerstagabend verabschiedet wurde. So müssen die Länder jetzt verpflichtend in immerhin drei von sieben beschriebenen "Handlungsfeldern" aktiv werden: bei der Gewinnung von Fachkräften, der sprachlichen Bildung und der Fachkraft-Kind-Relation. Ein Teilerfolg für die 220.000 Mal unterschriebene Petition "Jedes Kind zählt", die für viel Aufsehen gesorgt hatte, aber schon ein grundsätzliches Umdenken der Länder? 

 

Und obwohl der Bund von 2026 an den Ländern aufwachsend und ab 2030 dauerhaft bis zu 1,3 Milliarden Euro pro Jahr zur Umsetzung des Ganztagsanspruchs überweisen will, blocken die Länder auch hier bislang Forderungen nach einem verbindlichen Bund-Länder-Qualitätsrahmen für Sport und Bewegung ab, berichtete Bildung.Table. Man sei über die KMK "eigentlich ganz gut aufgestellt", lautete die Begründung.

 

Es gibt Ausnahmen, die Hoffnung machen. Etwa das milliardenschwere Startchancen-Programm für benachteiligte Schüler und Schulen, das hälftig finanziert von Bund und Ländern zumindest teilweise von der Gießkannen-Finanzierung abweicht, eine vielschichtige wissenschaftliche Begleitung und eine umfassende Evaluation vorsieht.

 

Gut so. Denn solange die Länder gemeinsame Programme mit dem Bund oft in erster Linie als Aufbesserung der eigenen Haushaltskasse auffassen, wirkt der Föderalismus strategisch kraftlos und wird aus dem Imagetief nicht herauskommen. Was schon schlimm genug wäre, doch leidet noch etwas anderes: die Bildungsgerechtigkeit.



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