Per BMBF-Hausmitteilung äußert sich die Ministeriumsspitze erstmals zu den Untersuchungsergebnissen der Internen Revision.
DIE SCHLUSSFOLGERUNG der aktuellen BMBF-Leitung kommt erst im sechsten Absatz. "Ausgehend vom Sachstandsbericht der Internen Revision können wir kein Fehlverhalten im Verwaltungshandeln erkennen", schrieben die beiden Staatssekretäre Stephan Ertner und Karl Eugen Hutmacher am Mittwochnachmittag per Hausmitteilung an alle BMBF-Mitarbeiter.
Kurz zuvor war bekannt geworden, dass die Abgeordneten des Bundestagsforschungsausschusses schon vom morgigen Donnerstag an Zugang zu allen relevanten Unterlagen im Zusammenhang mit der sogenannten Fördermittelaffäre erhalten sollten, ungeschwärzt und inklusive der jedoch nur noch in "Teilen und Auszügen" vorhandenen Chat-Kommunikation.
Ebenfalls bekommen sie den Abschlussbericht der Internen Revision vorgelegt, denn dass es ein Abschlussbericht sein soll, daran lassen die Staatssekretäre auch in ihrer BMBF-Hausmitteilung keinen Zweifel: Durch die Arbeit der Internen Revision hätten die Verwaltungsabläufe im Haus so aufgearbeitet werden können, dass der Ablauf der Ereignisse "umfänglich nachvollziehbar" sei, erklären Ertner und Hutmacher. "Dabei ergibt sich ein Bild, das sich auch mit den Darstellungen in den Beschlüssen des VG Minden und OVG Münster deckt. Darüber hinaus bestätigte sich, dass zur Meinungsbildung der damaligen Hausleitung umfangreiche Kommunikation stattgefunden hat, die in Gänze nicht zugänglich ist." An wenigen Stellen habe die Aufklärung des exakten Ablaufs nicht erfolgen können. Der Bericht gebe in Bezug auf den Verlauf und den Inhalt mündlicher Gespräche die Sichtweise der an diesen Gesprächen beteiligten Personen wieder. "Vor diesem Hintergrund betrachten wir die Sachverhaltsaufarbeitung als abgeschlossen."
Die Lücken, die immer noch da sind
Widersprüchlich klingt das schon: "Umfangreiche Kommunikation" der damaligen BMBF-Hausleitung um Bettina Stark-Watzinger, die mangels Verfügbarkeit nicht "in Gänze" in die Ermittlungen hat einfließen können, was sich auf die – mutmaßlich rechtswidrige – dienstbezogene Wire-Kommunikation auf privaten Handys beziehen dürfte. Und trotzdem sind die Ermittlungen abgeschlossen? Abgeschlossen schon, aber offenbar nicht in zufriedenstellender Weise. Vielleicht auch deshalb die Formulierung der Staatssekretäre, man könne kein Fehlverhalten im "Verwaltungshandeln" feststellen. Vom Leitungshandeln ist hier keine Rede.
Dem Spiegel gegenüber präzisierte Özdemir am Mittwochabend persönlich, es lasse sich zwar "kein Fehlverhalten im Verwaltungsablauf feststellen, aber offensichtlich gab es zumindest Unklarheit, was der politische Auftrag der damaligen FDP-Spitze war. So ist in der Öffentlichkeit ein Reputationsschaden entstanden, der gravierend ist."
In der Hausmitteilung seiner Staatssekretäre folgt der Hinweis, die BMBF-Leitung wolle wie bereits angekündigt "in einem weiteren Schritt Maßnahmen (bspw. Fortbildungsangebote, Berücksichtigung des Themas in Mitarbeitergesprächen) entwickeln und umsetzen, die geeignet sind, uns im Haus für die Zukunft noch mehr Handlungssicherheit zu geben."
Minister Özdemir betrachte es weiter als eine Aufgabe, verloren gegangenes Vertrauen zwischen dem BMBF und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und den Wissenschaftseinrichtungen wiederherzustellen.
Union sieht "Affront gegen Abgeordnete
des Deutschen Bundestages"
Auf der Grundlage der Sachverhaltsdarstellung der Internen Revision werde Özdemir am 29. Januar dem Bundestagsforschungsausschuss berichten, schließen Ertner und Hutmacher ihr Schreiben.
Özdemirs parlamentarische Staatssekretärin Claudia Müller (ebenfalls Grüne) hatte die Ausschussmitglieder am Nachmittag per Schreiben informiert und zur Akteneinsicht im Ministerium eingeladen. Die offenbar äußerst rigide gestaltet werden soll. Auf Nachfrage stellte das Ministerium gegenüber der Verwaltung des Forschungsausschusses klar, dass nur Abgeordnete allein oder in Begleitung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeitern an der Einsichtnahme teilnehmen könnten, nicht aber Mitarbeiter ohne Begleitung ihrer Abgeordneten.
Während die übrigen Bundestagsfraktionen sich zunächst nicht öffentlich äußerten, erklärte die Unionsopposition Özdemirs Vorgehen umgehend als "unangemessen" und sprach von einem "Affront gegenüber den Abgeordneten des Deutschen Bundestages". Diese befänden sich überwiegend gerade in der Hochphase des Bundestagswahlkampfes in ihren Wahlkreisen, sagte CDU-Forschungspolitiker Thomas Jarzombek. "Wir haben Cem Özdemir deshalb bereits vor Wochen um Akteneinsicht gebeten. Auf seinen Abschlussbericht warten wir ebenfalls." Und Jarzombeks Fraktionskollege Stephan Albani sagte, er habe kein Verständnis dafür, "warum auch Cem Özdemir die entlassene Staatssekretärin vor dem Ausschuss nicht aussagen lässt."
Auch diese Entscheidung Özdemirs war am Mittwoch bekannt geworden: Weder der von seiner Vorgängerin entlassenen Ex-Staatssekretärin Sabine Döring noch dem fürs Hochschul- und Wissenschaftssystem zuständigen Abteilungsleiter Jochen Zachgo will der Minister die Erlaubnis erteilen, vom Ausschuss befragt zu werden. Özdemir sagte am Abend im Spiegel: "Wenn Aussage gegen Aussage steht, kann ich das nicht auflösen. Und was haben wir davon, wenn wir jetzt noch schmutzige Wäsche waschen? Was hätte die Öffentlichkeit von diesem Theater?" CDU-Politiker Albani dagegen kommentierte: "Das Vertrauen in Wissenschaft und Forschung gewinnt man so sicher nicht zurück."
Özdemir wiederum konterte, unter der öffentlichen Diskussion der Vorgänge hätten viele Mitarbeiter gelitten, die einfach nur ihren Job machten. Wer sich so verhalte wie Jarzombek, beschädige auch das Ansehen eines ganzen Hauses. "Da werden sicher auch einige Beschäftigte persönlich seiner Partei nahestehen, sagte Özdemir dem Spiegel und weiter: "Wenn Herr Jarzombek jetzt mich angreift, greift er auch sie an."
Äußerungen, die allesamt vermuten lassen: Mit Politikern im Wahlkampf-Modus könnte der 29. Januar parteiübergreifend von einer Aufklärungs- zu einer Showveranstaltung werden.
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R. Meyerbier (Samstag, 25 Januar 2025 13:52)
Schade, daß diese in Teilen verfehlte Politik der FDP auf dem
Gebiet des BMBF immer noch negativ nachwirkt.