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Finanzplanung: 882 Millionen weniger fürs BAföG

Ministerin Karliczek lasse "eines der wichtigsten Bildungsgerechtigkeitsgesetze" abstürzen, kritisiert die Opposition. Dabei soll das BMBF insgesamt sogar mehr Geld bekommen als bislang geplant: Ein neuer Ausgaben-Schwerpunkt ist die Wasserstoff-Forschung.

DIE BUNDESREGIERUNG HAT heute die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2021 beschlossen und zugleich die mittelfristige Finanzplanung bis 2024. Damit wird auch absehbar, wieviel Geld dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zur Verfügung stehen wird. Eines fällt dabei besonders ins Auge: Die Ausgaben fürs BAföG sollen 2021 gegenüber der bisherigen Finanzplanung um 185 Millionen Euro sinken, 2022 um 199 Millionen, 2023 um 213 Millionen und 2024 sogar um 285 Millionen. Macht insgesamt ein Minus von 882 Millionen Euro. 

 

Aus der Opposition kommt Kritik. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) lasse "das BAföG, eines der wichtigsten Bildungsgerechtigkeitsgesetze, sehenden Auges, wenn nicht sogar mutwillig abstürzen", sagt die grüne Haushaltspolitikerin Ekin Deligöz. "Die beschlossenen Eckwerte zeigen deutlich, dass das BMBF ihre eigene hochgepriesene BAföG-Novelle quasi offiziell für gescheitert erklärt hat."

 

Vor zwei Wochen war bereits bekannt geworden, dass das BMBF 2019 gut 900 Millionen Euro weniger BAföG an Schüler und Studierende ausgezahlt hatte, als im Haushaltsansatz veranschlagt gewesen war. Haushaltspolitikerin Deligöz hatte schon zu diesem Zeitpunkt von einem "klaren Missmanagement" durch das BMBF gesprochen. Jahrelang habe das Ministerium versäumt, auf die rückläufige Zahl von BAföG-EmpfängerInnen zu reagieren. 

 

Das BMBF kommentierte vor zwei Wochen demgegenüber, die BAföG-Ausgaben hätten sich aufgrund der "anhaltenden guten Konjunktur und Wirtschaftslage... nicht wie geschätzt entwickelt." Die Minderausgaben in 2019 hätten "keinerlei Aussagekraft" über die Wirkung der jüngsten BAföG-Novelle, die zum 1. Oktober 2019 in Kraft getreten sei und sich erst im Jahr 2020 haushälterisch auswirken werde.

 

Deligöz: Jetzt können SPD und Union
sich nicht mehr rausreden

 

Angesichts der heute beschlossenen Eckpunkte, sagt die Grüne Deligöz, "können sich die SPD und Unions-Kolleginnen und Kollegen nicht länger rausreden, nach dem Motto, die aktuellen Zahlen wären nicht belastbar." Eine Korrekte in Form einer neuen Novelle müsse kommen, um zu verhindern, dass noch mehr Studierende aus der Förderung fielen. 

 

Bislang gab es aus dem BMBF auf Anfrage noch keine neue Stellungnahme.

 

Zugleich ist fraglich, ob der Bundeshaushalt, der 2021 insgesamt ein Volumen von 370,3 Milliarden Euro umfassen soll, wirklich so kommt, noch dazu wie heute beschlossen ohne Nettokreditaufnahme. Noch könne niemand  die Tragweite seriös beziffern, welche die Corona-Pandemie auf die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland haben werde – und damit auch auf die Steuereinnahmen, teilte die Bundesregierung mit. Daher habe man sich bei Erstellung der Eckwerte auf den aktuellen Jahreswirtschaftsbericht gestützt. Nur eines dürfte klar sein: Günstiger wird die Lage nicht; Experten erwarten dramatische Verwerfungen in den Staatsfinanzen. 

 

Insgesamt soll es sogar mehr Geld fürs
BMBF geben als bislang geplant

 

Nach den heute beschlossenen Plänen soll der BMBF-Haushalt im kommenden Jahr sogar um gut 650 Millionen Euro zulegen, um dann 2022 um 275 Millionen Euro zu sinken und 2023 in etwa auf diesem niedrigen Niveau zu verharren. 2024 soll es dann wieder um rund 130 Millionen hochgehen. Insgesamt ist das eine gute Nachricht für Ministerin Anja Karliczek (CDU), denn gegenüber der bisherigen Finanzplanung soll ihr Ministerium bis 2024 sogar fast 375 Millionen Euro mehr erhalten. Nur eben nicht fürs BAföG. 



Die Zuwächse im BMBF-Budget ergeben sich vor allem aus den vorgesehenen zusätzlichen Forschungsgeldern für grünen Wasserstoff: bis 2024 rund 410 Millionen Euro. Auch die Umsetzung des Zukunftsvertrags "Studium und Lehre stärken" schlägt im Jahr 2024 mit 166 Millionen Euro zusätzlich zu Buche. Fürs Quantencomputing sind bis 2024 200 Millionen Euro mehr eingeplant, für die Forschung zur Künstlichen Intelligenz bis 2023 120 Millionen Euro mehr. Die Klimaforschung soll bis 2023 knapp 26 Millionen extra erhalten. 


NACHTRAG AM 20 MÄRZ:
Jetzt meldet sich das Ministerium von Anja Karliczek zu Wort. Dass in der mittelfristigen Finanzplanung weniger Geld fürs BAföG vorgesehen sei, spiegele die aktuelle Prognose des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT). Damit würden "ausschließlich veraltete Annahmen korrigiert." Und das BMBF fügt hinzu: "Die Mehrbedarfe, die zugunsten der BAföG-Novelle zu Beginn der Legislaturperiode veranschlagt wurden, sind hiervon unberührt." Außerdem könnten sich der Umfang der geplanten BAföG-Mittel für die kommenden Jahre auch noch ändern, sobald neue Prognosen vorlägen.

 

"Keinerlei Aussagekraft" will das Ministerium den niedrigeren Planungszahlen zugestehen in Bezug auf die Frage, ob die letzte BAföG-Novelle ihr Ziel erreicht hat. Diese werde erst im laufenden Jahr "ihre volle Wirkung" entfalten. Außerdem lägen die vorgesehenen Ausgaben immer noch knapp 300 Millionen Euro über dem Ist-Ausgaben von 2019. Botschaft von Karliczeks Haus: Vielleicht werde es nicht mehr einen so großen Zuwachs geben wie ursprünglich geplant. Aber es werde immer noch deutlich mehr geben als vor der Reform.

 


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