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Viel los in Köln

Am Donnerstag konstituiert sich an der Universität die Wissenschaftsministerkonferenz und wählt ihre neue Vorsitzende Bettina Martin, der Niedersachse Falko Mohrs übernimmt die Koordination der SPD-Seite – und abends reist Cem Özdemir an.

ES IST EINE PREMIERE. Am Donnerstag tagen die Wissenschaftsminister der Länder erstmals eigenständig in ihrer neuen Wissenschaftsministerkonferenz, kurz Wissenschafts-MK. Mit der Konstituierung der dritten KMK-Teilkonferenz ist ein erster sichtbarer Teil der im vergangenen Dezember beschlossenen Strukturreform der 76 Jahre alte Kultusministerkonferenz abgeschlossen.

 

Wobei die Betonung auf ERSTER Teil liegt. Viele zum Teil einschneidende Veränderungen, etwa zu Zahl und Aufbau ihrer Gremien oder zur Ertüchtigung der KMK-Verwaltung, liegen noch vor den Ländern. Eine wichtige, den grundlegenden Abschied von der Einstimmigkeit seiner Beschlüsse, hat der Ministerclub wie berichtet bereits verpasst. Und wie ich ebenfalls erst neulich schrieb: Eine andere, die Einführung eines systematischen Beschluss-Monitorings droht ebenfalls flachzufallen. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Denn wenn sich die Wissenschaftsminister am Donnerstag in den Räumen der Universität zu Köln treffen, wird in gleich mehrfacher Hinsicht Aufbruchstimmung herrschen. Zur Gründung kommt die Wahl der Konferenzvorsitzenden für das kommende Jahr. Dem traditionellen KMK-Turnus folgend ist Mecklenburg-Vorpommern an der Reihe, und mit dieser Tradition wird auch die WissenschaftsMK nicht brechen, weshalb die Wahl von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten, Bettina Martin (SPD), als Formsache gilt. 

 

Die letzte KMK-Präsidentin nach
einem Dreivierteljahrhundert

 

Was ihre Kür dennoch besonders macht: Auch wenn der saarländische Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker (SPD) noch bis Jahresende offiziell der erste Vorsitzende der WissenschaftsMK ist, besiegelt erst Martins Amtsantritt symbolisch das Ende der  alle KMK-Teilbereiche übergreifenden Präsidentschaft. Denn Martins Kollegin im Schweriner Bildungsministerium, Simone Oldenburg (Linke), wird 2025 nur noch der Bildungs-MK vorstehen. Die aktuelle KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (SPD) kann insofern für sich in Anspruch nehmen, nach einem Dreivierteljahrhundert die letzte KMK-Präsidentin gewesen zu sein. 

 

Noch eine weitere personelle Änderung steht an. Der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Falko Mohrs, rückt in die Rolle des sogenannten A-Koordinators auf, der die Politik der SPD-regierten Wissenschaftsministerien koordiniert. Der 40-Jährige folgt auf Armin Willingmann aus Sachsen-Anhalt, wie letzterer auf Anfrage bestätigte und mit Verweis auf seine Arbeitsbelastung begründete. Der 61 Jahre Willingmann, seit 2021 Koordinator und seit mittlerweile acht Jahren Wissenschaftsminister, ist außerdem zuständig für Energie, Klimaschutz und Umwelt und Erster Stellvertretender Ministerpräsident.

 

Mohrs sagte auf Anfrage: "Ohne Wissenschaft keine Innovation. Und ohne Innovation kein Wohlstand. Die Forschung gibt Antworten auf drängende gesellschaftliche Herausforderungen und leistet eine wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes." Genau deshalb sei es wichtig, die Wissenschafts-MK zu gründen. "Es geht darum, unsere Themen besser zu koordinieren und selbstbewusst zu vertreten."

 

Und inhaltlich? Ist die erste Wissenschafts-MK, abgesehen von den erwähnten Fragen zur künftigen KMK-Governance, noch recht übersichtlich. Man will über das Thema Forschungssicherheit reden, allerdings ist die Urheberin des BMBF-Positionspapiers zur Forschungssicherheit, Bettina Stark-Watzinger, nicht mehr im Amt, so dass unklar ist, wie man sich als Länder dazu verhalten soll.

 

Das vom Bundestagsausschuss verlangte Bund-Länder-Personalprogramm für mehr Dauerstellen hatte die FDP-Politikerin ohnehin längst dadurch ausgebremst, dass sie erst zehn Monate nach dem Auftrag erstmals offiziell gegenüber ihren Landeskollegen ansprach und sich scheinbar bedauernd deren Nein abholte. Die Linie der Wissenschaftsminister vermutlich auch am Donnerstag: erstmal die Stellungnahme des Wissenschaftsrats abwarten.

 

Außerdem soll es um die Vorabquote beim Medizin-NC gehen, also die bisher 20 Prozent Studienplätze, die weithin unabhängig von der Abiturnote vergeben werden und in deren Rahmen auch Quoten für Landärzte eingeführt worden. Die Bundesländer mit ländlichen Regionen wollen hier mehr Flexibilität,wie Armin Willingmann erklärt. "Auf Länderseite besteht der Wunsch, neben der zentralen Vergabe von Medizin-Studienplätzen im klassischen NC-Verfahren flexiblere Quoten für besondere Bedarfe der Gesundheitsversorgung einzurichten. Insbesondere die bereits praktizierte Landarztquote verspricht größere Bindung an das ausbildende Bundesland und gezieltere Ärzteversorgung in Mangelregionen, insbesondere in strukturschwachen ländlichen Regionen."

 

Vertrauliche Gespräche
beim Kaminabend

 

Bei der nach der Sitzung am Donnerstagnachmittag vorgesehenen Pressekonferenz dürften freilich andere Fragen im Vordergrund stehen: Wie inszeniert sich WissenschaftsMK bei ihrem ersten öffentlichen Termin? Welche Ansagen macht sie in Richtung der Bildungsminister-Kollegen in der KMK und den anstehenden weiteren Reformen? Welchen thematischen Ausblick gibt die kommende MK-Vorsitzende Bettina Martin aufs kommende Jahr? Stimmt die Chemie zwischen dem neuen A-Koordinator Mohrs und seinem Unionskollegen Markus Blume, der zugleich Ko-Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern ist?

 

Apropos GWK: Ein Sprecher von Cem Özdemir bestätigte auf Anfrage, dass er eigens zu dem sogenannten GWK-Kamin am Donnerstagabend ebenfalls an der Uni zu Köln anreisen wird. Ob er bei der eigentlichen Sitzung der GWK am Freitag ebenfalls dabei sein könne, sei noch in der Klärung. 

 

Ist aber am Ende gar nicht so entscheidend. Der wichtigere Termin ist Özdemirs inoffizielle Unterredung mit den Landesministern, denn beim Kamin werden traditionell die konzeptionellen Weichen zwischen Bund und Ländern gestellt, hier wächst idealerweise das Vertrauen zwischen den Akteuren. Allzu oft ließ Stark-Watzinger Möglichkeiten zum Hintergrundgespräch mit ihren Länderkollegen verstreichen.

 

Dass Cem Özdemir, am Montag beim Agrarrat in Brüssel, seinen seit lange vollgepackten Terminkalender freigeräumt hat, um die Nähe der Wissenschaftsminister zu suchen, wird in deren Kreis mit Genugtuung aufgenommen werden.



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